LwZR 15/99 - Senat für Landwirtschaftssachen
Karar Dilini Çevir:
LwZR 15/99 - Senat für Landwirtschaftssachen
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL LwZR 15/99 Verkündet am: 16. Juni 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ----------------------------------- EGBGB Art. 233 § 2 Abs. 3 Als Vertreter eines Grundstückseigentümers, der nicht bekannt ist oder dessen Au f - enthaltsort nicht festgestellt werden kann, kann der Landkreis auch sich selbst b e - stellen. BGH, Urt. v. 16. Juni 2000 - LwZR 15/99 - OLG Naumburg AG Magdeburg - 2 - Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündl i - che Verhandlung vom 16. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt und Prof. Dr. Krüger sowie die ehrenamtl i - chen Richter Siebers und Gose für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung der A n - schlußrevision der Kläger das Urteil des Senats für Landwir t - schaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. Juni 1999 aufgehoben. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Magdeburg vom 23. Dezember 1997 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Kläger. Von Rechts wegen Tatbestand: Mit privatschriftlichen Verträgen v om 25. März und 13. April 1994 pac h - teten die Kläger landwirtschaftliche Nutzflächen im Gebiet des beklagten Lan d - kreises (im folgenden: Beklagter) an, bei denen die Identität oder der Aufen t - haltsort der Eigentümer nicht festgestellt werden konnte. Auf Verpächterseite - 3 - trat daher der Beklagte als "Pfleger" unter Bezugnahme auf Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB auf. Die Pachtflächen konnten den Klägern nicht übergeben werden, da sie von der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft "B. " e.G. b e - wirtschaftet wurden, und zwar aufgrund einer "vorläufigen Nutzungsvereinb a - rung", die der Beklagte am 11. Mai 1993 getroffen hatte und die "mit Abschluß eines endgültig konkretisierten Pachtvertrages" außer Kraft treten sollte. Zu einem solchen Pachtvertrag war es mit der Genossenschaft nicht gekommen. Hinsichtlich der von dem Pachtvertrag mit den Klägern erfaßten Flächen hatte das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Sch. mit Beschluß vom 25. Oktober 1993 zudem eine Pflegschaft nach § 1913 BGB für die unb e - kannten Eigentümer angeordnet. Ob der Pfleger ebenfalls Pachtverträge abg e - schlossen hat, ist nicht festgestellt. Die Kläger machen Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung der Pachtverträge geltend. Ihre Klage auf Zahlung von 279.318,53 DM und Fes t - stellung, daß der Beklagte zum Ersatz des entgangenen Gewinns verpflichtet sei, hat das Landwirtschaftsgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Zahlungsklage dem Grunde nach für die Nichtüberlassung der Pachtflächen vom 1. April 1994 bis zu m 30. September 1994 und der Feststellungsklage hi n - sichtlich der einzelnen Grundstücke nach Zeitabschnitten differenziert stattg e - geben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung der ersti n - stanzlichen Entscheidung. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels und verfolgen mit der Anschlußrevision ihren ursprünglichen - 4 - Zahlungsantrag weiter, soweit er abgewiesen wurde (116.576 DM). Die B e - klagte beantragt die Zurückweisung der Anschlußrevision. Entscheidungsgründe: I. Das B erufungsgericht hat eine Haftung des Beklagten nach § 179 Abs. 1 BGB bejaht und angenommen, der Beklagte habe zwar als Vertreter für die unbekannten Eigentümer gehandelt, sei aber mangels wirksamen Bestellung s - aktes nicht nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB bevollmächtigter Vertreter gew e - sen. II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht nimmt an, daß der Beklagte die Pachtverträge mit den Klägern nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der nicht festg e - stellten Grundstückseigentümer abgeschlossen hat. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch weder von der Revision noch von der R e - visionserwiderung in Frage gestellt. 2. Nicht zu folgen ist demgegenüber der Auffassung des Berufungsg e - richts, der Beklagte sei nicht wirksam zur Vertretung bestellt gewesen und h a - be daher als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt. - 5 - a) Nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB war der Beklagte befugt, für die nicht festgestellten Grundstückseigentümer einen Vertreter zu bestellen. Dem stand die vorangegangene Pflegerbestellung durch das Vormundschaft s - gericht nicht entgegen. Die Vertreterbestellung nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB wird weder durch eine Vertreterbestellung nach § 11 b Abs. 1 VermG (vgl. Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 7 EGBGB) noch durch eine Pflegerbestellung nach § 17 SachenRBerG ausgeschlossen (vgl. MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., Art. 233 § 2 EGBGB Rdn. 13). Dasselbe gilt für das Verhältnis zur Pflegerbestellung nach § 1913 BGB. Als Sonderregelung geht si e dieser a l - lenfalls vor (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1913 Rdn. 2), wird von ihr jedenfalls aber nicht ausgeschlossen (unklar Soergel/Hartmann, BGB, 12. Aufl., Art. 233 Rdn. 8, wo einerseits der Charakter der Sonderregelung bejaht, andererseits aber angenommen wird, daß ein Bedürfnis für eine Ve r - treterbestellung fehle, wenn ein Pfleger bestellt sei). b) Der Beklagte konnte sich auch selbst zum Vertreter bestellen. Das Gesetz schließt eine solche eigene Einsetzung nicht aus. Sie wird auch nicht vom Regelungszweck gefordert. Angesichts des Umstandes, daß die Landkre i - se zuvor nach § 52 Abs. 2 LwAnpG im Rahmen von Kreispachtverhältnissen befugt waren, für den Grundstückseigentümer vorübergehende Nutzungsreg e - lungen zu treffen, ist nichts dafür ersichtlich, daß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB eine Selbsteinsetzung zum Vertreter untersagen wollte. c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist davon auszug e - hen, daß der Beklagte sich zum Vertreter bestellt hat. Wenn das Berufungsg e - richt festgestellt hat, zu einer solchen Bestellung sei es "unstreitig" nicht g e - - 6 - kommen, so ist der Senat hieran nicht gebunden. Denn diese Feststellung b e - zieht sich - wie aus späteren Ausführungen hervorgeht - auf das Fehlen eines ausdrücklichen Bestellungsaktes. Was das Berufungsgericht aber nicht b e - dacht hat, ist, daß es eines besonderen Aktes nicht bedarf. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß die Bestellung eines Vertreters an keine Form gebu n - den ist. Durch Verwaltungsakt hätte sie schriftlich, mündlich oder in anderer Weise (§ 37 Abs. 2 VwVfG) auch konkludent, erlassen werden können (vgl. nur Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 37 Rdn. 16 m.w.N.). Um so eher gilt dies für einen hier vorliegenden innerbehördlichen Akt. Allerdings muß die eigene Einsetzung als Vertreter deutlich nach außen zum Ausdruck gekommen sein. Das ist hier aber der Fall. Der ausdrückliche Hinweis auf die das Handeln rechtfertigende Rechtsgrundlage, Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB, genügt diesen Anforderungen. Soweit die Revisionserwiderung meint, für eine Vertreterbestellung habe es an einem darauf gerichteten Antrag gefehlt, so verkennt sie, daß eine ohne diese Voraussetzung vorgenommene Bestellung nicht nichtig, sondern gleic h - wohl wirksam wäre, die Vertretungsmacht also nicht entfallen ließe. Im übrigen kann in dem Verhalten der Kläger, die an einem Vertragsschluß mit der B e - klagten interessiert waren, ein solcher Antrag gesehen werden. 3. Damit scheidet eine Haftung nach § 179 BGB aus. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Für eine - allenfalls - in Betracht kommende Haftung des Beklagten als Vertreter nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (vgl. BGHZ 56, 81, 84; 87, 27, 33; 88, 67, 69) fehlt es an den Voraussetzungen. Der Beklagte handelte weder in eigenem wirtschaftlichen Interesse (dazu BGHZ 126, 181, 183 ff m.w.N.) noch nahm er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch (dazu BGHZ - 7 - 88, 67, 68 f; BGH, Urt. v. 17. Juni 1991, II ZR 171/90, NJW-RR 1991, 1241, 1242). Insbesondere letzteres ergibt sich nicht schon aus dem Umstand, daß der Beklagte als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft möglicherweise b e - sonders vertrauenswürdig erschien. Nicht anders als bei einem Amtsvormund, einem öffentlich bestellten Pfleger oder Betreuer oder einem vom Gericht b e - stellten Konkursverwalter (vgl. BGH, Urt. v. 8. Dezember 1994, III ZR 175/93, NJW 1995, 1213, 1214 m.w.N.) kann nicht schon aus der "öffentlichen Beste l - lung" ein Vertrauensvorschuß für Dritte hergeleitet werden. Die Eigenhaftung des Vertreters setzt vielmehr auch hier voraus, daß dieser über das allgemeine Verhandlungsvertrauen hinaus eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehe n - de Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts bietet (BGH, Urt. v. 17. Juni 1991, II ZR 171/90, NJW-RR 1991, 1241, 1242). Das ist im vorli e - genden Fall nicht ersichtlich. Im Gegenteil, die Vertragsgestaltung zeigt, daß der Beklagte den Grundstückseigentümern die eigentliche Entscheidung über die Durchführung des Vertrages vorbehalten wollte. Die Vertragslaufzeit war zwar auf 12 Jahre angelegt, die Feststellung der bislang unbekannten Eige n - tümer war aber als Kündigungsgrund ausgestaltet, so daß es die von dem B e - klagten Vertretenen in der Hand hatten, die Verträge zu beenden bzw. zu neuen Konditionen fortzusetzen. - 8 - III. Da die Klage schon dem Grunde nach ohne Erfolg bleibt, ist die A n - schlußrevision zurückzuweisen. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Wenzel Vogt Krüger

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