IX ZR 11/99 - IX. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
IX ZR 11/99 - IX. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL IX ZR 11/99 Verkündet am: 13. Januar 2000 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 Zu den Voraussetzungen, unter denen sich die nachträgliche Haftungsbefreiung eines Mitbürgen auch auf dessen Rechtsverhältnis zu den übrigen Mitbürgen auswirkt. BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99 - OLG Düsseldorf LG Krefeld - 2 - Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Dezember 1998, b e - richtigt durch Beschluß vom 26. Februar 1999, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz, an den 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen Tatbestand: Anfang des Jahres 1992 gründeten der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte die B. GmbH; die Gesellschaft wurde in das Handelsregister eingetragen. Gesellschafter waren der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte zu jeweils gleichen Anteilen; der Beklagte übernahm die Geschäft s - führung allein. Die Sparkasse Krefeld gewährte der Gesellschaft einen Kont o - - 3 - korrentkredit in Höhe von 150.000 DM und sagte einen Avalkredit für Gewäh r - leistungsbürgschaften bis zu 500.000 DM zu. Am 23. Januar 1992 übernahmen beide Gesellschafter die unbeschränkte Bürgschaft zur Sicherung aller Ford e - rungen der Bank aus der Geschäftsverbindung mit der GmbH. Am 18. März 1993 vereinbarte der Geschäftsführer der Klägerin mit der Sparkasse eine Beschränkung seiner Bürgschaftsverpflichtung auf 150.000 DM. Am 7. September 1994 kündigte die Sparkasse das Kreditverhält- nis. Die Gesellschaft ist insolvent. Der Geschäftsführer der Klägerin zahlte au f - grund seiner Bürgschaftsverpflichtung 150.000 DM an die Gläubigerin. Auch deren Restforderung in Höhe von 236.800,04 DM wurd e getilgt; ob dies auf Leistungen des Beklagten beruht, ist zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte hatte sich verpflichtet, den persönlich für die Kläranlage St. erhaltenen Auftrag auf die B. GmbH zu übertragen. Ein entsprechender Nac h - unternehmervertrag datiert vom 4. März 1992. Am selben Tage wurde über dieses Objekt ein weiterer Vertrag geschlossen, in dem der Beklagte der Kl ä - gerin die entsprechenden Arbeiten übertrug. Die Klägerin hat für die dort erbrachten Leistungen Zahlung von 11.687,85 DM verlangt. Außerdem hat sie aus abgetretenem Recht einen Au s - gleichsanspruch ihres Geschäftsführers als Mitbürgen in Höhe von 51.300 DM sowie einen in der Revisionsinstanz nicht mehr streitigen Betrag von 14.430,24 DM eingeklagt. Hilfsweise hat sie die Klage auf einen restlichen Ausgleichsanspruch ihres Geschäftsführers in Höhe von 23.700 DM gestützt. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 26.118,09 DM stattgegeben, die Bürgschaftsansprüche dagegen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die - 4 - Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des B e - klagten der Klägerin lediglich 12.879,84 DM zuerkannt. Mit der Revision ve r - langt die Klägerin weitere 64.538,25 DM, die sie in Höhe von 11.687,85 DM als Werklohn für die Arbeit an der Kläranlage St. geltend macht und im übrigen aus Mitbürgenausgleich herleitet. Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Die Entscheidung ergeht als Versäumnisurteil, beruht jedoch auf einer vollständigen Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f). I. Das Berufungsgericht hat einen Ausgleichsanspruch des Geschäftsfü h - rers der Klägerin als Mitbürge abgelehnt, weil eine solche Forderung nur dann in Betracht komme, wenn der Mitbürge über den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Teil hinaus geleistet habe. Das sei hier jedoch nicht geschehen; denn der Geschäftsführer der Klägerin sei dem Beklagten gegenüber ve r - pflichtet gewesen, die Hälfte der von der Gesellschaft begründeten Verbin d - lichkeiten zu tragen. Die spätere Einschränkung der Bürgenhaftung habe sich im Innenverhältnis nicht ausgewirkt; denn zunächst sei eine Haftung auch für - 5 - über das vereinbarte Kreditlimit hinausgehende Forderungen aufschiebend bedingt begründet worden. Der Geschäftsführer der Klägerin könne nicht ge l - tend machen, der Beklagte habe allein die Erhöhung der Kreditschulden veru r - sacht. Als die für den kaufmännischen Teil zuständige Person sei er dafür vielmehr in gleicher Weise wie der Beklagte verantwortlich. Die Klägerin habe keine davon abweichenden Absprachen zwischen ihrem Geschäftsführer und dem Beklagten substantiiert vorgetragen. Da der Geschäftsführer nicht mehr als die Hälfte der Kreditschulden getilgt habe, könne dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die von ihm behaupteten Zahlungen erbracht habe. Wie die Revision zutreffend rügt, halten diese Ausführungen in mehrf a - cher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Beklagte persönlich Leistungen auf die Hauptschuld erbracht hat. Für die rev i - sionsrechtliche Prüfung ist daher zu unterstellen, daß dies nicht geschehen ist. In diesem Falle steht der Klägerin der geltend gemachte Ausgleichsanspruch zu. a) Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung unter Beweisantritt vo r - getragen, die Restschuld in Höhe von 236.800,04 DM sei nicht aus Mitteln des Beklagten beglichen worden. Vielmehr habe sich die Gläubigerin insoweit aus ihr zur Sicherheit abgetretenen Forderungen der Hauptschuldnerin befriedigen können. Trifft dies zu, hat der Geschäftsführer der Klägerin aus §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 BGB einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 75.000 DM gegen den Beklagten, der durch Abtretung auf die Klägerin übergegangen ist. - 6 - Aus dem Gesamtschuldverhältnis unter den Mitbürgen resultiert die Pflicht, an der Befriedigung des Gläubigers zu gleichen Anteilen mitzuwirken. Hat der Gläubiger nur einen Mitbürgen in Anspruch genommen, so kann dieser wegen der von ihm erbrachten Zahlung grundsätzlich auch dann anteiligen Ausgleich verlangen, wenn sie nur einen Teil der Hauptforderung betraf und der Höhe nach nicht über den Betrag hinausging, der im Innenverhältnis auf den Leistenden entfallen wäre, wenn der Gläubiger von allen Mitbürgen im Umfang ihrer Gesamthaftung Zahlung verlangt hätte (BGHZ 23, 361, 364; BGH, Urt. v. 15. Mai 1986 - IX ZR 96/85, NJW 1986, 3131, 3132; v. 4. Juni 1987 - IX ZR 31/86, NJW 1987, 3126, 3128). Ist der Gläubiger wegen seiner übrigen Forderungen anderweitig befriedigt worden, folgt aus dem Rechtsve r - hältnis zwischen den gleichrangigen Mitbürgen ohne weiteres, daß die nur von einem erbrachte Leistung anteilig auf alle zu verteilen ist. b) Entgegen der vom Berufungsgericht im Beschluß über den Tatb e - standsberichtigungsantrag vertretenen Auffassung hat die Klägerin die in der Berufungsbegründung gegebene Darstellung dazu, wie die Hauptschuld getilgt worden sei, später nicht fallengelassen. Die Klägerin hat in Beantwortung der Berufungserwiderung des Beklagten ausdrücklich erklärt, die Tilgung der Gläubigerforderung durch persönliche Leistungen des Beklagten bleibe b e - stritten. Damit hat sie hinreichend deutlich gemacht, daß sie an ihrem bisher i - gen Vortrag festhält. Die Behauptung der Klägerin ist auch hinreichend su b - stantiiert; denn es ist nicht ersichtlich, daß sie von ihrem Zedenten, der nicht selbst Geschäftsführer der Hauptschuldnerin war, ohne weiteres hätte erfahren können, aus welchen der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen die Gläub i - gerin Befriedigung erlangt habe. Im übrigen hat das Berufungsgericht übers e - hen, daß der Beklagte, soweit er sich auf eigene Leistungen als Bürge beruft, - 7 - darlegungs- und beweispflichtig ist. Auch der Beklagte hat für seine Behau p - tung Beweis angeboten. 2. Das angefochtene Urteil hat jedoch selbst dann keinen Bestand, wenn man davon ausgeht, der Beklagte persönlich habe die restliche Gläubigerfo r - derung getilgt. a) Befreit der Gläubiger einen Mitbürgen nachträglich teilweise von se i - ner Verpflichtung, wirkt sich dies allerdings in der Regel nicht auf das Au s - gleichsverhältnis zu den Mitbürgen aus; denn insoweit gelten gemäß § 769 BGB die Grundsätze über die Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern (BGH, Urt. v. 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, NJW 1992, 2286, 2287). Diese Ausgleichspflicht entsteht bereits bei Begründung des Gesamtschuldverhäl t - nisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläub i - ger (BGHZ 114, 117, 122; BGH, Urt. v. 20. Dezember 1990 - IX ZR 268/89, WM 1991, 399, 400). Die Rechte und Pflichten aus dieser Rechtsbeziehung zwischen den Mitbürgen treten als selbständiges Schuldverhältnis neben die Bürgschaftsverträge (BGH, Urt. v. 11. Juni 1992, aaO). Mit deren Abschluß erstreckten sich die Ausgleichsansprüche auf alle Leistungen, die die Mitbü r - gen in Zukunft aufgrund ihrer vertraglich übernommenen Pflichten gegenüber dem Gläubiger zur Deckung der Verbindlichkeiten aus dem Geschäftsbetrieb der GmbH noch zu erbringen hatten. Diese so entstandenen Rechte des B e - klagten konnten nicht allein infolge der dem Geschäftsführer der Klägerin nachträglich von der Sparkasse eingeräumten Haftungsbegrenzung erlöschen. b) Eine vom Regelfall der §§ 769, 426 Abs. 1 BGB abweichende G