IX ZR 64/01 - IX. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
IX ZR 64/01 - IX. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 64/01 Verkündet am: 8. November 2001 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 675, 843; SGB X § 116 a) Zu den Pflichten eines Anwalts, der den Mandanten beim Abschluß e i - nes Abfindungsvergleichs berät. b) Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter B e - dürfnisse sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines E r - werbsschadens nicht kongruent (im Anschluß an BGH NJW 1997, 256). BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01 - OLG Karlsruhe LG Mannheim - 2 - Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser auf die mndliche Verhandlung vom 8. November 2001 fr Recht erkannt: Auf die Revision der Klgerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2001 aufgeh o - ben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch ber die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Ber u - fungsgericht zurckverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klgerin nimmt die Beklagten - in einer Soziett verbun dene Rechtsanwlte - wegen Schlechterfllung eines Anwaltsvertrages auf Sch a - densersatz in Anspruch. Am 26. September 1992 erlitt die damals 25jhrige, verheiratete Klg e - rin aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i.f. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit - 3 - dem 1. September 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. Dezember 1990 geborener, schwerbehinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Klgerin ging ke i - ner Erwerbsttigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Klgerin vor dem Unfall jemals einen selbstndigen Haushalt gefhrt hatte, ist streitig. Bei dem Unfall wurde die Klgerin schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. Oktober 1997 mit 100 % angegeben [GA II 105]. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz) und auûerdem Pfl e - gegeld gemû § 69 a Abs. 2 BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Klgerin und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Klgerin seit 20. August 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Hau s - halt fhrt der nicht mehr berufsttige Ehemann, der zudem die Klgerin und deren Sohn versorgt. Anfang 1995 beauftragte die Klgerin die Beklagten mit der Geltendm a - chung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenber der Versicherung. Diese zahlte aufgrund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden B e - klagten zu 2 als Vorschuû auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insg e - samt 50.000 DM. Anschlieûend bemhte sich der Beklagte zu 2 um eine a b - schlieûende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. November 1996 bat er die Klgerin, sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgel d - zahlung in Höhe von 46.000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindung s - erklrung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. Dezember 1996 geleisteten Unte r - schrift erklrte sich die Klgerin wegen aller Ersatzansprche aus dem Sch a - - 4 - densereignis vom 26. September 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetr a - ges von 96.000 DM abzglich bereits bezahlter 50.000 DM endgltig und vo r - behaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprche fr den Fall, daû der Klgerin unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden mûte) fr abg e - funden. Die Klgerin wirft den Beklagten vor, sie htten sie nicht darber aufg e - klrt, daû sie, wenn sie die Abfindungserklrung abgebe, auf Ansprche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises htte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsfhrungs- und Kinderbetreuungsk o - sten fr sie berragende Bedeutung htten. Die Beklagten htten ihr den A b - schluû des Abfindungsvergleichs berhaupt nicht vorschlagen drfen, weil er fr sie handgreiflich ungnstig gewesen sei. Die auf Zahlung eines Betrages von 112.451,95 DM sowie einer mona t - lichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klgerin ihr Klagebegehren weiter. Entscheidungsgrnde: Die R evision fhrt zur Aufhebung und Zurckverweisung. - 5 - I. Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begrndet: Es spreche zwar einiges dafr, daû die Beklagten die Klgerin nicht hi n - reichend ber die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt htten. Letz t - lich knne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regreûa n - spruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, daû die Klgerin bei richtiger und vollstndiger Aufklrung die Abfindungserklrung nicht unte r - schrieben htte. Es sei auch nicht dargetan, daû die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert htte, wenn Ansprche wegen des materiellen Schadens offengeblieben wren. II. Diese Ausfhrungen halten einer rechtlichen Überprfung nicht stand. 