IX ZR 45/98 - IX. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
IX ZR 45/98 - IX. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 45/98 Verkündet am: 27. Januar 2000 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ------------------------------------ ZPO §§ 301, 304 Abs. 1 Zur Unzulässigkeit eines Grundurteils über einen Klageanspruch, der aus einem Zahlungs- und unbezifferten Feststellungsantrag besteht. BGB § 675 KSchG § 2 Zur haftungsausfüllenden Kausalität, wenn der Rechtsanwalt nicht rechtzeitig für seinen Mandanten Klage gegen eine Änderungskündigung nach dem Kündigung s - schutzgesetz erhoben hat. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - KG Berlin LG Berlin - 2 - Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Grundurteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. Dezember 1997 aufg e - hoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Ber u - fungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger verlangt vom beklagten Rechtsanwalt Schadensersatz w e - gen Verletzung einer Vertragspflicht anläßlich der Kündigung seines Arbeit s - verhältnisses. Der Kläger hatte bei der R. AG (künftig: Arbeitgeberin), bei der er seit September 1976 beschäftigt ist, als Fleischaufhauer im Akkord einen monatl i - chen Bruttolohn von zuletzt etwa 7.000 DM. Anfang Mai 1994 erklärte die A r - - 3 - beitgeberin dem Kläger unter Hinweis auf Fehlzeiten, sie beabsichtige, ihm im Wege einer Änderungskündigung einen geringer entlohnten Arbeitsplatz als Entvlieser anzubieten. In einem Schriftstück, das das Datum des 2. Mai 1994 trägt, nach Behauptung des Klägers aber erst nach Ausspruch der Änderung s - kündigung von ihm unterzeichnet wurde, erklärte der Kläger gegenüber seiner Arbeitgeberin: "Ich nehme den mir neu angebotenen Arbeitsplatz ab 1.1.1995 (Entvli e - serei) unter Vorbehalt an." Mitte Mai 1994 suchte der Kläger den Beklagten auf, um sich wegen der drohenden Änderungskündigung beraten zu lassen. Am 17. Mai 1994 schrieb der Beklagte der Arbeitgeberin des Klägers u.a. folgendes: "Unser Mandant teilt uns mit, daß Sie eine Änderungskündigung au s - sprechen wollen, da die krankheitsbedingten Fehlzeiten unseres Ma n - danten dies rechtfertigen würden. Mit dieser Änderungskündigung ist unser Mandant nicht einverstanden und wir werden wegen der Änderungskündung gegebenenfalls Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin erheben." Am 25. Mai 1994 kündigte die Arbeitgeberin - nach Anhörung des B e - triebsrats - das Ar beitsverhältnis mit dem Kläger als Fleischaufhauer "aus pe r - sonenbedingten Gründen" zum 31. Dezember 1994 und bot ihm ab 1995 einen Arbeitsvertrag als Entvlieser an. Der Beklagte erhielt dieses Kündigung s - schreiben auf seine Bitte vom 26. Mai 1994 vom Kläger am folgenden Tage. - 4 - Im November 1994 erhob der Beklagte im Namen des Klägers vor dem Arbeitsgericht Klage gegen seine Arbeitgeberin mit dem Antrag auf Festste l - lung, daß das Arbeitsverhältnis als Fleischaufhauer nicht aufgelöst worden ist. Durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts vom 29. März 1995 wurde die Klage abgewiesen, weil der Kläger sein Klagerecht zu spät ausgeübt und de s - wegen verwirkt habe. Der Kläger hat vom Beklagten Ersatz des Lohnunterschieds zwischen seiner früheren Tätigkeit als Fleischaufhauer und seiner jetzigen Arbeit als Entvlieser verlangt. Das Landgericht hat zunächst durch Versäumnisurteil den Beklagten verurteilt, an den Kläger 26.000 DM nebst Zinsen zu zahlen; auße r - dem wurde festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen ab 1. August 1995 entstehenden Schaden aus der verspäteten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht zu ersetzen. Nach rechtzeitigem Einspruch hat das Landg e - richt - ohne Bezugnahme auf sein Versäumnisurteil - den Beklagten verurteilt, an den Kläger 36.431,52 DM nebst Zinsen zu zahlen, und zwar wegen monatl i - chen Lohnausfalls von 2.279,22 DM in der Zeit von Januar 1995 bis ei n - schließlich April 1996; außerdem hat das Landgericht festgestellt, daß der B e - klagte verpflichtet ist, dem Kläger allen ab 1. Mai 1996 entstehenden Schaden aus der verspäteten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht zu ersetzen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger Ersatz eines monatlichen Lohnausfalls von 1.673,19 DM für die Zeit von Mai 1996 bis einschließlich Oktober 1997 in Höhe von insgesamt 28.444,23 DM - "mithin insgesamt 64.875,75 DM" - geltend g e - macht; außerdem hat er beantragt festzustellen, daß der Beklagte zum Ersatz seines ab 1. November 1997 entstehenden Schadens infolge der verspäteten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht verpflichtet ist. Das Berufungsgericht hat durch "Grundurteil" die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, "soweit - 5 - sie sich gegen die Verurteilung dem Grunde nach richtet", und den Klagea n - spruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte weiter die Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurüc k - verweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO). I. Die vom Revisionsgericht von Amts wegen zu pr üfende Frage, ob das Berufungsgericht ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO erlassen durfte (vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 1993 - III ZR 157/92, NJW -RR 1994, 319), ist im vorliege n - den Fall zu verneinen. 1. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht durch sein "Grundurteil" nicht über den Feststellungsantrag entscheiden durfte (§ 304 Abs. 1 ZPO). a) Das Berufungsurteil erstreckt sich auch auf diesen Antrag. Im Tenor und in den Gründen der Entscheidung wird "der Klageanspruch", dessen Teil auch das Feststellungsbegehren ist, umfassend dem Grunde nach für g e - - 6 - rechtfertigt erklärt. In den Entscheidungsgründen wird zwischen dem Zahlungs- und Feststellungsantrag nicht unterschieden. Am Schluß der Entscheidung s - gründe heißt es, "der Schadensersatzanspruch des Klägers" sei "deshalb dem Grunde nach gerechtfertigt". b) Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über den Grund vorab en t - scheiden, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und lediglich der Streit über den Anspruchsgrund entscheidungsreif ist. Eine entsprechende Trennung in Grund- und Betragsverfahren setzt einen Anspruch voraus, der auf Zahlung von Geld oder die Leistung vertretbarer, der Höhe nach summe n - mäßig bestimmter Sachen gerichtet ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 1991 - X ZR 90/89, NJW 1991, 1896; v. 14. Oktober 1993, aaO). Deswegen scheidet ein Grundurteil über einen unbezifferten Festste l - lungsantrag wesensgemäß aus (BGH, Urt. v. 7. November 1991 - III ZR 118/90, WM 1992, 432; v. 14. Oktober 1993, aaO). Ausnahmsweise kann ein Grundurteil über eine Feststellungsklage ergehen, wenn damit ein bestimmter Betrag in der Weise geltend gemacht wird, daß die Klage auch zu einem Au s - spruch über die Höhe des Anspruchs führen soll (BGH, Urt. v. 