E-7755/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 12. Nov...
Karar Dilini Çevir:
E-7755/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 12. Nov...
Abtei lung V
E-7755/2009
luc/bos/gon
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 5 . J u n i 2 0 1 0
Einzelrichterin Christa Luterbacher,
mit Zustimmung von Richterin Nina Spälti Giannakitsas;
Gerichtsschreiberin Sandra Bodenmann.
A._______,
Serbien,
vertreten durch lic. iur. Bernhard Zollinger, Rechtsanwalt,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom
12. November 2009 / N (...)
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-7755/2009
Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer, ein Roma aus Serbien, stellte in der Schweiz
am 30. Dezember 2002 mit seiner Frau und seinen [Kindern] sein
erstes Asylgesuch.
B.
Im Rahmen ihrer Anhörungen gaben der Beschwerdeführer und seine
Frau Folgendes zu Protokoll: Im Juni 2002 sei der Beschwerdeführer
mehrere Male von Unbekannten bei sich Zuhause angegriffen worden,
weil er Roma sei. Dabei hätten die Unbekannten auch Geld verlangt,
welches der Beschwerdeführer jedoch nicht habe zahlen können, und
hätten ihm gedroht, ihm ein Kind wegzunehmen. Er habe sich darauf -
hin an die Polizei gewandt, welche seiner Familie jedoch nicht ge-
holfen habe. Daraufhin hätten sie beschlossen, das Land zu verlassen.
C.
Im Rahmen eines Fingerabdruckvergleiches ergab sich, dass der Be-
schwerdeführer und seine Frau im Jahre 1988 respektive 1991 in
Deutschland Asylgesuche gestellt hatten, welche in der Folge ab-
gelehnt wurden.
D.
Mit Verfügung vom 1. September 2003 wies das BFM das Asylgesuch
des Beschwerdeführers und seiner Familie ab, da die Vorbringen den
Anforderungen an die Glaubhaftmachung gemäss Art. 7 AsylG nicht
standgehalten hätten.
E.
Mit Eingabe vom 2. Oktober 2003 erhoben der Beschwerdeführer und
seine Familie Beschwerde gegen die Verfügung des BFM, welche mit
Urteil der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) vom
13. Oktober 2003 abgewiesen wurde.
F.
In der Folge stellten der Beschwerdeführer und seine Familie ein Re-
visionsgesuch, auf welches mit Urteil vom 2. Februar 2004 nicht ein -
getreten wurde.
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G.
Seit 22. März 2004 galten der Beschwerdeführer und seine Familie als
verschwunden.
H.
Am 12. Oktober 2009 stellte der Beschwerdeführer erneut ein Asyl -
gesuch in der Schweiz.
I.
Am 20. Oktober 2009 wurde der Beschwerdeführer im Empfangs- und
Verfahrenszentrum Basel summarisch zu seinen Asylgründen befragt,
am 4. November 2009 hörte das BFM ihn gemäss Art. 29 des Asyl-
gesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) einlässlich an. Für die
Dauer des Asylverfahrens wurde er dem Kanton B._______
zugewiesen.
J.
Anlässlich der Befragungen machte der Beschwerdeführer im wesent-
lichen Folgendes geltend:
Er habe, als er sich bei seinem ersten Asylgesuch in der Schweiz
aufgehalten habe, erfahren, dass sein Bruder gestorben sei, und sei
aus diesem Grund zu seinen Eltern nach Serbien zurückgekehrt. Die
offizielle Version des Todes seines Bruders sei, dass dieser bei einem
Verkehrsunfall gestorben sei. Von Freunden, welche ein Gespräch in
einem Restaurant mitgehört hätten, habe er in der Folge jedoch er-
fahren, dass der Zemuner-Clan auf das Auto des Bruders geschossen
habe. Dies sei geschehen, weil der Clan vom Bruder des Be-
schwerdeführers habe Geld erpressen wollen. Danach sei der
Zemuner-Clan zum Beschwerdeführer gekommen, da er nun für die
"Schulden" seines Bruders hätte haften sollen. Er habe jedoch kein
Geld gehabt und sei deshalb mehrere Male geschlagen worden. Die
Polizei habe ihn in der Folge bezichtigt, ein Auto gestohlen zu haben.
Dies entspreche jedoch nicht der Wahrheit; er wisse, dass dies eine
Verleumdung durch den Zemuner-Clan sei. Seine Frau und seine
Kinder seien nun an einen sicheren Ort in Serbien gezogen, welchen
er jedoch aus Sicherheitsgründen nicht preisgeben wolle. Auch er
habe vor seiner Ausreise an diesem Ort gelebt, habe jedoch nicht dort
bleiben können, da der Zemuner-Clan ihn sonst gefunden hätte.
K.
Mit Erhebungsbericht vom 19. Oktober 2009 stellte die [polizeiliche
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Behörde] fest, der Beschwerdeführer sei gestützt auf eine gültige
Ripol-Ausschreibung wegen angeblichen Kupferdiebstahls am 14.
Oktober 2009 bei der [...] angehalten und gleichentags im
[Haftanstanlt] inhaftiert worden.
L.
Im Verlaufe des Verfahrens reichte der Beschwerdeführer eine Kopie
der Todesanzeige seines Bruders, eine Fotografie des Beschwerde-
führers bei der Beerdigung seines Bruders und einen Haftbefehl zu
den Akten.
M.
