- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 4 AZR 292/10 5 Sa 2021/09 Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 21. März 2012 URTEIL Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsklagendes Land, pp. Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-arbeitsgericht Prof. Bepler, den Richter am Bundesarbeitsgericht Creutzfeldt, - 2 - 4 AZR 292/10 - 3 - die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winter sowie die ehrenamtlichen Richter Lippok und Pieper für Recht erkannt: 1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Februar 2010 - 5 Sa 2021/09 - aufgehoben. Die Be-rufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsge-richts Berlin vom 9. Juli 2009 - 58 Ca 17668/08 - wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach der Anlage 1a zum Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (BAT/TdL) geltenden Fassung. Die Klägerin ist seit 1992 bei dem beklagten Land als Verwaltungsan-gestellte im Bezirksamt S beschäftigt. § 3 ihres Arbeitsvertrages vom 19. April 1994 hat auszugsweise folgenden Wortlaut: § 3 Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzen-den, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Lande Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeits-bedingungen der Angestellten Anwendung. Die Klägerin war zunächst als Fallmanagerin im Sozialamt des Bezirks-amts Spandau mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Beratung und sozialhilferechtli-che Betreuung arbeitsloser Erwachsener mit dem Ziel der (Wie- 1 2 3 - 3 - 4 AZR 292/10 - 4 - der-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt beschäftigt. Hierfür wurde sie vom beklagten Land nach der VergGr. IVb (Fallgr. 1a) BAT vergütet. Seit dem 17. Februar 2005 wird sie im Jobcenter S als Fallmanagerin im Bereich U 25 (unter 25 Jahre) ohne Änderung der Vergütung eingesetzt. Ihre Aufgabe be-steht in der Beratung und sozialhilferechtlichen Betreuung von jungen Erwach-senen - einschließlich der Vermittlung professioneller Hilfe - mit dem Ziel der mittelfristigen (Wieder-)Erlangung der Erwerbsfähigkeit. Das von der Deutschen Gesellschaft für Care- und Casemanagement (DGCC) offiziell anerkannte Bildungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit bietet eine Qualifizierungsmöglichkeit zum/zur zertifizierten Fallmanager/Fall-managerin an. Die Klägerin hat in diesem Rahmen mehrere Seminare, da-runter Fallmanagement-Grundlagenqualifizierung, Fallmanagement-Intensiv I: Sozialanamnese/Profiling/Ressourcenorientierung und Fallmanagement-Intensiv II: Leistungssteuerung besucht, die Qualifizierungsmaßnahme insge-samt jedoch noch nicht abgeschlossen. Nach vergeblicher Geltendmachung einer Eingruppierung nach der VergGr. IVa BAT verfolgt die Klägerin mit ihrer Klage diesen Anspruch weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit als Fallmanagerin im Jobcenter erfordere nicht nur gründliche und umfassende Fachkenntnisse sowie selbstän-dige Leistungen und sei besonders verantwortungsvoll im Tarifsinne; sie hebe sich auch durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung iSd. VergGr. IVa Fallgr. 1a bzw. 1b BAT aus den Anforderungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraus. Es liege in ihrer Verantwortung als Fallmanagerin, auch hinsichtlich der finanziellen Belange des beklagten Landes alle Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen, um dem Personenkreis der unter 25-Jährigen die bestmögliche Unterstützung zum Erreichen des Ziels der Arbeitsmarktintegration zu geben. Es handele sich um einen Bereich mit schwierigem Klientel, darunter arbeits-marktferne Personengruppen mit multiplen Vermittlungshemmnissen. Für das Fallmanagement seien hier spezielle Kenntnisse und vielfältige Qualifikationen erforderlich. Die in ihrer Ausbildung zur staatlich geprüften Verwaltungsfachan-gestellten erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, die sie für ihre zuvor aus-geübte und nach VergGr. IVb BAT entgoltene Tätigkeit als Fallmanagerin im 4 5 - 4 - 4 AZR 292/10 - 5 - Sozialamt des Bezirksamtes S benötigt habe, genügten für ihren jetzigen Aufgabenbereich als Fallmanagerin in einem Jobcenter nicht. Der hierfür erforderlichen umfassenden Qualifizierung dienten die von ihr besuchten Lehrgänge und Module der Führungsakademie der Bundesagentur für Arbeit. Fallmanager im Bereich SGB II bei der Bundesagentur für Arbeit erhielten iÜ eine der VergGr. IVa BAT entsprechende Vergütung. Auch erstatte der Bund dem beklagten Land die Personalkosten iHd. VergGr. IVa BAT. Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, dass das beklagte Land der Klägerin vom 9. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2010 Vergütung aus der VergGr. IVa BAT anstelle gewährter Vergütung aus der VergGr. IVb BAT und seit dem 1. November 2010 Vergü-tung aus der Entgeltgruppe 10 TV-L anstelle gewährter Vergütung aus der Entgeltgruppe 9 TV-L schuldet. Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und gemeint, die Kla-ge sei bereits unschlüssig, weil die Klägerin nicht, wie bei Aufbaufallgruppen erforderlich, dargelegt habe, dass die Eingruppierungsmerkmale der niedrige-ren Vergütungsgruppen vorlägen. Die Tätigkeit erfülle zwar das Tarifmerkmal gründliche Fachkenntnisse und wegen der notwendigen Kenntnisse mehrerer Rechts- und Fachgebiete auch das Merkmal der vielseitigen Fachkenntnisse der VergGr. Vc BAT. Unterstellt, auch die Anforderungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a und VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT würden erfüllt - wovon bereits nicht zweifelsfrei auszugehen sei -, fehle es jedenfalls an einer weiteren Heraus-hebung durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung iSd. VergGr. IVa Fallgr. 1a und 1b BAT. Das Fallmanagement in einem Jobcenter im Bereich der unter 25-Jährigen verlange gegenüber der Tätigkeit mit über 25-Jährigen keine gesteigerten Kenntnisse und Fähigkeiten. Die von der Klägerin aufgezeigten Qualifizierungsmaßnahmen beinhalteten noch keine schlüssige und substan-tiierte Darlegung, dass ihre Tätigkeit das Heraushebungsmerkmal der beson-deren Schwierigkeit und Bedeutung erfülle. