EUR-Lex -  61996CC0050 - DE - Verbundene Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas vom 8
Karar Dilini Çevir:
EUR-Lex -  61996CC0050 - DE - Verbundene Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas vom 8

Schlußanträge des Generalanwalts

I - Einleitung
1 Mit einer Reihe von Vorabentscheidungsfragen ersuchen das Landesarbeitsgericht Hamburg (in der Rechtssache C-50/96 und in den verbundenen Rechtssachen C-234/96 und C-235/96) und das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (in den verbundenen Rechtssachen C-270/97 und C-271/97) den Gerichtshof um Auslegung des Artikels 119 EG-Vertrag, des Urteils des Gerichtshofes vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88, Barber(1), und des Protokolls (Nr. 2) zu Artikel 119 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, das dem Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 beigefügt wurde.
2 Die Streitigkeiten vor den nationalen Gerichten entstanden zwischen den Klägerinnen, die seit Jahren bei dem früher einheitlichen Unternehmen Deutsche Bundespost Telekom teilzeitbeschäftigt waren, zum einen und den Gesellschaften, die aus der Aufspaltung des oben genannten Unternehmens hervorgingen, d. h. der Deutschen Telekom AG (in den ersten drei Rechtssachen) und der Deutschen Post AG (in den beiden letztgenannten Rechtssachen). Die Streitigkeit ist darauf zurückzuführen, daß Teilzeitbeschäftigte der oben genannten Gesellschaften wie die Klägerinnen in dem hier maßgeblichen Zeitraum von der Versicherung und von den Leistungen ausgeschlossen waren, die das betriebliche Rentensystem dieser Gesellschaften gewährt, bei dem nur die Vollzeitbeschäftigten versichert waren.
3 Die Vorlagen werfen grundsätzlich die Frage auf, ob die streitigen Fälle eine gegen Artikel 119 des Vertrages verstoßende Diskriminierung der weiblichen gegenüber den männlichen Arbeitnehmern ausmachen, ob die zeitliche Beschränkung der Möglichkeit der Betroffenen, sich auf Artikel 119 des Vertrages zu berufen, die durch das Barber-Urteil und das Barber-Protokoll eingeführt worden ist, auch die streitigen Fälle erfaßt und ob das Gemeinschaftsrecht unter dieser Annahme etwaigen günstigeren nationalen Vorschriften vorgeht, die den Betroffenen Rechte auch für die Zeit vor dem Barber-Urteil und dem Barber-Protokoll einräumt.
4 Da die gestellten Fragen allen Rechtssachen vom Grundsatz her gemeinsam sind, werde ich sie zur Vermeidung von Wiederholungen in einem einheitlichen Text behandeln, wobei ich dort, wo es erforderlich ist, auf die Unterschiede hinweisen werde.
II - Der gemeinschaftsrechtliche Rahmen
5 Artikel 119 des Vertrages, in dem der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen niedergelegt ist, bestimmt: "... Unter $Entgelt` im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar und unmittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt."
6 Dieser Artikel wurde durch die Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen(2) konkretisiert.
7 Außerdem wurde der Gleichbehandlungsgrundsaatz durch die Ratsrichtlinien 79/7/EWG vom 19. Dezember 1978 und 86/378/EWG vom 24. Juli 1986(3) auf die gesetzlichen bzw. betrieblichen Systeme der sozialen Sicherheit angewendet.
8 Das Protokoll (Nr. 2) zu Artikel 119 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, das diesem Vertrag beigefügt ist, bestimmt: "Im Sinne des Artikels 119 gelten Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit nicht als Entgelt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben." Gemäß Artikel 239 des Vertrages ist das Protokoll Bestandteil des Vertrages.
III - Der nationale rechtliche Rahmen
A - Die nationalen Vorschriften
9 Artikel 3 des Grundgesetzes bestimmt u. a., daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind (Absatz 1), daß Männer und Frauen gleichberechtigt sind (Absatz 2) und daß niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden darf (Absatz 3).
10 § 612 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)(4) sieht folgendes vor:
"Bei einem Arbeitsverhältnis darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts. Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung wird nicht dadurch gerechtfertigt, daß wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers besondere Schutzvorschriften gelten ..."
11 Außerdem bestimmt das Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung von 1985 (BeschFG) in den §§ 2 und 6, die Fragen der Teilzeitarbeit regeln, folgendes:
"§ 2 Verbot der unterschiedlichen Behandlung
(1) Der Arbeitgeber darf einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.
... § 6 Vorrang des Tarifvertrags
(1) Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann auch zuungunsten des Arbeitnehmers durch Tarifvertrag abgewichen werden..."
12 Für die Versicherung der Arbeiter des früheren Unternehmens Deutsche Bundespost gilt folgendes. Nach § 24 des Tarifvertrags für Arbeiter der Deutschen Bundespost (im folgenden: Tarifvertrag) sind Arbeiter der Deutschen Telekom und der Deutschen Bundespost bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) nach Maßgabe des Tarifvertrags über die Versorgung der Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost (im folgenden: Versorgungstarifvertrag) in der jeweils geltenden Fassung zu versichern.
13 § 3 des Versorgungstarifvertrags sah in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung vor, daß der Arbeiter bei der VAP zu versichern ist, wenn - u. a. -
"seine arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche Wochenarbeitszeit mindestens die Hälfte der jeweils geltenden regelmäßigen Wochenarbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt" (Buchstabe b).
14 In der Folge wurde dieser § 3 durch den Tarifvertrag Nr. 394 vom 6. Dezember 1989 rückwirkend dahingehend geändert, daß ab dem 1. Januar 1988 eine Versicherungspflicht besteht, wenn die durchschnittliche Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers mindestens 18 Stunden beträgt.
15 Diese Vorschrift wurde erneut dahingehend geändert, daß Arbeitnehmer bei der VAP versichert sind, wenn sie im Sinne des § 8 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches IV nicht nur "geringfügig" beschäftigt sind.
B - Die Rechtsprechung der nationalen Gerichte
16 Vor dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Barber haben sich anscheinend keine Fragen ergeben, was insbesondere die Gültigkeit der zitierten Versicherungsvorschriften angeht, und zwar weder in Verbindung mit der deutschen Verfassung noch in bezug auf das Gemeinschaftsrecht.
17 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß - wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen in der Rechtssache C-50/96 ausführt - das Bundesarbeitsgericht bereits in seinem Urteil vom 14. Oktober 1986 (3 AZR 66/83) entschieden hat, daß eine Benachteiligung weiblicher Teilzeitbeschäftigter, was den Bezug einer unter Artikel 119 des Vertrages fallenden Vergütung angeht, (auch) aufgrund von Artikel 3 Absatz 2 der deutschen Verfassung verboten ist, in dem die Gleichheit von Männern und Frauen vor dem Gesetz niedergelegt ist und der seit 1949 gilt. Außerdem ist nach demselben Urteil eine zeitliche Beschränkung der Ansprüche der Betroffenen weder gerechtfertigt noch notwendig(5) (siehe in diesem Sinne auch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. November 1990 [3 AZR 613/89]).
18 Nach der späteren Rechtsprechung dieses Gerichts, bei der es sich bereits um eine feststehende Rechtsprechung handelt, wird die Ablehnung der unterschiedlichen Behandlung der Teilzeit- und der Vollzeitarbeitnehmer und insbesondere der Ausschluß von der Versicherung bei der VAP mehr auf den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gestützt, der aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unabhängig von dem Geschlecht der betroffenen Person und unabhängig von dem prozentualen Anteil der Männer und Frauen hervorgeht (siehe z. B. das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Januar 1996, 3 AZR 767/94). Außerdem stellt sich nach derselben Rechtsprechung - da die letztgenannte Verfassungsvorschrift die Streitfrage in vollem Umfang regelt und vor dem Artikel 119 des Vertrages erlassen worden ist - weder die Frage nach der Berufung auf Artikel 119 noch demzufolge die Frage nach der Anwendung der zeitlichen Beschränkung der Wirkung des Barber-Urteils und des Barber-Protokolls, das mit diesem Artikel zusammenhängt.
19 Die Folge dieses Verstoßes besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darin, daß die Vorschriften des Tarifvertrags, nach der die Teilzeitbeschäftigten von der Versicherung bei der VAP ausgenommen sind, gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verstoßen und folglich nicht anwendbar sind, während die übrigen Vorschriften des Tarifvertrags gültig bleiben, und daß die von der Versicherung ausgeschlossenen Arbeitnehmer folglich rückwirkend Ansprüche erwerben. Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, auf die sich die beklagte Gesellschaft (in einem Fall die Deutsche Telekom) einredeweise berufen hat, können den Anspruch der Arbeitnehmer auf rückwirkende Aufnahme in die Versicherung und die sich daraus ergebenden Folgen nicht zunichte machen. Die zusätzlichen Kosten, die sich für die Gesellschaft ergeben und die sich auf 40 bis 50 Millionen DM belaufen, könnten aus anderen Quellen gedeckt werden, wie aus dem Kapitalmarkt oder aus Rücklagen(6).
