IX ZR 159/00 - IX. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
IX ZR 159/00 - IX. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 159/00 Verkündet am: 20. November 2001 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der IX. Zivilsenat des Bundesgerich tshofs hat auf die mndliche Verhandlung vom 20. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Kayser fr Recht erkannt: Auf die Revision des Klgers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 31. Mrz 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die Abweisung der Anfechtungsklage wegen der Zahlungen vom 25. Juni 1997 in Höhe von 19.083,14 DM und vom 30. Juni 1 997 in Höhe von 182.155,36 DM und wegen der entsprechenden Zinsen zurckgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Ve r - handlung und Entscheidung - auch ber die Kosten des Revis i - onsverfahrens - an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts z u - rckverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der klagende Konkursverwalter nimmt nach den Vorschriften der Ko n - kursanfechtung den verklagten Sozialversicherungstrger auf Rckgewhr von Beitragszahlungen der spteren Gemeinschuldnerin (im folgenden nur noch: Gemeinschuldnerin) in Anspruch. - 3 - Im Sommer 1996 endete ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses ber das Vermgen der Gemeinschuldnerin mit einem Vergleich. Davon hatte die Beklagte Kenntnis. Bereits ab September 1996 zahlte die G e - meinschuldnerin die Sozialversicherungsbeitrge wieder mit Verzgerung, tei l - weise erst nach Einleitung der Zwangsvollstreckung. Die am 15. Februar 1997 flligen Beitrge fr Januar 1997 in Hhe von 175.538,36 DM sollten von der Gemeinschuldnerin durch Scheck bezahlt werden. Dieser wurde indes bei Vorlage nicht eingelst. Der Beklagten wurde eine telegraphische Überweisung avisiert. Sie erhielt die Beitrge jedoch erst Anfang April 1997. Inzwischen w a - ren am 15. Mrz 1997 die Februar-Beitrge in Hhe von insgesamt 156.250,24 DM fllig geworden. Auch diese wurden nach Mahnung nicht b e - zahlt. Ein deswegen am 8. April 1997 durchgefhrter Vollstreckungsversuch verlief fruchtlos. Nachdem die Beklagte am 10. April 1997 erfolglos einen Ko n - kursantrag angedroht hatte, stellte sie diesen am 2. Mai 1997. Sie begrndete ihn damit, daß die Gemeinschuldnerin zahlungsunfhig im Sinne der Konkur s - ordnung sei. Am 21. Mai 1997 bersandte die Gemeinschuldnerin der Bekla g - ten einen Scheck ber 173.527,86 DM zur Begleichung der offenen Beitrge fr Februar 1997. Am 28. Mai 1997 wurde der Scheck nicht eingelst. Bereits mit Schreiben vom 27. Mai 1997 entschuldigte sich die Gemeinschuldnerin bei der Beklagten fr die Nichteinhaltung der Zahlungsverpflichtungen. Sie wies darauf hin, "die wirtschaftliche Situation ... und die Rckgnge im Umsatz" htten bei ihr zu Liquidittsproblemen gefhrt, stellte die Überweisung der a n - gemahnten Betrge in Aussicht und bat um Zurcknahme des Konkursantr a - ges. Am 30. Mai 1997 zahlte sie 372.706,55 DM. Daraufhin nahm die Beklagte ihren Konkursantrag am 4. Juni 1997 zurck. Mittlerweile waren am 15. Mai 1997 die Beitrge fr April 1997 fllig geworden. Auf diese zahlte die Gemei n - - 4 - schuldnerin am 19./25. Juni 1997 per Scheck 19.083,14 DM. Ein weite rer, von der Gemeinschuldnerin fr die April-Beitrge ausgestellter Scheck ber 182.155,36 DM wurde nicht eingelst. Statt dessen zahlte die Gemeinschul d - nerin den fraglichen Betrag per "Blitzberweisung" am 30. Juni 1997. Am se l - ben Tage stellten die O. GmbH & Co. KG und am 17. Juli 1997 erneut die B e - klagte Konkursantrag. Diese Antrge fhrten zur Verfahrenserffnung. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision des Klgers hat der Senat nur wegen der Rckforderung der Zahlungen vom 25. und 30. Juni 1997 in Hhe von insgesamt 201.238,50 DM angenommen. Ins o - weit verfolgt der Klger sein Klagebegehren weiter. Entscheidungsgrnde: Im Umfang der Annahme fhrt die Revision zur Aufhebung und Zurc k - verweisung. I. Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begrndet: Der Anfechtungsgrund des § 31 Nr. 1 KO greife nicht ein, weil kein A n - halt fr die Annahme bestehe, daß die Schuldnerin bei ihren Rechtshandlu n - gen in der der Beklagten bekannten Absicht gehandelt habe, ihre Glubiger zu - 5 - benachteiligen. Die Voraussetzungen des § 30 Nr. 2 KO seien nicht erfllt, weil die Beklagte eine kongruente Deckung erhalten habe. Der Klger knne auch nicht den Anfechtungsgrund des § 30 Nr. 1 Fall 2 KO geltend machen. Une r - heblich sei, daß die angefochtenen Zahlungen nach dem Konkursantrag vom 2. Mai 1997 erfolgt seien; denn dieser habe nicht zur Verfahrenserffnung g e - fhrt. Unerheblich sei des weiteren, ob die Schuldnerin im Zeitpunkt der Le i - stungserbringung zahlungsunfhig gewesen sei, weil die Beklagte eine etwaige Zahlungsunfhigkeit nicht gekannt habe. II. Diese Ausfhrungen halten einer rechtlichen berprfung nicht stand. 1. Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob im Zeitpunkt der a n - gefochtenen Zahlungen auf Seiten der Gemeinschuldnerin die Voraussetzu n - gen der Zahlungseinstellung vorlagen (§ 30 Nr. 1 Fall 2 oder Nr. 2 KO), ist in der Revisionsinstanz zugunsten des Klgers davon auszugehen. 2. Mit der Begrndung des Berufungsgerichts kann das Vorliegen der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen nicht verneint werden. Die Beweiswrdigung des Berufungsgerichts, das sich davon berzeugt zeigt, daß die Mitarbeiter K. und W. der Beklagten eine Zahlungseinstellung nicht gekannt haben, wird von der Revision erfolgreich mit Verfahrensrgen angegriffen. Das Berufungsgericht hat nicht bercksichtigt (§ 286 ZPO), daß die Gemeinschuldnerin in den letzten drei Monaten vor den angefochtenen - 6 - Zahlungen drei Mal einen Scheck nicht eingelst hat, und zwar am 12. Mrz 1997, am 28. Mai 1997 - wobei sc hon diese Nichteinlsung mit "Liquidittspr o - blemen" entschuldigt worden ist - und am 24. Juni 1997. Hinsichtlich des z u - letzt genannten Vorgangs hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht beanstandet, die Aussage des bei der Beklagten angestellten Zeugen K. auûer acht gelassen, sein Kollege W. habe die Gemeinschuldnerin am 23. Juni 1997 als Vollstreckungsbeamter aufgesucht und dabei ber die beiden Betrge, um die nunmehr gestritten wird, zwei Schecks ausgehndigt bekommen. Der ber den hheren Betrag (182.155,36 DM) ausgestellte Scheck sei kurz danach (am 24. Juni 1997) nicht eingelst worden. "Platzt" ein dem Vollstreckungsbeamten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gegebener Scheck, muû das den Vollstreckungsglubiger selbst dann alarmieren, wenn kurz danach eine "Blitzberweisung" in Hhe des ausgefallenen Betrages eingeht. Jedenfalls kann fortan nicht mehr, wie es das Berufungsgericht getan hat, auf den unei n - geschrnkt positiven Eindruck abgehoben werden, den die Angestellten der Beklagten von dem Betrieb der Gemeinschuldnerin aus Äuûerungen von deren leitenden Mitarbeitern gewonnen haben wollen. Das Berufungsgericht hat fe r - ner nicht bercksichtigt, daû die Gemeinschuldnerin eine am 4. Juni 1997 mit der Beklagten getroffene Zahlungsabsprache hinsichtlich der April-Beitrge nicht eingehalten hat. Auûer acht gelassen hat es schlieûlich, daû zum Zei t - punkt der Zahlung vom 25. Juni 1997 bereits wieder die Beitrge fr Mai 1997 fllig, aber nicht beglichen worden waren. Das Berufungsgericht hat pauschal von "immer wieder eingetretenen erheblichen Rckstnde(n)" gesprochen