NotZ 16/01 - Senat für Notarsachen
Karar Dilini Çevir:
NotZ 16/01 - Senat für Notarsachen
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS NotZ 16/01 Verkündet am: 3. Dezember 2001 F r e i t a g, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle vom 3. Dezember 2001 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja _____________________ BNotO §§ 50, 111 a) Umstände, die nach Abschluß des Vorschaltverfahrens über die Feststellung e i - nes Amtsenthebungsgrundes oder nach Ablauf der dafür bestimmten Frist eing e - treten sind, sind bei der Entscheidung, ob die Amtsenthebung auszusprechen ist, zu berücksichtigen. b) Im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Amtsen t - hebung des Notars bleiben Umstände, die nach dem Ausspruch der Amtsenth e - bung durch die Landesjustizverwaltung eingetreten sind, unberücksichtigt. BGH, Beschl. v. 3. Dezember 2001 - NotZ 16/01 - OLG Frankfurt/Main - 2 - wegen Amtsenthebung und vorlufiger Amtsenthebung - 3 - Der Bundesgerichtshof, Senat fr Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Tropf und Dr. Wahl sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Lintz auf die mndliche Verhandlung vom 3. Dezember 2001 beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 2. Notarsenat - vom 19. Januar 2001 wird zurckgewiesen. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfa h - rens zu tragen und die der Antragsgegnerin entstandenen no t - wendigen Auslagen zu erstatten. Der Beschwerdewert wird fr beide Rechtszge auf 100.000 DM festgesetzt. - 4 - Grnde: I. Der Antragsteller wurde 1982 zur Rechtsanwaltschaft und als Recht s - anwalt bei dem Amts- und Landgericht F., 1997 bei dem Oberlandesgericht F. zugelassen. Am 29. Mrz 1990 wurde er zum Notar mit dem Amtssitz in F. b e - stellt. Durch V erfgung des Prsidenten des Landgerichts F. vom 2. November 1999 wurde der Antragsteller vorlufig seines Amtes als Notar enthoben, weil er ohne Genehmigung und auch nach Erlaß einer Disziplinarverfgung als G e - schftsfhrer der Firmen VSI V. S. I. GmbH (VSI) und R-Tec G. fr S.- und R. mbH (R-Tec), beide mit Sitz in H., ttig war. Die vorlufige Amtsenthebung wurde durch Verfgung vom 25. November 1999 zustzlich darauf gesttzt, daß die wirtschaftlichen Verhltnisse bzw. die Art der Wirtschaftsfhrung des Antragstellers die Interessen der Rechtsuchenden gefhrdeten. Am 9. November 1999 leitete die Prsidentin des Oberlandesgerichts F. wegen der Geschftsfhrerttigkeit, am 3. Dezember 1999 auch wegen der Gefhrdung der Interessen der Rechtsuchenden das Amtsenthebungsverfa h - ren gegen den Antragsteller ein. Die Verfgungen wurden dem Antragsteller am 12. November und am 7. Dezember 1999 zugestellt. Ein Antrag auf Fes t - stellung, daß die Voraussetzungen der Amtsenthebung nicht vorlgen, wurde von dem Antragsteller nicht gestellt. Durch Verfgung vom 13. Januar 2000 wurde der Antragsteller seines Amtes als Notar enthoben. Die Amtsenthebung sttzt sich auf die Grnde, die dem Antragsteller in den Einleitungsverfgungen mitgeteilt worden waren. - 5 - Die gegen die vorlufige Amtsenthebung und gegen die Amtsenthebung gerichteten Antrge auf gerichtliche Entscheidung blieben ohne Erfolg. Hierg e - gen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der der Genera l - staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main entgegentritt. II. Das Rechtsmittel ist zulssig. 