NotZ 17/99 - Senat für Notarsachen
Karar Dilini Çevir:
NotZ 17/99 - Senat für Notarsachen
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS NotZ 17/99 vom 20. März 2000 in dem Verfahren wegen Aufrechnung gegen Versorgungsansprüche Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ----------------------------------- BNotO §§ 62, 113 a; GVG § 13; VwGO § 40 - 2 - a) Für Ansprüche des Notarverwalters gegen den früheren Amtsinhaber auf Herau s - gabe von Gebührenvorschüssen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. b) Rechnet die Ländernotarkasse gegen die von ihr festgesetzten Versorgungsb e - züge mit Ansprüchen auf Herausgabe von Gebührenvorschüssen auf, kann der Notar die Auszahlung der Bezüge mit der allgemeinen Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht verfolgen; ob dieses über die streitige Aufrechnung selbst entscheiden kann oder darauf verwiesen ist, nach Erlaß eines Vorbehaltsurteils das Verfahren zum Austrag des Streits vor dem ordentlichen Gericht auszuse t - zen, bleibt offen. BGH, Beschl. v. 20. März 2000 - NotZ 17/99 - OLG Dresden - 3 - Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Tropf und Dr. Wahl sowie die Notare Dr. Lintz und Dr. Doyé am 20. März 2000 beschlossen: Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der B e - schluß des Senats für Notarverwaltungssachen des Oberlande s - gerichts Dresden vom 31. August 1999 im Kostenpunkt und ins o - weit aufgehoben, als er zum Nachteil der Antragsgegnerin erga n - gen ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Verwaltungsg e - richt Leipzig verwiesen. - 4 - Gründe: I. Der Antragsteller war bis 14. Februar 1998 Notar mit dem Amtssitz in Leipzig. Die Antragsgegnerin hat ihm mit Bescheid vom 10. November 1998 Versorgungsbezüge wegen Berufsunfähigkeit zuerkannt. Mit Schreiben vom 11. Juni 1999 rechnete sie gegen die Versorgungsbezüge von Juli bis Deze m - ber 1999 in Höhe von insgesamt 20.386,02 DM Ansprüche auf Herausgabe von Vorschüssen auf, die der Antragsteller auf Vollzugsgebühren empfangen habe, die erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt fällig geworden seien. Die Gegenansprüche über insgesamt 29.706 DM macht die Antragsgegnerin, soweit die Gebühren dem gegenwärtigen Verwalter des Notars zuständen, aus abgetretenem Recht, soweit frühere Verwalter Gebührengläubiger seien, kraft gesetzlicher Befugnis geltend. Der Senat für Notarverwaltungssache n des Oberlandesgerichts hat den Antrag des Notars auf Feststellung, daß die Aufrechnung unzulässig ist, ve r - worfen. Auf den weiteren Antrag, den "Bescheid vom 11. Juni 1999 aufzuh e - ben", hat es die Verpflichtung der Antragsgegnerin ausgesprochen, dem A n - tragsteller die Versorgungsleistungen für die Monate Juli bis Dezember 1999 zu gewähren. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht Leipzig zu verweisen. Der Antragsteller beantragt die Z u - rückweisung des Rechtsmittels. - 5 - II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig (§ 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO, § 42 Abs. 4 BRAO). Sie führt antragsgemäß zur Verweisung der Sache an das Verwaltungsgericht. 1. An die Bejahung des Rechtswegs zum Oberlandesgericht als Gericht der ordentlichen freiwilligen Gerichtsbarkeit ist der Senat nicht nach § 17a Abs. 5 GVG gebunden. Eine solche Bindung setzt voraus, daß das erstinstan z - liche Gericht in das Vorabverfahren über den Rechtsweg eingetreten ist, wenn hierfür nach § 17a Abs. 2, Abs. 3 GVG Anlaß bestanden hatte (BGHZ 119, 246). Das wäre hier der Fall gewesen, denn die Antragsgegnerin hat die Z u - ständigkeit der ordentlichen Gerichte bereits vor dem Oberlandesgericht g e - rügt. Das Oberlandesgericht hat aber von einem Vorabverfahren abgesehen. 