X ZB 7/99 - X. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
X ZB 7/99 - X. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 7/99 vom 25. Januar 2000 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Spiralbohrer PatG 1981 § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄndG a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄndG schließt keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die Parteien im Sinne der §§ 139, 238 ZPO, § 91 PatG ein. b) Ein solcher Hinweis kann im Hinblick auf das Gebot der Gewährung rechtl i - chen Gehörs allenfalls dann geboten sein, wenn wegen der Auffassung des Gerichts für die Parteien nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen das Gericht seine Entscheidung stützen wird. - 2 - BGH, Beschluß vom 25. Januar 2000 - X ZB 7/99 - Bundespatentgericht - 3 - Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 16. März 1999 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewi e - sen. Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000, - - DM festgesetzt. Gründe: I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des am 22. Mai 1982 angemeldeten Patents 32 19 341, das einen Spiralbohrer betrifft. Nachdem gegen dieses Schutzrecht von seiten der weiteren Verfa h - rensbeteiligten Einspruch eingelegt worden war, hat die Patentabteilung 14 des Deutschen Patentamtes es mit Beschluß vom 3. April 1997 in beschränktem - 4 - Umfang aufrechterhalten. Gegen diese Entscheidung haben die Einspreche n - den Beschwerde und die Patentinhaberin Anschlußbeschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung über die Beschwerden hat die Patentinhaberin neu gefaßte Unterlagen eingereicht, auf deren Grundlage sie das Streitpatent mit Haupt- und Hilfsanträgen verteidigt hat. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Berücksichtigung aller dieser Anträge mit Beschluß vom 16. März 1999 insgesamt widerrufen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Bundespatentgericht nicht z u - gelassene Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin, mit der sie geltend macht, das Bundespatentgericht habe ihr zum einen das rechtliche Gehör versagt, zum anderen fehle der angefochtenen Entscheidung eine hinreichende B e - gründung. Die Einsprechenden treten der Rechtsbeschwerde entgegen. II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, weil sie geltend macht, daß der angefochtene Beschluß auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG 1981 i.d.F. des 2. Gesetzes zur Änd e - rung des Patentgesetzes und anderer Gesetze [2. PatGÄndG] v. 16.7.1998 - BGBl. I S. 1827), und ferner beanstandet, der angefochtene Beschluß sei nicht mit Gründen versehen (§ 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG 1981 - seit der Änderung durch das 2. PatGÄndG § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Sie ist jedoch nicht begrü n - det, weil die gerügten Mängel nicht vorliegen. 1. a) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs macht die Rechtsb e - schwerde mit der Begründung geltend, das Bundespatentgericht habe die P a - tentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen, daß seine gegenüber der Zulässigkeit der ursprünglich formulierten Ansprüche b e - - 5 - stehenden Zweifel auch nach der Neufassung nach den Haupt- und Hilfsantr ä - gen fortbestünden. Da gegenüber diesen auch von der Einsprechenden Zwe i - fel nicht geäußert worden seien, hätten die Patentinhaberin und ihre anwaltl i - chen Vertreter darauf vertrauen dürfen, daß nach der Modifizierung der Schutzansprüche solche Bedenken nicht mehr bestünden, zumal sie mit der mit Wortlaut und Wortsinn nicht zu vereinbarenden Interpretation durch das Bu n - despatentgericht weder hätten rechnen müssen noch können. Darüber hinaus habe ihr Prozeßbevollmächtigter mit der Anmerkung, daß nach der Neufassung der Ansprüche seiner Ansicht nach allen Bedenken Rechnung getragen wo r - den sei, für alle Beteiligten deutlich gemacht, daß aus der Sicht der Patenti n - haberin solche Bedenken nicht mehr bestünden und aus ihrer Sicht daher weitere Reaktionen nicht erforderlich seien. Das hätte dem Bundespatentgericht nach Meinung der Rechtsb e - schwerde Anlaß geben müssen, auf gleichwohl fortbestehende Bedenken hi n - zuweisen. Hätte es dieser Verpflichtung genügt, hätte die Patentinhaberin en t - weder ohne weiteres diese Bedenken ausräumen oder aber in dem vom Bu n - despatentgericht als wesentlich angesehenen Punkt auf den Wortlaut des u r - sprünglichen Anspruchs zurückgreifen können, bei dem das in der angefocht e - nen Entscheidung herausgestellte Zulässigkeitsbedenken nicht bestehe. Der Verstoß gegen die Pflicht zur sachgemäßen und angemessenen E r - örterung (§ 91 PatG) und der Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 93 PatG) wiege um so schwerer, als die Patentinhaberin, wovon das Bundespatentg e - richt nach den Erklärungen ihrer Vertreter habe ausgehen müssen, zu weiteren Änderungen in den Patentansprüchen bereit gewesen sei, um etwa noch b e - stehende Mängel zu beheben. - 6 - b) Mit diesem Vorbringen wird eine der zulassungsfreien Rechtsb e - schwerde zum Erfolg verhelfende Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht da r - gelegt. Die durch das 2. PatGÄndG in den Katalog der Verfahrensmängel, bei deren Vorliegen auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zulässig ist, in das Gesetz eingefügte Regelung des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als verfassungsrechtlichem Gebot und grundlegender Verfahrensregel Rechnung (vgl. Gesetzesbegründung BT -Drucks. 