III ZR 183/99 - III. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
III ZR 183/99 - III. Zivilsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 183/99 Verkündet am: 14. September 2000 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ------------------------------------ EinigVtr Art. 21 Zur Passivlegitimation für einen Anspruch auf eine "steckengebliebene Entschädigung" wegen einer Enteignung nach dem DDR-Aufbaugesetz. BGH, Urteil vom 14. September 2000 - III ZR 183/99 - OLG Naumburg LG Magdeburg - 2 - Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Schlick, Dörr und Galke für Recht erkannt: Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Das beklagte Land hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand Die Klägerinnen sind kraft zweifachen Erbgangs Rechtsnachfolgerinnen des im Jahre 1951 verstorbenen J. G. Dieser war Eigentümer des Grundstücks W.-R.-Straße in M. Dieses Grundstück wurde nach dem Aufbaugesetz der DDR mit Wirkung vom 1. Januar 1956 für die Errichtung der Hochschule für Schwermaschinenbau in Anspruch genommen und später in Volkseigentum überführt. Für die Enteignung wurde mit Feststellungsbescheid vom 7. Juni 1966 eine Entschädigung in Höhe von 25.500 Mark der DDR festgesetzt, die jedoch nicht zur Auszahlung gelangte; insoweit wurde auch keine Einze l - schuldbuchforderung begründet. Das Grundstück steht inzwischen im Eigentum des beklagten Landes und dient der Universität M. Ein Antrag der Klägerinnen auf Rückübertragung bzw. Entschädigung nach dem Vermögensgesetz wegen des Verlustes des Eigentums an dem Grundstück wurde durch bestandskräftig gewordenen Bescheid der Lande s - hauptstadt M., Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, vom 16. Januar 1997 zurückgewiesen. Die Klägerinnen nehmen nunmehr das beklagte Land auf Auszahlung der im Verhältnis 2:1 umgestellten Entschädigung, d.h. in Höhe von 12.750 DM, in Anspruch. - 4 - Das beklagte Land meint, Schuldnerin eines etwaigen Entschädigung s - anspruchs sei die Bundesrepublik Deutschland. Die Vorinstanzen haben das beklagte Land antragsge mäß verurteilt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt es seinen Klageabweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. 1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die hier in Rede stehende Enteignung nicht den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 VermG u n - terfällt. Vielmehr war die Enteignung nach dem Recht der ehemaligen DDR rechtmäßig gewesen. Diese Rechtmäßigkeit wird nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs insbesondere nicht dadurch in Frage gestellt, daß den Berechtigten im Einze l - fall die festgesetzte Entschädigung tatsächlich nicht zugeflossen ist (BVerwGE 95, 284 und 289 = NJW 1994, 2105, 2106; BGHZ 129, 112, 114 f; Senatsurteil vom 16. Oktober 1997 - III ZR 176/96 = NJW 1998, 222, 224). Da auch die sonstigen in § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem G e - setz zur Regelung offener Vermögensfragen vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2624, ber. BGBl. 1995 I S. 110 - Entschädigungsgesetz - E ntschG) g e - nannten Ansprüche nicht in Betracht kommen, scheidet eine Eintrittspflicht des Entschädigungsfonds aus. - 5 - 2. Ebensowenig besteht ein Anspruch gegen den Erblastentilgungsfonds nach §§ 1, 2 des Gesetzes über die Errichtung eines Erblastentilgungsfonds i.d.F. d. Bek. v. 16. August 1999 (BGBl. I S. 1883 - Erblastentilgungsfonds- Gesetz - ELFG) i.V.m. §§ 1, 2, 7 des Gesetzes zur Behandlung von Schul d - buchforderungen gegen die ehemalige Deutsche Demokratische Republik vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 263 4 - DDR-Schuldbuchbereinigungsgesetz - SchuldBBerG). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Schuldbuchberein i - gungsgesetzes wäre gewesen, daß wegen der hier in Rede stehenden En t - schädigung eine Schuldbuchforderung gegen die Deutsche Demokratische Republik nach § 14 Abs. 2 des DDR-Entschädigungsgesetzes vom 25. April 1960 (GBl.-DDR I S. 257) i.V.m. der Verordnung über die Schuldbuchordnung für die Deutsche Demokratische Republik vom 2. August 1951 (GBl.-DDR I S. 723) begründet worden wäre. Hierzu wäre indess en eine Eintragung in das Schuldbuch erforderlich gewesen, mit der der Gläubiger einen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen die DDR als Schuldnerin erworben hätte (§ 3 Abs. 3 SchuldbuchO). Diese Eintragung war zwar in Ziff. 7 des Feststellungsbesche i - des vom 7. Juni 1966 vorgesehen gewesen, ist jedoch unstreitig nicht zustande gekommen. Nachdem der Versuch des Bundesrates aus dem Jahre 1998, durch Schaffung eines neuen § 1 c VZOG auch die Erfüllung "steckengebli e - bener Entschädigungen" an den Erblastentilgungsfonds zu verweisen, g e - scheitert ist (vgl. BT-Drucks. 13/9719; dazu: Rodenbach, NJW 1999, 1425, 1429), fehlt es für die Inanspruchnahme des Erblastentilgungsfonds hinsich t - lich solcher Ansprüche, die inhaltlich erst auf Begründung einer Schuldbuc h - forderung gerichtet waren, an einer Rechtsgrundlage. - 6 - 3. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß das enteignete Grundstück zum Verwaltungsvermögen des beklagten Landes i.S.v. Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 EinigV gehört. a) Der Begriff des Verwaltungsvermögens wird in Art. 21 EinigV grun d - sätzlich in dem im deutschen Verwaltungsrecht herkömmlichen Verständnis verwendet. Verwaltungsvermögen in diesem Sinne dient durch seine Zweckb e - stimmung und seinen Gebrauch unmittelbar der öffentlichen Verwaltung. Für die Zuordnung eines Vermögensgegenstandes zum Verwaltungsvermögen muß in der Regel eine entsprechende Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 vorgelegen und noch am 3. Oktober 1990 bestanden haben. Welcher Verwa l - tungsträger das Verwaltungsvermögen erhält, richtet sich nach der Zweckb e - stimmung des Vermögensgegenstandes am 1. Oktober 1989 (Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EinigV; vgl. BGHZ 128, 393, 396 f mit zahlreichen w.Nachw.). b) Zu den unmittelbaren Verwaltungsaufgaben im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EinigV gehört auch das staatliche Hochschulwesen. Nach den rechtsfehlerfreien tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Berufung s - gerichtes waren die mit der Errichtung, dem Ausbau und der Unterhaltung der hier in Rede stehenden Hochschule in M. zusammenhängenden Verwaltung s - aufgaben solche, die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland in die Zuständigkeit der Länder fielen. Dementsprechend ist es unstreitig, daß die Hochschule, zu deren Ausbau das enteignete Grundstück diente, in der Tr ä - gerschaft des beklagten Landes steht und dieses auch Eigentümer des Grun d - stücks ist. - 7 - c) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß zum Verwaltungsvermögen i.S.d. Art. 21 EinigV auch Verbindlichkeiten geh ö - ren, sofern sie mit dem übernommenen Aktivvermögen in einem engen, unmi t - telbaren Zusammenhang stehen (BGHZ 128, 393, 399 f mit zahlr. w.Nachw.). Der hiernach erforderliche enge Bezug des Vermögens zu bestimmten Ve r - waltungsaufgaben gilt auch für die Passiva (BGH aaO S. 400). Dieser Zusa m - menhang ist hier zu bejahen. Die Enteignungsentschädigung ist das Äquivalent für das dem Eigentümer entzogene Eigentum. Diesem Zweck dient auch der Feststellungsbescheid vom 7. Juni 1966. In diesem Sinne hat auch die Bu n - desregierung zu dem vom Bundesrat geplanten neuen § 1 c V ZOG (siehe oben) Stellung genommen (BT-Drucks. 