E-918/2007 - Abteilung V - Kostenvorschuss - Kostenvorschuss
Karar Dilini Çevir:
E-918/2007 - Abteilung V - Kostenvorschuss - Kostenvorschuss

Abtei lung V
E-918/2007
scr/dau
{T 0/2}
Urteil vom 16. August 2007
Mitwirkung: Richter Stöckli (Abteilungspräsident), Richter König (Kammerpräsident),
Richterin Schenker Senn (Instruktionsrichterin), Richter Badoud und Huber,
Gerichtsschreiber David
A._______, alias B._______, Iran,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Ebnöther, C._______
Beschwerdeführer
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Zwischenverfügung vom 19. Januar 2007 i.S. Asyl und Wegweisung / N_______
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
2Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest:
A. Das erste Asylgesuch des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2005 wurde mit Verfü-
gung des BFM vom 28. Juli 2005 unter Anordnung der Wegweisung und des Weg-
weisungsvollzuges abgewiesen. Eine gegen diese Verfügung bei der vormals zu-
ständigen Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) erhobene Beschwerde
vom 29. August 2005 wies die ARK mit Urteil vom 20. Dezember 2005 vollumfäng-
lich ab. Der Beschwerdeführer liess in der Folge die ihm neu angesetzte Ausreise-
frist unbenützt verstreichen.
B. Mit schriftlicher Eingabe vom 29. Dezember 2006 an das BFM stellte der Be-
schwerdeführer ein zweites Asylgesuch, mit welchem er hauptsächlich die Fest-
stellung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund exilpolitischer Aktivitäten und die Ge-
währung der vorläufigen Aufnahme beantragte; ferner ersuchte er um Anordnung
einer vollzugshemmenden vorsorglichen Massnahme.
C. Mit Zwischenverfügung vom 19. Januar 2007 erhob das BFM in Anwendung von
Art. 17b Abs. 4 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) einen
Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 1'200.--. Zur Bezahlung setzte es dem Be-
schwerdeführer Frist bis zum 2. Februar 2007, unter Androhung des Nichteintre-
tens im Unterlassungsfall. In der Begründung erkannte das BFM die Aussichtslo-
sigkeit des zweiten Asylgesuchs. Im Sinne einer Rechtsmittelbelehrung hielt das
BFM unter Hinweis auf Art. 107 AsylG fest, dass es sich um eine Zwischenverfü-
gung handle, die nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten
werden könne. Das Gesuch um Anordnung einer vollzugshemmenden vorsorgli-
chen Massnahme blieb unbeantwortet.
D. Mit Eingabe an das neu zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht vom
2. Februar 2007 (und Ergänzung vom 23. Februar 2007) erhob der Beschwerde-
führer gegen die Zwischenverfügung des BFM vom 19. Januar 2007 Beschwerde.
Darin vertritt er den Standpunkt der selbständigen Anfechtbarkeit besagter Zwi-
schenverfügung und beantragt deren Aufhebung, den Verzicht auf die Erhebung
eines Kostenvorschusses sowie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur
ordentlichen Durchführung des Asylverfahrens.
E. Mit Zwischenverfügung vom 6. Februar 2007 ordnete die Instruktionsrichterin des
Bundesverwaltungsgerichts eine vollzugshemmende vorsorgliche Massnahme an.
F. Am 23. März 2007 berichtigte das BFM auf Begehren des Beschwerdeführers
dessen ursprünglich in der Empfangsstelle registrierten Personalien (B._______,
Iran) auf neu A._______, Iran.
G. Mit Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2007 wurde
das BFM zur Vernehmlassung bis zum 11. April 2007 eingeladen.
Mit Vernehmlassung vom 29. März 2007, welche dem Beschwerdeführer am
4. April 2007 zur Kenntnis gebracht wurde, hält das BFM an seinen bisherigen
Standpunkten und Erwägungen fest und beantragt die Abweisung der Beschwer-
de.
3H. Mit Eingabe vom 20. April 2007 machte der Beschwerdeführer darauf aufmerksam,
dass er Vater eines Kindes geworden sei, dessen Mutter die schweizerische
Staatsbürgerschaft besitze, und dass ein Verfahren betreffend Kindesanerkennung
hängig sei.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfü-
gungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Ver-
waltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 vor-
liegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden.