13/9971 S. 34 zu Art. 2 Nr. 25 - BIPMZ 1998, 393, 405). Sie knüpft damit an die verfassungsrechtliche G e - währleistung dieses Anspruchs und seine Ausprägung insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, so daß die von diesem entwickelten Grundsätze zu Inhalt und Ausbildung dieses Rechts auch bei der Interpretation der Vorschrift heranzuziehen sind. Danach verpflichtet das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs das mit der Sache befaßte Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 11, 218, 220; 62, 347, 352; 79, 51, 61; 83, 24, 35; 86, 133, 144; vgl. a. BVerfG NJW 1993, 51; NJW 1999, 1387, 1388). Er ist verletzt, wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß das Gericht das Vorbringen einer oder mehrerer Parteien entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. BVerfGE 47, 182, 188). Daß das Beschwerdegericht in diesem Sinne Vorbringen der Patentinhaberin überga n - gen hat, wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Von ihr wird lediglich gerügt, daß das Bundespatentgericht seine Rechtsauffassung nicht vor seiner Entscheidung in einer Weise geäußert hat, die der Patentinh a - - 7 - berin eine weitere Anpassung ihrer Anträge ermöglicht hätte. In diesem Unte r - lassen kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs indessen nicht gesehen werden. Zwar kann es im Einzelfall im Hinblick auf das verfassungsrechtlich in Art. 103 GG geschützte Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs unter b e - sonderen Voraussetzungen, nämlich dann, wenn die Parteien bei der von i h - nen zu erwartenden Sorgfalt die maßgeblichen Gesichtspunkte nicht schon von sich aus haben erkennen können, erforderlich sein, sie auf die Rechtsauffa s - sung hinzuweisen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will (vgl. BVerfG DVBl. 1995, 34). An einer hinreichenden Gelegenheit zur Ste l - lungnahme, die das Gebot des rechtlichen Gehörs gewährleisten will, fehlt es nicht nur dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder das Gericht bei seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt hat, zu denen die Parteien nicht Stellung nehmen konnten. Ein dem verfahrens- wie verfassung s - rechtlichen Gebot genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt vielmehr auch voraus, daß die Beteiligten in Anwendung der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt erkennen konnten, auf welches Vorbringen es für die Entscheidung ankommen kann und wird (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs schließt jedoch auch in diesem Zusammenhang keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die Parteien ein, wie sie ihren Niederschlag etwa in den §§ 139, 238 ZPO und § 91 PatG gefunden hat (vgl. BVerfGE 66, 116, 147). Ihr läßt sich daher weder eine al l - gemeine Verpflichtung des Gerichts zur Darlegung seiner Rechtsauffassung (vgl. dazu BVerfGE 74, S. 1, 6) noch eine allgemeine Frage- und Aufklärung s - pflicht entnehmen (vgl. BVerfGE 66, 116, 147). Im Hinblick auf das Gebot der - 8 - Gewährung rechtlichen Gehörs kann ein solcher Hinweis allenfalls dann g e - boten sein, wenn wegen der Auffassung des Gerichts für die Beteiligten nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen es seine Entscheidung stützen wird, und deshalb, weil diese Gesichtspunkte nicht angesprochen wurden, ein für die Entscheidung relevanter Sachvortrag unterbleibt (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; s.a. BVerfG NJW 1994, 848, 849). Eine Ungewißheit in diesem Sinne ist von der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt worden. Wie sich aus der von ihr insoweit nicht in Zweifel gezogenen angefochtenen Entscheidung ergibt, ist die für das Beschwerdegericht ma ß - gebliche Frage nach der Zulässigkeit der von der Patentinhaberin vorgeno m - menen Änderungen am Wortlaut der Patentansprüche und der Beschreibung in der Verhandlung vom Gericht angesprochen und mit den Parteien diskutiert worden. Mit diesem Hinweis hat das Gericht die möglichen Grundlagen seiner Entscheidung bezeichnet und den Parteien und ihren Vertretern Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Hiervon hat die Patentinhaberin durch eine Neufassung der Ansprüche, mit denen sie das Patent verteidigen wollte, auch Gebrauch