X ZB 28/98 - X. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
X ZB 28/98 - X. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 28/98 vom 31. Januar 2000 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das Gebrauchsmuster 89 16 172 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Schutzdauer bei Gebrauchsmusterabzweigung GebrMG § 5 Abs. 1, § 23 Abs. 2 Produktpirateriegesetz (PrPG) Art. 12 Nr. 3 Die Verlängerung der Schutzdauer eines Gebrauchsmusters auf zehn Jahre ist bei Abzweigung aus einer vor dem 1. Juli 1990 erfolgten Patentanmeldung auch dann nicht möglich, wenn die Abzweigung nach diesem Stichtag erfolgt ist. BGH, Beschluß vom 31. Januar 2000 - X ZB 28/98 - Bundespatentgericht - 2 - Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Senats (G e - brauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 17. Juni 1998 wird zurückgewiesen. Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000, - - DM festgesetzt. Gründe: I. Der Rechtsbeschwerdeführer war eingetragener Inhaber des inzw i - schen durch Ablauf der Schutzdauer erloschenen deutschen Gebrauchsm u - sters 89 16 172, das eine "Mäh- oder Heumaschine" betraf und am 10. Mai 1994 im Wege der sog. Abzweigung unter Inanspruchnahme des Anmeldetags der europäischen Patentanmeldung 89 104 532.0 vom 14. März 1989 ang e - meldet worden ist. Einen im August 1997 vom Antragsteller gestellten Antrag auf "Stundung der dritten Verlängerungsgebühr" hat das Deutsche Patentamt zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist vor dem Bundesp a - tentgericht erfolglos geblieben. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde - 3 - begehrt der Antragsteller die Aufhebung der Entscheidung des Bundespaten t - gerichts und die Zurückverweisung der Sache an dieses. II. Die Rechtsbeschwerde ist infolge Zulassung - an die der Senat g e - bunden ist - und im übrigen nach § 18 Abs. 1, Abs. 5 GebrMG statthaft; in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. 1. Das Bundespatentgericht ist der Ansicht, daß bei einem Gebrauch s - muster, das wie hier den Anmeldetag einer Patentanmeldung in Anspruch nimmt, die vor dem 1. Juli 1990 eingereicht worden ist, eine Verlängerung nur bis zu einer Schutzdauer von höchstens acht und nicht von zehn Jahren — wie nach der seit 1. Juli 1990 geltenden Fassung des § 23 GebrMG - möglich ist. Zwar sei nach dem Wortlaut der Übergangsvorschrift in Art. 12 Nr. 3 des Pr o - duktpirateriegesetzes (PrPG) die Neuregelung der Laufzeit auf nach Inkraf t - treten der Neuregelung am 1. Juli 1990 (Art. 14 PrPG) eingereichte G e - brauchsmusteranmeldungen anzuwenden, worunter auch das im Streit stehe n - de Gebrauchsmuster falle. Jedoch habe das Bundespatentgericht in mehreren Beschwerdeentscheidungen (BPatGE 37, 23; BPatGE 39, 10 = GRUR 1998, 725) entschieden, daß Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift es geböten, diese hinsichtlich ihres das materielle Recht betreffenden Regelungsgehalts nicht auf solche Gebrauchsmuster anzuwenden, für die der Anmeldetag einer früheren Patentanmeldung aus der Zeit vor Inkrafttreten des Produktpirateri e - gesetzes in Anspruch genommen sei. 2. Die Rechtsbeschwerde verweist zunächst darauf, daß das G e - brauchs muster erst nach Inkrafttreten des Produktpirateriegesetzes angeme l - det worden sei. Es falle damit unter den eindeutigen Wortlaut der Übergang s - - 4 - vorschrift, die sich von der im Gebrauchsmustergesetz 1986 enthaltenen unte r - scheide und keine vergleichbaren Einschränkungen vornehme. Dies sei vor den genannten anderslautenden Entscheidungen einhellige Auffassung gew e - sen. Die vom Bundespatentgericht vorgenommene Auslegung gegen den G e - setzeswortlaut des Art. 12 Nr. 3 PrPG sei fehlerhaft. Die Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags (BT -Drucks. 