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die hiergegen gerichtete Berufung das erstinstanzliche Urteil abgeändert 6 7 8 - 5 - 4 AZR 292/10 - 6 - und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzli-chen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. I. Die als übliche Eingruppierungsfeststellungsklage nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15, EzTöD 240 § 12 TV-Ärzte/TdL Entgeltgruppe Ä 3 Nr. 7) zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Zahlung einer Vergütung nach der VergGr. IVa BAT und nach der Ablösung des BAT ab dem 1. November 2010 durch den TV-L nach der Entgeltgruppe 10 TV-L. Ihre Tätigkeit erfüllt auf der Grundlage ihres Vortrages nicht die Anforde-rungen der VergGr. IVa (Fallgr. 1a oder 1b) BAT. 1. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT in der jeweiligen Fassung und nachfolgend in der Zeit ab dem 1. November 2010 der ihn ablösende TV-L Anwendung. Hiervon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. 2. Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und Unterabs. 4 BAT ist die Klägerin in der VergGr. IVa BAT eingruppiert, wenn die ihre Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte (Fallgr. 1a) oder zu einem Drittel (Fallgr. 1b) der Ge-samtarbeitszeit die Anforderungen eines oder mehrerer der dort genannten Tätigkeitsmerkmale erfüllen. Diese Regelung der Anlage 1a zum BAT gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 1. März 2009 in 9 10 11 12 - 6 - 4 AZR 292/10 - 7 - der für das Land Berlin gem. Abschnitt III des Tarifvertrages zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 maßgebenden Fassung fort. 3. Die von der Klägerin angestrebte Vergütung setzt danach voraus, dass mindestens die Hälfte (Fallgr. 1a) oder mindestens ein Drittel (Fallgr. 1b) der ihre gesamte Arbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkma-len der VergGr. IVa BAT entspricht. a) Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichts-punkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestell-ten (st. Rspr., etwa BAG 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 24, AP TVG § 1 Nr. 44). Danach können bei der Ermittlung der Arbeitsvorgänge tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (BAG 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - zu B II 2 a der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178). Bei der Zuord-nung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers hat das Tatsachengericht einen Be-urteilungsspielraum (BAG nur 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 16, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 314; 25. August 1993 - 4 AZR 577/92 - zu B II 2 der Gründe, AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 5). b) Danach ist die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, bei der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit als Fallmanagerin im Jobcenter handele es sich um einen einzigen großen Arbeitsvorgang, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Tätigkeit der Klägerin ist auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, näm-lich die Beratung und Betreuung von jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren in Problemsituationen und die Beseitigung der bei ihnen vorliegenden vielfältigen Vermittlungshindernisse gerichtet, um sie in den Arbeitsmarkt (wieder) einzu- 13 14 15 16 - 7 - 4 AZR 292/10 - 8 - gliedern. Sämtliche Einzelaufgaben dienen diesem Arbeitsergebnis. Sie sind nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll weiter aufteilbar, selbst wenn sie aus unterschiedlichen, zeitlich nicht unbedingt zusammenhängenden Einzel-tätigkeiten bestehen. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht - ua. unter Berufung auf eine Stellungnahme der dem beklagten Land zuzurechnenden Senatsverwaltung für Finanzen vom 29. April 2008 - aus, die Klärung, welche Vermittlungshemmnisse im Einzelfall vorliegen und die Erstellung eines Integra-tionsplanes unter Einbeziehung bestimmter Netzwerke dienten dem Ziel der (Wieder-)Eingliederung von jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren in den Arbeits-markt. Die Tätigkeit kann nicht in einzelne Arbeitsvorgänge, wie zB auf einzelne Kunden bezogene Betreuungs- und Beratungstätigkeiten, aufgegliedert werden (vgl. insoweit auch BAG 20. Mai 2009 - 4 AZR 184/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 12). 4. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sind damit die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT maßgebend: Vergütungsgruppe V b 1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innen-dienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
Vergütungsgruppe IV b 1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innen-dienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.
Vergütungsgruppe IV a 1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innen-dienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergü-tungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt. ... 17 - 8 - 4 AZR 292/10 - 9 - 1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innen-dienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindes-tens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt. 5. Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Entgeltgruppen vorliegen (BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 28, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310; 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f aa der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - zu II 4 der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294). Danach muss ein Arbeitnehmer in einer dem Streitfall entsprechenden Lage die allge-meinen Voraussetzungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT und die der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT und IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT erfüllen. Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt sind. Zu einem schlüssigen Vort