Dazu gehören Verfügungen des BFM gestützt auf das Asylgesetz; das Bundesver-
waltungsgericht entscheidet in diesem Bereich endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83
Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvoll-
ständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessen-
heit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
1.3 Über offensichtlich unzulässige Beschwerden entscheidet nach Art. 111 Abs. 2
Bst. b AsylG der Einzelrichter im vereinfachten Verfahren. Wie nachstehend aufzu-
zeigen ist, handelt es sich vorliegend um eine zwar unzulässige, nicht aber offen-
sichtlich unzulässige Beschwerde. Eine Entscheidung im Einzelrichterverfahren
fällt somit nicht in Betracht, sondern sie wäre in der Besetzung mit drei Richtern
oder Richterinnen zu treffen (Art. 21 Abs. 1 VGG). Das Spruchgremium wurde je-
doch vorliegend im Interesse der Rechtsfortbildung und der Einheit der Rechtspre-
chung in Anwendung von Art. 21 Abs. 2 VGG um zwei weitere Richter auf fünf er-
weitert.
2. Hauptstreitpunkt ist zunächst die Frage der selbständigen Anfechtbarkeit einer
Zwischenverfügung, mit der das Bundesamt einen Kostenvorschuss bei einem er-
neuten Asylgesuch (beziehungsweise bei einem Wiedererwägungsgesuch) erhebt.
2.1 Die Vorinstanz nennt als gesetzliche Grundlage der Kostenvorschusserhebung zu-
treffend und unbestrittenerweise Art. 17b Abs. 4 AsylG. Die Frage der Anfechtbar-
keit der Zwischenverfügung, mittels welcher der Kostenvorschuss erhoben wurde,
verneint sie unter Hinweis auf Art. 107 AsylG.
2.2 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, bei der Zwischenverfügung
vom 19. Januar 2007 handle es sich um ein taugliches Anfechtungsobjekt und der
vorinstanzliche Hinweis auf Art. 107 AsylG sei unbeachtlich. Das BFM übersehe,
dass Art. 17b Abs. 4 AsylG nicht unter den in Art. 107 AsylG enthaltenen Katalog
der Bestimmungen falle, bei welchen die Zwischenverfügung nicht selbständig,
sondern nur durch eine Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden
4könne. Somit sei nicht Art. 107 AsylG als lex specialis massgebend, sondern
Art. 46 VwVG. Diese Bestimmung lasse die Beschwerde gegen eine selbständig
eröffnete Zwischenverfügung zu, wenn letztere einen nicht wieder gutzumachen-
den Nachteil bewirken könne. Ein solcher Nachteil sei vorliegend offensichtlich, da
der Beschwerdeführer in Anbetracht seiner Bedürftigkeit den Kostenvorschuss
nicht bezahlen könne und somit einen Nichteintretensentscheid mitsamt den damit
einhergehenden negativen Konsequenzen (drohender Wegweisungsvollzug, Aus-
schluss von der öffentlichen Sozialhilfe, merkliche Einschränkungen in der medizi-
nischen Betreuung) zu gewärtigen habe. Im Übrigen führe eine objektive Gesamt-
betrachtung des eingereichten zweiten Asylgesuchs auch bei einer antizipierenden
und summarischen Beweiswürdigung zur Erkenntnis, dass die Kriterien für die
Nichtaussichtslosigkeit der gestellten Begehren erfüllt seien. Er habe daher geset-
zes- und praxisgemäss Anspruch auf Durchführung einer ordentlichen Anhörung,
bevor über das erneute Begehren um Feststellung der Flüchtlingseigenschaft be-
funden werde.
2.3 In seiner die Abweisung der Beschwerde beantragenden Vernehmlassung hält das
BFM kommentarlos an seinen bisherigen Standpunkten und Erwägungen fest.
3. Gemäss Art. 17b Abs. 3 und 4 AsylG kann das Bundesamt von Personen, die nach
rechtskräftigem Abschluss ihres Asyl- und Wegweisungsverfahrens ein Wiederer-
wägungsgesuch oder ein erneutes Asylgesuch stellen, einen Kostenvorschuss ver-
langen, bei dessen Nichtleistung auf das anhängig gemachte Verfahren grundsätz-
lich nicht einzutreten ist; auf die Vorschusserhebung wird im (kumulativen) Falle
der Bedürftigkeit der gesuchstellenden Person und der Nichtaussichtslosigkeit ih-
rer Begehren verzichtet.