1. Es ist davon auszugehen, daû die beim Oberlandesgericht am 30. Mrz 2001 eingegangene Beschwerdeschrift die Rechtsmittelfrist (§ 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO) gewahrt hat. Der angefochtene B e - schluû wurde dem Antragsteller entsprechend § 212 a ZPO (vgl. Ke i - del/Kuntze/ Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Kommentar zum FGG, 14. Aufl., § 16 Rdn. 48) gegen Empfangsbescheinigung zugestellt. Die Bescheinigung ist zwar nicht wieder zu den Akten gelangt, der Antragsteller teilt aber mit, die Zuste l - lung sei am 16. Mrz 2001 erfolgt. Die Mitteilung ist rechtlich geeignet, das Empfangsbekenntnis auf der vom Gericht bermittelten Urkunde (Zustellung s - karte) zu ersetzen (vgl. BGH, Urt. v. 3. Mai 1994, VI ZR 248/93, NJW 1994, 2297), eine inhaltliche Unrichtigkeit trgt sie nicht auf der Stirn. 2. Auch vom Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses ist auszugehen. Der Hessische Anwaltsgerichtshof hat zwar den Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Anwaltschaft besttigt, ber das hiergegen eingelegte - 6 - Rechtsmittel hat aber der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (AnwZ-B- 42/01) noch nicht entschieden. Vom Erlöschen des Amts des Notars nach § 47 Nr. 3 BNotO und damit vom Wegfall des schtzenswerten Interesses an der weiteren Rechtsverfolgung (Senatsbeschl. v. 14. Juli 1997, NotZ 36/96) kann nicht ausgegangen werden. III. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. 1. Was die Amtsenthebung wegen Gefhrdung der Interessen der Rechtsuchenden angeht, die die Prsidentin des Oberlandesgerichts (allein) auf die wirtschaftlichen Verhltnisse des Antragstellers sttzt (§ 50 Abs. 1 Nr. 8 1. Altern. BNotO), stellt sich das Oberlandesgericht zu Recht auf den Stan d - punkt, daû die tatschlichen Ergebnisse des durch die Verfgung vom 3. De- zember 1999 eingeleiteten Vorschaltverfahrens (§ 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO) nicht mehr zur Überprfung stehen. Die dem Notar eröffnete Möglichkeit, die Feststellung, ob in den Fllen des § 50 Abs. 1 Nr. 5 bis 9 BNotO die Vorau s - setzungen der Amtsenthebung vorliegen, in einem gesonderten Verfahren vo r - weg berprfen zu lassen, fhrt nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsschu t - zes. Die dort festgestellten Amtsenthebungsgrnde sind im anschlieûenden Streit um die Rechtmûigkeit der Amtsenthebung grundstzlich bindend (Senat BGHZ 44, 65, 72; 78, 229). Entsprechendes gilt fr den hier vorliegenden Fall, in dem eine gerichtliche Prfung des Amtsenthebungsgrundes zufolge des Umstands, daû der Notar von dem ihm nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO eing e - - 7 - rumten Antragsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, unterblieben ist (Senat BGHZ 78, 232). Es ist danach davon auszugehen, daû der Antragsteller in (mindestens) neun Fllen, davon acht mal in den Jahren 1998 und 1999 berechtigte Ford e - rungen nicht bezahlte und es zu Zwangsvollstreckungsmaûnahmen kommen lieû. Die geschuldeten Betrge belaufen sich zwischen ca. 3.000 DM und 44.000 DM. Am 1. November 1999 war der Antragsteller im Verfahren zur A b - gabe der eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht M. zur Vorlage eines Vermgensverzeichnisses gezwungen. Hiervon abgesehen sind nach dem Eingestndnis des Antragstellers aus von ihm verwalteten Insolven z - massen ca. 1,5 Mio. DM "nicht mehr vorhanden" und nach im einzelnen nicht nachvollziehbar dargelegten Investitionen "jetzt wohl verloren". Ohne Erfolg weist der Antragsteller darauf hin, daû die Verwaltung von Insolvenzmassen kein Verwahrungsgeschft im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Alt. BNotO ist. Der Vorwurf, durch die Durchfhrung notarieller Verwahrungsgeschfte (§§ 23, 24 BNotO) die Interessen der Rechtsuchenden zu gefhrden, liegt der Amt s - enthebung nicht zugrunde. Zu Recht hebt aber das Oberlandesgericht darauf ab, daû das unerklrte Verschwinden groûer Massebestnde und im Zusa m - menhang damit die von der Prsidentin des Oberlandesgerichts festgestellten