e - staltung des Innenverhältnisses kann sich jedoch aus einer Vereinbarung unter - 8 - den Mitbürgen, einem sonstigen aus ihrer Rechtsbeziehung folgenden Grunde oder auch aus der Natur der Sache ergeben (Senatsurt. v. 4. Juni 1987, aaO S. 3129; v. 11. Juni 1992, aaO S. 2287). In dieser Hinsicht hat das Berufung s - gericht das Vorbringen der Klägerin nicht hinreichend ausgewertet. Diese hat vorgetr agen, der Beklagte habe damals das von der Sparka s - se eingeräumte Kreditlimit von 150.000 DM häufig in erheblicher Weise übe r - zogen. Der Geschäftsführer der Klägerin habe deshalb den Beklagten vera n - laßt, das Konto wieder unter die vereinbarte Kreditlinie zurückzuführen, und, als dies gelungen sei, am 18. März 1993 bei der Gläubigerin eine Beschrä n - kung seiner Haftung auf 150.000 DM erreichen können. Dies alles sei zuvor bei den wöchentlichen Besprechungen mit dem Beklagten erörtert worden, in der erklärten Absicht, das Risiko des Zedenten auf 150.000 DM zu begrenzen. Der Beklagte habe gegen diese Absichten keine Einwendungen erhoben. Trifft diese Darstellung zu, kann daraus eine nachträgliche Beschrä n - kung der Haftung des Zedenten auch im Innenverhältnis auf 150.000 DM fo l - gen. Eine solche Möglichkeit läßt sich nicht allein mit dem Hinweis darauf au s - schließen, der Zedent sei in der Gesellschaft für die kaufmännischen, der B e - klagte dagegen für die technischen Aufgaben zuständig gewesen. Da nur der Beklagte als Geschäftsführer neue Verbindlichkeiten ohne Zustimmung des Mitgesellschafters begründen konnte, erscheint es auf der Grundlage der Da r - stellung der Klägerin möglich, daß das geschäftliche Risiko des Zedenten nicht nur der Gläubigerin gegenüber, sondern auch im Innenverhältnis eing e - schränkt werden sollte. Die Frage bedarf erneuter tatrichterlicher Würdigung; zudem wird das Berufungsgericht den von der Klägerin zum Beweis ihrer Da r - stellung benannten Zeugen vernehmen müssen. - 9 - c) Wirkt die Beschränkung der Haftun g im Innenverhältnis, ist der Au s - gleich unter den Mitbürgen nach dem Verhältnis der einzelnen Höchstbeträge vorzunehmen (BGHZ 137, 292, 297). Da der Beklagte für die Gesamtforderung haftet, lautet dieses Verhältnis 386.800,04 : 150.000. Der danach auf den Z e - denten entfallende Anteil beträgt 27,94335 % des Gläubigeranspruchs = 108.084,89 DM. In diesem Falle wäre also ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 41.915,11 DM auf die Klägerin im Wege der Zession übergegangen. II. 1. Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe keine Forderung für Arbeiten an der Kläranlage St. gegen den Beklagten zu. Insoweit kämen nur Ansprüche gegen die vom Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten gegründete GmbH in Betracht. Dies ergebe sich aus dem Nachunternehme r - vertrag, den der Beklagte am 7. März 1992 mit der GmbH geschlossen habe. 2. Diese Erwägungen sind von Rechtsirrtum beeinflußt, weil das Ber u - fungsgericht ein Geständnis des Beklagten, selbst Vertragspartner der Klägerin geworden zu sein, mit rechtlich nicht haltbarer Begründung verneint hat. a) Der Beklagte hat in der Klageerwiderung erklärt, bezüglich der Klä r - anlage St. sei ein konkreter Nachunternehmervertrag zwischen ihm und der Klägerin vereinbart worden. Diesen Vertrag, der den Beklagten als Hauptu n - ternehmer und die Klägerin als Nachunternehmer bezeichnet, hat er zugleich in - 10 - Kopie vorgelegt und sich auf dessen Inhalt bezogen. Mit dieser Darstellung hat der Beklagte den Klagevortrag, er selbst habe der Klägerin den Auftrag erteilt, in klarer und zweifelsfreier Weise bestätigt. Weiterer Ausführungen bedurfte es dazu nicht. Im Termin vom 25. Ok tober 1996 haben die Parteivertreter unter Bezugnahme auf ihre Schriftsätze verhandelt. Damit war die Auftragsvergabe an die Klägerin durch den Beklagten in bindender Form zugestanden (§ 288 ZPO). b) Dieses Geständnis hat auf der für die revisionsrechtliche Prüfung maßgeblichen Tatsachenbasis nicht gemäß § 290 ZPO seine Wirkung verl o - ren. Der Beklagte hat zwar im Laufe des Rechtsstreits behauptet, die Darste l - lung in der Klageerwiderung beruhe auf einem Irrtum. Er hat jedoch keine Ta t - sachen vorgetragen, aus denen sich eine unbewußte Unkenntnis des ange b - lich wahren Sachverhalts zum maßgeblichen Zeitpunkt entnehmen läßt. Bleibt das Geständnis wirksam, wird sich das Berufungsgericht mit den gegen die Forderung selbst erhobenen Einwendungen zu befassen haben. - 11 - III. Der Rechtsstreit ist daher insgesamt zur erneuten Verhandlung und En t - scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

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