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93, WM 1994, 2113, 2114). Diese Voraussetzung erfüllt der Fes t - stellungsantrag des Klägers entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht. Zwar bezieht sich das gesamte Klagebegehren auf einen einheitlichen Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfalls infolge Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages. Selbst wenn die Feststellungsklage eine nach Grund und Betrag streitige Verpflichtung zum Gegenstand haben sollte, so soll der Antrag festzustellen, daß der Beklagte zum Ersatz des seit November 1997 entsta n - denen und noch entstehenden Schadens aus dem behaupteten Vertragsve r - - 7 - stoß verpflichtet ist, aber nicht zu einem Ausspruch über die Höhe eines so l - chen Anspruchs führen (vgl. auch BGH, Urt. v. 19. Februar 1991, aaO). De m - entsprechend fehlt eine Bezifferung im Feststellungsausspruch des Berufung s - gerichts. 2. Das angefochtene Urteil kann nicht, soweit über den Feststellungsa n - trag entschieden worden ist, als Teilendurteil (§ 301 ZPO) aufrechterhalten werden. a) Das Berufungsgericht wollte darüber nicht abschließend entscheiden. Dies ergibt sich daraus, daß es nach Tenor und Gründen seines Urteils nur die "Verurteilung dem Grunde nach" durch das Landgericht bestätigen wollte. b) Außerdem müßte in einem solchen Feststellungsurteil wegen der Rechtskraftwirkung entschieden werden, ob der Kläger seinen Schaden im Sinne des § 254 BGB mitverschuldet hat und deshalb zumindest einen Sch a - densteil selbst tragen muß (BGH, Urt. v. 25. November 1977 - I ZR 30/76, NJW 1978, 544; v. 17. Oktober 1991 - IX ZR 255/90, NJW 1992, 307, 309, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 115, 382). Der Beklagte hat dem Kläger vorgewo r - fen, er habe zu der schadensursächlichen verspäteten Klageerhebung im A r - beitsgerichtsprozeß beigetragen, weil er nicht rechtzeitig die Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers eingeholt habe, und seine Pflicht zur Sch a - densminderung verletzt, indem er sich nicht um einen anderen Arbeitsplatz als Fleischaufhauer im Akkord bemüht habe. Diese Einwände hat das Berufung s - gericht in seinem Urteil nicht erörtert; bezüglich des letzten Einwands hat es sich eine Prüfung vorbehalten in seinem Beschluß, der gleichzeitig mit dem Berufungsurteil verkündet worden ist. - 8 - 3. Das Grundurteil des Berufungsgerichts kann nicht allein bezüglich des Zahlungsanspruchs bestehenbleiben. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zu Recht rügt, nicht die e r - forderliche Feststellung getroffen, daß der Kläger einen mit diesem Anspruch geltend gemachten Schaden ab Januar 1995 mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe erlitten hat (vgl. BGHZ 53, 17, 23). Ein solcher Schaden kann entfallen, wenn die - vom Berufungsgericht nicht geprüfte - Behauptung des Beklagten richtig ist, der Kläger sei einer Akkordtätigkeit als Fleischaufhauer dauerhaft nicht gewachsen gewesen, wie sich aus seinen Fehlzeiten vor der Änderungskündigung ergebe. Außerdem hat das Berufungsgericht nicht erö r - tert, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich die Mitverschuldensei n - wände des Beklagten auf den Schadensersatzanspruch auswirken; insoweit darf die Entscheidung nur dann dem Betragsverfahren vorbehalten werden, wenn bereits endgültig feststeht, daß ein Mitverschulden nicht zu einer Beseit i - gung des Anspruchs führt (BGHZ 110, 323, 332). II. Das Landgericht, dem sich das Berufungsgericht insoweit angeschlo s - sen hat, hat im Ergebnis ohne Rechtsverstoß angenommen, der Beklagte habe seine Vertragspflicht schuldhaft verletzt, weil er nicht rechtzeitig gegen die Ä n - derungskündigung Klage nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erhoben habe. Dagegen wendet sich die Revision nicht. - 9 - III. Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, daß die Feststellung des Berufung s - gerichts, einer rechtzeitig erhobenen Kündigungsschutzklage des Klägers wäre stattgegeben worden, in wesentlichen Punkten rechtsfehlerhaft ist. 1. Die mit dem Datum des 2. Mai 1994 versehene Erklärung des Klägers gegenüber seiner Arbeitgeberin, er nehme den neuen Arbeitsplatz unter Vo r - behalt an, hätte dem Erfolg einer solchen Klage nicht entgegen gestanden. Nach rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Feststellung hat der Kläger diese U r - kunde erst nach der Änderungskündigung unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung am 27. Mai 1994 unterzeichnet (vgl. § 4 KSchG). Dies wird von der Revision nicht beanstandet. 2. Zur haftungsausfüllenden Kausalität hat das Berufungsgericht weite r - hin ausgeführt: Die Kündigungsschutzklage hätte Erfolg gehabt, weil die Änderung s - kündigung nicht sozial gerechtfertigt gewesen sei. Ob eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der Fehlzeiten des Klägers in den Jahren vor der Kündigung gerechtfertigt sei, erscheine zweife l - haft. Zwar lägen für das Jahr 1989 59 Fehltage, für 1990 33 Fehltage, für 1991 53 Fehltage und für 1992 52 Fehltage vor. Hinsichtlich des Jahres 1993, in dem der Kläger insgesamt 70 Tage gefehlt habe, sei zu berücksichtigen, daß davon 42 Tage auf eine unfallbedingte Fehlzeit entfallen seien, die für eine - 10 - Gesundheitsprognose ungeeignet sei. Ob aufgrund der verbleibenden Feh l - zeiten in den Jahren 1989 bis 1992 und im Jahre 1994 eine negative Gesun d - heitsprognose bestehe, könne letztlich offen bleiben, da die weiteren Vorau s - setzungen für eine wirksame Kündigung nicht vorlägen. Der Beklagte, der die soziale Berechtigung der Kündigung darzulegen und zu beweisen habe, habe nicht dargetan, daß für den Arbeitgeber des Kl ä - gers durch die für die Zukunft zu erwartenden Fehlzeiten eine erhebliche B e - einträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen eintreten wü r - de. Für Betriebsablaufstörungen habe der Beklagte nur auf allgemeine Fes t - stellungen der Arbeitgeberin verwiesen, nach denen die übrigen Arbeitskoll e - gen aufgrund der häufigen unplanbaren Ausfälle kostenintensive Mehrarbeit miterledigen müßten, die Bereitschaft zu Mehrarbeiten begrenzt und die Pr o - duktivität in diesen Stunden weit geringer seien. Es fehlten konkrete Angaben zur Arbeitsorganisation bei krankheitsbedingten Ausfällen. Es könne auch nicht festgestellt werden, daß die Kündigung aufgrund einer wirtschaftlichen Bel a - stung des Arbeitgebers infolge außergewöhnlich hoher Lohnfortzahlungskosten gerechtfertigt gewesen wäre. Außerdem sei die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt gewesen, weil die abschließende Interessenabwägung zugunsten des Klägers hätte ausfallen müssen. Der Kläger habe seine Erkrankungen gegenüber seinem Arbeitgeber auf die klimatischen Verhältnisse im Kühlhaus zurückgeführt, so daß diese b e - triebliche Ursachen hätten. Ferner sei zu berücksichtigen, daß der Kläger b e - reits seit 1976 bei der R. AG beschäftigt sei, zwei Kinder habe und bis auf die dargelegten Fehlzeiten keinen Anlaß zu Beanstandungen gegeben habe. Mit Rücksicht auf diese Umstände sei es der Arbeitgeberin zuzumuten, den Kläger - 11 - auch weiterhin als Fleischaufhauer mit dem entsprechenden Lohn zu beschä f - tigen. 