V ZR 334/98 - V. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
V ZR 334/98 - V. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL V ZR 334/98 Verkündet am: 18. Februar 2000 R i e g e l Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ----------------------------------- BGB § 157 D, Ge, § 436 Haben die Parteien eines Grundstückskaufs über die Kosten, die eine nicht vorhe r - gesehene Privaterschließung nach sich zieht, keine Regelung getroffen, kann eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führen, daß die gegenüber einer öffentlichen Erschließung entstehenden Mehrkosten von beiden Teilen gleichmäßig zu tragen sind (im Anschluß an Senatsurt. v. 16. Januar 1987, V ZR 242/85, BGHR BGB § 157, ergänzende Auslegung 2 = NJW-RR 1987, 458). BGH, Versäumnisurt. v. 18. Februar 2000 - V ZR 334/98 - OLG München LG München I - 2 - Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird, unter Zurückweisung des we i - tergehenden Rechtsmittels, das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Juli 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Zahlungsanspruch in Höhe e i - nes Teilbetrags von 13.055,81 DM nebst Zinsen und der Fes t - stellungsantrag abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Kläger das Urteil des Landgerichts München I, 4. Zivilkammer, vom 11. No- vember 1997 im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen teilwe i - se abgeändert. Der Anspruch auf Zahlung von 13.055,81 DM nebst Zinsen ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Wegen der Höhe des Zahlungsanspruchs und wegen des Fes t - stellungsanspruchs wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Mit notariellem Vertrag vom 25. September 1989 kauften die Kläger von der Beklagten das Wohnungseigentum an einer Doppelhaushälfte in München. Zu den Erschließungskosten wurde vereinbart: "Alle Kosten, die aufgrund von Maßnahmen der Erschließung anfallen, die bis zum Tag des Besitzübergangs ausgeführt werden, trägt der Verkäufer, außer die Kosten der Straßene r - schließung von Norden her. Alle Kosten für Maßnahmen der Erschließung, die ab dem Tag des Besitzübergangs ausgeführt werden, trägt der Kä u - fer, außerdem die Kosten der Straßenerschließung von No r - den her. Hierbei ist es gleichgültig, wann und welchem Vertragsteil der Beitragsbescheid zugestellt wird." Der Teilungsvertrag über die Begründung von Wohnungseigentum vom 29. De zember 1988 beschränkte die verschiedenen Wohnungseigentümer n zugewiesenen Sondernutzungsrechte am Grundstück dahin, daß anderen Mi t - eigentümern über eine Wegefläche der Zugang zu ihrem Sondereigentum g e - stattet wurde, "solange nicht der Zugang von der Nordseite des Grundstücks möglich ist". Das galt auch für das von den Klägern gekaufte Wohnungseige n - tum und sollte eine Zufahrt von Süden her ermöglichen. Mit Vertrag vom 26. September/2. Oktober 1996 übertrug die Stadt München verschiedenen Anliegern, darunter den Klägern, die Straßenbaulast für die Anbindung von Norden. - 4 - Die Kläger haben vorgetragen, die Beklagte habe ihnen vorgetäuscht, die Zufahrt von Süden sei endgültig. Die Privaterschließung von Norden her werde sie mit anteiligen Kosten von 60.000 DM bis 80.000 DM belasten, bei einer Erschließung durch die Stadt wären Anliegerbeiträge von höchstens 15.000 DM angefallen. Die Kläger haben die bereits entstandenen Kosten der Privaterschließung geltend gemacht, die sie in erster Instanz mit 2.542,86 DM, in zweiter Instanz mit 26.111,61 DM beziffert haben. Außerdem ha ben sie die Feststellung verlangt, daß ihnen die Beklagte weiteren Schaden zu ersetzen habe. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch. Kau f - vertrag und Vertrag über die Begründung von Wohnungseigentum wiesen aus, daß von Norden eine Zufahrt auf Kosten der Kläger zu schaffen sei. Zwar seien die Parteien bei Abschluß des Kaufs davon ausgegangen, daß die Stadt die Nordzufahrt plane, diese herstellen und die üblichen Anliegerkosten (anteilig) auf die Kläger umlegen werde. Unvorhersehbar habe die Stadt vor den Ei n - wänden der anderen Anlieger, insbesondere dem Widerstand gegen die vo r - gesehene Wendeschleife, kapituliert. Dies habe die Beklagte nicht zu vertr e - ten. - 5 - II. Die Revision hat zum Teil Erfolg. 1. Die Beklagte war trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlung s - termin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil allerdings nicht auf der Säumnisfolge (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff). 