Laut Art. 45 Abs. 1 VwVG ist gegen selbständig eröffnete Zwischenverfügungen
über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren die Beschwerde zulässig. Ge-
gen andere selbständig eröffnete Zwischenverfügungen ist gemäss Art. 46 Abs. 1
Bst. a VwVG die Beschwerde zulässig, wenn diese einen nicht wieder gutzuma-
chenden Nachteil bewirken können. Ist die Beschwerde nach Art. 46 Abs. 1 VwVG
nicht zulässig, so sind die betreffenden Zwischenverfügungen durch Beschwerde
gegen die Endverfügung anfechtbar, soweit sie sich auf den Inhalt der Endverfü-
gung auswirken (Art. 46 Abs. 2 VwVG).
Gemäss Art. 107 Abs. 1 AsylG können Zwischenverfügungen, die in Anwendung
der Art. 10 Abs. 1-3 und 18-48 AsylG sowie Art. 22a des Bundesgesetzes vom
26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR
142.20) ergehen, nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten
werden, vorbehältlich die Anfechtung von Verfügungen nach Art. 27 Abs. 3 AsylG
(betreffend Kantonszuweisung). Selbständig anfechtbar sind nach Art. 107 Abs. 2
AsylG ausserdem, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewir-
ken können: vorsorgliche Massnahmen sowie Verfügungen, mit denen das Verfah-
ren sistiert wird, ausser Verfügungen nach Art. 69 Abs. 3 AsylG. Als selbständig
anfechtbar erwähnt Art. 107 Abs. 3 AsylG zudem Verfügungen über die vorläufige
Verweigerung der Einreise sowie über die Zuweisung eines Aufenthaltsortes am
Flughafen (Art. 22 Abs. 1 und 2 AsylG).
54. Die Vorinstanz ist aus folgenden Erwägungen in ihrer Auffassung zu stützen, wo-
nach es sich bei vorliegender Zwischenverfügung nicht um eine selbständig an-
fechtbare handle:
4.1 Rechtsnormen bedürfen der Auslegung. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet
der Wortlaut einer Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene
Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden
unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente; dabei kommt es namentlich auf
den Zweck der Regelung, die dem Text zu Grunde liegenden Wertungen sowie auf
den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Gesetzesmaterialien sind
zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, den Sinn der
Norm zu erkennen. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen
stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen (BGE 131 II 31 E. 7.1, 131 V
93 E. 4.1, 128 E. 5.1, 130 V 232 E. 2.2, 129 II 118 E. 3.1, 125 II 196 E. 3a, je mit
Hinweisen).
4.2 Art. 17b AsylG, welcher vorliegend vom BFM als gesetzliche Grundlage für die
Kostenvorschusserhebung herangezogen wurde, enthält in seinem Wortlaut keine
Aussage über eine allfällige selbständige Anfechtbarkeit entsprechender Kosten-
vorschussverfügungen. Die Bestimmung fand im August 2004 - damals noch be-
schränkt auf Wiedererwägungsverfahren, später durch die Staatspolitische Kom-
mission des Ständerates auf Zweitgesuche erweitert - erst im Verlaufe des parla-
mentarischen Gesetzgebungsverfahrens mittels Einbringung durch den Bundesrat
Eingang in die Debatte, ohne dass sie zuvor in der bundesrätlichen Botschaft vom
4. September 2002 (BBl 2002 6845) zur Diskussion gestellt worden wäre. Die Fra-
ge der selbständigen Anfechtbarkeit einer Kostenvorschusserhebung gestützt auf
Art. 17b AsylG war in den beiden Räten nie ein Thema, wogegen in den Erläute-
rungen des Bundesrates zuhanden der Staatspolitischen Kommission des Stände-
rates ("Antrag Nr. 13" vom 25. August 2004) ausdrücklich und einzig die Anfecht-
barkeit des Nichteintretensentscheides infolge Nichtleistung des auferlegten Kos-
tenvorschusses Erwähnung findet. Aus den Erläuterungen des Bundesrats zum
betreffenden Antrag geht zudem der tendenziell gegen eine selbständige Anfecht-
barkeit sprechende Beschleunigungsgedanke hervor: Die gesetzliche Grundlage
der Kostenvorschusserhebung wurde bewusst als Kann-Bestimmung formuliert,
um dem BFM die Möglichkeit einzuräumen, teure Verfahrensverzögerungen, die
durch eine Kostenvorschusserhebung entstehen können, zu vermeiden. Auf dieser
Grundlage ist - trotz fehlender bundesrätlicher Botschaft in diesem Zusammen-
hang – zu vermuten, bei der Legiferierung von Art. 17b AsylG sei bewusst auf die
Einräumung der selbständigen Anfechtbarkeit entsprechender Kostenvorschuss-
verfügungen verzichtet worden. Im Übrigen waren nicht nur die Vorarbeiten zu Art.