1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt. a) Die Klgerin ist pflichtwidrig nicht darber aufgeklrt worden, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann. aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er se i - ne Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist - 6 - es auch seine Sache, darber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeûbevollmchtigte einen solchen abschlieûen, hat er sich deshalb grundstzlich der vorherigen Zusti m - mung der Partei zu versichern. Zuvor muû er diese darber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschlieûen gedenkt, und sie ber die Vor- und Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Recht s - anwalt Anhaltspunkte dafr hat, daû der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äuûerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklrungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). F r einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maûe (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994, 2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944). bb) Das Berufungsgericht hat es letztlich zwar offengelassen, ob die B e - klagten dieser Aufklrungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durch- aus erschpfenden - tatschlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu ve r - neinen. Danach haben die Beklagten zunchst die Erwartungshaltung der Klg e - rin durch ein Schreiben vom 1. Deze mber 1995 [Anlage K 1] geprgt. Darin teilten sie mit, daû die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsfhrungs- s o - wie Kinderbetreuungskosten anerkenne, daû also eines "hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag fr die Gesamtkosten ausgesch t - tet ... (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden". Daû die Klgerin angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsfhrung und Ki n - - 7 - derbetreuung werde ein grûerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. April 1996 [Anlage B 20] hervor. Darin bat sie den Beklagten zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klren. Mit Schreiben vom 6. November 1996 [Anlage K 3 = GA II 63] teilten die Beklagten der Klgerin u.a. mit: "Aufgrund Ihrer persnlichen Situation ist es zunchst einmal (Unterstreichung nicht im Original) sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln." Dies lieû es mglich erscheinen, daû der materielle Schaden spter geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Beklagten in dem Schreiben fort: "Ansprche auf Verdienstausfall oder andere stehen offe n - sichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhi l - feempfngerin, Sie sind dies bis zum heutigen Tage." Schon das Berufungsg e - richt hat es aber als "zumindest fraglich" bezeichnet, ob die einfach strukt u - rierte Klgerin die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsfhrungs- und Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erfo r - derliche Aufklrung hat auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: "... nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Hhe von DM 46.000,-- zugegangen ist ..." [Anlage K 2 = GA II 61]. Das Aufklrungsdef i - zit wird schlieûlich auch dadurch belegt, daû die Beklagten selbst keine z u - treffenden Vorstellungen ber die Rechtslage hatten (dazu Nheres unter b ee). cc) Daû sie an der Pflichtverletzung kein Verschuld en trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835) nicht dargetan. - 8 - b) Nach dem Vortrag der Klgerin [GA I 6, 61], mit dem sich das Ber u - fungsgericht nicht befaût hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, daû die Beklagten der Klgerin berhaupt den Abschluû des A b - findungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war fr die Klgerin insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer A n - sprche auf Ersatz materiellen Schadens fr abgefunden erklrte, ohne daû ihr eine entsprechende Leistung zufloû. aa) Auf der Grundlage des fr die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Klgerin einen Anspruch auf Schadensersatz fr den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gemû § 1360 Satz 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntle bens - dem Ehegatten htte erfllen knnen (vgl. BGHZ 38, 55, 58; 50, 304, 306; 77, 157, 160 ff.; Palandt/Thomas, BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 42 und § 845 Rn. 2). Insoweit stellte sich die Einschrnkung der Fhigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256 f.). Allerdings begrndet der bloûe Ausfall der Arbeit s - kraft noch keinen Vermgensschaden (BGHZ 54, 45, 50 ff.; BGH, Urt. v. 31. Mrz 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852), ebensowenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfhigkeit (BGHZ 38, 55, 58 f.; BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023, 1024). Erforderlich ist vielmehr ein ko n - kreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Klgerin im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde [vgl. GA I 38, 64, 79]. Etwas anderes htte zwar zu gelten, wenn die Klgerin auch schon - 9 - vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wre, einen eigenen Haushalt zu f h - ren und ein Kind zu versorgen, und dies demgemû auch nie getan htte. Das haben die Beklagten - unter Berufung auf "chronischen Alkoholabusus" der Klgerin - in der Tat behauptet [GA I 77-79]. Indes hat die Klgerin das G e - genteil vorgetragen und dafr Beweis angetreten [GA I 40, 65, 91, II 31]. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rgt - nicht erhoben worden. Es ist de s - halb zu unterstellen, daû die Klgerin vor dem Unfall - wenn auch nicht im U n - fallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wah r - scheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wre (§ 252 Satz 2 BGB), daû sie irgendwann wieder einen solchen haben wrde. Das gengt fr die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens. bb) Der Schaden entfiel nicht dadurch, daû der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der "Hausfrau" ausglich, indem er deren Rolle selbst mit bernahm. Dies folgt aus dem allg e - meinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmlert oder ausgeschlossen wird, daû der Vermgensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGHZ 21, 112, 117; 54, 269, 274; 91, 357, 364; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 131). cc) Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfetrger bergegangen und konnte auch nie auf diesen bergehen. Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfetrger keine Leistu n - gen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM) - 10 - und das in wechselnder Hhe gewhrte Pflegegeld gemû § 69 a Abs. 2 BSHG [vgl. Bescheide v. 21. September 1995, Anlage B 7, v. 5. Juli 1996, Anlage B 5, v. 18. Februar 1998, GA II 67, ferner Mitteilungen der Sozialmter GA I 28, II 101, Anlage K 13 alter Zhlung]. Diese Leistungen des Sozialhilfetrgers w a - ren dem Anspruch der Klgerin auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht ko n - gruent (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, aaO S. 257). Der 20 %ige Aufschlag soll vermehrte Bedrfnisse zum Lebensunterhalt der Klg e - rin selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhlt es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69 a Abs. 1 BSHG e r - halten Pflegebedrftige, die bei der Krperpflege, der Ernhrung und der Mob i - litt fr mehrere Verrichtungen mindestens einmal tglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedrfen und zustzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung bentigen, ein Pflegegeld; dieses wird gemû § 69 a Abs. 2 BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwe n - digkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Krperpflege, Ernhrung und Mob i - litt mindestens dreimal tglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen fr den Pflegebedrftigen selbst, nicht um einen Ersatz fr Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht htte. dd ) Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Klgerin die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur aufgrund einer Einziehungsbefugnis (vgl. dazu unten ee) in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenber dem Sozialhi l - fetrger auf den Abfindungsvergleich htte berufen knnen (vgl. BGHZ 131, 274, 284 ff.). - 11 - ee) Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Bekla g - ten, als sie der Klgerin den Abschluû des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzen s - geld - keine Ansprche der Klgerin, die nicht auf den Sozialhilfetrger be r - gegangen seien; mit den bergegangenen Ansprchen habe die Klgerin nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Beklagten kommen in ihrem oben (1 a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Klgerin vom 6. November 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Beklagten auch spter fes t - gehalten. Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Klgerin vom 16. Mrz 1998 [Anlage K 8], in dem sie ausfhren: "Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der ... (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur so l - che Ansprche, ber die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt berhaupt noch verfgen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprche, die zum damal i - gen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzl i - chen Forderungsbergangs bergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundstzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der ... Versicherung einzumengen. Die Ansprche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schrfste monieren", sowie - nach Geltendmachung des Regreûa n - spruchs - aus dem Schreiben der Beklagten an die Klgerin vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zhlung]: "Es wurde nicht bersehen, dass die Abfi n - dungserklrung nur Schmerzensgeldansprche betrifft. Zum Zeitpunkt der A b - findungserklrung war klar, dass auûer dem immateriellen Schmerzensgelda n - spruch sonstige materielle Schadensersatzansprche der Frau ... (Klgerin) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der ... (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprche aufgrund der vorgenannten Rechtsvo r - - 12 - schrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklrung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungstrger bergegangen waren. Über diese Ansprche hat Frau ... (Klgerin) auch nicht verfgt, was zwischen ihr und der ... (Versicherung) klar war." In dieselbe Richtung zielt der Prozeûvo r - trag der Beklagten [GA I 21]: "Damit wre ein eventueller Erwerbs- und For t - kommensschadensersatzanspruch des den Haushalt fhrenden Ehepartners und Lebensgefhrten gemû § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Trger der Sozialhilfe bergegangen." Selbst wenn die Beklagten im Ausg angspunkt Recht gehabt htten - An- sprche wegen Haushaltsfhrung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhi l - fetrger bergegangen gewesen wren oder noch htten bergehen knnen -, wre die Ansicht verfehlt gewesen, die Klgerin knne solche Ansprche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Z u - sammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschdigte sogar nach dem Rechtsbergang auf den Sozialhilfetrger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet (BGHZ 131, 274, 278 ff.) - ermchtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedrftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schdiger ei n - zufordern (BGHZ 131, 274, 282 ff.; 133, 129, 135 f.,140). Tatschlich stand hier - wie bereits ausgefhrt - in bezug auf den E r - werbsschaden der Klgerin ein Übergang auf den Sozialhilfetrger nicht in R e - de. ff) Der Rechtsirrtum der Beklagten war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden (insbesondere im Lichte der am 12. Dezember 1995 e r - gangenen Entscheidung BGHZ 131, 274 ff. zu sehenden) Rechtsfragen weder - 13 - eigenverantwortlich noch gar mit der gebhrenden Sorgfalt geprft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung ve r - lassen. Das ergibt sich aus dem von dem Beklagten zu 2 gefertigten Aktenve r - merk vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 4]: "Herr ... (Sachbearbeiter der Vers i - cherung) versprach in der Zwischenzeit abzuklren, wieweit die Haushaltsf h - rung und Kinderbetreuung berhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann", sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung [Anlage K 2 neuer Zhlung]. 2. Hatte die Klgerin - was vom Berufungsgericht nicht aufgeklrt wo r - den ist - Ansprche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regreûfhige Schaden darin, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat. a) Allerdings muû sich die Versicherung mglicherweise wegen eines "doppelten Motivirrtums" auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grun d - stzen ber das Fehlen der Geschftsgrundlage einlassen (vgl. BGHZ 25, 390, 392 f.; 58, 355, 361 f.; 62, 20, 24 f.; BGH, Urt. v. 13. November 1975 - III ZR 106/72, NJW 1976, 565 f.; Palandt/Heinrichs, § 119 BGB Rn. 30 und § 242 BGB Rn. 149). Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Klgerin, so n - dern auch die Versicherung bei Abschluû des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfaût. Das Vorbringen der Bekla g - ten [GA II 85] knnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Z h - lung]). - 14 - Falls danach noch ein Anspruch der Klgerin gegen die Versicherung bestehen sollte, entfllt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durc h - aus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Klgerin ein langwieriger Prozeû mit ungewissem Ausgang. Diese von den Beklagten zu verantwortende Unsiche r - heit darf nicht zu Lasten der Klgerin gehen (vgl. Senatsurt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Die Beklagten knnen nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprche gegen die Versicherung verlangen. b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, die Klgerin habe "wohl schon damals" (als sie durch die Beklagten ihre Ansprche gegen die Versicherung geltend machte), "wie auch jetzt im Prozess", keinen ausreiche n - den Vortrag "fr einen konkreten Schaden ... erbracht". Nach dem - hier a nzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich be r - wiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, daû ein Schaden entstanden ist, fr die richterlicher berzeugungsbildung aus (BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694, 2695; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). § 287 ZPO erleichtert dem Geschdigten darber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lcke n - haften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhalt s - punkte fr eine Schtzung vorhanden sind (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, aaO S. 2695 f.; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, aaO). § 252 Satz 2 BGB bringt fr den Geschdigten eine zustzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als en t - - 15 - gangen der Gewinn, welcher nach dem gewhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umstnden, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vo r - kehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose ber die knftige Entwicklung (BGH, Urt. v. 