IV - Sachverhalt
A) - Das Dienstverhältnis der Klägerinnen und das Verfahren vor dem Arbeitsgericht
a) in der Rechtssache C-50/96
20 Lilli Schröder wurde 1974 von dem Unternehmen Deutsche Bundespost Telekom eingestellt. Vom 20. Mai 1975 bis zum 31. März 1994, als sie in den Ruhestand trat, war sie mit weniger als 18 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt. Von 1975 bis zum 31. März 1991 war die Klägerin nicht bei der VAP versichert. Nach der letzten oben wiedergegebenen Änderung des Versorgungstarifvertrags war sie jedoch seit dem 1. April 1991 bei der VAP versichert. Seit dem 1. April 1994 bezieht sie die gesetzliche Altersrente.
21 Mit ihrer Klage beim Arbeitsgericht Hamburg machte die Klägerin geltend, daß sie Anspruch auf Pflichtversicherung bei der VAP rückwirkend ab 20. Mai 1975 habe, weil der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Versicherung bei der VAP eine mittelbare Diskriminierung von Frauen darstelle, die zum einen gegen Artikel 119 des Vertrages und zum anderen gegen Artikel 3 des Grundgesetzes und § 2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes (BeschFG) verstoße.
Dieses Vorbringen stützte die Klägerin darauf, daß nach den vorgelegten Angaben 1991 von den 240 339 Vollzeitbeschäftigten der Beklagten 169 477 (d. h. 70,5 %) Männer waren, während 70 861 (d. h. 29,5 %) Frauen waren; dagegen waren von den insgesamt 11 521 Teilzeitbeschäftigten 560 (d. h. 5 %) Männer, während 10 931 (d. h. 95 %) Frauen waren.
In Anbetracht dessen beantragte die Klägerin, die Deutsche Telekom (Beklagte) zu verpflichten, ihr beginnend mit dem 1. April 1994 eine zusätzliche Rente in der Höhe zu zahlen, die zu zahlen wäre, wenn sie in der Zeit vom 20. Mai 1975 bis zum 31. März 1991 bei der VAP versichert gewesen wäre. Hilfsweise hat die Klägerin beantragt, sie ab dem letztgenannten Datum auf Kosten der Beklagten nachzuversichern und weiter hilfsweise, ihr Schadensersatz für die Zeit zu zahlen, in der sie nicht versichert worden ist.
b) In den verbundenen Rechtssachen C-234/96 und C-235/96
22 Agnes Vick (Klägerin in der Rechtssache C-234/96) wurde am 1. Juli 1971 bei der Deutschen Bundespost eingestellt. Bis zum 30. September 1972 arbeitete sie als Vollzeitbeschäftigte und war bei der VAP versichert. Ab 1. Oktober 1972 war sie mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 Stunden teilzeitbeschäftigt. Aus diesem Grund wurde sie bei der VAP abgemeldet, und es wurden ihr die gezahlten Versicherungsbeiträge ausbezahlt. Von dem oben genannten Datum an bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst am 30. Juni 1991 war sie nicht bei der VAP versichert. Seit 1. August 1991 bezieht die Klägerin die gesetzliche Altersrente.
Mit ihrer Klage beim Arbeitsgericht Hamburg hat sie in ähnlicher Form die Feststellung beantragt, daß sie Anspruch auf eine monatliche Rente in der Höhe hat, die ihr zustehen würde, wenn sie ab 1. Juni 1971 bei der VAP versichert gewesen wäre, nebst 4 % Zinsen ab jeweiliger Fälligkeit.
23 Ute Conze (Klägerin in der Rechtssache C-235/95) wurde am 13. September 1971 eingestellt. Bis zum 30. April 1972 war sie vollzeitbeschäftigt und bei der VAP versichert. Ab 1. Mai 1972 war sie mit einer Wochenarbeitszeit von 16 Stunden teilzeitbeschäftigt und wurde daher bei der Versicherung abgemeldet. Seit dem 1. April 1991 ist die Klägerin, die weiterhin arbeitet, wieder bei der VAP versichert.
24 Mit ihrer Klage beim Arbeitsgericht Hamburg hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, sie bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als sei sie vom 1. Januar 1983 bis zum 31. März 1991 bei der VAP versichert gewesen.
25 In beiden Fällen hat die Beklagte geltend gemacht, die rückwirkende Versicherung der Klägerinnen verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und gegen die Verfassungsgrundsätze der Vertragsfreiheit und der Koalitionsfreiheit. Außerdem hat die Beklagte vorgetragen, daß die etwaige Nachversicherung aller jeweiligen Beschäftigten ihren wirtschaftlichen Bestand gefährden würde.
Die Beklagte hat außerdem geltend gemacht, auf jeden Fall könne die etwaige Zuerkennung von Ansprüchen an die Klägerinnen nicht auf die Zeit vor dem 17. Mai 1990, dem Tag der Verkündung des Urteils des Gerichtshofes in der Rechtssache Barber(7), zurückwirken.
26 Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Klagen mit der Begründung stattgegeben, daß die objektiven Voraussetzungen vorlägen, die eine mittelbare Diskriminierung von Frauen begründeten. Das Verbot einer solchen Diskriminierung ergebe sich jedoch bereits aus Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes. Außerdem hat das erstinstanzliche Gericht festgestellt, daß kein Verfassungsgrundsatz die rückwirkende Zuerkennung von Ansprüchen an die Klägerinnen verbiete. Mit dieser Begründung hat das Arbeitsgericht entschieden, daß sich die Frage der Anwendung der zeitlichen Beschränkung, die im Urteil in der Rechtssache Barber vorgesehen sei, nicht stelle.
c) In den verbundenen Rechtssachen C-270/97 und C-271/97
27 Elisabeth Sievers (Klägerin in der Rechtssache C-270/97) wurde von der Beklagten am 16. September 1964 eingestellt und schied am 28. Februar 1988 mit Eintritt in den Ruhestand aus. Während dieses gesamten Zeitraums arbeitete sie als Teilzeitbeschäftigte mit einer zwischen 2,5 und 18 Stunden schwankenden Wochenarbeitszeit. Aufgrund ihrer Arbeitszeit war die Klägerin nicht bei der VAP versichert.
28 Im März 1993 erhob sie Klage beim Arbeitsgericht Hannover mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 1. März 1993 eine monatliche Rente so zu zahlen, als ob sie von Anfang an versichert gewesen wäre. Hilfsweise hat sie beantragt, sie für ihre gesamte Dienstzeit auf Kosten der Beklagten bei der VAP nachzuversichern, und weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr den durch die Nichtversicherung entstandenen Schaden zu ersetzen.
29 Vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin geltend gemacht, daß eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliege, während die Beklagte dieses Vorbringen zurückgewiesen und darüber hinaus geltend gemacht hat, daß die Ansprüche der Klägerin für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1991 verjährt seien.
30 Das Arbeitsgericht Hannover hat entschieden, daß die unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigungen als solche gegen § 2 Absatz 1 BeschFG und den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz verstoße; aufgrund dessen hat es dem Hauptantrag der Klägerin teilweise stattgegeben und ihr eine Rente ab 1. Januar 1991 zugesprochen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte beim vorlegenden Gericht Berufung eingelegt.
31 Brunhilde Schrage (Klägerin in der Rechtssache C-271/97) wurde 1960 eingestellt, arbeitete mit Unterbrechungen bis zum 1. Oktober 1981 und von da an ununterbrochen als Teilzeitbeschäftigte bis zum 31. März 1993. Mit ihrer Klage hat sie eine Rente ab dem letztgenannten Datum begehrt, so als wäre sie vom 1. Januar 1964 bis zum 31. März 1993 versichert gewesen; außerdem hat sie ähnliche Hilfsanträge wie Elisabeth Sievers gestellt.
32 Das Gericht hat dem Hauptantrag der Klägerin teilweise stattgegeben, Ansprüche vor 1964 jedoch nicht berücksichtigt, da diese unter die dreißigjährige Verjährungsfrist des deutschen Rechts fielen (Artikel 195 BGB).