17b AsylG, sondern die Diskussion in den Räten zur Asylgesetzrevision vom Be-
streben geprägt, Verfahrensabläufe zu beschleunigen, Missbräuche und Kosten-
wirksamkeiten zu vermindern und die Effizienz im Asylwesen zu steigern (vgl. Bot-
schaft vom 4. September 2002 [BBl 2002 6845] sowie die Beratungen in den vor-
beratenden Staatspolitischen Kommissionen, ene in den beiden Räten vom 3.-5.
Mai 2004, vom 17. März 2005, vom 26.-28. September 2005 und in der Winterses-
sion 2005; vgl. Parlamentarische Geschäftsdatenbank Curia Vista, Geschäftsnum-
mer 02.060 [Teilrevision des Asylgesetzes]).
64.3 Wortlaut und gesetzessystematische Logik von Art. 107 AsylG (i.V.m. Art. 45 und
46 VwVG in der Fassung vom 13. Juni 2006) sprechen demgegenüber eher für die
vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung einer grundsätzlich selbständigen
Anfechtbarkeit der Kostenvorschussverfügung, da Art. 17b Abs. 4 AsylG tatsäch-
lich nicht in dem in Art. 107 AsylG enthaltenen Katalog der Bestimmungen erwähnt
ist, bei welchen eine Zwischenverfügung nicht selbständig, sondern nur durch eine
Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden könnte. Mithin müsste
sich die Konsequenz ergeben, dass nicht Art. 107 AsylG als lex specialis, sondern
Art. 46 VwVG zur Anwendung gelangen würde und die selbständige Anfechtbarkeit
der Kostenvorschussverfügung unter der Voraussetzung eines nicht wiedergutzu-
machenden Nachteils zu bejahen wäre. Auch das Eidgenössische Versicherungs-
gericht (vgl. BGE 105 V 110 f. E. 3) und das Bundesgericht (vgl. BGE 77 I 46 E. 2,
sowie BGE 128 V 199) bejahen in konstanter Praxis die selbständige Anfechtbar-
keit von Kostenvorschussverfügungen, sofern sie das Potenzial aufweisen, einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu bewirken; dieses Potenzial wird bei sol-
chen Kostenvorschussverfügungen, deren Beträge jedoch beim Bundesgericht be-
trächtlich höher als Fr. 1'200.-- sein können, gar prinzipiell bejaht. Dabei erkennt
das Bundesgericht durchaus den bestehenden Konflikt mit dem Grundsatz der
Raschheit des Verfahrens (vgl. BGE 103 V 195 f. E. 4 sowie BGE 128 V 203 f. E.
2c [hier betreffend die Kostenvorschusserhebung in einem nach Gesetz grundsätz-
lich rasch abzuwickelnden AHV-Rekursverfahren]), welchen es aber im Hinblick
auf die Frage einer allfälligen Änderung der Rechtsprechung bislang nicht als
überwiegend erachtet hat.
Zur Annahme der selbständigen Anfechtbarkeit kann man auch gelangen, wenn
man in der Legiferierung von Art. 17b AsylG ein gesetzgeberisches Versehen er-
blickt. Tatsächlich liesse sich aus dem Umstand, dass die Frage der Anfechtbar-
keit von auf Art. 17b AsylG gestützten Kostenvorschussverfügungen nie ernsthaft
zur Diskussion gekommen ist, schliessen, der Gesetzgeber habe durch die unter-
lassene Regelung eine Gesetzeslücke geschaffen, und damit die Hypothese ver-
binden, dass der Gesetzgeber die Anfechtungsfrage - wäre sie zur Diskussion ge-
bracht worden - positiv in Art. 107 AsylG beantwortet hätte, zumal dieses Ergebnis
der erwähnten Bundesgerichtspraxis entspräche.
