III ZB 28/00 - III. Zivilsenat
Karar Dilini Çevir:
III ZB 28/00 - III. Zivilsenat
BGHR: ja BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 28/00 vom 27. Juli 2000 in dem Rechtsstreit - 2 - Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke am 27. Juli 2000 beschlossen: Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. Mai 2000 - 10 U 2302/00 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Streitwert: 19.454,64 DM Gründe I. Die Klägerin hat gegen das am 17. Februar 2000 zugestellte klagea b - weisende Urteil des Landgerichts Berlin durch Telefax und durch gewöhnliches Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 15. März 2000 Berufung eing e - legt. Die Berufungsschriften sind versehentlich nicht an das Kammergericht, sondern an das Landgericht Berlin adressiert worden. Dort sind sie am 15. März 2000 eingegangen. Gemäß Aktenvermerk vom 20. März 2000 ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin oder dessen Büro von seiten des Lan d - - 3 - gerichts Berlin fernmündlich mitgeteilt worden, daß die Berufung beim Ka m - mergericht eingelegt werden müsse. Das Landgericht Berlin hat die Berufung s - schriften an das Kammergericht weitergeleitet, wo sie am 21. März 2000 (T e - lefax) und am 22. März 2000 (Brie f) eingegangen sind. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 17. April 2000, dem Prozeßbevol l - mächtigten der Klägerin am 26. April 2000 zugegangen, hat das Kammerg e - richt darauf hingewiesen, daß die Berufung verspätet eingegangen sei, und gefragt, ob das Rechtsmittel zurückgenommen werde. Einem Gesuch des Pr o - zeßbevollmächtigten der Klägerin vom 25. April 2000, die Frist zur Begründung der Berufung zu verlängern, ist mit Verfügung des Vorsitzenden vom 26. April 2000 - unter Hinweis auf die Anfrage vom 17. April 2 000 - stattgegeben wo r - den. Mit Beschluß vom 18. Mai 2000 hat das Kammergericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil sie die Berufung nicht innerhalb eines Monats seit Zustellung des angefochtenen Urteils eingelegt habe. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin. Sie räumt ein, daß die B e - rufung verspätet eingelegt worden sei. Unter anderem weil die Berliner Justiz ihre Fax-Nummern umgestellt habe, sei die Berufungsschrift versehentlich an das Landgericht übermittelt worden. Erst mit Zugang der Verfügung des Vorsi t - zenden vom 17. April 2000 am 26. April 2000 habe ihr Prozeßbevollmächtigter Kenntnis von der Verspätung der Berufungseinlegung erhalten. Am Tag zuvor (25. April 2000) habe ihr Prozeßbevollmächtigter beantragt, die Frist zur B e - gründung der Berufung zu verlängern. Insoweit habe er die Bewilligung der Fristverlängerung vom 26. April 2000 nur so verstehen können, "daß in Kenn t - - 4 - nis der möglichen Verletzung der Berufungsfrist trotzdem eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist möglich und wirksam sei". Ferner habe sie nicht davon ausgehen können, daß eine fehlerhaft beim Landgericht eingereichte Berufung, die offensichtlich beim Kammergericht h a - be eingelegt werden sollen, vier Werktage benötige, um dort einzugehen. Z u - mindest habe ihr Prozeßbevollmächtigter einen zeitnahen telefonischen Hi n - weis erwarten dürfen. II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Kammergericht hat die Berufung zutreffend als unzulässig verworfen. 1. Die Klägerin hat die Berufun g nicht innerhalb der Berufungsfrist bei dem gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 3 GVG zuständigen Berufungsgericht eingelegt. Gegen das am 17. Februar 2000 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin hätte die Klägerin binnen eines Monats (vgl. § 516 ZPO), also spät e - stens am 17. März 2000, durch Einreichung einer Berufungsschrift beim Ka m - mergericht (vgl. § 518 Abs. 1 ZPO) Berufung einlegen müssen. Für das Ende der Berufungsfrist hatte die vom Vorsitzenden bewilligte Verlängerung der B e - rufungsbegründungsfrist keine Bedeutung. Bei dem Kammergericht ist die Berufungsschrift unstreitig nicht fristg e - recht eingegangen. Die am 15. März 2000, noch innerhalb der Frist, bei dem - 5 - Landgericht Berlin eingegangene Berufung konnte die Berufungsfrist nicht wahren. Der Schriftsatz war an das Landgericht Berlin adressiert, wurde de s - halb bei der Gemeinsamen Briefannahme Justizbehörden Mitte - der das Kammergericht nicht angeschlossen war - nur für das Landgericht Berlin ang e - nommen und gelangte allein in dessen Verfügungsgewalt (vgl. Senatsb e - schlüsse vom 14. Juli 1987 - III ZB 20/87 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Ber u - fungsgericht 3 und vom 29. Oktober 1987 - III ZB 33/87 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Berufungsgericht 5). Das Landgericht Berlin war aber nicht zuständig. Der an ein unzuständiges Gericht adressierte Schriftsatz geht erst dann beim zuständigen Gericht ein, wenn er nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt. Da das Gesetz nur auf den tatsächlichen Vorgang des Ei n - gangs abhebt, kommt es für die Rechtzeitigkeit des Eingangs nicht darauf an, aus welchen - außerhalb des anzurufenden Gerichts gelegenen - Gründen sich der Eingang verzögert (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 1987 und 29. Okt o - ber 1987 aaO). In die tatsächliche Verfügungsgewalt des als Berufungsgericht zuständ i - gen Kammergerichts gelangte die Berufungsschrift erst nach Ablauf der Ber u - fungsfrist am 17. März 2000. Die per Telefax zum Landgericht Berlin eingelegte und von dort weitergeleitete Berufung ging