und diese unter Hinweis darauf verharmlost, daû sie "jeweils durch grûere be r - weisungen vollstndig zurck-" gefhrt worden seien. Eine vollstndige Rc k - fhrung hat jedoch zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. - 7 - III. Das angefochtene Urteil ist auch nicht aus anderen Grnden im Erge b - nis teilweise richtig (§ 563 ZPO). Fr den Fall, daû die Anfechtung durchgreift, beruft sich die Beklagte "bezglich der Hlfte der Klagesumme" auf ein Aussonderungsrecht. Die A r - beitnehmeranteile an den vereinnahmten Sozialversicherungsbeitrgen (vgl. §§ 28 d ff. SGB IV) habe die Gemeinschuldnerin als Treuhnderin fr ihre A r - beitnehmer gezahlt. Stnde die Zahlung noch aus, knnte die Beklagte die Aussonderung der fraglichen Betrge verlangen. Dann knne auch der Klger nicht auf Herausgabe gemû § 37 KO bestehen, weil er die Betrge sogleich wieder an die Beklagte auskehren mûte. Diese Einwendung greift nicht durch. Wie der Senat vor kurzem en t - schieden hat (Urt. v. 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, Umdruck S. 6 ff, z.V.b. in BGHZ), gehren die Beitrge zur Sozialversicherung in vollem Umfang - also auch die sogenannten Arbeitnehmeranteile - zu dem Vermgen des Arbeitg e - bers. IV. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufung s - gericht zurckzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dabei macht der Senat von der Mglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. - 8 - Das Berufungsgericht wird zu prfen haben, ob die angefochtenen Za h - lungen nicht sogar inkongruent sind (§ 30 Nr. 2 KO). Da der Klger vorgetr a - gen hat, die Zahlungen vom 25. und 30. Juni 1997 seien "unter Zwang und Drohung" geleistet worden (GA 69, 70), und der Zeuge K. bekundet hat, sein Kollege W. habe die Schecks am 23. Juni 1997 als Vollstreckungsbeamter entgegengenommen, liegt mglicherweise nahe, daû die Schecks unter Vol l - streckungsdruck gegeben worden sind (zur Anwendung des § 30 Nr. 2 KO in derartigen Fllen vgl. BGHZ 136, 309, 311, 312). Daû nur einer von den Schecks eingelst worden, fr den Betrag des anderen hingegen kurz danach eine "Blitzberweisung" erfolgt ist, rechtfertigt nicht ohne weiteres die Anna h - me, die berweisung sei ohne Vollstreckungsdruck geschehen. Denn jene berweisung sollte ersichtlich den nicht eingelsten Scheck ersetzen. Liegt eine inkongruente Deckung vor, kommt es nicht darauf an, ob die Gemei n - schuldnerin im Zeitpunkt der Scheckbegebung bzw. der Zahlung ihre Zahlu n - gen eingestellt hatte. Denn die angefochtenen Zahlungen sind innerhalb der letzten zehn Tage vor Stellung des Konkursantrags durch die O. GmbH & Co. erfolgt. Die mglicherweise vorliegende Inkongruenz der Deckung wre nach stndiger Rechtsprechung ein starkes Beweisanzeichen fr eine Benachteil i - gungsabsicht des Schuldners und fr eine Kenntnis des Glubigers von dieser Absicht (BGHZ 123, 320, 326; 137, 267, 283; BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406, 407). Dieses Beweisanzeichen mûte die B e - klagte entkrften, weil § 30 Nr. 2 KO die Beweislast insoweit dem Anfechtung s - gegner auferlegt (BGH, Urt. v. 5. April 2001 - IX ZR 216/98, ZInsO 2001, 464, 466). - 9 - Selbst wenn die Anwendung des § 30 Nr. 2 KO ausscheidet, sind bei der Prfung der Voraussetzungen des § 30 Nr. 1 Fall 2 KO die zu den subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen erhobenen Beweise unter Vermeidung der da r - gestellten Verfahrensfehler neu zu wrdigen. Wegen der Voraussetzungen e i - ner Zahlungseinstellung wird auf das Senatsurteil vom 4. Oktober 2001 (IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097 f.) verwiesen. Kreft Kirchhof Fischer Ganter Kayser

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