X ZR 223/98 - X. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
X ZR 223/98 - X. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 223/98 Verkündet am: 17. Oktober 2000 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Roll enantriebseinheit PatG 1981 § 6 Satz 2; ZPO § 308 a) Miterfinder bilden eine Gemeinschaft nach den §§ 741 ff. BGB, wenn sie ihr Innenverhältnis nicht anderweitig durch Vereinbarung geregelt haben; jeder Miterfinder kann über seinen Anteil an der Erfindung frei verfügen. - 2 - b) Begehrt ein Erfinder für eine während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH und in deren Unternehmensbereich zustande gekommene E r - findung von dieser eine Vergütung als angeblicher Alleinerfinder, so darf das Gericht die Klage nicht deshalb abweisen, weil der Kläger nicht Alle i - nerfinder, sondern Miterfinder ist; der Anspruch auf Zahlung einer Verg ü - tung als Alleinerfinder umfaßt grundsätzlich auch den Anspruch auf eine Vergütung als Miterfinder. BGH, Urt. v. 17. Oktober 2000 - X ZR 223/98 - OLG München LG München I - 3 - Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ve r - handlung vom 17. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver für Recht erkannt: Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. September 1998 im Koste n - punkt und insoweit aufgehoben, als es die Klagen auf Feststellung und auf Zahlung einer Erfindervergütung abgewiesen hat. In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhan d - lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfa h - rens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Beklagte befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Vo r - richtungen, die für die Ausstattung von Flugzeugen verwendet werden. Der Kläger war von 1988 bis 1994 Geschäftsführer der Beklagten. - 4 - Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 391 175 (Klagepatents), das die Priorität des deutschen Patents 39 11 214 vom 6. April 1989 in Anspruch nimmt. Das Klagepatent ist am 23. März 1990 angemeldet und der Hinweis auf die Patenterteilung am 8. Juni 1994 bekannt gemacht worden. Als Erfinder ist der Kläger eingetragen. Die Erfindung wurde im Rahmen von Entwicklungsarbeiten bei der Beklagten gemacht. Das Klagepatent betrifft eine Rollenantriebseinheit. Wegen des Wor t - lauts der Patentansprüche wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen. Die von der Beklagten hergestellten und unter den Bezeichnungen 2955 P. und 2944 P. vertriebenen Rollenantriebseinheiten sind mit dem in Pa- tentanspruch 1 beschriebenen Schleppkeil ausgestattet. In einer in Englisch abgefaßten Vereinbarung ("Assignment") vom 28. März 1990 übertrug der K läger der Beklagten alle Rechte an bestimmten - nicht näher beschriebenen - Erfindungen und Verbesserungen an einer - ebenfalls nicht näher beschriebenen - Rollenantriebseinheit. Darin bestätigte der Kläger, er habe als Gegenleistung jeweils 1 US -$ und "other good and v a - luable considerations" erhalten. Der Kläger verlangt von der Beklagten Vergütung der im Klagepatent geschützten Erfindung. Zur Begründung hat er ausgeführt, daß er Alleinerfi n - der der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten sogenannten S chleppkei l - lösung sei. Dem hat die Beklagte entgegengehalten, daß die Unteranspr ü - che 2, 4 bis 7, 9 und 10 des Klagepatents von einem ihrer früheren Mitarbeiter, dem Zeugen J., stammten, so daß der Kläger allenfalls Miterfinder sein - 5 - könne. Vor dem Landgericht hat der Kläger die Beklagte auf Auskunftserte i - lung, Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung für die Zeit, für die noch keine Auskunft erteilt worden sei, ansonsten Zahlung von Erfindervergütung und A b - gabe der eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich bereits erteilter Auskünfte betreffend das Klagepatent sowie weiterer Schutzrechte in Anspruch geno m - men. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger sein Begehren auf die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Rollenantriebseinheiten der Typen 2944 und 2955, die Ansprüche des Klag e - patents verwirklichen, beschränkt und insoweit weiterhin Auskunftserteilung, Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung bzw. Zahlung von Erfinderverg ü - tung sowie Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangt. Das Berufung s - gericht hat dem auf Auskunft gerichteten Antrag stattgegeben, die Klage im übrigen aber abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger nur noch seine auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung bzw. Zahlung von Erfinderve r - gütung gerichteten Anträge weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Teilaufhebung des Urteils im Umfang der Anfechtung und zur Zurückverweisung der Sache in di e - sem Umfang an das Berufungsgericht. - 6 - Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Erfinderve r - gütung verneint. Es hat den Kläger nicht als Alleinerfinder der im Klagepatent geschützten Erfindung angesehen, weil der Zeuge J. Miterfinder ge- wesen sei und deshalb der Kläger nicht die volle Erfindervergütung, wie mit Feststellungs - und Zahlungsanträgen beansprucht, verlangen könne. 1. Die Revision nimmt die Feststellung des Berufungsgerichts hin, der Kläger sei nicht Alleinerfinder, sondern Miterfinder. Durchgreifende rechtliche Bedenken sind insoweit nicht ersichtlich. a) § 6 Satz 2 PatG (1981) knüpft an den Tatbestand, daß mehrere g e - meinsam eine Erfindung gemacht haben, die Rechtsfolge, daß ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zusteht. Das Patentgesetz enthält jedoch ke i - ne Regelung der Voraussetzungen der Miterfinderschaft. Nach der höchstric h - terlichen Rechtsprechung ist derjenige Miterfinder, der einen schöpferischen Beitrag zu der gemeinschaftlichen Erfindung geleistet hat (RG GRUR 1938, 256, 262; RG GRUR 1940, 339, 341; RG GRUR 1944, 80, 81; Sen.Urt. v. 30.04.1968 - X ZR 67/66, GRUR 1969, 133, 135 - Luftfilter). Hingegen reicht konstruktive Mithilfe an der Erfindung nicht aus. Der Beitrag des Miterfinders braucht allerdings nicht selbständig erfinderisch zu sein; es ist nicht erforde r - lich, daß er für sich allein betrachtet alle Voraussetzungen einer patentfähigen Erfindung erfüllt. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Einzelbeitrag die erfi n - derische Gesamtleistung mitbeeinflußt hat, also nicht unwesentlich in bezug auf die Lösung ist (BGH, Urt. v. 05.06.1966 - Ia ZR 110/64, GRUR 1966, 558, 559 - Spanplatten; Sen.Urt. v. 20.06.1978 - X ZR 49/75, GRUR 1978, 583, 585 - Motorkettensäge; Sen.Urt. v. 17.01.1995 - X ZR 130/93, Mitt. 1996, 16, 18 - Gummielastische Masse). - 7 - b) Entsprechend diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht ang e - nommen, der Kläger und der Zeuge J. seien Miterfinder. Dabei hat es zutreffend auf das Klagepatent als Ganzes und nicht auf dessen einzelne P a - tentansprüche abgestellt. Denn die Erfindung ist im Umfang des Klagepatents, bestimmt durch den Inhalt der Patentansprüche, unter Schutz gestellt worden (Art. 69 Satz 1 EPÜ). Nicht zu beanstanden ist weiter die Auffassung des B e - rufungsgerichts, die Miterfinderschaft des Zeugen J. könne nicht des- halb verneint werden, weil in seinem Beitrag nicht der "springende Punkt" des Patents, die Schleppkeillösung, liege. Zwar kann allein die Feststellung, der Zeuge J. habe als Diplomingenieur bei der Beklagten und als Mitglied im damaligen Entwicklungsteam die Lösungen gefunden, die in den Untera n - sprüchen 2 bis 7, 9 und 