2. Gegenstand der sofortigen Beschwerde ist der Antrag auf "Aufhebung des Bescheids vom 11. Juni 1999", den das Oberlandesgericht dahin ausg e - legt hat, daß er auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung der Ve r - sorgungsleistung für Juli bis Dezember 1999 gerichtet ist. Ihn hält das Obe r - landesgericht für statthaft und stützt sich hierzu auf § 111 Abs. 1 BNotO, der Verwaltungsakte, die nach der Bundesnotarordnung oder rangniedrigerem Recht ergehen, der gerichtlichen Kontrolle unterwirft. Im Verfahren über den Verpflichtungsantrag geht es von seiner Befugnis aus, die Wirksamkeit der von der Antragsgegnerin erklärten Aufrechnung zu prüfen. Dies ist bereits im A n - satz unzutreffend, denn der Bestand des Leistungsbescheides vom 10. November 1998 ist durch die Aufrechnungserklärung nicht berührt. Der Verpflichtungsausspruch des Oberlandesgerichts geht ins Leere. Das Bege h - - 6 - ren des Antragstellers ist nicht auf Erlaß eines Versorgungsbescheides, so n - dern auf Auszahlung der in dem Bescheid vom 10. November 1998 festg e - setzten Bezüge gerichtet. Der Rechtsbehelf hierfür ist die allgemeine Le i - stungsklage. Der Senat hat bisher noch nicht entschieden, ob im Verfahren nach § 111 BNotO eine Leistungsklage statthaft ist (Beschl. v. 9. Januar 1995, NotZ 32/93, v. 18. September 1995, NotZ 46/94, v. 24. Novem ber 1997, NotZ 10/97, BGHR BNotO § 111 Abs. 1, Leistungsantrag 1-3). Dies kann auch hier offen bleiben, denn für den Antrag auf Auszahlung der festgesetzten Ve r - sorgungsbezüge ist nach der besonderen Vorschrift des § 113 a Abs. 3 Nr. 2, Abs. 7 BNotO i.V.m. § 126 BRRG der Verwaltungsrechtsweg gegeben. In di e - sem Rechtsweg findet die allgemeine Leistungsklage zweifelsfrei statt (statt aller: K. Redeker/von Oertzen/M. Redeker, VwGO, 12. Aufl., § 42 Rdn. 153 ff, 154). 3. Allerdings ist es dem Verwaltungsgericht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 77, 19; a.A. VGH Kassel NJW 1995, 1107; dazu näher unten zu 4) nicht möglich, über die zur Aufrechnung gestellte Forderung zu entscheiden, da diese streitig und ihre Geltendmachung auf den Zivilrechtsweg verwiesen ist (a). Dies macht die Verweisung in die Verwaltungsgerichtsbarkeit aber nicht entbehrlich und steht ihr auch unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie nicht entgegen (b). a) Für die Ansprüche, mit denen die Antragsgegnerin aufrechnet, ist der Zivilrechtsweg gegeben. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 62 BNotO. Danach sind für vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen dem Notarverwalter und der Notarkammer (hier der Antragsgegnerin nach § 113 a Abs. 3 Nr. 7 BNotO), welche die Vergütung, die Abrechnung (§ 59 - 7 - BNotO) oder die Haftung für Amtspflichtverletzungen betreffen, die Landg e - richte ausschließlich zuständig. Im Streitfalle geht es allerdings nicht unmitte l - bar um eine dieser Streitigkeiten, sondern um Ansprüche der Notarverwalter auf die Herausgabe von Vorschüssen auf Gebühren, die erst nach dem Au s - scheiden des Antragstellers fällig geworden sind (§ 146 i.V.m. §§ 141, 7, 8 Kost). Diese Gebühren stehen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 BNotO dem Notariat s - verwalter zu, nach Satz 3 der Vorschrift hat er sich aber im Verhältnis zum K o - stenschuldner die gezahlten Vorschüsse anrechnen zu lassen. Daraus e r - wächst ihm gegen den früheren Amtsinhaber ein Anspruch auf Herausgabe zu (vgl. Vetter in Schippel, BNotO, 7. Aufl., § 58 Rdn. 26). Über diesen Anspruch, mithin auch über den Rechtsweg, auf dem er zu verfolgen ist, trifft die Bunde s - notarordnung keine ausdrückliche Bestimmung. Gleichwohl verbietet sich ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften über den zulässigen Rechtsweg (§ 13 GVG, § 40 VwGO). Denn der Ausgleich der empfangenen Vorschüsse zwischen dem ausgeschiedenen Notar und dem Verwalter, ebenso zwischen dem Verwalter und dem Notar, der nach § 64 Abs. 3 