B - Das Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht
33 Gegen die jeweiligen Urteile haben die beklagten Unternehmen Berufung beim örtlich zuständigen Landesarbeitsgericht eingelegt. Sie haben geltend gemacht, daß Artikel 119 des Vertrages sowie das diesbezügliche Protokoll, das dem Vertrag von Maastricht beigefügt sei, Vorrang vor den innerstaatlichen Rechtsvorschriften hätten. Demzufolge habe im vorliegenden Fall die zeitliche Beschränkung angewendet werden müssen, die im Urteil in der Rechtssache Barber und im Barber-Protokoll vorgesehen sei.
34 Die Klägerinnen und Berufungsbeklagten haben diese Auslegung in Zweifel gezogen und vorgetragen, daß die geltend gemachten Ansprüche sich aus Artikel 3 des Grundgesetzes ergäben und in Deutschland schon immer bestanden hätten. Nach dieser Auffassung kann das Gemeinschaftsrecht nicht zur Folge haben, daß dann, wenn die bestehende Rechtslage in einem Mitgliedstaat vor dem Erlaß des Urteils Barber der Rechtslage ähnelte, die im Bereich des Gemeinschaftsrechts nach Erlaß dieses Urteils geschaffen wurde, diejenigen, die vor dem Urteil Barber eine Diskriminierung erlitten haben, bei einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts keinen Anspruch mehr geltend machen können.
35 Die vorlegenden Gerichte merken ganz allgemein an, daß die dargestellte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht unbetritten sei. Insbesondere sind sie der Ansicht, daß der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Versicherung bei der VAP eine gegen Artikel 119 des Vertrages verstoßende Diskriminierung darstelle. Außerdem neigen sie unter der Annahme, daß das Urteil in der Rechtssache Barber und das Barber-Protokoll, die vor das Datum des Erlasses dieses Urteils des Gerichtshofes zurückwirkende Zuerkennung von Ansprüchen verbieten, der Ansicht zu, daß dieses Datum generell die äußerste Grenze für alle unter Artikel 119 des Vertrages fallenden Forderungen darstelle. In Anbetracht des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht und des Erfordernisses der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten gelte die oben genannte zeitliche Beschränkung auch dann, wenn das nationale Recht den Betroffenen Ansprüche zuerkenne, die sich auf die Zeit vor dem Urteil Barber erstreckten. Nach Ansicht dieser Gerichte ist außerdem zu berücksichtigen, daß aus der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst hervorgehe, daß es vor Erlaß des Urteils Barber in Deutschland schwierig oder unmöglich gewesen sei, festzustellen, daß die streitigen Vorschriften des Tarifvertrags entweder gegen Artikel 119 des Vertrages oder gegen Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes verstießen und daß folglich die rückwirkende Zuerkennung von Ansprüchen an die Arbeitnehmer die Frage eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu Lasten der Arbeitgeber aufwerfe. Schließlich führen die vorlegenden Gerichte aus, daß die wirtschaftlichen Auswirkungen der Rückwirkung im vorliegenden Fall die deutschen Unternehmen aus der Sicht des Wettbewerbs im Verhältnis zu den Unternehmen anderer Mitgliedstaaten benachteiligen würden.
36 In Anbetracht dieser Zweifel legen diese Gerichte dem Gerichtshof jeweils folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
V - Die Vorabentscheidungsfragen
37 Die Vorabentscheidungsfragen lauten wie folgt:
a) In der Rechtssache C-50/96, Schröder
1. Liegt in dem geschlechtsneutral formulierten Ausschluß von Teilzeitkräften mit einer Beschäftigungswochenstundenzahl unter 18 Stunden aus einer Zusatzversorgung im Rahmen eines betrieblichen Rentensystems eine mittelbare Frauendiskriminierung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Artikel 119 EG-Vertrag, wenn rund 95 % der von dem Ausschluß betroffenen Arbeitnehmer Frauen sind?
2. Sofern die erste Frage zu bejahen ist: Erfaßt das Protokoll zu Artikel 119 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (sogenanntes Barber-Protokoll) und das darin enthaltene Rückwirkungsverbot auch den Fall einer mittelbaren Frauendiskriminierung in einem wie in der ersten Frage dargestellten Sachverhalt?
3. Sofern die zweite Frage zu bejahen ist: Hat das Rückwirkungsverbot des Protokolls zu Artikel 119 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (sog. Barber-Protokoll) Vorrang vor dem deutschen Verfassungsrecht (Artikel 3 Absatz 1 GG), das ein Rückwirkungsverbot in dem in der ersten Frage beschriebenen Fall gerade ausschließt?
4. Liegt in der nach Artikel 3 Absatz 1 GG nach nationalem deutschen Verfassungsrecht zulässigen Rückwirkung in einem wie in der ersten Frage beschriebenen Fall eine unzulässige Umgehung des Rückwirkungsverbotes des Protokolls zu Artikel 119 EG-Vertrag, wenn das nationale Recht bei gleicher Sachlage, ebenfalls mit dem Ziel der Gleichbehandlung bei betrieblichen Rentensystemen, im Gegensatz zum Gemeinschaftsrecht zu einer Rückwirkung zugunsten der Arbeitnehmer, insbesondere der mittelbar diskriminierten Frauen kommt?
5. Sofern die vierte Frage zu bejahen ist, liegt in der Anwendung der Vorschrift des § 2 Absatz 1 Beschäftigungsförderungsgesetz vom 26. April 1985, die eine Rückwirkung bis zum 26. April 1985 zulassen würde, eine unzulässige Umgehung des Rückwirkungsverbotes des Protokolls zu Artikel 119 EG-Vertrag (Barber-Protokoll)?
6. Liegt in der nach Artikel 3 Absatz 1 GG zulässigen Rückwirkung in einem wie in der ersten Frage beschriebenen Fall eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht unter dem Gesichtspunkt einer unverhältnismäßigen Inländerdiskriminierung der betroffenen deutschen Unternehmen, einer gemeinschaftskonformen Auslegung nationalen Rechts oder sonst eines gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundsatzes, und hat das Gemeinschaftsrecht insoweit Vorrang vor dem nationalen Recht?
b) In den Rechtssachen C-234/96, Vick, und C-235/96, Conze
1. Haben Artikel 119 EG-Vertrag, das Barber-Protokoll Nr. 2 und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als primäres Gemeinschaftsrecht Vorrang vor dem in der Bundesrepublik geltenden Verfassungsrecht (Artikel 3 Grundgesetz) und einfachen Recht (§ 2 Absatz 1 Beschäftigungsförderungsgesetz, allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz) mit der Folge, daß bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch gemäß Artikel 119 EG-Vertrag wegen mittelbarer Geschlechtsdiskriminierung bei einer betrieblichen Altersversorgung durch Benachteiligung wegen Teilzeitbeschäftigung Leistungen auch auf der Grundlage der nationalen verfassungsrechtlichen oder einfachrechtlichen Normen nur unter den gleichen einschränkenden Voraussetzungen geltend gemacht werden können, wie sie für den zu ihnen in Anspruchskonkurrenz stehenden gemeinschaftsrechtlichen Anspruch nach Artikel 119 EG-Vertrag gelten, so daß abweichend von der sonst nach nationalem Recht gegebenen rechtlichen Bewertung auch auf der Grundlage der nationalrechtlichen Anspruchsgrundlagen Leistungen nur für Beschäftigungszeiten nach dem 17.Mai 1990 geschuldet werden, vorbehaltlich der Ausnahme, die für Arbeitnehmer vorgesehen ist, die vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben?
2. Gilt dies auch dann, wenn nach der konkurrierenden nationalrechtlichen Grundlage der Anspruch auf Gleichbehandlung bereits deshalb besteht, weil eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung wegen Teilzeitbeschäftigung erfolgt, ohne daß es darauf ankommt, ob aufgrund einer zahlenmäßig verhältnismäßig stärkeren Benachteiligung von weiblichen Beschäftigten zusätzlich eine mittelbare Geschlechtsdiskriminierung vorliegt?
c) In den Rechtssachen C-270/97, Sievers, und C-271/97, Schrage
1. a) Verlangt das Gemeinschaftsrecht einen Anwendungs- oder Geltungsvorrang (nach den Artikeln 5 Absatz 2, 189 EG-Vertrag) gegenüber nationalen Bestimmungen der Mitgliedstaaten, die im Wege einer Anspruchskonkurrenz auf den gleichen Sachverhalt ebenfalls mit dem Ziel der Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung bei betrieblichen Rentensystemen Anwendung finden könnten oder würden, wie beispielsweise in Deutschland - allgemein - der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz oder - speziell - § 2 Absatz 1 Beschäftigungsförderungsgesetz 1985?
b) Gilt der Vorrang des Gemeinschaftsrechts in einem solchen Kollisionsfall, in dem das Gemeinschaftsrecht Leistungen aus betrieblichen Rentensystemen nur gewährt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 zurückgeführt werden, während die innerstaatlichen Normen den gleichen Sachverhalt insofern anders regeln, als sie eine Rückwirkung nicht ausschließen, generell?
c) Besteht ein solcher Vorrang nur dann, wenn die neben der sozialen bestehende wirtschaftliche Zielsetzung von Artikel 119 EG-Vertrag - Schaffung gleicher Wettbewerbschancen - konkret berührt wird?