3. Diese Erwägungen sind teilweise rechtsfehlerhaft, weil das Ber u - fungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Beklagten außer acht gelassen hat (§ 287 ZPO). Für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO festzustellen, was geschehen wäre, wenn der Rechtsanwalt sich vertragsgerecht verhalten hätte, und wie die Vermögenslage des Mandanten dann wäre. Dieser trägt insoweit die Beweislast, die durch den Beweis des ersten Anscheins und die - gegenüber § 286 ZPO - geringeren Anforderungen des § 287 ZPO an die Darlegungslast und an das Beweismaß erleichtert wird (BGHZ 123, 311, 315 ff; 126, 217, 222 ff; BGH, Urt. v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). Einen erstattungsfähigen Schaden hat der Mandant in der Regel dann erlitten, wenn er einen Prozeß verloren hat, den er bei sachgemäßer anwaltlicher Vertretung gewonnen hätte. Für diese hypothetische Beurteilung ist maßgeblich, wie der Vorprozeß nach Auffassung des Gerichts, das mit dem Regreßanspruch befaßt ist, richtigerwe i - se hätte entschieden werden müssen. Dabei ist auszugehen von dem Sac h - verhalt, der dem Gericht des Vorprozesses unterbreitet und von diesem aufg e - klärt worden wäre. Die Beweislastregeln des Vorverfahrens gelten grundsät z - lich auch für den Regreßprozeß (BGHZ 133, 110, 111 ff m.w.N.). Dies bedeutet im vorliegenden Rechtsstreit, daß der Beklagte, der sich zur Abwehr des R e - greßanspruchs auf die Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung beruft, die Darlegungs- und Beweislast zu tragen hat, die der Arbeitgeberin des Klägers in - 12 - einem - rechtzeitig angestrengten - Kündigungsschutzprozeß oblegen hätte. Der Kläger hat die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die er in e i - nem solchen Prozeß darzulegen und zu beweisen gehabt hätte, auch im R e - greßprozeß gegen den Beklagten. a) Das Berufungsgericht ist zu Recht von den Grundsätzen ausgega n - gen, die das Bundesarbeitsgericht für die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung wegen Krankheit gemäß § 1 Abs. 2 KSchG au f - gestellt hat (NZA 1989, 923; 1990, 307; NJW 1990, 2338, 2339 und 2341, 2342 f, NZA 1993, 497, 498). Danach ist diese Prüfung in drei Stufen vorz u - nehmen. Zunächst ist eine negative Gesundheitsprognose erforderlich; bei Z u - gang der Kündigung müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang begründen. Sind danach weitere krankheitsbedingte Fehlzeiten zu besorgen, so ist zu prüfen, ob sie die betrie b - lichen Interessen erheblich beeinträchtigen. Ist das der Fall, so ist im Rahmen der Interessenabwägung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu untersuchen, ob die Beeinträchtigungen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls vom Arbei t - geber noch hinzunehmen sind oder ein solches Ausmaß erreicht haben, daß sie ihm nicht mehr zuzumuten sind. Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Änderungskündigung (§ 2 KSchG). b) aa) Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob bei Zugang der Änderungskündigung im Mai 1994 eine negative Gesundheitsprognose die B e - sorgnis weiterer Erkrankungen des Klägers im bisherigen Umfang begründete, ist im Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten von einer solchen Progn o - se auszugehen. - 13 - bb) In diesem Zusammenhang ist für das weitere Berufungsverfahren auf folgendes hinzuweisen: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (NZA 1989, 923, 1990, 307) können häufige Kurzerkrankungen eine negative Gesundheitspr o - gnose begründen; dann darf sich der Arbeitgeber zunächst darauf beschrä n - ken, die entsprechende Indizwirkung der krankheitsbedingten Fehlzeiten da r - zulegen. Dies hat der Beklagte getan. Insoweit weist die Revision zu Recht darauf hin, daß nach dem Vorbringen des Beklagten - über die vom Ber u - fungsgericht berücksichtigten Fehlzeiten hinaus - 1994 bis zur Änderungskü n - digung 22 Krankheitstage angefallen sind. Für 1993 sind die Fehlzeiten, die nicht unfallbedingt waren, ins Verhältnis zu setzen zu der jährlichen Arbeitszeit abzüglich der 42 unfallbedingten Fehltage. Der Kläger als