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, NJW 1997, 937, 938). Fllt die Arbeitskraft einer Hau s - frau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berec h - nungsmodelle hinreichend genau erfaût werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256, 257 m.w.N.). Daû die Klg e - rin nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Ttigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100 % ausfllt, steht einer Schtzung des ko n - kreten Schadens nicht entgegen. 3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Haftung der Beklagten auch nicht an der fehlenden Kausalitt zwischen Pflichtverletzung und Schaden. a) Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Klgerin nachteiligen Vergleichs (vgl. oben 1 b), ist die Frage des Ursachenzusamme n - hangs mglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloûen Aufkl - rungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das Berufungsg e - richt nicht geprft. b) Aber auch dann, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur die Au f - klrungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalitt fr den Schaden nicht verneint werden. - 16 - aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daû grundstzlich ein A n - scheinsbeweis dafr spricht, der Mandant htte sich bei pflichtgemûer Ber a - tung durch seinen Rechtsanwalt "beratungsgerecht" verhalten (grundlegend BGHZ 123, 311, 315; st. Rspr.). Es hat indes gemeint, hier htten die Bekla g - ten den Anscheinsbeweis erschttert. Sie htten dargetan, daû es der Klgerin darauf angekommen sei, mglichst schnell eine mglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch "im November/Dezember 1996" einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Mglichkeit, daû sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgem - ûer Aufklrung ber dessen weittragende Folgen abgeschlossen htte. bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das Berufung sgericht zur Bekrftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Klg e - rin habe zunchst selbst nicht behauptet, daû sie im Falle ordnungsgemûer Aufklrung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben htte, hat es gege n - teiligen Vortrag der Klgerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 [GA I 97] bersehen. Ferner ist zwar zutreffend, daû die Klgerin im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kchenei n - richtung bestellt hatte, die am 5. Dezember 1996 ge liefert und deren Preis von ca. 17.000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen we r - den, daû die Klgerin zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, daû die Klgerin - wenn die B e - klagten ihr gesagt htten, daû sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfi n - dungsvergleichs auf andere Ansprche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen htte, nur um die bestellte Kche zu erhalten, - 17 - die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wre. Es ist nicht vorgetr a - gen, daû die neue Kche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung htte ohne weiteres zurckgestellt werden knnen. Zwar hatte die Klgerin eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber [ausweislich der Anlage B 6] sptestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Klgerin offenbar mit der alten Kche beho l - fen. Das htte auch knftig geschehen knnen. Selbst wenn die neue Kche dringend bentigt wurde, ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht nachvol l - ziehbar, daû die Klgerin die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Klgerin allein als Schmerzensgeld noch 46.000 DM (allerdings darber hinaus nichts) zu erwarten. Daû die Vers i - cherung nicht bereit gewesen wre, eine weitere Abschlagszahlung in Hhe von 17.000 DM zu leisten, haben die Beklagten nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Be- mhungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17.000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wre berdies gefrdert worden, wenn die Beklagten ihr pflichtgemû deutlich gemacht h t - ten, daû wegen eines Haushaltsfhrungsschadens kein Anspruchsbergang auf den Sozialhilfetrger stattgefunden hat. Wieso die Klgerin bei pflichtg e - mûem Verhalten der Beklagten mit einem "langwierigen Prozeû mit ... ung e - wissem Ausgang" htte rechnen mssen, ist deshalb nicht ohne weiteres e r - sichtlich. III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurckzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 - 18 - ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird z u - nchst feststellen mssen, ob die Klgerin ohne den Unfall wahrscheinlich i r - gendwann (wieder) einen Haushalt gefhrt und ihr Kind betreut htte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte (vgl. oben II 1 b aa). Gegebene n - falls wird es die Hhe des Schadens schtzen mssen. Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser

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