2. Gebietet zumindest der dem Gemeinschaftsrecht zuzurechnende Grundsatz der gemeinschaftskonformen (EG-rechtskonformen) Auslegung des nationalen Rechts, innerstaatliche Bestimmungen über die Gleichbehandlung bei Leistung aus betrieblichen Rentensystemen in Übereinstimmung mit den Anforderungen und Begrenzungen (Verbot der Rückwirkung) des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden?
VI - Zur Sache
A - Zur ersten Frage in der Rechtssache C-50/96, Schröder
38 Diese Frage geht dahin, ob der Ausschluß der jeweiligen weiblichen Beschäftigten vom Bezug einer Zusatzversorgung im Rahmen eines betrieblichen Rentensystems gegen Artikel 119 des Vertrages verstößt, wenn 95 % der Ausgeschlossenen Frauen sind.
39 Unstreitig ist im vorliegenden Fall, daß das betroffene Rentensystem in den Anwendungsbereich des Artikels 119 des Vertrages fällt und daß die streitige Leistung Entgelt im Sinne der letztgenannten Vorschrift darstellt(8).
40 Außerdem sind die Parteien, was die Beantwortung der Frage angeht, im wesentlichen nicht abweichender Meinung, da das Problem gelöst ist. Es genügt daher, auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes hinzuweisen, wonach der Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten vom Anspruch auf eine Zusatzrente, die im Rahmen eines privaten betrieblichen Rentensystems gewährt wird, eine nach Artikel 119 des Vertrages verbotene Diskriminierung der Frauen darstellt, wenn diese Maßnahme wesentlich mehr Frauen als Männer trifft, es sei denn, das Unternehmen legt dar, daß diese Maßnahme auf Faktoren beruht, die objektiv gerechtfertigt sind und nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben(9).
41 Die Regierung des Vereinigten Königreichs entwickelt in ihrer Erklärung eine andere Methode zur Berechnung der bei der Feststellung der Benachteiligung zu berücksichtigenden prozentualen Anteile der Männer und Frauen, und zwar in bezug auf die von den erkennenden Gerichten angewendeten Prozentsätze. Da diese Frage sich in den vorliegenden Rechtssachen jedoch nicht unmittelbar stellt, braucht sie meines Erachtens nicht geprüft zu werden(10).
B - Zu den Fragen 2 bis 5 in der Rechtssache C-50/96, zu den beiden Fragen in den Rechtssachen C-234/96 und C-235/96, und zu den Fragen 1. a), 1. b) und 2 in den Rechtssachen C-270/97 und C-271/97
42 Diese Fragen, die zusammen zu untersuchen sind, gehen im wesentlichen dahin, ob Artikel 119 des Vertrages und das Barber-Protokoll, so wie sie vom Gerichtshof ausgelegt worden sind, nationalen Vorschriften entgegenstehen, wonach Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf Aufnahme in die Versicherung und auf den Bezug einer Zusatzrente wie der im Ausgangsrechtsstreit betroffenen von einem vor dem 17. Mai 1990, dem Tag der Verkündung des Barber-Urteils, liegenden Zeitpunkt an haben.
43 Durch diese Fragen werden zwei Probleme aufgeworfen. Erstens: Werden aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht Fälle wie die streitigen grundsätzlich durch die zeitliche Beschränkung erfaßt, die sich aus dem Barber-Urteil und dem Barber-Protokoll ergibt, oder durch eine etwaige sonstige zeitliche Beschränkung (siehe unten, unter a). Zweitens: Gilt diese Beschränkung in Anbetracht des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch in einem Fall, in dem das nationale Recht Ansprüche gewährt, die über diese Beschränkung hinausgehen (siehe unten, unter b).
a) Zum ersten Problem
44 Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes nach dem Barber-Urteil hervorgeht, bezieht sich die zeitliche Beschränkung der Wirkungen dieses Urteils, die das diesbezügliche Protokoll übernommen hat, nur auf die Formen der Diskriminierung, die die Arbeitgeber und die Rentensysteme in Anbetracht des Übergangscharakters der Ausnahmen, die in den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vorgesehen sind, die auf betriebliche Renten angewendet werden können(11), vernünftigerweise als zulässig ansehen konnten.
45 In Anbetracht dessen hat der Gerichtshof, was den Anspruch auf Anschluß an betriebliche Systeme angeht, festgestellt, daß es nach dem oben genannten Urteil in der Rechtssache Bilka klar war, daß eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts einen Verstoß gegen Artikel 119 darstellt und daß es keinen Anhaltspunkt dafür gab, daß sich die betroffenen Verkehrskreise über die Anwendbarkeit dieses Artikels des Vertrages irren konnten(12).
46 Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, daß - da im Urteil Bilka keine zeitliche Beschränkung der Wirkungen dieses Urteils vorgesehen war - die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 geltend gemacht werden kann, um den Anschluß an ein Betriebsrentensystem rückwirkend ab 8. April 1976, dem Tag des Erlasses des Urteils Defrenne II (Rechtssache 43/75, Slg. 1976, 455, Randnr. 40), in dem erstmals die unmittelbare Wirkung dieses Artikels anerkannt worden ist(13), zu fordern.
47 Schließlich hat der Gerichtshof festgestellt, daß der Anschluß an ein Rentensystem für den Arbeitnehmer völlig bedeutungslos wäre, wenn er ihm keinen Anspruch auf Gewährung der Leistungen aufgrund dieses Systems verschaffen würde. In Anbetracht dessen hat der Gerichtshof entschieden, daß die Arbeitnehmer, die aufgrund des Geschlechts vom Anschluß an ein betriebliches Rentensystem ausgeschlossen worden sind, neben dem Anspruch auf rückwirkenden Anschluß auch den Anspruch auf rückwirkenden Bezug der entsprechenden Leistungen wie einer Altersrente oder Zusatzrente haben(14).
48 In der vorliegenden Rechtssache haben Arbeitnehmer wie die Klägerinnen folglich aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht auf jeden Fall zum einen Anspruch auf rückwirkenden Anschluß an das Versicherungssystem ab 8. April 1976, zum anderen auf die Leistungen, die dieser Versicherungszeit entsprechen.
49 Hier ist in Anbetracht des tatsächlichen Rahmens der Streitigkeiten in den Ausgangsverfahren eine Feststellung geboten. Es ist darauf hinzuweisen, daß der Bezug der Leistungen, der der Nachversicherungszeit entspricht, den allgemeinen Grenzen und den diesbezüglich im jeweiligen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen unterliegt, zu denen insbesondere die vorherige Zahlung der etwa vorgesehenen Versicherungsbeiträge von seiten des Arbeitnehmers gehören.
50 In einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer unter Verstoß gegen Artikel 119 des Vertrages Opfer einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geworden ist, muß - darauf hat der Gerichtshof hingewiesen -
"der benachteiligte Arbeitnehmer durch die Herstellung der Gleichbehandlung in dieselbe Lage wie die Arbeitnehmer des anderen Geschlechts versetzt werden ...
Der betreffende Arbeitnehmer kann folglich nicht verlangen, insbesondere in finanzieller Hinsicht besser behandelt zu werden als bei einem ordnungsgemäßen Anschluß an das System.
[Daher kann] sich ein Arbeitnehmer, der Anspruch auf den rückwirkenden Anschluß an ein Betriebsrentensystem hat, der Zahlung der Beiträge für den betreffenden Anschlußzeitraum nicht entziehen ..."(15)
51 Wie bei der Wiedergabe des Sachverhalts bereits dargelegt worden ist, haben im vorliegenden Fall die erste und die beiden letzten Klägerinnen lediglich die Zahlung der Zusatzversorgung und einer fiktiven Zusammenrechnung ihrer jeweiligen Beschäftigungszeit begehrt (d. h. ohne rückwirkenden Anschluß an die Versicherung), hilfsweise aber ihre Nachversicherung auf Kosten der Beklagten, weiter hilfsweise eine Entschädigung für die Zeit ihrer Nichtversicherung, d. h. in allen Fällen einen Genuß der entsprechenden Ansprüche ohne Nachteile für sie selbst. Entsprechende Forderungen haben im übrigen auch die anderen beiden Klägerinnen erhoben.