2. Die Angriffe gegen die Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs greifen allerdings nicht durch. Offen kann dabei bleiben, unter welchem rechtl i - chen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch überhaupt in Frage kommen könnte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag jedenfalls bereits objektiv kein Verstoß gegen die vertraglichen Verhaltenspflichten der Bekla g - ten vor. Die hierzu führende Würdigung des Tatsachenvortrags der Parteien und der vorgelegten Urkunden (§ 286 ZPO) weist keinen Rechtsfehler auf. Der Kaufvertrag selbst hat die Straßenerschließung von Norden her zum Gege n - stand und regelt die Frage, wer die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen hat, zum Nachteil der Kläger. Der am Tag des Kaufabschlusses beurkundete Nachtrag zum Vertrag über die Begründung des Wohnungseigentums, auf den die Revision abhebt, wiederholt die in der Urkunde vom 29. Dezember 1988 enthaltenen Hinweise auf die zeitliche Begrenzung der die Südzufahrt regel n - den Rechte allerdings nicht. Dies ist aber nicht geeignet, das Beweisergebnis des Berufungsgerichts zu erschüttern. Denn die Urkunde über die Begründung des Wohnungseigentums, die den Klägern bei Vertragsabschluß vorlag, war in diesem Punkte nicht ergänzungsbedürftig. Die privatschriftliche Zuweisung e i - nes Stellplatzes hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dahin gewürdigt, daß - 6 - sie nicht geeignet gewesen sei, den Anschein einer endgültigen Zuwegung von Süden her zu erwecken. Von einer weiteren Begründung der Zurückweisung dieser und der weiteren Rügen der Kläger zur Beweiswürdigung sieht der S e - nat nach § 565 a ZPO ab. 3. Das Berufungsgericht verkennt jedoch, daß der Kaufvertrag der Pa r - teien die Frage, wer die Mehrkosten einer privaten Erschließung zu tragen hat, nicht regelt. Nach den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, daß es sich hierbei um ein den Parteien nicht bekanntes und für sie auch nicht vorhersehbares Risiko handelte. Auf eine Vertragsauslegung, nach der auch nicht erkennbare, die Grundlagen des Geschäfts berührende, Kostenrisiken der Erschließung zu Lasten der Kläger gingen, stützt sich das Berufungsurteil nicht. Sie würde von den getroffenen Feststellungen auch nicht getragen. Ihr stünde zudem entgegen, daß die Parteien sich gerade veranlaßt sahen, die Frage, ob die Zustellung des Beitragsbescheides an die eine oder die andere Seite Bedeutung haben soll, (negativ) zu regeln. Der Senat ist bei einer vergleichbaren Sachlage von einer Regelungslücke ausgegangen, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auszufüllen ist (Urt. v. 16. Januar 1987, V ZR 242/85, BGHR BGB § 157, ergänzende Auslegung 2). Daran ist auch für den hier zu entscheidenden Fall festzuhalten. Die ergänzende Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, da weit e - re tatsächliche Feststellungen zur Auslegungsgrundlage nicht zu erwarten und Erfahrungswissen oder Verkehrssitten nicht zu ermitteln sind (Senat, Urt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, BGHR BGB § 1 57, ergänzende Ausl e - gung 22). Sie führt hier zu dem Ergebnis, daß die Parteien nach Treu und Glauben das seinerzeit fernliegende, in seinen Konsequenzen nicht absehbare - 7 - Risiko als redliche Partner zu gleichen Teilen auf sich genommen hätten. Denn nach der für Austauschverträge geltenden Rentabilitätsvermutung (vgl. BGHZ 114, 113) ist davon auszugehen, daß Leistung und Gegenleistung der Parteien in einem ausgewogenen Verhältnis standen. Dem hierin zum Ausdruck ko m - menden Parteiwillen hat die ergänzende Auslegung Rechnung zu tragen. Dies führt zur Halbteilung. Die Kläger haben daher einen Anspruch darauf, daß die Beklagte die Mehrkosten der Privaterschließung zur Hälfte auf sich nimmt. Di e - ser Anspruch ist auf Erfüllung gerichtet, unterliegt mithin nicht der für Sac h - mängel geltenden Verjährung, auf die sich die Beklagte berufen hat (vgl. S e - natsurt. v. 2. Juli 1993, V ZR 157/92, WM 1993, 2053). III. Die Sache ist zur Zwischenentscheidung über den Grund des Zahlung s - anspruchs, soweit er die Hälfte der geltend gemachten Summe, mithin 13.055,81 DM nebst Zinsen, nicht übersteigt, und zur Abweisung der weiterg e - henden Forderung reif (§§ 565 Abs. 3 Nr. 1, 301, 304 ZPO). Denn es ist ang e - sichts der weitgehend unbestrittenen Kostenpositionen mit hoher Wahrschei n - lichkeit davon auszugehen, daß der Zahlungsanspruch jedenfalls in irgende i - ner - 8 - Höhe besteht (vgl. BGHZ 126, 217, 219). Im übrigen ist die Sache zur ande r - weiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuve r - weisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Wenzel Tro pf Krüger Klein Lemke

Full & Egal Universal Law Academy