Arbeitnehmer hat dann gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darz u - tun, warum mit seiner baldigen Genesung zu rechnen sei; kennt er seinen G e - sundheitszustand nicht sicher, so genügt er seiner prozessualen Mitwirkung s - pflicht, wenn er die Behauptung des Arbeitgebers bestreitet und seinen Arzt oder die Krankenkasse von der Schweigepflicht entbindet (BAG aaO). Der Kl ä - ger hat diese Darlegungslast erkannt, aber bisher nicht erfüllt. Sollte der Kläger dies nachholen, so dürfte es - wie im Regelfall - erfo r - derlich sein, auf einen entsprechenden Beweisantritt des insoweit b e - weispflichtigen Beklagten (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) den behandelnden Arzt als sachverständigen Zeugen zu vernehmen (§§ 373 ff, 377 Abs. 3, 414 ZPO) oder - gemäß dem Beweisantritt des Beklagten oder von Amts wegen (§ 144 - 14 - ZPO) - ein Gutachten eines Arbeitsmediziners (§§ 402 ff ZPO) einzuholen (vgl. BAG NZA 1990, 307, 308; NJW 1990, 2341, 2343). In diesem Zusammenhang wird auch zu berücksichtigen sein, daß der Beklagte behauptet hat, der Kläger sei dauerhaft einer Akkordtätigkeit als Fleischaufhauer gesundheitlich nicht gewachsen (vgl. dazu BAG NJW 1990, 2953, 2954; NZA 1993, 497, 498 f). c) aa) Die Frage, ob die negative Gesundheitsprognose zu einer erhe b - lichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt, hat das Berufung s - gericht insoweit rechtsfehlerfrei verneint, als eine solche Beeinträchtigung sich aus einer schwerwiegenden Störung des Betriebsablaufs ergeben kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche Störung im Pr o - duktionsprozeß nur dann als Kündigungsgrund geeignet, wenn sie nicht durch Überbrückungsmaßnahmen, etwa durch die Einstellung einer Ersatzkraft oder den Einsatz eines Arbeitnehmers aus einer Personalreserve, vermieden we r - den kann (BAG NZA 1989, 923). Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß festgestellt, daß der darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) dazu keine substantiierten Angaben gemacht hat. Insoweit b e - anstandet die Revision das Berufungsurteil nicht. bb) Sie rügt jedoch mit Erfolg die tatrichterliche Feststellung, das B e - triebsinteresse sei auch insoweit nicht beeinträchtigt, als keine erhebliche wir t - schaftliche Belastung der Arbeitgeberin vorliege. Insoweit hat das Berufung s - gericht die Behauptung des Beklagten außer acht gelassen, der Kläger sei g e - sundheitlich außerstande, als Fleischaufhauer im Akkord zu arbeiten. Sollte dieses - vom Kläger bestrittene - Vorbringen richtig sein, so hätte eine erhebl i - che betriebliche Beeinträchtigung vorgelegen (BAG NZA 1987, 555, 556; NJW 1990, 2953, 2954; NZA 1993, 497, 499). - 15 - d) Da das Beruf ungsgericht nicht geklärt hat, ob der Kläger im maßge b - lichen Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung eine vertraglich g e - schuldete Arbeitsleistung als Fleischaufhauer im Akkord nicht erbringen konnte und infolgedessen eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Betriebsintere s - ses wegen einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung der Arbeitgeberin g e - geben war, beanstandet die Revision auch zu Recht, daß die tatrichterliche Interessenabwägung unvollständig und deswegen rechtsfehlerhaft ist. 3. Eine neue E ntscheidung im Berufungsverfahren wird das Versäu m - nisurteil des Landgerichts zumindest insoweit zu berücksichtigen haben, als der Feststellungsausspruch durch die Streitentscheidung des Landgerichts und den Berufungsantrag des Klägers teilweise gegenstandslos geworden ist. Paulusch Kirchhof Fischer Zugehör Ganter

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