I ZB 15/98 - I. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
I ZB 15/98 - I. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 15/98 Verkündet am: 23. November 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Markenanmeldung Nr. 395 52 135.1 Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja Gabelstapler Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angle i - chung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (EWG- Markenrechtsrichtlinie) Art. 3 Abs. 1 lit. b, c, e, Abs. 3; MarkenG § 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 lit. b, c und e der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitglie d - staaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 40 vom 11.2.1989, S. 1) folgende Fr a - gen zur Vorabentscheidung vorgelegt: - 2 - 1. Ist bei der Feststellung der Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b der genannten Richtlinie bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, ein strengerer Maßstab an die Unterscheidungskraft anzulegen als bei anderen Markenformen? 2. Besitzt Art. 3 Abs. 1 lit. c neben Art. 3 Abs. 1 lit. e der Richtlinie für dreid i - mensionale Marken, die die Form der Ware darstellen, eine eigenständige Bedeutung? Ist bejahendenfalls bei der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 lit. c - andernfalls bei lit. e - das Interesse des Verkehrs an der Freihaltung der Produktform dergestalt zu berücksichtigen, daß eine Eintragung jedenfalls grundsätzlich ausgeschlossen ist und in der Regel nur bei Marken in B e - tracht kommt, die die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtl i - nie erfüllen? BGH, Beschl. v. 23. November 2000 - I ZB 15/98 - Bundespatentgericht - 3 - Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ve r - handlung vom 6. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher beschlossen: I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 lit. b, c und e der Ersten Rich t - linie des Rates 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur A n - gleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 40 vom 11.2.1989, S. 1) folgende Fr a - gen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist bei der Feststellung der Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b der genannten Richtlinie bei dreid i - mensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, ein strengerer Maßstab an die Unterscheidungskraft anzulegen als bei anderen Markenformen? 2. Besitzt Art. 3 Abs. 1 lit. c neben Art. 3 Abs. 1 lit. e der Rich t - linie für dreidimensionale Marken, die die Form der Ware darstellen, eine eigenständige Bedeutung? Ist bejahende n - falls bei der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 lit. c - andernfalls bei lit. e - das Interesse des Verkehrs an der Freihaltung der Produktform dergestalt zu berücksichtigen, daß eine Eintr a - - 4 - gung jedenfalls grundsätzlich ausgeschlossen ist und in der Regel nur bei Marken in Betracht kommt, die die Vorausse t - zungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie erfüllen? - 5 - Gründe: I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 21. Dezember 1995 eingereichten Anmeldung die Eintragung des nachfolgend abgebildeten Fahrzeugs als dre i - dimensionale Marke für die Waren "motorgetriebene Flurförderzeuge und so n - stige fahrbare Arbeitsmaschinen mit Fahrerkabine, insbesondere Gabelsta p - ler": - 6 - Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Anme l - dung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben. Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter. II. Das Bundespatentgericht hat die angemeldete Marke aufgrund des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als von der Eintragung au s - geschlossen angesehen und zur Begründung ausgeführt: Es könne dahingestellt bleiben, ob das angemeldete Zeichen, das sich in der naturalistischen Darstellung der beanspruchten Waren aus unterschie d - licher Perspektive erschöpfe, als dreidimensionales Gebilde markenfähig im Sinne von § 3 MarkenG sei oder ob nicht ein Fall des § 3 Abs. 2 MarkenG vo r - liege. Der angemeldeten Marke fehle jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft im vorliegenden Fall erfordere wie bei allen anderen markenfähigen Darstellungen die Feststellung von Tatsachen, ob und inwieweit der Verkehr diesen in bezug auf die konkret beanspruchten Waren einen Hinweis auf die betriebliche He r - kunft der Waren beimesse. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Verkehr sehe in einer solchen Darstellung der Ware nur diese selbst und messe ihr keine kennzeichnende Funktion zu, solange sich diese in dem ihm geläufigen ve r - kehrsüblichen Rahmen bewege. Die Formgebung der Ware gehe nicht über modernes Industriedesign hinaus. Sie hebe sich in ihren nichttechnischen G e - - 7 - staltungselementen nicht von üblichen Gestaltungen so weit ab, daß der Ve r - kehr nicht nur eine beliebige Variation bekannter Formen sehe, sondern das Kennzeichen eines Unternehmens. Gerade im Fahrzeugsektor - auch bei Nutz- fahrzeugen - sei die Hinwendung zu Softline-Produkten seit Jahr en Standard, so daß eine solche Formgebung von Hause aus dem Verkehr keinen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller gebe. Die angemeldete Marke weiche zu w e - nig von den üblichen Formen ab. Sie weise keinen phantasievollen Überschuß auf. Der Verkehr messe ihr nicht die Bedeutung eines Hinweises auf die b e - triebliche Herkunft bei. III. Der Erfolg der Rechtsbeschwerde hängt von der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 lit. b, c und e MarkenRL ab. Vor der Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 234 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 EG eine Vorabentscheidung zu den im Beschlußtenor gestel l - ten Fragen einzuholen. 1. Der Senat geht davon aus, daß die vom Bundespatentgericht offe n - gelassene Frage, ob der angemeldeten Marke Markenfähigkeit nach der wei t - gehend mit Art. 2 der MarkenRL übereinstimmenden Vorschrift des § 3 Abs. 1 MarkenG zukommt, zu bejahen ist. Nach dieser Regelung können Marken alle Zeichen sein, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen and e - rer Unternehmen zu unterscheiden. Nach dem Wortlaut des Art. 2 MarkenRL und des § 3 Abs. 1 MarkenG gehört dazu auch die Form der Ware. Erforderlich ist, daß die angemeldete Marke die allgemeinen Anforderungen an die Ma r - kenfähigkeit erfüllt, d.h. sie muß abstrakt zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen geeignet sein (vgl. für die konturlose Farbmarke BGHZ 140, - 8 - 193, 197 - Farbmarke gelb/schwarz; für eine Warenverpackung BGH, Beschl. v. 13.4.2000 - I ZB 6/98, WRP 2000, 1290, 1291 - Likörflasche ; Fezer, Marke n - recht, 2. Aufl., § 3 Rdn. 203; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 3 Rdn. 16; Kur, Festschrift 100 Jahre Marken-Amt, S. 175, 183; Ströbele, GRUR 1999, 1041), während das Erfordernis der konkreten Unterscheidungskraft, bezogen auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen aus Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL folgt (umgesetzt durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ). Ein Zeichen, das die Anfo r - derungen an die allgemeine Markenfähigkeit nach Art. 2 i.V. mit Art. 3 Abs. 1 lit. a MarkenRL nicht erfüllt, kann diesen Mangel - anders als ein Zeichen, dem lediglich die konkrete Unterscheidungskraft nach Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL fehlt - auch nicht infolge Benutzung gemäß Art. 3 Abs. 3 MarkenRL überwi n - den. Nach Ansicht des Senats darf eine Marke, um markenfähig im Sinne von Art. 2 MarkenRL (§ 3 Abs. 1 MarkenG ) zu sein, kein funktionell notwendiger Bestandteil der Ware sein. Sie muß über die technisch bedingte Grundform hinausreichende nichttechnische Elemente aufweisen, die zwar nicht physisch, aber doch gedanklich von der Ware abstrahierbar sind und die Identifizi e - rungsfunktion der Marke erfüllen können (vgl. Fezer, Festschrift für Piper, S. 525, 531 f.; Ingerl/Rohnke aaO § 3 Rdn. 6). In diesem Sinne muß die Marke selbständig sein. Für dreidimensionale Markenformen ergibt sich der Grun d - satz der Selbständigkeit der Marke von der Ware auch aus der Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 lit. e 1. und 2. Spiegelstrich MarkenRL (vgl. Fezer, Festschrift für Piper, S. 525, 526; ders., Markenrecht, 2. Aufl., § 3 Rdn. 227). Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die es rech t - fertigen könnten, der angemeldeten Formmarke die abstrakte Untersche i - dungseignung nach Art. 2 MarkenRL (§ 3 Abs. 1 MarkenG ) abzusprechen. Wie - 9 - sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter III. 2. ergibt, ist die Marke auch selbständig in dem genannten Sinne. 2. Der Senat möchte auch den Ausschlußgrund nach Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL (= § 3 Abs. 2 MarkenG ) verneinen. Diesem Schutzhindernis unte r - fallen diejenigen Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist oder die zur Herstellung einer techn i - schen Wirkung erforderlich ist oder die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Die angemeldete Marke weist über die technisch bedingten Gattung s - merkmale der Grundform eines Gabelstaplers hinaus eine Reihe von Gesta l - tungsmerkmalen auf, die weder ausschließlich durch die Art der Ware selbst bedingt noch ausschließlich technisch oder wertbedingt sind. Zu nennen sind etwa der - ein abgerundetes Fünfeck darstellende - Fahrerkabinenrahmen, die durchweg abgerundeten Kantenlinien und das rundlich ausgeprägte Heck. 3. Danach kommt es für die Entscheidung über die Eintragung der a n - gemeldeten Marke darauf an, ob ihr jede Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ) fehlt oder ob ein Eintragungshindernis nach Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ) besteht. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist Untersche i - dungskraft im Sinne dieser Regelung die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfa ß - ten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen a n - derer Unternehmen aufgefaßt zu werden, wobei grundsätzlich von einem gro ß - - 10 - zügigen Maßstab auszugehen ist, so daß jede auch noch so geringe Unte r - scheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Besc hl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns). aa) Bei zweidimensionalen Marken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, geht der Bundesgerichtshof auch bei Anlegung des beschriebenen großzügigen Pr ü - fungsmaßstabs davon aus, daß ihnen im allgemeinen die nach Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ) erforderliche (konkrete) Unte r - scheidungskraft fehlen wird. Die naturgetreue Wiedergabe des im Warenve r - zeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer He r - kunft nach zu individualisieren (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.1998 - I ZB 12/96, GRUR 1999, 495 = WRP 1999, 526 - Etiketten). Soweit die zeichnerischen Elemente einer angemeldeten Marke lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen und keine über die technische Gestaltung der Ware hinausgehenden Elemente aufweisen, ist das Zeichen im allgeme i - nen wegen der bloß beschreibenden Angabe ebensowenig geeignet, die g e - kennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, wie einfachste geometrische Formen oder sonstige einfache graphische Gesta l - tungselemente, die in der Werbung oder aber auch auf Warenverpackungen oder in sonst üblicher bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet we r - den (vgl. BGH GRUR 1999, 495 - Etiketten; GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; WRP 2000, 1290, 1292 - Likörflasche). Anders liegt der Fall, wenn sich die Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Elemente aufweist. In - 11 - diesen Merkmalen wird der Verkehr häufig einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen. Diese zur Frage der konkreten Unterscheidungseignung bei Bildmarken entwickelten Grundsätze sind nach der bisherigen Rechtsprechung des Bu n - desgerichtshofes in der Regel auch auf dreidimensionale Marken zu übertr a - gen, die in der Form der Verpackung bestehen (vgl. BGH WRP 2000, 1290, 1292 - Likörflasche). bb) Bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, werden in der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zu der Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL entsprechenden Bestimmung des Markengesetzes (BPatGE 39, 219, 223 = GRUR 1999, 56 - Taschenlampen; BPatG GRUR 1998, 706, 709 und 710 - Montre I und II) und in der Entscheidungspraxis der Beschwe r - dekammern des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt zu der Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL wörtlich entsprechenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 lit. b GMV (Entscheidung v. 21.9.1999 - R 73/1999-3, GRUR Int. 2000, 360 - TABS [rund, rot/weiß]; Entscheidung v. 28.10.1999 - R 104/1999-3, GRUR Int. 2000, 363 - Strahlregler) strengere Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt als bei anderen Marken. Zur Begründung dieser höheren Anforderu n - gen an die Unterscheidungskraft stellt das Bundespatentgericht auf ein nah e - liegendes Freihaltebedürfnis (vgl. BPatG GRUR 1998, 706, 709, 710 - Montre I und II) und auf die Wesensverschiedenheit zwischen dem der Herkunftsken n - zeichnung dienenden Markenrecht auf der einen und den den Schutz von G e - staltungen eröffnenden Schutzrechten, insbesondere dem Geschmacksmuste r - recht, auf der anderen Seite ab (vgl. BPatGE 39, 219, 223 = GRUR 1999, 56 - Taschenlampen). Mit ähnlicher Begründung wird auch von der Dritten B e - schwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt ein strenger - 12 - Prüfungsmaßstab angelegt und eine hinreichend eigenartige und einprägsame Ausgestaltung gefordert, die in ihrer Originalität die technisch oder ästhetisch notwendige Produktform erheblich übersteigt (GRUR Int. 2000, 360, 362 Rdn. 22, 23 - TABS [rund, rot/weiß]; GRUR Int. 2000, 363, 364 Rdn. 18, 19 - Strahlregler). cc) Der Senat hat dagegen bisher keinen Anlaß gesehen, bei dreid i - mensionalen, die Ware selbst darstellenden Formmarken strengere Anford e - rungen an die Unterscheidungskraft zu stellen als bei herkömmlichen Marke n - formen (vgl. für eine dreidimensionale Verpackungsform: BGH WRP 2000, 1290, 1292 - Likörflasche; vgl. hierzu auch Eichmann, GRUR 1995, 184, 188; ders., Festschrift Vieregge, S. 125, 162; Kiethe/Groeschke, WRP 1998, 541, 546). (1) Solche erhöhten Anforderungen an die Unterscheidungskraft lassen sich nach Ansicht des Senats nicht unter Hinweis auf konkrete Anhaltspunkte für ein Interesse des Verkehrs rechtfertigen, die Produktform für andere Unte r - nehmen freizuhalten (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP 2000, 741 - LOGO). Im Rahmen der Prüfung der durch B e - nutzung erworbenen Unterscheidungskraft (Art. 3 Abs. 3 MarkenRL) hat es der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ebenfalls abgelehnt, bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nach dem festgestellten Interesse an der Freihaltung einer geographischen Bezeichnung zu differenzieren (Urt. v. 4.5.1999 - verb. Rs. C -108/97, 109/97, GRUR 1999, 723, 727 Nr. 48 = WRP 1999, 629 - Chiemsee). (2) Auch die allgemeine Gefahr einer Behinderung der Produktgesta l - tung auf dem Warenmarkt rechtfertigt es nach Ansicht des Senats nicht, stre n - - 13 - gere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen. Das Interesse an einer generellen Freihaltung der Gestaltungsformen sollte - ungeachtet einer möglichen Berücksichtigung bei Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL (dazu sogleich unter III 3 b) - im Rahmen der konkreten Unterscheidungskraft nach Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL keine Rolle spielen, weil dieses Kriterium bei der Beu r - teilung der konkreten Unterscheidungskraft systemfremd ist. (3) Der Senat hält es - im Gegensatz zum Bundespatentgericht - auch nicht für angezeigt, aus der Wesensverschiedenheit von Marken- und G e - schmacksmusterrecht einen strengeren Maßstab für die Beurteilung der Vo r - aussetzungen der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Formmarken abz u - leiten. Während für das Geschmacksmusterrecht ebenso wie für das Urhebe r - recht allein die schöpferische Leistung entscheidend ist, kommt es für den Markenschutz allein auf die Unterscheidungsfunktion des Zeichens an. Der Senat möchte daher nicht der Auffassung beitreten, daß bei dreidimensionalen