10 niedergelegt seien, die Annahme einer Miterfinde r - schaft des Zeugen nicht begründen. Denn die (formale) Aufnahme einer b e - sonderen Ausbildung des im Hauptanspruch beschriebenen Gegenstandes in einen Unteranspruch sagt nichts darüber aus, ob darin auch ein schöpferischer Beitrag zur Gesamterfindung liegt (Sen.Urt. v. 20.02.1979 - X ZR 63/77, GRUR 1979, 540, 541 - Biedermeiermanschetten). Auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts, der Zeuge sei an der Entwicklung der Gesamtlösung nicht nur in untergeordneter und unwesentlicher Weise beteiligt gewesen, wie seine qualitativen Beiträge in Form der Unteransprüche ergäben, die wesentlich in die Gesamtlösung eingeflossen seien, ist wenig aussagekräftig. Jedoch könnte - wovon das Berufungsgericht ohne Feststellungen anscheinend ausgeht - ein schöpferischer Beitrag des Zeugen in der in Unteranspruch 7 beschriebenen sogenannten Federlösung liegen. Dies stellt auch die Revision nicht in Abrede. Dafür spricht der Umstand, daß die Federlösung auf das deutsche Patent 39 11 214 zurückgeht, deren Priorität das Klagepatent für sich in Anspruch - 8 - nimmt, und daß die von dem Zeugen J. im Streit um eine Arbeitneh- mervergütung angerufene Schiedsstelle des Deutschen Patent - und Marken- amtes die Federlösung als einen die Höhe des Lizenzsatzes beeinflussenden Gesichtspunkt gesehen hat. Letztlich kommt es hierauf im vorliegenden Revisionsverfahren nicht an, weil das angefochtene Urteil aus anderen Gründen keinen Bestand haben kann. 2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob der Kläger der Beklagten statt des Rechts an der Erfindung als Alleinerfinder einen Anteil als Miterfinder an der Erfindergemeinschaft übertragen hat und aus diesem Grund die geltend gemachte Erfindervergütung ganz oder teilweise beanspr u - chen kann. a) Eine Erfindergemeinschaft kann als Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB oder als Gesamthandsgemeinschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) gemäß §§ 705 ff. BGB bestehen. Haben die Beteiligte n keine beso n - dere Vereinbarung getroffen, stehen die Beteiligten aufgrund der bloßen Ta t - sache der gemeinsamen erfinderischen Tätigkeit in einem Gemeinschaftsve r - hältnis nach §§ 741 ff. BGB (Benkard/Bruchhausen, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 6 PatG, Rdn. 34, m.w.N.). Besteht eine Gemeinschaft, kann zwar über das Patent als Ganzes nur gemeinschaftlich verfügt werden. Die Teilhaber sind jedoch in der Lage, über ihren Anteil an der Erfindung frei zu disponieren (§ 747 Satz 1 BGB; Sen.Urt. v. 20.02.1979 - X ZR 63/77, GRUR 1979, 540, 541 - Biedermeiermanschetten; MünchKomm/K. Schmidt, BGB, 3. Aufl., § 741 BGB, Rdn. 55, § 747 BGB, Rdn. 2; Storch, Festschrift für Preu, 1988, S. 39, 43). - 9 - Überträgt der Geschäftsführer seinen Anteil an einer während seiner Tätigkeit für die Gesellschaft und im Zusammenhang mit dieser zustande gekommenen Erfindung auf die Gesellschaft, kann er dafür eine Vergütung nach § 612 BGB verlangen, vorausgesetzt die Beteiligten haben in einem Dienstvertrag oder in einer anderen Vereinbarung keine davon abweichende Regelung getroffen (vgl. Sen.Urt. v. 24.10.1989 - X ZR 58/88, GRUR 1990, 193 f. - Auto-Kindersitz; Sen.Urt. v. 11.04.2000 - X ZR 185/97, GRUR 2000, 788 - Gleich- stromsteuerschaltung). b) Das Berufungsgericht hat diese Anspruchsgrundlage nicht in Erw ä - gung gezogen. Dazu wäre es aber aufgrund des sich aus dem Berufungsurteil ergebenden Vorbringens des Klägers und seiner eigenen tatsächlichen Fes t - stellungen verpflichtet gewesen. Der Kläger hat vorgetragen, Alleinerfinder der Schleppkeillösung des Streitpatents gewesen zu sein. Entsprechend stellt das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen fest, daß der Kläger zumi n - dest "zu einem kleinen Anteil Miterfinder bezüglich der Schleppkeillösung" sei. Damit stand die Frage im Raum, ob der Kläger, wenn er schon nicht Alleine r - finder der im Klagepatent unter Schutz gestellten Erfindung gewesen ist, doch zumindest - neben dem Zeugen J. - als Miterfinder anzusehen ist, als solcher seinen Anteil an einer Erfindergemeinschaft mit der Vereinbarung ("Assignment") vom 28. März 1990 auf die Beklagte übertragen hat und dafür Vergütung verlangen kann. Das Berufungsgericht durfte diese Anspruchsgrundlage nicht überg e - hen, sondern hatte - auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien - auch darüber zu entscheiden. - 10 - Würde nämlich das Berufungsurteil in den mit der Revision angegriff e - nen Teilen in Rechtskraft erwachsen, könnte der Kläger die Beklagte nicht e r - neut auf Vergütung wegen Übertragung eines Anteils an der Erfindergemei n - schaft in Anspruch nehmen, weil darüber bereits im Berufungsurteil entschi e - den worden ist. Denn vor dem Berufungsgericht war der entsprechende L e - benssachverhalt bereits vorgetragen, so daß die sich daraus ergebenden Ve r - gütungsansprüche von der Rechtskraftwirkung des Berufungsurteils erfaßt werden (vgl. BGH, Urt .v. 13.12.1989 - IVb ZR 18/87, NJW 1990, 1795, 1796). Aufgrund des Vorbringens der Parteien war nicht nur streitig, ob der Kläger als Alleinerfinder für die Übertragung seines Rechts an der Erfindung Vergütung von der Beklagten verlangen kann, sondern auch, ob er einen A n - spruch wenigstens als Miterfinder für die Übertragung seines Anteils an einer Miterfindergemeinschaft mit dem Zeugen J. gehabt hat. Im Zusammenhang mit der Behandlung des Auskunftsanspruchs hat das Berufungsgericht dies ebenso gesehen. 3. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts geben keine hinreichende Grundlage, über den Anspruch in der Revisionsinstanz abschli e - ßend zu entscheiden (§ 563 ZPO). Der Anspruch des Miterfinders an der Erfindergemeinschaft richtet sich dem Grunde und der Höhe nach dem Beitrag, den ein Beteiligter zu der Erfi n - dung beigesteuert hat, wobei das Gewicht der Einzelbeiträge im Verhältnis z u - einander und zur erfinderischen Gesamtleistung abzuwägen sind. Dies kann nur erschöpfend beurteilt werden, wenn zunächst der Gegenstand der im P a - tent unter Schutz gestellten Erfindung ermittelt, sodann die Einzelbeiträge - 11 - (Einzelleistungen) der Beteiligten am Zustandekommen dieser Erfindung fes t - gestellt und zur erfinderischen Gesamtleistung abgewogen werden (Sen.Urt. v. 20.02.1979 - X ZR 63/77, GRUR 1979, 540, 541 - Biedermeiermanschetten). Sind die Beiträge der Miterfinder deutlich voneinander zu trennen, können bei der Bemessung des Miterfinderanteils auch technische und/oder wirtschaftliche Gesichtspunkte wie besondere Vorteilhaftigkeit der Konstruktion, Bevorzugung der einen oder anderen Konstruktion bei der Umsetzung in die Praxis, unte r - schiedliche Wertschätzung am Markt Berücksichtigung finden (Barte n - bach/Volz, ArbErfG, 3. Aufl., § 12 ArbErfG, Rdn. 32, m.w.N.; vgl. auch Benkard/ Bruchhausen, aaO, § 6 PatG, Rdn. 35; Lüdecke, Erfindungsgemeinschaften, 1962, S. 62 ff., 66 ff.). Der Kläger hat insoweit vorgetragen, daß die Funktion der Feder und die des Schleppkeils keinen Bezug zueinander aufwiesen und die Feder in der Praxis nicht verwendet worden sei, hingegen der Schleppkeil - 12 - die Beklagte in die Lage versetzt habe, mit der Rollenantriebseinheit ihre h o - hen Umsatzerlöse zu erzielen. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Fes t - stellungen getroffen. Es wird diese nachzuholen haben. Rogge Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver

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