BNotO die von dem Ve r - walter begonnenen Amtsgeschäfte fortführt, ist mit dem Verwalteramt und de s - sen rechtlicher Ausgestaltung innerlich aufs engste verbunden. Für die verm ö - gensrechtlichen Streitigkeiten, die auf das Amtsverhältnis des Notarverwalters zum Staat einerseits (§ 57 BNotO), auf die Pflichtaufgaben der Notarkammer (§ 67 BNotO; u.a. die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos der Notarve r - waltung § 59 BNotO) andererseits, zurückgehen, hat der Gese tzgeber, unb e - schadet ihres öffentlich-rechtlichen Hintergrundes, die Entscheidungskomp e - tenz den Zivilgerichten zugeordnet (zum Rechtswegcharakter der Zuordnung: Vetter in Schippel, aaO, § 62 Rdn. 1; Lemke aaO, § 111 Rdn. 14; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 4. Aufl., § 62 Rdn. 2). Im vermögensrechtl i - chen Verhältnis zwischen dem Verwalter und dem früheren oder späteren - 8 - Amtsinhaber treten die öffentlich-rechtlichen Züge demgegenüber eher zurück, andererseits tritt das Bedürfnis, hier entstehende Streitigkeiten auf den gle i - chen Rechtsweg zu verweisen, auf dem die Streitigkeiten zwischen Notarve r - walter und Kammer ausgetragen werden, besonders hervor. Sachzusamme n - hang und Praktikabilität gebieten die entsprechende Anwendung der Norm. Die Frage nach der Zuordnung des materiellen Anspruchs auf Herausgabe des Vorschusses zum öffentlichen oder zum privaten Recht bedarf in diesem Z u - sammenhang keiner Antwort. Läge ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis vor, wäre der Rechtsweg zu den Zivilgerichten durch die anderweite Zuweisung in einem Bundesgesetz im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO 2. Halbs. g e - geben. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das Verwaltungsgericht, an das die Sache verwiesen ist, über die Leistungsklage durch Vorbehaltsurteil entscheiden (§ 173 VwGO, § 302 ZPO) und das Verfa h - ren über die vorbehaltene Aufrechnung entsprechend §§ 94, 173 VwGO i.V.m. §§ 148, 151 ZPO unter Fristsetzung aussetzen (BVerwGE 77, 19, 28). Es ist dann Sache der Beteiligten, den Streit über die Aufrechnungsforderung vor dem Zivilgericht auszutragen. Die Aufrechnung findet im Falle der bestand s - kräftigen Feststellung der Gegenforderung im Nachverfahren vor dem Verwa l - tungsgericht Berücksichtigung. Dieser Verfahrensgang gibt dem versorgungsberechtigten Notar, der sich auf einen Leistungsbescheid stützen kann, die Möglichkeit, seinen A n - spruch mit der Leistungsklage zu verfolgen. Er ist nicht darauf angewiesen, die Leistungskürzung bis auf weiteres hinzunehmen und die von der Kasse zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung mit der negativen Feststellungsklage zu - 9 - bekämpfen. Die Möglichkeit des Notars, vor dem Verwaltungsgericht ein Vo r - behaltsurteil zu erwirken, spiegelt das materielle Risiko wider, vor das sich die aufrechnende Kasse gestellt sieht. Gegenforderung und Wirksamkeit der Au f - rechnung sind von ihr zu beweisen. Solange der Beweis nicht geführt ist, kommt der Vorbehaltstitel dem Notar zugute. Daß im Streitfalle wegen der fehlerhaften Anrufung des Gerichts der Freiwilligen Gerichtsbarkeit der Verfahrensgang verlängert wird, kann für die zu treffende Entscheidung, die auch künftige Fälle berücksichtigen muß, nicht maßgebend sein. 4. Ob die Neufassung der §§ 17 ff GVG durch das 4. VwGOÄndG vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2809) diese Rechtslage in dem Sinne geändert hat, daß das Gericht des zulässigen Rechtswegs nunmehr auch in vollem U m - fang über die Aufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen entscheiden kann (vgl. Musielak/Wittschier, ZPO, § 17 GVG Rdn. 10 und 12 m. zahlr. Nachw.), kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Rinne Tropf Wahl Lintz Doyé

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