am 21. März 2000 bei der Gemei n - samen Briefannahme Elßholzstraße, der das Kammergericht angeschlossen war, ein; die brieflich eingelegte Berufung ging am 22. März 2000, also ebe n - falls verspätet, bei dem Kammergericht ein. Das wird von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. - 6 - 2. Der angefochtene Beschluß ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. a) Im Zeitpunkt der Beschlußfassung (18. Mai 2000) lag ein Wiederei n - setzungsgesuch der Klägerin, mit dem sich das Kammergericht hätte befassen müssen, nicht vor. In dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vom 25. April 2000 kann ein - stillschweigender - Wiedereinsetzungsantrag nicht gesehen werden, weil der Klägerin und deren Prozeßbevollmächtigten damals das Bewußtsein fehlte, die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt zu haben (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1968 - VIII ZR 123/66 - VersR 1968, 992 f). Nach dem Vorbringen der Klägerin erlangte ihr Prozeßbevollmächtigter erst am 26. April 2000, also nach dem Schriftsatz vom 25. April 2000, mit dem er um Ve r - längerung der Berufungsbegründungsfrist nachsuchte, Kenntnis von einer möglichen Versäumung der Berufungsfrist. Dieser Schriftsatz war nicht als Wiedereinsetzungsantrag bestimmt. b) Das Kammergericht hatte keine Veranlassung, der Klägerin von Amts wegen Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist zu gewähren (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO). Es ist auch kein Fall gegeben, in dem der S e - nat im Rahmen des bei ihm anhängigen Verfahrens der sofortigen Beschwerde gegen den Verwerfungsbeschluß (§ 519 b Abs. 2 ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81 - NJW 1982, 887 f; vom 4. November 1981 - IVb ZB 625/80 - NJW 1982, 1873, 1874; vom 9. Juli 1985 - VI ZB 8/85 - NJW 1985, 2650, 2651; Musielak/Ball, ZPO 1999 § 519 b Rn. 18). Denn nach dem Akte n - stand bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin - die sich das Ve r - - 7 - schulden ihres Prozeßbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß - die Frist unversch uldet versäumt hatte. aa) Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin trug die Verantwortung d a - für, daß eine fristwahrende Prozeßhandlung vor dem zuständigen Gericht e r - folgte. Er verletzte seine Pflichten dadurch, daß er die Berufungsschrift nicht auf die richtige Adressierung hin überprüfte und entsprechend berichtigte. In s - besondere hätte ihm auffallen können, daß die Berufungsschrift entgegen § 518 Abs. 1 ZPO an das Gericht gerichtet war, dessen Entscheidung ang e - fochten werden sollte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1995 - VII ZR 8/95 - NJW-RR 1996, 443 und Beschluß vom 18. April 2000 - XI ZB 1/00, zur Verö f - fentlichung bestimmt ). bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs "wirkt sich ein etwaiges Verschulden der Partei oder ihres Prozeßbevollmächtigten nicht mehr aus", wenn der fristgebundene Schriftsatz so zeitig bei dem "mit der Sache befaßt gewesenen Gericht" eingeht, daß die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen G e - schäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann. Geht der Schriftsatz gleic h - wohl nicht fristgerecht beim Rechtsmittelgericht ein, muß nach dieser Rech t - sprechung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon gewährt werden, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht (BVerfG NJW 1995, 3173, 3175; BGH, Urteil vom 12. Oktober 1995 aaO; vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97 - NJW 1998, 908; Beschluß vom 18. Apr il 2000 aaO). - 8 - Hier war indes nicht ohne weiteres zu erwarten, daß die von dem Pr o - zeßbevollmächtigten der Klägerin beim unzuständigen Landgericht Berlin ei n - gereichte Berufungsschrift bei ordentlichem Geschäftsgang spätestens am 17. März 2000 dem Kammergericht vorliegen würde. Die Berufungsschrift ging auf dem Telefaxgerät des Landgerichts Berlin am 15. März 2000, 17.56 Uhr, ein. Von dort gelangte sie am folgenden Tag (16. März 2000) zur Gemeinsamen Briefannahme Justizbehörden Mitte. Diese gab den Schriftsatz weiter an das Landgericht Berlin, wo er bei der zuständigen Geschäftsstelle am Freitag, dem 17. März 2000, dem Tag des Ablaufs der B e - rufungsfrist, eintraf. Die Geschäftsstelle leitete die Berufungsschrift weiter an das Kammergericht, wo sie am Dienstag, dem 21. März 2000, über die G e - meinsame Briefannahme Elßholzstraße einging. Laut Aktenvermerk vom 20. März 2000 wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin oder dessen Büro fernmündlich mitgeteilt, daß die Berufung beim Kammergericht eingelegt we r - den müsse. Auch die zusätzlich brieflich eingelegte Berufung wurde im ordentlichen Geschäftsgang bearbeitet. Laut Eingangsstempel wurde sie am 15. März 2000 bei dem Landgericht Berlin eingereicht und gelangte über die Gemeinsame Briefannahme Justizbehörden Mitte (Eingang Freitag, den 17. März 2000), am Montag, dem 20. März 2000, an die zuständige Geschäftsstelle. Nach Weite r - leitung durch das Landgericht Berlin ging die Berufungsschrift am 22. März 2000 über die Gemeinsame Briefannahme Elßholzstraße dem Kammergericht zu. - 9 - Der für die Übermittlung der Berufungsschriften an das Kammergericht benötigte Zeitaufwand entsprach somit demjenigen einer ordnungsgemäßen Sachbehandlung und fiel damit in den Risikobereich der für die fehlerhafte Adressierung verantwortlichen Klägerin. Wurm Streck Schlick Kapsa Galke

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