Schadensersatzverbindlichkeiten in Millionenhhe es verbieten, dem Antra g - steller notarielle Verwahrungsgeschfte anzuvertrauen. Dies stellt einen Aspekt der festgestellten Gefhrdung der Interessen der Rechtsuchenden durch die wirtschaftlichen Verhltnisse des Antragstellers dar (dazu Beschl s - se vom 20. November 2000, NotZ 17/00, ZNotP 2001, 117 und NotZ 19/00, ZNotP 2001, 115). - 8 - 2. Zu Unrecht rgt der Antragsteller, das Oberlandesgericht habe ihm keine Gelegenheit gegeben, seine Behauptung, die angefallenen Verbindlic h - keiten seien inzwischen nahezu getilgt, im Anschluû an die mndliche Ve r - handlung durch Schriftsatz darzulegen und zu belegen. a) Der Senat hat es bisher offen gelassen, ob und geg ebenenfalls in welchem Umfang beim Ausspruch der Amtsenthebung eine Vernderung der Sachlage seit Abschluû des Vorschaltverfahrens bercksichtigt werden kann (BGHZ 78, 229, 231). Er beantwortet die Frage nunmehr dahin, daû Umstnde, die bis zum Ausspruch der Amtsenthebung nach § 50 Abs. 3 Satz 1 BNotO eintreten, in die Prfung, ob ein Amtsenthebungsgrund vorliegt, einzubeziehen sind. Die Amtsenthebung wird im allgemeinen dem Abschluû des Vorschal t - verfahrens (§ 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO) unmittelbar nachfolgen. Dies ist aber nicht notwendig der Fall. Erfolgt sie spter, kann sie nicht auf einen Sachve r - halt gesttzt werden, der inzwischen berholt ist. Denn der Verlust des Amtes tritt nicht kraft Gesetzes, sondern aufgrund eines gestaltenden Verwaltung s - aktes ein, dessen Voraussetzungen zu dem Zeitpunkt, in dem er existent wird, vorhanden sein mssen. Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob auch U m - stnde, die nach dem Ausspruch der Amtsenthebung durch die Landesjusti z - verwaltung, aber vor Abschluû eines daran anschlieûenden gerichtlichen Ve r - fahrens eintreten, bercksichtigungsfhig sind. Diese Frage verneint der Senat. Der Senat hat sich unter verschiedenen Aspekten damit befaût, welchen Sac h - verhalt das Gericht beim Verfahren ber den Antrag auf gerichtliche Entsche i - dung nach § 111 BNotO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Nachdem er zunchst allgemein auf den Zeitpunkt des Erlasses des (ablehnenden) B e - scheids abgestellt hatte (Beschl. v. 29. Oktober 1973, NotZ 6/72, DNotZ 75, 47; offengelassen: Beschl. v. 13. Dezember 1993, NotZ 60/92, DNotZ 94, 333), - 9 - sieht er nunmehr fr Verpflichtungsantrge, etwa auf Bestellung zum Notar, den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als maûgeblich an (Beschl. v. 10. Mrz 1997, NotZ 19/96, DNotZ 1997, 891, 894 m.w.Nachw); fr das anz u - wendende Recht vgl. schon Beschl. v. 17. Mrz 1975, NotZ 8/74. Modifiziert wird dieser Gesichtspunkt allerdings durch das sachliche Recht, nach dem z u - rckliegende Zeitpunkte fr die Voraussetzungen des Anspruchs entscheidend sein knnen. Fr ein wesentliches Element des Verpflichtungsantrags, die fachliche (BGHZ 126, 39; Beschl. v. 14. Juli 1997, NotZ 48/96, BGHR BNotO § 6 n.F., Eignung 11) und die persnliche (Senatsbeschl. v. 22. Mrz 1999, NotZ 33/98, BGHR BNotO § 6, Eignung 3) Eignung fr das Amt des Notars sind die Verhltnisse bei Ablauf der Bewerbungsfrist entscheidend. Die Amt s - enthebung des Notars zhlt zu den auf die Vernderung eines besonders ve r - liehenen Status gerichteten Verwaltungsakten. Bei gestaltenden Verwaltung s - akten dieser Art (hnlich: Entlassung oder Zurruhesetzung eines Beamten, aber auch Anfechtung einer baurechtlichen oder nachbarrechtlichen Genehm i - gung, der Genehmigung zur Personenbefrderung u.a.) gebieten es materielle Grnde der Rechtssicherheit, die Überprfung der Rechtmûigkeit auf den Anfechtungsantrag hin von spteren Vernderungen der Sachlage unabhngig zu halten (allgemein: Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 113 Rdn. 46; Red e - ker/von Oertzen u.a., VwGO, 13. Aufl., § 108 Rdn. 20; vgl. auch Eye r - mann/Frhler, VwGO, 11. Aufl., § 113 Rdn. 45 ff, 53 a; zur Zurruhesetzung e i - nes Beamten BVerwG DVBl. 1998, 201/202; zur Entlassung eines Richters auf Probe BGHZ 100, 287, 298 f). Fr den Amtsenthebungsgrund des Nichta b - schlusses der vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung (§ 50 Abs. 1 Nr. 10 i.V.m. § 19 a BNotO) hat der Senat bereits in diesem Sinne entschieden (Beschl. v. 13. Oktober 1986, NotZ 9/86, BGHR BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8, Zei t - punkt 1). Fr die Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO gilt nichts a n - - 10 - deres. Nicht hierzu rechnen dagegen das Vorschaltverfahren nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO und die vorlufige Amtsenthebung (§ 54 BNotO). Denn sie b e - reiten die statusrechtliche Entscheidung nur vor, fhren sie aber nicht herbei. b) Dies steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Anwaltss e - nats, der im Verfahren ber den Antrag auf gerichtliche Entscheidung den nachtrglichen Wegfall eines Grundes fr den Widerruf der Anwaltszulassung bercksichtigt (vgl. BGHZ 75, 356 f; 84, 149 f; Beschl. v. 5. Oktober 1998, AnwZ (B) 83/87; v. 18. Juni 2001, AnwZ (B) 49/00). Auch der Anwaltssenat steht - fr die Widerrufsverfgung - grundstzlich auf dem Standpunkt, daû auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses abzustellen ist. Lediglich aus Zweckmûigkeitsgrnden, weil dem Anwalt nmlich alsbald die Zulassung wieder zu erteilen wre, bercksichtigt er die nachtrgliche Entwicklung. Der aus dem Amt entfernte Notar ist dagegen nur bei Vorliegen eines Bedrfnisses (§ 4 BNotO) nach Ausschreibung der Notarstelle (§ 6 b BNotO) und bei Best e - hen der Konkurrenz mit anderen Bewerbern (§ 6 BNotO) wieder zu bestellen. c) Der als bergangen gergte Vortrag des Antragstellers lût keine A n - haltspunkte dafr erkennen, daû sich in der maûgeblichen Zeit, nmlich bis zur Amtsenthebung am 13. Januar 2000, wesentliche Vernderungen in seinen Vermgensverhltnissen ergeben htten. Die, inhaltlich zudem unbestimmten, Angaben des Antragstellers beziehen sich auf einen Zeitpunkt, der etwa ein Jahr spter liegt, nmlich die mndliche Verhandlung vor dem Oberlandesg e - richt am 19. Januar 2001. Ansatzpunkte fr einen Umschwung der wirtschaftl i - chen Verhltnisse des Antragstellers zwischen der Einleitung des Amtsenth e - bungsverfahrens am 3. Dezember 1999 und der Amtsenthebung selbst, sind auch im Beschwerdeverfahren nicht hervorgetreten. Der im Verfahren ber den - 11 - Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltende Grundsatz der Amtsermittlung (§ 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO, § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO, § 12 FGG) entbindet die Beteiligten nicht davon, dem Gericht nachprfbares Tatsachenmaterial zu unterbreiten. Hierzu ist der Antragsteller ersichtlich nicht in der Lage. IV. Ob die Amtsenthebung nach der Erklrung des Antragstellers vom 17. November 1999, seine Geschftsfhrerttigkeit fr die VSI niederzulegen, und nach der Erffnung des Konkursverfahrens ber das Vermgen der R-Tec am 3. September 1999 noch auf § 50 Abs. 1 Nr. 4 BNotO gesttzt werden konnte, braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden. Die vorlufige Amtsen t - hebung ist mit der Besttigung der Amtsenthebung durch den Senat gegen- - 12 - standslos geworden. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung ber den Entzug der Zulassung des Antragstellers als Anwalt ist nicht vera n - laût. Rinne Tropf Wahl Doyé Lintz

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