52 Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen, da der Anspruch auf den Bezug von Leistungen nicht unabhängig ist, sondern aus dem Anschluß an das System folgt, das die Leistungen gewährt (im vorliegenden Fall dem Anschluß an die VAP). Außerdem würde der unentgeltliche Genuß der streitigen Leistungen durch die Klägerinnen eine neue Diskriminierung zu ihren Gunsten und zu Lasten der Vollzeitbeschäftigten schaffen, die jahrelang Versicherungsbeiträge gezahlt haben, weshalb diese Auffassung in dem oben genannten Urteil Fisscher auch abgelehnt worden ist.
53 Im Ergebnis ist, was den Anschluß an ein betriebliches Rentensystem wie das im Ausgangsverfahren betroffene und den Bezug der entsprechenden Leistungen angeht, maßgebliche zeitliche Grenze aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht der 8. April 1976, der Tag der Verkündung des Urteils Defrenne II, und nicht der 17. Mai 1990, der Tag der Verkündung des Urteils Barber, der auch in dem diesbezüglichen Protokoll genannt wird.
b) Zum zweiten Problem
54 Nach der Klärung des ersten Problems wird gefragt, ob die oben genannten Beschränkungen auch dann gelten, wenn das nationale Recht die gleiche Materie günstiger regelt, wie es hier der Fall ist.
55 Die Klägerinnen, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission machen grundsätzlich geltend, daß dann, wenn das deutsche Recht weitergehende Ansprüche einräume als Artikel 119 des Vertrages, weder dieser Artikel noch die zeitlichen Beschränkungen gälten, die Voraussetzung für seine Anwendung seien. Dagegen machen die Beklagten geltend, wenn ein Fall in den Anwendungsbereich des Artikels 119 des Vertrages falle, seien dieser Artikel und die damit verbundenen zeitlichen Beschränkungen unter Ausschluß auch günstigerer nationaler Vorschriften nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts anzuwenden.
56 Der Auffassung der Beklagten ist nicht zu folgen.
57 Zunächst ist die Bedeutung der zeitlichen Beschränkungen zu klären, die durch die Urteile des Gerichtshofes in den Rechtssachen Defrenne II und Barber aufgestellt worden sind.
58 Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die unmittelbare Geltung des Gemeinschaftsrechts, daß dessen Bestimmungen ihre volle Wirkung einheitlich in sämtlichen Mitgliedstaaten vom Zeitpunkt des Inkrafttretens und während der gesamten Dauer ihrer Gültigkeit entfalten müssen. Diese Bestimmungen sind unmittelbare Quelle von Rechten und Pflichten sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für Einzelpersonen, die an Rechtsverhältnissen beteiligt sind, die dem Gemeinschaftsrecht unterliegen; diese Rechte haben die Gerichte zu gewährleisten(16).
59 "Darüber hinaus haben nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts die Vertragsbestimmungen und die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane in ihrem Verhältnis zum internen Recht der Mitgliedstaaten nicht nur zur Folge, daß allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des geltenden staatlichen Rechts ohne weiteres unanwendbar wird, sondern auch - da diese Bestimmungen und Rechtsakte vorrangiger Bestandteil der im Gebiet eines jeden Mitgliedstaats bestehenden Rechtsordnung sind -, daß ein wirksames Zustandekommen neuer staatlicher Gesetzgebungsakte insoweit verhindert wird, als diese mit Gemeinschaftsnormen vereinbar wären."(17)
60 Außerdem wird - ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung - durch die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof im Rahmen von Artikel 177 des Vertrages erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, daß die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlaß des auf des Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen(18). Mit anderen Worten erfassen die Wirkungen eines auslegenden Urteils des Gerichtshofes die ausgelegte Vorschrift regelmäßig ab ihrem Inkrafttreten(19).
61 Die Beschränkung der Wirkungen eines Auslegungsurteils durch den Gerichtshof stellt daher eine ganz außergewöhnliche Maßnahme dar, die nur aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit zulässig ist. Dies ist dann der Fall, wenn nationale Stellen wegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums dem Gemeinschaftsrecht widersprechende Bestimmungen erlassen und über lange Zeit angewendet haben, die Wirkungen von erheblichem Ausmaß gezeitigt haben und deren Aufhebung viel höhere Kosten verursachen würde als ihre Beibehaltung(20). Eine Beschränkung für die Zukunft ist jedoch nicht zulässig(21).
62 Es versteht sich folglich von selbst, daß das Problem der Bedeutung und der Geltung der Vorschriften, die durch das Urteil des Gerichtshofes ausgelegt werden, nicht mit dem Problem der Beschränkung der Wirkungen des Auslegungsurteils verwechselt werden darf. Die Auslegung wirkt stets (d. h. auch wenn der Gerichtshof eine Beschränkung der Wirkungen seines Urteils vornimmt) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Vorschrift zurück; sie macht lediglich den Sinn und die Verbindlichkeit deutlich, die die Bestimmung von sich aus und seit jeher gehabt hat, und schafft diese nicht. Dagegen besteht die Beschränkung der Wirkungen des Urteils darin, daß sie den Bürger lediglich die Möglichkeit nimmt, die Rechte geltend zu machen und auszuüben, die aus der wie oben angegeben ausgelegten und geltenden Bestimmung erwachsen(22).
63 Aus dem Vorstehenden ergeben sich folgende Schlußfolgerungen.
Erstens stellt sich die Frage der Anwendung des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nur, sofern die nationalen Vorschriften gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, d. h. wenn eine Kollision zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht besteht(23). Die Frage der Anwendung dieses Grundsatzes stellt sich demzufolge nicht, wenn die nationalen Vorschriften in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen.
Zweitens stellt die Beschränkung der Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes eine wirtschaftliche Maßnahme dar, auf die der Gerichtshof nach der Würdigung der Folgen zurückgreift, die die im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehende nationale Maßnahme gezeitigt hat. Folglich setzt auch die Beschränkung der Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes notwendigerweise eine Kollision zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht voraus. Dagegen ist eine Beschränkung der Wirkungen bei einer nationalen Maßnahme, die in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht, nicht denkbar, da dies zu einer Selbstaufhebung des Gemeinschaftsrechts führen würde.
64 Die vordringliche Frage in der vorliegenden Rechtssache besteht demgemäß darin, ob nationale Vorschriften wie die im Ausgangsverfahren streitigen in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen oder ob sie diesem widersprechen.
65 Es wird daran erinnert, daß in den vorliegenden Rechtssachen die maßgeblichen nationalen Vorschriften nicht die Vorschriften des Versorgungstarifvertrags sind, so wie sie sukzessive galten. Es sind die Vorschriften des Versorgungstarifvertrags in der Fassung, die nach der rückwirkenden Aufhebung der nach der bereits dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (siehe oben, Nrn. 16 ff.) gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoßenden Regelungen gilt. Diese Vorschriften stellen den "nationalen rechtlichen Rahmen" der Vorabentscheidungsfragen dar, ohne daß es auf die rein nationalrechtliche Frage ankommt, wie und weshalb die nationalen Gerichte zu dieser Schlußfolgerung gelangt sind.
66 Wie dargelegt worden ist, müssen Teilzeitarbeitnehmer (Männer und Frauen) seit dem Jahre 1949 mit vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern (Männern und Frauen) gleichbehandelt werden. Der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten vom Anschluß an die VAP und den Bezug der Zusatzrente war folglich von jeher verfassungswidrig. Dies hat zur Folge, daß alle Teilzeitbeschäftigten (zu denen auch die Frauen gehören) Anspruch auf Nachversicherung bei der VAP und den Bezug der entsprechenden Leistungen haben.
67 Die nationalen Vorschriften regeln also im Rahmen der Regelung der allgemeineren Frage (d. h. der Gleichstellung der Teilzeitbeschäftigten mit den Vollzeitbeschäftigten) auch die speziellere Frage (d. h. der Gleichstellung der teilzeitbeschäftigten Frauen mit den Vollzeitbeschäftigten), die auch die im vorliegenden Fall streitige Frage ist. Der gleiche Sachverhalt fällt daher in den Anwendungsbereich zweier übergeordneter Regelungen, nämlich zum einen in den des Artikels 119 des Vertrages, der die Diskriminierung der vergleichsweise größeren Anzahl von teilzeitbeschäftigten Frauen verbietet und zum anderen in denjenigen der nationalen Regelung, die die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten generell verbietet.