Marken nur hinreichend eigenartige und einprägsame Ausgestaltungen Unte r - scheidungskraft aufweisen sollen, die die technisch oder ästhetisch notwendige Produktform erheblich übersteigen. Besondere Eigenartigkeit und Originalität sind nach Ansicht des Senats keine zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von Unterscheidungskraft und sollten deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden (vgl. BGH GRUR 2000, 722, 723 - LOGO; WRP 2000, 1290, 1292 - Likörflasche). D ies schließt es allerdings nicht aus, daß diese Merkmale - neben anderen - ein Indiz für die Eignung sein können, die konkret angeme l - deten Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 2/97, GRUR 2000, 321, 322 = WRP 2000, 298 - Radio von hier; Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 21/97, GRUR 2000, - 14 - 323, 324 = WRP 2000, 300 - Partner with the Best). Wie bei jeder anderen Markenform, sollte auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstelle n - den Formmarke allein maßgebend sein, daß der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründen auch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen He r - kunftshinweis erblickt. Sonst würde durch erhöhte Anforderungen an die Unte r - scheidungskraft bei dreidimensionalen Formmarken die Möglichkeit eines sich ändernden Verkehrsverständnisses nach der gesetzlichen Zulassung dieser Marken in einer durch die Markenrechtsrichtlinie nicht vorgesehenen Weise eingeschränkt. (4) Der Senat möchte die (konkrete) Unterscheidungskraft der angeme l - deten Marke bejahen, weil sie den insofern zu stellenden Anforderungen (Abschn. III 3 a aa) genügt. Seiner Ansicht nach macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, das Zeichen weise über die typischen Merkmale und die technisch notwendige Gestaltung eines Gabelstaplers hinaus charakteristische Elemente auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht. Danach zeichnet sich der Gabelstapler durch einen abgerundet ausg e - bildeten Fahrzeugkörper, durch kurvenlinienförmig begrenzte Radläufe und eine als Fünfeck ausgebildete Fahrerkabine aus. Dagegen würde die ang e - meldete Marke die strengen Anforderungen möglicherweise nicht erfüllen, die an eine die technisch und ästhetisch notwendige Produktform erheblich übe r - steigende Originalität zu stellen wären. Es kommt daher auf die zu 1 gestellte Auslegungsfrage an. b) Wird vorliegend die konkrete Unterscheidungseignung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. b MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) bejaht, so kommt es maßgebend auf die Auslegung des Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) an. - 15 - Danach sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die au s - schließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Ware dienen können. Diese Regelung, in der nach deutschem Verständnis das Interesse des Verkehrs an der Freihaltung b e - stimmter Markenformen zum Ausdruck kommt, wirft zwei Auslegungsfragen auf: aa) Zunächst ist im deutschen Schrifttum umstritten, ob das Freihalteb e - dürfnis an (dreidimensionalen) Produktformen in Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL (= § 3 Abs. 2 MarkenG) abschließend geregelt ist oder ob daneben noch Raum für eine Anwendung des Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) bleibt (letzteres bejahend: Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rdn. 157; Kiethe/Groeschke, WRP 1998, 541, 546 f.; Kö r - ner/Gründig-Schnelle, GRUR 1999, 535, 539; a.A. Eichmann, GRUR 1995, 184, 188; Bauer, GRUR 1996, 319, 321; Fuchs-Wissemann, MarkenR 1999, 183, 185). Der Bundesgerichtshof hält die Regelung des Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL - auch wenn deren Wortlaut dies nicht zwingend ergibt - ungeachtet der Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL bei allen Markenformen, also auch bei Marken, die die Form der Ware darstellen, für selbständig anwendbar. Danach ist ein bestehendes Freihaltebedürfnis im Rahmen dieser Bestimmung und nicht durch eine weite Auslegung des Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL zu