4.4 Diese skizzierte hypothetische Betrachtung und die Bundesgerichtspraxis erschei-
nen vor dem Hintergrund der Spezialgesetzlichkeit der Asylmaterie (mit ihrer eige-
nen Regelung der Anfechtbarkeit von Zwischenverfügungen in Art. 107 AsylG be-
ziehungsweise deren Vorgängerbestimmung) und insbesondere durch die in dieser
Spezialmaterie ergangene Rechtsprechung allerdings in einem ganz anderen
Licht: So hat die ARK eine konstante und differenzierte Rechtsprechung zur Frage
der selbständigen Anfechtbarkeit von Zwischenverfügungen für ihren Materienbe-
reich entwickelt. Die Kommission hat insbesondere eine wegweisende Auslegung
von Art. 107 AsylG vorgenommen. Gemäss Entscheidungen und Mitteilungen der
Schweizerischen Asylrekurskommission / EMARK 1993 Nr. 28, der als Grundsatz-
entscheid zu Art. 46a AsylG in der Fassung des Bundesbeschlusses über das
Asylverfahren vom 22. Juni 1990 (AVB) ergangen ist, sind Zwischenverfügungen,
die im Rahmen des erstinstanzlichen Asylverfahrens erlassen wurden, mit Ausnah-
me der in dieser Bestimmung abschliessend aufgeführten Fälle nicht selbständig,
sondern nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung anfechtbar; besagter Art.
746a aAsylG schliesse im Asylverfahren als lex specialis die Anwendung von Art.
45 VwVG in der Fassung vom 29. Februar 2000 aus. Die ARK hat sodann in einem
Urteil vom 9. Juni 2006 i.S. M.Z. festgestellt, dass in Art. 107 AsylG der materielle
Gehalt von Art. 46a AsylG in der Fassung des AVB grundsätzlich unverändert
übernommen worden sei, weshalb die zu dieser Bestimmung entwickelte
Rechtsprechung der ARK (insbesondere EMARK 1993 Nr. 28) auch auf Art. 107
AsylG anwendbar sei; die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenverfügungen
sei daher nach dem Willen des Gesetzgebers auf die in Art. 107 Abs. 2 und 3
AsylG ausdrücklich genannten Verfügungsarten beschränkt (vgl. EMARK 2006 Nr.
21 E. 1.4.-1.6.). Gestützt darauf ist die ARK zum Schluss gekommen, dass
Zwischenverfügungen des BFM betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen
Rechtspflege im erstinstanzlichen Verfahren nicht selbständig mit Beschwerde an
die ARK anfechtbar seien. Folgt man der Argumentationslinie dieser
Rechtsprechung, ist eine in Anwendung von Art. 17b AsylG ergangene
Kostenvorschussverfügung des BFM in der Frage der Anfechtbarkeit nicht anders
zu behandeln. Nachdem die ARK in ihrer konstanten, langjährigen und erst vor
Jahresfrist wieder bestätigten Praxis den Willen des Gesetzgebers im
Zusammenhang mit Art. 46a aAsylG und Art. 107 AsylG in Form der Verneinung
der selbständigen Anfechtbarkeit erkannt hat, erscheint diese Argumentation und
Erkenntnis auch dem Bundesverwaltungsgericht als die konsequente und
zutreffende, zumal ausgeschlossen werden kann, derselbe Gesetzgeber hätte bei
der Legiferierung von Art. 17b AsylG nun eine andere Absicht gehabt
(selbständige Anfechtbarkeit), ohne diese andere Absicht auch nur ansatzweise im
Gesetzgebungsverfahren zur Sprache zu bringen. Vielmehr ist zu schliessen, der
Gesetzgeber habe keine gegenüber der ARK-Praxis abweichende Lösung
einführen, sondern diese weiterführen wollen. Die Bestimmung von Art. 107 Abs. 1
AsylG schliesst somit auch die selbständige Anfechtung von Zwischenverfügungen
des BFM nach Art. 17b Abs. 3 und 4 AsylG aus.
Demzufolge erübrigt es sich zu prüfen, ob mit der gestützt auf Art. 17b Abs. 3 und
4 AsylG erfolgenden Erhebung eines Kostenvorschusses im Allgemeinen oder in
concreto überhaupt das Potenzial eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils
verbunden ist.