68 Aufgrund ihres Inhalts ist die nationale Regelung in vollem Umfang mit Artikel 119 vereinbar, und geht sogar darüber hinaus, und zwar sowohl zeitlich (da sie sich auf die Zeit vor Inkrafttreten des Vertrages erstreckt) als auch nach ihrem persönlichen Anwendungsbereich (da sie alle Teilzeitbeschäftigten unabhängig vom Geschlecht und unabhängig vom prozentualen Anteil von Männern und Frauen erfaßt), aller Wahrscheinlichkeit nach auch nach ihrem sachlichen Anwendungsbereich (da die Gleichstellung unter Berücksichtigung der weiten Formulierung des Artikels 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, der die Grundlage der Überlegungen des Bundesarbeitsgerichts darstellte, sich auf die Arbeitsbedingungen der beiden Gruppen von Beschäftigten generell und nicht nur auf Fragen des Entgelts bezieht)(24).
69 Da die nationale Regelung weiter gefaßt ist und in Einklang mit Artikel 119 des Vertrages steht, kann sie folglich rechtswirksam eine selbständige Grundlage für die Geltendmachung der Forderung der Klägerin vor den nationalen Gerichten darstellen. Es stellt sich daher weder die Frage nach einem Widerspruch des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts noch nach einer Kollision der beiden Rechte, und es besteht folglich kein Raum für die Anwendung des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts.
70 Außerdem ist gemäß dem gerade Dargelegten unter den Bedingungen der vorliegenden Rechtssache irgendeine zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils des Gerichtshofes nicht möglich. Dies gilt zum einen, weil diese Beschränkung, wie die Klägerinnen und die Kommission zu Recht vortragen, sich auf Rechte bezieht, die die Betroffenen aus dem Gemeinschaftsrecht herleiten (während im vorliegenden Fall, wie dargelegt worden ist, die Forderungen der Klägerinnen rechtmäßig auf das nationale Recht gestützt werden), zum anderen aber, weil die Begrenzung der Wirkungen des Urteils des Gerichtshofes auf jeden Fall nicht denkbar ist, wenn die nationalen Vorschriften in Einklang mit den ausgelegten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts stehen, weil dies zu einer Selbstaufhebung des Gemeinschaftsrechts führen würde.
71 Würde der Auffassung der Beklagten gefolgt, so würde Artikel 119 auf der einen Seite anscheinend die Angleichung der Entgelte von Männern und Frauen innerhalb der Mitgliedstaaten anordnen, und zwar während der ersten Stufe, auf der anderen Seite würde er diese Angleichung dadurch zunichte zu machen scheinen, daß er nationale Maßnahmen, durch die diese Anordnung - sogar von einem früheren Zeitpunkt an - materiell umgesetzt wird, beschränkt. Dies stellt jedoch einen logischen und rechtlichen Widerspruch dar, der im Rahmen des Gemeinschaftsrechts unannehmbar ist. Zwar ließen Gründe der Rechtssicherheit, d. h. Gründe, die sich gleichfalls aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben, ausnahmsweise die Nichtaufhebung von gegen Artikel 119 verstoßenden nationalen Maßnahmen für die Vergangenheit zu, keine ausdrückliche Vorschrift und kein allgemeiner Grundsatz und läßt jedoch die Aufhebung von nationalen Maßnahmen zu, die in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen.
C - Zur sechsten Frage in der Rechtssache C-50/96 und zur Frage 1. c) in den Rechtssachen C-270/97 und C-271/97
72 Diese Fragen gehen im wesentlichen dahin, ob die Übereinstimmung nationaler Maßnahmen wie der im Ausgangsverfahren betroffenen mit Artikel 119 des Vertrages wegen der wirtschaftlichen Belastung, die sich für die betroffenen Unternehmen ergeben, in Anbetracht der wirtschaftlichen Zielsetzung des Artikels 119 und in Anbetracht dessen in Zweifel gezogen werden kann, daß andere Mitgliedstaaten Maßnahmen wie die streitigen nicht getroffen haben.
73 Nach Auffassung der beklagten Unternehmen, der sich auch die vorlegenden Gerichte anzuschließen scheinen, verursacht die Nachversicherung bei der VAP und die Begründung von Ansprüchen auf seiten der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer für die betroffenen Unternehmen eine große wirtschaftliche Belastung, die sie im Verhältnis zu gleichartigen Unternehmen anderer Mitgliedstaaten weniger wettbewerbsfähig mache. Dies scheine weder mit dem Bestehen gleicher Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Gemeinschaft noch mit der Zielsetzung des Artikels 119, die nicht nur sozial, sondern auch wirtschaftlich sei - nämlich Schaffung gleicher Bedingungen für die Tätigkeit der Unternehmen -, in Einklang zu stehen. Dagegen lehnen die übrigen Beteiligten entweder diese Argumentation ab (Klägerinnen) oder vertreten die Ansicht, daß die Antwort sich in Anbetracht der übrigen Antworten erübrige (Regierung des Vereinigten Königreichs und Kommission).
74 Der Auffassung der Beklagten ist nicht zu folgen.
75 Zunächst wird angemerkt, daß die oben genannten Argumente sich im wesentlichen auf die praktischen Auswirkungen beziehen, die es für die beklagten Unternehmen hätte, wenn das Bundesarbeitsgericht die Vorschriften des Versorgungstarifvertrags, die Teilzeitbeschäftigten von der Versicherung ausnahmen, für verfassungswidrig erklärte. Ähnliche Argumente waren vor dem letztgenannten Gericht vorgebracht, aber, wie bereits dargelegt, mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß die wirtschaftliche Belastung für die Unternehmen nicht bedeutend erscheine, daß sie mit anderen Mitteln ausgeglichen werden könne und daß dieser Nachteil auf jeden Fall, gemessen an dem Nachteil, den die Arbeitnehmer durch ihren Ausschluß von der Versicherung erlitten (siehe oben, Nrn. 17 und 19), von geringerer Bedeutung sei. Außerdem hat das höchste deutsche Gericht für Arbeitsrechtsstreitigkeiten - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - entschieden, daß weder die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes noch ein anderer allgemeiner Grundsatz diesem Ergebnis entgegenstuenden.
76 Diese Fragen haben sich deshalb aufgrund der Kollision von Normen niedrigerer formeller Wirkung mit höherrangigen Normen innerhalb des nationalen Rechtssystems und der daraus folgenden Neubewertungen innerhalb dieses Systems ergeben. Soweit mit der oben genannten Argumentation die Auslegung des Artikels 3 der deutschen Verfassung durch das Bundesarbeitsgericht beanstandet wird, kann sie nicht berücksichtigt werden, da für die Entscheidung über diesen Streit das Bundesverfassungsgericht zuständig ist, wo im übrigen diesbezügliche Beschwerden anhängig sind.
77 Es bleibt folglich zu prüfen, ob eine Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts vorliegt, wofür allein der Gerichtshof zuständig ist.
78 Die beklagten Unternehmen versuchen, ein Argument aus der Zielsetzung des Artikels 119 herzuleiten. Sie machen geltend, dieser Artikel verfolge außer seiner sozialen Zielsetzung auch eine wirtschaftliche Zielsetzung, die darin bestehe, den Unternehmen der Mitgliedstaaten gleiche Wettbewerbschancen zu bieten. Die Erreichung dieses Ziels würde jedoch vereitelt, wenn nur die Unternehmen bestimmter Mitgliedstaaten die Folgen der Anpassung an das Gemeinschaftsrecht zu tragen hätten, während andere die Aufrechterhaltung von Ungleichbehandlungen ausnutzten.
79 Es trifft zu, daß der Gerichtshof im Urteil Defrenne II entschieden hat, daß Artikel 119 zum einen "verhindern [soll], daß die in denjenigen Mitgliedstaaten, die den Grundsatz der Entgeltgleichheit tatsächlich verwirklicht haben, ansässigen Unternehmen im innergemeinschaftlichen Wettbewerb gegenüber den Unternehmen benachteiligt werden, die in Staaten ansässig sind, welche die Lohndiskriminierung zum Nachteil der weiblichen Arbeitskräfte noch nicht beseitigt haben" (Randnr. 9).
Zum anderen hat er jedoch festgestellt, daß "diese Bestimmung den sozialen Zielen der Gemeinschaft dient, die sich ja nicht auf eine Wirtschaftsunion beschränkt, sondern, wie die Präambel des Vertrages hervorhebt, zugleich durch gemeinsames Vorgehen den sozialen Fortschritt sichern und die ständige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen der europäischen Völker anstreben soll" (Randnr. 10).