11/5744 S. 31 ff; BlPMZ 1990, 195, 200), die dieser Bestimmung zugrunde liege, trage zudem die Auslegung des Bundespatentgerichts ebensowenig wie dessen allgemeiner Hinweis auf die Rechtssicherheit. Auch gebe es keinen verfassungsrechtlichen Satz, der den Gesetzgeber daran hindere, die Laufzeit eines Schutzrechts zu verlängern. Schließlich könne die Übergangsregelung des Gebrauchsmuste r - änderungsgesetzes 1986 weder unmittelbar noch im Analogieweg auf die Ä n - derungen durch das Produktpirateriegesetz angewendet werden. 3. Der Senat tritt zu der Frage, ob bei einem aus einer vor dem 1. Juli 1990 erfolgten Patentanmeldung abgezweigten Gebrauchsmuster eine Verlä n - gerung der Schutzdauer auf zehn Jahre möglich ist, der Auffassung des Bu n - despatentgerichts im Ergebnis bei. a) Der Rechtsbeschwerde ist allerdings darin zuzustimmen, daß der Wortlaut der maßgeblichen Übergangsregelung in Art. 12 Nr. 3 PrPG zunächst die Auffassung des Bundespatentgerichts nicht zu stützen scheint. Ihr ist weiter darin zuzustimmen, daß der Gesetzgeber nicht gehindert war, eine zehnjährige Schutzdauer auch bei aus vor dem 1. Juli 1990 angemeldeten Patenten abg e - zweigten Gebrauchsmustern vorzusehen, und daß die sich auf die Neueinfü h - rung der Abzweigungsmöglichkeit beziehende Übergangsregelung in Art. 4 - 5 - Nr. 1, 2 GebrMÄndG 1986 für die hier zur Entscheidung stehende Frage nichts hergibt. b) Gleichwohl erweist sich die - nunmehr auch der Amtspraxis des Deu t - schen Patent- und Markenamts entsprechende (vgl. Mitteilung des Präsidenten des Deutschen Patentamts Nr. 4/97 vom 8.4.1997, BlPMZ 1997, 177) - Ausl e - gung des Bundespatentgerichts als zutreffend. Maßgeblich für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang e r - gibt, in den diese hineingestellt ist (BGHZ 46, 74, 76 - Schallplatten, m.w.N.). Dies ist aus dem Wortlaut der Norm, ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck s o - wie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte zu ermitteln, wobei regelmäßig mit der Auslegung nach dem Wortlaut zu beginnen ist, weil das nach dem Wortlaut sprachlich Mögliche die Grenzen absteckt, innerhalb deren ein vom Gesetz verwendeter Begriff ausgelegt werden kann (BGH, aaO). c) Die Auslegung nach dem Wortlaut führt hier nicht zu einem sicheren Ergebnis. Nach dem Wortlaut des Art. 12 Nr. 3 PrPG ist u.a. auch die in Art. 5 Nr. 7 Buchst. a) aa) dieses Gesetzes geregelte Änderung der Schutzdauer des Gebrauchsmusters in § 23 Abs. 2 Satz 1 GebrMG nur auf die nach Inkrafttreten dieser Regelung am 1. Juli 1990 (Art. 14 PrPG) beim Patentamt eingereichten Gebrauchsmusteranmeldungen und die darauf eingetragenen Gebrauchsm u - ster anzuwenden. Hiernach sind von der Anwendung der neuen Vorschriften jedenfalls solche Anmeldungen ausgeschlossen, die bereits vor dem Stichtag auf die Eintragung eines Gebrauchsmusters gerichtet waren. Gleiches kann - 6 - aber auch für ältere sogenannte Abzweigungsanmeldungen nach § 5 Abs. 1 GebrMG und damit auch für die Anmeldung des vorliegenden Gebrauchsm u - sters gelten. Auch insoweit handelt es sich um eine Anmeldung, die vor dem Stichtag beim Deutschen Patentamt eingereicht worden ist und letztlich auf die Eintragung eines Gebrauchsmusters gerichtet war. Die Anmeldung hat mithin im Lauf des Verfahrens eine Änderung hinsichtlich der Art des begehrten Schutzrechts erfahren, nicht jedoch hinsichtlich der zum Schutz angemeldeten Erfindung. Letzteres wird in § 5 Abs. 1 GebrMG als entscheidend angesehen. Die abgezweigte Anmeldung wird nach dieser Vorschrift so behandelt, als sei sie von vornherein auf die Anmeldung eines Gebrauchsmusters gerichtet g e - wesen. Es liegt nahe, diese Konsequenz auch im Rahmen der Übergangsvo r - schrift des Art. 12 Nr. 3 PrPG zu