13/9719 S. 47): Die unmittelbare rech t - liche und wirtschaftliche Verbindung zwischen dem enteigneten Grundstück und der hierfür zu zahlenden Entschädigung nach dem Recht der DDR ergebe sich aus dem Umstand, daß der Enteignungsbegünstigte regelmäßig den En t - schädigungsbetrag aufzubringen gehabt habe. Nur wenn er diesen während des Bestehens der DDR an den Staatshaushalt der DDR abgeführt habe, hafte hierfür jetzt der Entschädigungsfonds, der auch in bezug auf bestimmte, für dem Staatshaushalt der DDR zustehende Forderungen als Sammelbecken g e - dient habe. - Hierdurch wird ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem vom beklagten Land übernommenen Grundstück und der noch offenen En t - schädigungsforderung begründet. Entschädigungspflichtig ist nach allgeme i - nen enteignungsrechtlichen Grundsätzen der Begünstigte, d.h. derjenige Ve r - waltungsträger, dessen Aufgaben mit dem Eingriff wahrgenommen werden (Ossenbühl, Staatshaftungsrecht 5. Aufl. 1998 S. 212 m.w.Nachw.). Demen t - sprechend wird auch im Schrifttum die Auffassung vertreten, daß der Anspruch sich gegen denjenigen richtet, dem der enteignete Vermögenswert zugeordnet - 8 - worden ist (Fieberg/Reichenbach/Neuhaus VermG Loseblattausgabe Stand 1999 § 1 Rdn. 45). d) Hiergegen kann nicht eingewendet werden, daß sich der Anspruch bereits mit seiner Festsetzung, also noch vor der etwaigen Begründung einer entsprechenden Schuldbuchforderung, verselbständigt habe und den Verbin d - lichkeiten des Zentralstaates DDR zuzuordnen sei. Die Aufteilung des Verwa l - tungsvermögens der DDR auf unterschiedliche öffentliche Rechtsträger ist eine notwendige Folge der Umwandlung von einer zentralstaatlichen in eine bu n - desstaatliche Ordnung, die sowohl vom Einigungsvertrag als auch vom Grun d - gesetz (Art. 135 a Abs. 2 GG) vorhergesehen und hingenommen worden ist. Deswegen scheitert die Passivlegitimation des beklagten Landes auch nicht daran, daß dieses selbst zum Stichzeitpunkt (1. Oktober 1989) als Rechtssu b - jekt überhaupt noch nicht existierte. Soweit den Ausführungen von Wilhelms (VIZ 1997, 325, 327) eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde liegen sollte, kann ihr nicht gefolgt werden. 4. Das Berufungsgericht prüft - und verneint - sodann die Frage, ob die Entschädigungsforderung nach dem Recht der DDR verjährt sei. Auch hierg e - gen wendet sich die Revision. Eine Sachprüfung der materiell-rechtlichen Ve r - jährungsvoraussetzungen nach §§ 472 ff ZGB-DDR i.V.m. § 11 EGZGB ist im vorliegenden Fall indessen ausgeschlossen. Denn auch die nach dem Recht der DDR bereits eingetretene Verjährung ist in einem Rechtsstreit um den A n - spruch nach dem 3. Oktober 1990 nicht mehr von Amts wegen zu berücksicht i - gen (BGHZ 122, 308). Vielmehr darf eine Klageabweisung aufgrund des Ei n - tritts der Verjährung nur dann ausgesprochen werden, wenn der Schuldner die entsprechende Einrede erhoben hat. Dies ist indessen, wie das Berufungsg e - - 9 - richt rechtsfehlerfrei - und auch von der Revision nicht angegriffen - feststellt, in den Vorinstanzen nicht geschehen. Der gegen die Verneinung der Verjä h - rung gerichtete Revisionsangriff enthält also in der Sache die erstmalige Ge l - tendmachung dieser Einrede durch das beklagte Land. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch anerkannt, daß die Verjä h - rungseinrede in der Revisionsinstanz nicht erstmalig erhoben werden kann (so schon BGHZ 1, 234; siehe ferner Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. 1999 § 561 Rdn. 7). Rinne Wurm Schlick Dörr Galke

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