80 Unabhängig davon, ob die oben angegebene "wirtschaftliche" Zielsetzung tatsächlich die Bestrebungen des historischen Gemeinschaftsgesetzgebers widerspiegelte, entspricht sie jedoch nicht mehr der modernen Auffassung. In einer Rechtsgemeinschaft, die die Menschenrechte achtet und schützt, gründet sich die Forderung nach gleichem Arbeitsentgelt für Männer und Frauen hauptsächlich auf die Grundsätze der Würde des Menschen und der Gleichheit von Männern und Frauen sowie auf das Gebot der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und nicht auf wirtschaftliche Bestrebungen im engeren Sinne wie die oben genannte(25). Überdies erklärt der Gerichtshof in seiner späteren Rechtsprechung, daß der in Artikel 119 niedergelegte Grundsatz eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots darstellt, bei dem es sich um fundamentale Grundsätze des Gemeinschaftsrechts handelt(26). Meines Erachtens ist es folglich auf jeden Fall nicht möglich, sich auf die vermeintliche "wirtschaftliche" Zielsetzung des Artikels 119 mit dem Ziel zu berufen, um nationale Maßnahmen, die im übrigen in Einklang mit dieser Vorschrift stehen, unwirksam zu machen.
81 Was die Frage der Rückwirkung der wirtschaftlichen Belastung angeht, wird auf jeden Fall angemerkt, daß, wie aus den bereits Dargelegten hervorgeht, die tatsächliche Grundlage des diesbezüglichen Vorbringens in Anbetracht der Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts (siehe oben, Nrn. 17 bis 19) und der Möglichkeit, rückwirkend Versicherungsbeiträge zu Lasten der Arbeitnehmer zu erheben (siehe oben, Nrn. 49 ff.), erschüttert worden ist.
82 Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, daß die Rückwirkung des nationalen Rechts bis zum Jahr 1976 die Frage des Widerspruchs zum Gemeinschaftsrecht nicht aufwirft. Dies gilt deshalb, weil die Betroffenen, auch wenn die nationalen Maßnahmen nicht eingriffen, so oder so auf den Weg über die Geltendmachung der unmittelbaren Wirkung des Artikels 119 das angestrebte Ziel erreichen würden. Für diesen Zeitraum stellt die Unzulänglichkeit der Mittel oder auch nur die wirtschaftliche Schwierigkeit für die Arbeitgeber ein Problem dar, das auf das nationale Recht zurückzuführen ist, und ist im vorliegenden Fall unerheblich(27). Die einzige Frage, die sich stellt, geht folglich dahin, ob Maßnahmen wie die streitigen gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, soweit sie bis in den Zeitraum vor dem Jahr 1976 und bis zum Inkrafttreten des Artikels 119 zurückwirken.
83 In diesem Zusammenhang wird daran erinnert, daß die Vorschriften des Versorgungstarifvertrags, die eine Diskriminierung zu Lasten der Klägerinnen vorsahen - bevor sie für verfassungswidrig erklärt wurden -, im Widerspruch zu Artikel 119 des Vertrages standen und Deutschland vom Ende der ersten Stufe an eine andauernde Verpflichtung traf, sie abzuschaffen(28). Außerdem kann ein Mitgliedstaat, wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht, rechtmäßig seinen Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht rückwirkend nachkommen(29). Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht wirken die nationalen Maßnahmen daher rechtmäßigerweise auf den streitigen Zeitraum zurück.
84 Das Argument der wirtschaftlichen Belastung der Unternehmen, auch wenn es seiner tatsächlichen Grundlage nach als zutreffend unterstellt wird, entkräftet diese Feststellung nicht.
Durch die Regelungen in Artikel 119 wird nämlich das Interesse aller Wirtschaftsteilnehmer berücksichtigt, nämlich sowohl das der Arbeitnehmer als auch das der Arbeitgeber und der Träger, die die Leistungen gewähren. Die Rücksichtnahme des Gemeinschaftsrechts auf die beiden letztgenannten Gruppen kommt meines Erachtens sowohl in dem in Artikel 119 Absatz 1 niedergelegten Übergangszeitraum (dieser Zeitraum erlaubt es den Mitgliedstaaten, aber auch den Arbeitgebern, sich an die neuen Bedingungen anzupassen), aber auch in den zeitlichen Beschränkungen zum Ausdruck, die in den Urteilen des Gerichtshofes Defrenne II und Barber sowie in dem diesbezüglichen Protokoll aufgestellt wurden.
85 Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß durch Artikel 119 in erster Linie den Arbeitnehmergruppen Rechte eingeräumt werden sollen, die systematisch Opfer von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts sind, wobei es sich wegen der traditionellen Strukturen und Stereotype, die noch in unseren Gesellschaften bestehen(30), um die Gruppe der weiblichen Arbeitnehmer handelt.
86 Demgemäß ist davon auszugehen, daß die Sorge des Gemeinschaftsgesetzgebers um die Wahrung der berechtigten wirtschaftlichen Interessen anderer Gruppen außer den Arbeitnehmern in der Frage des gleichen Entgelts sich in den oben genannten ausdrücklichen Vorschriften und in den Beschränkungen erschöpft hat, die durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgestellt worden sind, der auch in diesem Fall den mutmaßlichen Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers deutet. Darüber hinaus ist kein neues Hindernis und keine neue Beschränkung bei der Umsetzung des Gebotes des Artikels 119 des Vertrages mehr gerechtfertigt. Aus diesem Grund rechtfertigen die etwaigen wirtschaftlichen Auswirkungen von zur Umsetzung des Gebots des Artikels 119 erlassenen nationalen Maßnahmen keine neue zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils des Gerichtshofes zu Lasten der oben genannten Gruppen, wie bereits ausgeführt worden ist, und erst recht keine Beanstandungen dieser Maßnahmen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht.
87 Schließlich ist der Umstand, daß andere Mitgliedstaaten den Artikel 119 vielleicht nicht im gleichen Ausmaß umgesetzt haben wie Deutschland, im vorliegenden Fall unerheblich. Wie der Gerichtshof entschieden hat, gilt folgendes:
"Diese Bestimmung darf in ihrer Wirksamkeit nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß einige Mitgliedstaaten die ihnen vom Vertrag auferlegte Verpflichtung nicht erfuellt haben und daß die Gemeinschaftsorgane gegen diese Untätigkeit nicht mit der erforderlichen Schärfe eingeschritten sind.
Wollte man das Gegenteil annehmen, so würde man Gefahr laufen, die Rechtsverletzung zur Auslegungsregel zu erheben, was der Gerichtshof nicht tun könnte, ohne sich zu der ihm von Artikel 164 des Vertrages zugewiesenen Aufgabe in Widerspruch zu setzen."(31)
V - Vorschlag
Nach alledem schlage ich vor, die Vorabentscheidungsfragen wie folgt zu beantworten:
1. Der Ausschluß von teilzeitbeschäftigten Frauen von einem betrieblichen Rentensystem wie dem im Ausgangsverfahren betroffenen stellt eine nach Artikel 119 des Vertrages verbotene Diskriminierung dar, wenn diese Maßnahme vergleichsweise viel mehr Frauen als Männer betrifft und nicht aus objektiven Gründen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, gerechtfertigt ist.
2. Arbeitnehmer, die die aus der oben genannten Sicht eine Diskriminierung erlitten haben, was das Recht auf Anschluß an das betriebliche Rentensystem und die Zahlung von Leistungen aufgrund dieses Systems angeht, können sich auf die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 gegenüber entgegenstehenden nationalen Maßnahmen rückwirkend ab dem 8. April 1976, dem Tag der Verkündung des Urteils des Gerichtshofes in der Rechtssache Defrenne II, berufen.
3. Weder Artikel 119 noch eine andere Vorschrift oder ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts stehen der Anwendung von nationalen Maßnahmen entgegen, mit denen einer gegen Artikel 119 verstoßenden Diskriminierung wie der oben genannten von einem vor Erlaß des Urteils Defrenne II liegenden Zeitpunkt an rückwirkend abgeholfen wird.
4. Etwaige wirtschaftliche Probleme, die sich für die betroffenen Unternehmen durch die Anwendung derartiger rückwirkender nationaler Maßnahmen ergeben, sind nach nationalem Recht unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes des gleichen Entgelts zu lösen und berühren die Antworten auf die vorstehenden Fragen nicht.
(1) - Slg. 1990, I-1889.
(2) - ABl. L 45, S. 19.
(3) - ABl. 1979, L 6, S. 24, bzw. ABl. L 225, S. 40.