b e - rücksichtigen. Dafür spricht vor allem die Erwägung, daß das Eintragungshi n - dernis des Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL nicht durch Benutzung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 MarkenRL überwunden werden könnte. Dies erscheint nicht g e - rechtfertigt. bb) Die Beantwortung der weiteren Frage, ob danach ein Freihalteb e - dürfnis an bestimmten Produktformen zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, - 16 - auf welchem Grundverständnis die Anerkennung des dreidimensionalen Fo r - menschutzes beruht. Insoweit besteht - national und international - eine Te n - denz, eine Ausweitung des Markenschutzes bei Marken, die die Form einer Ware darstellen, im Blick auf eine befürchtete Dauermonopolisierung von Pr o - duktformen einerseits und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses an so l - chen Formen andererseits entgegenzuwirken (vgl. Court of Appeal, Urt. v. 5.5.1999, GRUR Int. 2000, 444, 445 und 446 - Philips Electronics NV v. R e - mington Consumer Products Ltd.) und einen Markenschutz in der Regel nur bei den Formmarken zuzulassen, die durch Benutzung Unterscheidungskraft e r - worben haben (vgl. U.S.-Supreme Court, Urt. v. 22.3.2000, GRUR Int. 2000, 812, 813 - Wal-Mart Stores, Inc. v. Samara Brothers, Inc.). Dahinter steht vor allem die Erwägung, daß andernfalls in das ihrem Wesen nach anders geartete System der Sonderschutzrechte - wie insbesondere das Geschmacksmuste r - recht - mit ihren gegenüber dem Markenrecht unterschiedlichen Voraussetzu n - gen und ihren abweichenden zeitlichen und inhaltlichen Schranken eingegri f - fen würde (vgl. BPatGE 39, 238, 243 f. - POP swatch; Eichmann aaO S. 188 f.; Sambuc, GRUR 1997, 403, 407). Die Gegenposition verweist gerade auf die Wesensverschiedenheit der Sonderschutzrechte einerseits und des Markenrechts andererseits und will dem Freihaltebedürfnis von Mitbewerbern vor allem durch Bemessung eines engen Schutzumfangs Rechnung tragen (vgl. Kiethe/Groeschke, WRP 1998, 541, 542 und 547). Der Bundesgerichtshof neigt dazu, ein bei (dreidimensionalen) For m - marken bestehendes Freihaltebedürfnis im Rahmen der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL zu berücksichtigen mit der Folge, daß ein Markenschutz in der Mehrzahl der Fälle nur bei Marken in Betracht kommt, die die Vorausse t - - 17 - zungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der MarkenRL erfüllen. Es ist nicht zu verke n - nen, daß durch den Sonderrechtsschutz - insbesondere den Geschmacksm u - sterschutz - das Produkt selbst gegen Nachahmung geschützt wird, während im Gegensatz dazu der Markenschutz an sich niemanden daran hindert, da s - selbe Produkt wie der Markeninhaber auf den Markt zu bringen, solange er sich eines anderen Kennzeichens bedient (vgl. Kur aaO S. 175, 178). Auße r - dem ist in Betracht zu ziehen, daß die Aufrechterhaltung des Markenschutzes an die Benutzung der Marke gebunden ist und daß das durch das Markenrecht verliehene Ausschließlichkeitsrecht nur dann über den zeitlich begrenzten Sonderschutz hinausgeht, wenn die Formgebung über die dort festgelegte zei t - liche Schutzdauer hinaus in unveränderter Form benutzt wird (vgl. Kur aaO S. 175, 179 f.). Andererseits kann der markenrechtliche Schutz von Formg e - bungen gerade bei einer unveränderten Benutzung "zeitloser" Gestaltungen auf ein Dauermonopol für die Formgebung selbst hinauslaufen. Dies wäre vor allem in Warenbereichen mit einem begrenzten Gestaltungsspielraum beden k - lich. Es spricht deshalb mehr dafür, ein Freihaltebedürfnis im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um eher - 18 - "kurzlebige" Formgebungen handelt und den Mitbewerbern überdies ein hinre i - chender Spielraum für abweichende Gestaltungsformen verbleibt. In allen a n - deren Fällen sollte ein Schutz für dreidimensionale Marken, die die Form der Ware selbst darstellen, nur bei Marken in Betracht kommen, die die Vorausse t - zungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 MarkenRL erfüllen. Erdmann Starck Bornkamm Pokrant Büscher

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