gemacht. Die Rechtsbeschwerde stützt ihre Rüge gerade unter anderem auch darauf, daß die Patentinhaberin im Hinblick auf diese Hinweise die Schutzansprüche neu formuliert hat. Zu weitergehenden Hinweisen, insbesondere dazu, ob die bereits vo r - genommenen Änderungen ausreichten, um den Bedenken des Gerichts Rec h - nung zu tragen, war dieses auch dann nicht gehalten, wenn es erkannt haben sollte, daß die Patentinhaberin nach ihrer Auffassung von einer nunmehr e r - reichten Zulässigkeit aller Änderungen ausgegangen sein sollte. Mit dem Hi n - - 9 - weis auf die bestehenden Zweifel und deren Diskussion hat das Beschwerd e - gericht der aus dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs folgenden Hi n - weispflicht, die ohnehin nur in Ausnahmefällen besteht, genügt. Eine weiterg e - hende Hinweispflicht konnte sich damit allenfalls aus § 91 PatG ergeben, auf dessen Verletzung sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls stützt. Da ein solcher Verfahrensmangel im Katalog der Gründe nicht aufgeführt ist, die nach § 100 Abs. 3 PatG die Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung durch das B e - schwerdegericht eröffnen, bedarf es hier keines Eingehens auf die Frage, ob das Gericht gehalten sein kann, auch nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage einen zum behandelten Thema fortbestehenden Rechtsirrtum der Parteien oder ihrer Vertreter entgegenzuwirken, und in welchem Umfang eine solche Belehrung mit seiner Pflicht zur Unparteilichkeit zu vereinbaren ist. 2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, der ang e - fochtenen Entscheidung fehle die erforderliche Begründung (§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, ist der Beschluß des Beschwerdegerichts mit einer Begründung versehen und genügt daher ins o - weit den formalen Anforderungen des Begründungszwangs. Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Bundespatentgericht habe bei seiner Auslegung übersehen, daß der von ihm zitierte Keilwinkel normalerwe i - se für die gesamte Hauptschneide definiert sei und damit entgegen seiner Auffassung doch einen Hinweis darauf bilde, daß die gesamte Hauptschneide von der Ausspitzung gebildet werde, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Dasselbe gilt für die Angriffe gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, um zu einer anderen als der von ihm vorgenommenen Auslegung des Patents zu gelangen, wären zusätzl i - - 10 - che Angaben in der Patentbeschreibung erforderlich gewesen, die zwingend erforderten, daß mit der Lehre des Patents auch die Verwendung nur einer der alternativ durch das Wort "oder" verbundenen Ausführungsformen unter Schutz gestellt sein solle. Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde schließlich einen B e - gründungsmangel auch mit der Erwägung, der angefochtene Beschluß lasse nicht erkennen, ob und mit welchem Gewicht das Beschwerdegericht die seiner Auslegung entgegenstehende zeichnerische Darstellung der patentgemäßen Lehre berücksichtigt habe. Mit der darauf gestützten Rüge, die Ausführungen des Beschwerdegerichts ließen mindestens drei Interpretationsmöglichkeiten zu, wird ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht aufgezeigt. Geltend gemacht werden Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit in der Begründung, die einen Begründungsmangel nur dann darstellen, wenn die vorhandenen Gründe ganz unverständlich, verworren oder in sich wide r - sprüchlich sind oder wenn sie sich auf leere Redensarten oder die bloße Wi e - dergabe des Gesetzestextes beschränken, so daß sie nicht erkennen lassen, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (st. Rspr., vgl. u.a. Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer), oder wenn eines von mehreren geltend gemachten Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, das einen selbständigen Charakter hat und deshalb in den Gründen auch zu bescheiden war, bei der Begründung übergangen wurde (vgl. Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizg e - rät; Sen.Beschl. v. 22.4.1998 - X ZB 5/97, GRUR 1998, 907 - Alkyläther). Einen solchen Mangel zeigt die Rechtsbeschwerde hier nicht auf; sie wendet sich allein dagegen, daß das Beschwerdegericht bei seiner Begründung der von ihr - 11 - in den Vordergrund gerückten zeichnerischen Darstellung eine oder nicht die von ihr gewünschte Aufmerksamkeit geschenkt hat und dabei nicht zu den E r - gebnissen gelangt ist, wie sie die Rechtsbeschwerde als allein richtig ansieht. Auch das betrifft lediglich die sachliche Richtigkeit der getroffenen Entsche i - dung, nicht jedoch einen Verfahrensmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 PatG. 3. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich g e - halten (§ 107 Abs. 1 PatG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG. Rogge Jes taedt Melullis Scharen Keukenschrijver

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