ziehen und als maßgebliches Anmeldedatum einer abgezweigten Gebrauchsmusteranmeldung auch hier das in Anspruch genommene Datum der Ursprungspatentanmeldung zu berücksichtigen. d) Auch Normzusammenhang und Normzweck sprechen für eine solche Auslegung. Sinn der erst im parlamentarischen Verfahren eingestellten Übe r - gangsregelung war es, im Interesse der Rechtssicherheit die neuen Vorschri f - ten über Voraussetzungen und weitere Verlängerung der Schutzdauer des G e - brauchsmusters nicht auf die vor Inkrafttreten der Neuregelung eingereichten Gebrauchsmusteranmeldungen und darauf erteilten Gebrauchsmuster anz u - wenden, hinsichtlich derer es bei den früheren Vorschriften verbleiben sollte (Empfehlung des Rechtsausschusses, aaO). Demnach sollten für vor dem 1. Juli 1990 angemeldete Gebrauchsmuster weiterhin das Raumformerforde r - nis wie die achtjährige Höchstschutzdauer gelten. Der Gesetzgeber hat bei der Formulierung der Übergangsregelung die durch die mit dem Gebrauchsm u - steränderungsgesetz 1986 geschaffene Möglichkeit der Abzweigung aus einer - 7 - früheren Patentanmeldung allerdings nicht ausdrücklich berücksichtigt. Es fi n - det sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür, daß er im Fall der Ausschöpfung di e - ser Möglichkeit den Gebrauchsmusterschutz sachlich - Wegfall des Raumfo r - merfordernisses - und zeitlich - zehnjährige Höchstschutzdauer - in einem Umfang eröffnen wollte, der im Widerspruch zu der Regelung gestanden hätte, die für bereits ursprünglich als Gebrauchsmuster angemeldete Schutzrechte eingeführt wurde. Eine Nichteinbeziehung der abgezweigten Gebrauchsm u - steranmeldungen in die Übergangsregelung hätte für diese aber eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung bedeutet, die auch in Fällen zu wirksamen Schutzrechten hätte führen können, bei denen nach der am in der Abzwe i - gungsanmeldung in Anspruch genommenen Anmeldetag des Patents gelte n - den Rechtslage weder ein Patent hätte erteilt noch ein Gebrauchsmuster hätte eingetragen werden dürfen. Dies hätte etwa dann der Fall sein können, wenn infolge des unterschiedlichen Neuheitsbegriffs der Gegenstand der Anmeldung zwar nach den Bestimmungen des Gebrauchsmustergesetzes, nicht aber nach den Bestimmungen des Patentgesetzes neu gewesen wäre, er aber andere r - seits nicht dem für die Patenterteilung bedeutungslosen früheren Raumfo r - merfordernis des Gebrauchsmusterrechts genügt hätte. Es war ersichtlich das Anliegen und steht hinter dem Regelungszusammenhang der Übergangsreg e - lung, in solchen Fällen die Eintragung eines Gebrauchsmusters zu versagen. Dem würde es widersprechen, in Fällen der Abzweigung andere Maßstäbe a n - zulegen. e) Allerdings sind die Verhältnisse, was die Verlängerung der Schut z - dauer betrifft, nicht ohne weiteres mit denen vergleichbar, die die Schutzvo r - aussetzungen betreffen. Bei Patentanmeldungen vor dem 1. Juli 1990 mußte sich die interessierte Öffentlichkeit auf eine Patentschutzdauer von 20 Jahren - 8 - einstellen, die weder durch die achtjährige noch durch die neu eingeführte zehnjährige Gebrauchsmusterschutzdauer ausgeschöpft wird. Dies läßt einen Vertrauensschutz hinsichtlich der Schutzdauer als weniger gewichtig ersche i - nen. Wie sich indessen sowohl der Übergangsregelung als auch der B e - schlußempfehlung des Rechtsausschusses entnehmen läßt, sollten die Fragen der Schutzfähigkeit und der Schutzdauer aber für die Übergangsfälle in gle i - cher Weise geregelt werden. An diese Entscheidung des Gesetzgebers sind die Gerichte gebunden. III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich e r - achtet (§ 18 Abs. 5 Satz 2 GebrMG i.V.m. § 107 Abs. 1 PatG). Rogge Melullis Scharen Keukenschrijver Mühlens

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