(4) - Dieser Absatz wurde durch Artikel 1 des Gesetzes über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz von 1980 eingefügt.
(5) - Es wird darauf hingewiesen, daß dieses Urteil eine Folge des Urteils des Gerichtshofes vom 13. Mai 1986 in der Rechtssache 170/84 (Bilka, Slg. 1986, 1607) darstellt, mit dem gemeinschaftliche Fragen, die das Bundesarbeitsgericht in dieser Rechtssache vorgelegt hatte, im Wege der Vorabentscheidung beantwortet wurden.
Ebenso wird darauf hingewiesen, daß die Beklagte gegen dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt hat, mit der sie geltend machte, daß ihre rückwirkende Belastung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoße. Das Bundesverfassungsgericht entschied, daß kein Grund bestehe, über die Verfassungsbeschwerde zu entscheiden, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe (Beschluß vom 28. September 1992, 1 BVR 496/87).
(6) - Urteile vom 28. Februar 1992 (3 AZR 173/92), vom 7. März 1995, das die Deutsche Telekom betrifft (3 AZR 321/94), vom 16. Januar 1996, das die Deutsche Post betrifft (3 AZR 767/94) usw.
Gegen das Urteil vom 7. März 1995 hat die Deutsche Telekom das Bundesverfassungsgericht angerufen; die Sache war während der Verhandlung über die vorliegenden Rechtssachen vor dem Gerichtshof noch anhängig. Beim Bundesverfassungsgericht sind außerdem noch andere Verfassungsbeschwerden anderer Parteien gegen ähnliche Urteile des Bundesarbeitsgerichts anhängig.
(7) - Zitiert in Fußnote 1.
(8) - Vgl. das in der Fußnote 5 zitierte Urteil Bilka (Randnr. 22), das in Fußnote 1 zitierte Urteil Barber (Randnr. 28) und die Urteile vom 17. Februar 1993 in der Rechtssache C-173/91 (Kommission/Belgien, Slg. 1993, I-673, Randnrn. 17 und 20), vom 6. Oktober 1993 in der Rechtssache C-109/91 (Ten Oever, Slg. 1993, I-4879, Randnrn. 10 und 11), vom 28. September 1994 in der Rechtssache C-7/93 (Beune, Slg. 1994, I-4471, Randnrn. 30, 37 und 43) usw.
(9) - Siehe u. a. das in Fußnote 5 genannte Urteil Bilka (Randnr. 31).
(10) - Meine Auffassung in dieser Frage habe ich in meinen Schlußanträgen vom 14. Juli 1998 in der noch anhängigen Rechtssache C-167/97, Seymour-Smith u. a., Nrn. 116, 124 und 125 dargelegt.
(11) - Wie die Möglichkeit, ein für Männer und Frauen unterschiedliches Rentenalter festzusetzen, gemäß Artikel 9 Buchstabe a der Richtlinie 86/378/EWG, in dem die Ausnahmeregelung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG wiederholt wird (vgl. Urteil Barber, Randnr. 42, und Urteil vom 28. September 1994 in der Rechtssache C-57/93 (Vroege, Slg. 1994, I-4541, Randnr. 22).
(12) - Vgl. das in der vorstehenden Fußnote zitierte Urteil Vroege (Randnrn. 20 bis 29) und die Urteile vom 28. September 1984 in der Rechtssache C-128/93 (Fisscher, Slg. 1994, I-4583, Randnrn. 17 bis 26), vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-435/93 (Dietz, Slg. 1996, I-5223, Randnrn. 19 und 20) und vom 11. Dezember 1997 in der Rechtssache C-246/96 (Magorrian, Slg. 1997, I-7153, Randnrn. 27 bis 29).
(13) - Urteile Dietz, a. a. O., Randnr. 21, und Magorrian, a. a. O., Randnr. 30.
(14) - Urteile Dietz (Randnrn. 23 ff.) und Magorrian (Randnrn. 32 bis 35).
(15) - Vgl. das in Fußnote 12 zitierte Urteil Fisscher, Randnrn. 35 bis 37.
(16) - Vgl. u. a. Urteil vom 9. März 1978 in der Rechtssache 106/77 (Simmenthal, Slg. 1978, 629, Randnrn. 14 bis 16).
(17) - Ebenfalls Urteil Simmenthal, Randnr. 17.
(18) - Vgl. Urteile vom 27. März 1980 in der Rechtssache 61/79 (Denkavit italiana, Slg. 1980, 1205, Randnr. 16) vom 13. Februar 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-197/94 und C-252/94 (Bautiaa u. a., Slg. 1996, I-505, Randnr. 47) usw. und zuletzt Urteil vom 15. September 1998 in der Rechtssache C-231/96 (Edilizia, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 15).
(19) - Urteil Edilizia, zitiert in der vorangehenden Fußnote, Randnr. 17.
(20) - Vgl. das in Nr. 46 zitierte Urteil Defrenne II (Randnrn. 69 ff.), die Urteile vom 11. März 1981 in der Rechtssache 69/80 (Worringham, Slg. 1981, 767, Randnrn. 29 ff.) und vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 24/86 (Blaizot, Slg. 1988, 379, Randnrn. 28 ff.), das bereits zitierte Urteil Barber (Randnrn. 40 ff.), das Urteil vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C-137/94 (Richardson, Slg. 1995, I-3407, Randnrn. 32 ff.) und das in der Fußnote 18 zitierte Urteil Bautiaa u. a. (Randnr. 48) u. a.
(21) - Dies wird ausdrücklich, wenn auch überfluessigerweise, in der Randnummer 44 des Urteils Barber erklärt.
(22) - Urteil Edilizia, a. a. O., Randnr. 18.
(23) - Siehe Urteil vom 13. Februar 1969 in der Rechtssache 14/68 (Wilhelm, Slg. 1969, 1, Randnr. 6) und Urteil Simmenthal, zitiert in Nr. 58, Randnr. 17, usw.
(24) - Es wird darauf hingewiesen, daß die nationale Regelung in Anbetracht ihres Inhalts eine Maßnahme darstellt, die den Anwendungsbereich der Artikel 117 und 118 des Vertrages und daher grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt. Wie ich Gelegenheit hatte, auch an anderer Stelle darzulegen, werden doch auch solche Maßnahmen unter dem Blickwinkel geprüft, ob sie mit Artikel 119 vereinbar sind (vgl. meine in der Fußnote 10 genannten Schlußanträge in der noch anhängigen Rechtssache Seymour-Smith, Nr. 70, insbesondere Fußnote 21).
(25) - Die Berufung auf eine solche Zielsetzung wäre in unserer Zeit damit gleichzusetzen, daß jemand z. B. behauptet, daß die Kinderarbeit verboten werden müsse, nicht weil sie eine Schande für die zivilisierte Welt darstelle, sondern vor allem, weil die Unternehmen, die Kinder ausbeuteten, wettbewerbsfähiger als diejenigen seien, die erwachsene Beschäftigte einsetzten.
(26) - Siehe Urteil vom 9. November 1993 in der Rechtssache C-132/92 (Roberts, Slg. 1993, I-5579, Randnr. 17) usw. Vgl. Urteil vom 30. April 1996 in der Rechtssache C-1394 (P./S., Slg. 1996, I-2143, Randnrn. 15 bis 22).
(27) - Vgl. Urteil vom 28. September 1994 in der Rechtssache C-200/91 (Coloroll, Slg. 1994, I-4389, Randnr. 42).
(28) - Meines Erachtens besteht diese Verpflichtung unabhängig von den zeitlichen Beschränkungen in den Urteilen Barber und Defrenne II mit dem Unterschied, daß die Verpflichtung unvollkommen ist, d. h. ihre Verletzung begründet keine einklagbare Forderung für den Zeitraum vor dem Erlaß dieser Urteile zugunsten derjenigen, die Rechte aus dem Gemeinschaftsrecht herleiten.
(29) - Vgl., was die rückwirkende Umsetzung von Richtlinien angeht, die Urteile vom 8. März 1988 in der Rechtssache 80/87 (Dik, Slg. 1988, 1601, Randnr. 13), vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache C-373/95 (Maso, Slg. 1997, I-4051, Randnrn. 39 bis 41) und die Erwägungen in meinen Schlußanträgen in den Rechtssachen C-94/95 und C-95/95 (Bonifaci u. a., Slg. 1997, I-3969, Nrn. 56 ff.).
(30) - Urteil vom 11. November 1997 in der Rechtssache C-409/95 (Marschall, Slg. 1997, I-6363, Randnr. 29).
(31) - Urteil Defrenne II, a. a. O., Randnrn. 33 und 34.


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