4.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass aufgrund der Auslegung von Art. 107 AsylG
und der durch das Bundesverwaltungsgericht fortzuführenden Praxis der ARK die
selbständige Anfechtbarkeit von auf Art. 17b Abs. 3 und 4 AsylG gestützten Zwi-
schenverfügungen des BFM betreffend die Erhebung eines Kostenvorschusses zu
verneinen ist.
Erst gegen die (End-) Verfügung des BFM, in welcher es auf das zweite Asylge-
such beziehungsweise auf ein Wiedererwägungsgesuch nicht eintritt, kann (ge-
stützt auf Art. 46 Abs. 2 VwVG) Beschwerde erhoben und gerügt werden, das BFM
habe es in Verletzung von Art. 17b AsylG zu Unrecht abgelehnt, den Gesuchsteller
von der Bezahlung einer Gebühr zu befreien, beziehungsweise es habe vom Ge-
suchsteller zu Unrecht einen Gebührenvorschuss eingefordert. Erweist sich die mit
Beschwerde erhobene Rüge, die Nichteintretensverfügung verletze Art. 17b AsylG,
als berechtigt, ist die Beschwerde gutzuheissen, die angefochtene Verfügung auf-
zuheben und die Sache an das BFM zur Neubeurteilung zurückzuweisen, eventu-
ell verbunden mit der Anweisung, auf das zweite Asylgesuch beziehungsweise auf
8das Wiedererwägungsgesuch einzutreten.
4.6 Die Feststellung, dass die Zwischenverfügung nicht selbständig anfechtbar ist, gilt
allerdings nur soweit sich die Verfügung auf den Kostenpunkt, d.h. die Vorschuss-
pflicht, beschränkt und nicht mit der Anordnung beziehungsweise Verweigerung
von vorsorglichen Massnahmen verknüpft ist. Gegenstand des vorliegenden Ver-
fahrens ist ein Zweitasylgesuch; der Gesuchsteller steht demnach wieder im Asyl-
verfahren, während dessen Dauer er sich in der Schweiz aufhalten kann; die Frage
der Vollzugsaussetzung stellt sich daher nicht.
5. Mangels Bestehens eines tauglichen Anfechtungsobjekts ist somit auf die vorlie-
gende Beschwerde infolge Unzulässigkeit nicht einzutreten. Die vorinstanzlichen
Akten sind zur Fortsetzung beziehungsweise Beendigung des erstinstanzlichen
Verfahrens betreffend das zweite Asylgesuch dem BFM zu retournieren.
Die mit Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Februar 2007
ausgesprochene vollzugshemmende vorsorgliche Massnahme bleibt bis zu einer
anders lautenden Anordnung des BFM in Kraft.
6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und vorliegend auf Fr. 600.-- festzusetzen
(Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 2 und 3 des Reglements über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006
[VGKE, SR 173.320.2]). Ein entsprechendes Erlassgesuch kann der Beschwerde
nicht entnommen werden, zumal der rechtskundig vertretene Beschwerdeführer
nur den Verzicht auf die Erhebung des Kostenvorschusses beantragt hat und er
diesen Antrag gemäss Beschwerdebegründung zudem als Anordnung an die Ad-
resse der Vorinstanz (und nicht das Bundesverwaltungsgericht) verstanden wissen
will. Dennoch ist in casu auf die Erhebung von Verfahrenskosten in Anwendung
von Art. 6 VGKE und im Sinne von Art. 63 Abs. 1 letzter Satz VwVG zu verzichten,
da aufgrund der unklaren Legiferierung eine Beschwerdeerhebung aus Sicht des
Rekurrenten als durchaus gerechtfertigt und gar aussichtsreich erscheinen muss-
te.
(Dispositiv nächste Seite)
9Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die mit Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Februar 2007
ausgesprochene vollzugshemmende vorsorgliche Massnahme bleibt bis zu einer
anders lautenden Anordnung des BFM in Kraft.
3. Dem Beschwerdeführer werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
4. Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter, 2 Expl. (eingeschrieben)
- die Vorinstanz, D._______, mit deren Akten (Ref.-Nr. N_______) zur Fortset-
zung beziehungsweise Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens betref-
fend das zweite Asylgesuch
- das E._______ des Kantons F._______ ad G._______
Der Abteilungspräsident: Der Gerichtsschreiber:
Walter Stöckli Urs David
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