Mit Verfügung vom 12. November 2009, die dem Beschwerdeführer am
13. November 2009 eröffnet wurde, verneinte das BFM die Flücht -
lingseigenschaft des Beschwerdeführers, lehnte sein Asylgesuch ab
und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug an.
N.
Mit Beschwerde vom 14. Dezember 2009 gelangte der Beschwerde-
führer ans Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte die Aufhebung
der angefochtenen Verfügung, die Asylgewährung, eventualiter die
Anordnung einer vorläufigen Aufnahme.
O.
Mit Verfügung vom 16. Dezember 2009 hielt das Bundesverwaltungs-
gericht fest, der Beschwerdeführer dürfe den Ausgang des Verfahrens
in der Schweiz abwarten.
P.
Mit Zwischenverfügung vom 25. Februar 2010 wurde der Beschwerde-
führer aufgefordert, innert Frist einen Kostenvorschuss von Fr. 600.--
der Gerichtskasse zu überweisen; bei nicht fristgerechter Zahlung
werde auf die Beschwerde nicht eingetreten.
Q.
Mit Brief vom 11. März 2010 stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch
um Bewilligung von Ratenzahlungen von monatlich Fr. 50.--.
R.
Mit Zwischenverfügung vom 19. März 2010 hielt das Gericht fest, das
Gesuch des Beschwerdeführers werde sinngemäss als ein Gesuch um
unentgeltliche Prozessführung nach Art. 65 Abs. 1 des Bundes-
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gesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren
(VwVG, SR 172.021) entgegengenommen. Die Beschwerdebegehren
würden aufgrund der heutigen Aktenlage jedoch als aussichtslos
erscheinen, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung
abgewiesen werde und der Beschwerdeführer aufgefordert werde,
innert einer Nachfrist von drei Tagen den Kostenvorschuss
einzubezahlen. Eine weitere Erstreckung der Frist sei nicht möglich.
S.
Der Kostenvorschuss wurde in der Folge fristgerecht der Gerichts-
kasse überwiesen.
T.
Mit Ausgrenzungsverfügung vom 2. Juni 2010 durch den [kantonale
Behörde] wurde dem Beschwerdeführer untersagt, das Gebiet des
Kantons C._______ zu betreten (Art. 74 des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR
142.20]). Ausgenommen wurden Vorsprachen nach behördlicher
Vorladung.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das BFM gehört zu
den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Aus-
nahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundes-
verwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vor-
liegenden Beschwerde und entscheidet im Bereich des Asyls endgültig
(Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem
BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und
Art. 6 AsylG).
1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht; der Be-
schwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist
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durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise
Änderung und ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert
(Art. 108 AsylG sowie Art. 105 AsylG i. V.m. Art 37 VGG und Art. 48
Abs 1, Art. 50 und 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichter-
licher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters be-
ziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e
AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um
eine solche, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durch-
führung des Schriftenwechsels verzichtet.
4.
4.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person an-
erkannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie
zuletzt wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörig-
keit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen
Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
4.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nach-
weisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft ge-
macht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in
sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder
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massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt
werden (Art. 7 AsylG).
5.
Der Beschwerdeführer machte zur Begründung seines Asylgesuches
insbesondere geltend, er habe bei seinem ersten Aufenthalt in der
Schweiz durch seine Eltern erfahren, dass sein Bruder umgekommen
sei. Er sei daraufhin nach Serbien zurückgekehrt. Die offizielle Version
des Todes seines Bruders sei, dass er bei einem Verkehrsunfall ge-
storben sei. Er habe jedoch durch Freunde, welche ein Gespräch in
einem Restaurant mitgehört hätten, erfahren, dass dieser durch den
Zemuner-Clan getötet worden sei. Der Bruder sei reich gewesen,
weswegen der Zemuner-Clan 80'000 Euro von ihm verlangt habe,
welche der Clan nun vom Beschwerdeführer fordern würde. In der
Folge habe er immer wieder Probleme mit dem Zemuner-Clan gehabt;
er sei mehrmals angegriffen worden, manchmal sei er auch verprügelt
worden und habe dabei schwere Verletzungen erlitten. Sie hätten auch
sein Auto mit Hilfe eines Molotow-Cocktails verbrannt. Zur Polizei habe
er aus Angst um seine Familie nicht gehen können. Daraufhin sei er
fälschlicherweise beschuldigt worden, ein Auto gestohlen zu haben. Er
habe die Vermutung, dass auch dies durch den Zemuner-Clan einge-
fädelt worden sei. Dies habe ihn dann dazu veranlasst, das Land zu
verlassen. Seine Frau und seine Kinder befänden sich nun an einem
sicheren Ort, an welchem er jedoch nicht hätte bleiben können, da ihn
der Clan sonst gefunden hätte, und welchen er auch den Schweizer
Behörden aus Angst um seine Familie nicht nennen möchte. Die
Röntgenbilder seiner Verletzungen befänden sich noch bei seiner
Mutter, eventuell sei dort auch der Polizeibericht zum angeblichen Un-
fall seines Bruders. Er wolle seine Mutter jedoch nicht noch mehr be-
lasten und könne sie deshalb auch nicht bitten, ihm diese Dokumente
zu schicken.
5.1 Wie das BFM in seiner Verfügung vom 12. November 2009 zu-
treffend festhielt, ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerde-
führers diverse Ungereimtheiten. Der Beschwerdeführer macht gel-
tend, er wisse aufgrund eines Gespräches, welches der Zemuner-Clan
in einem öffentlichen Restaurant geführt habe, dass der Bruder nicht
wie von offizieller Seite behauptet bei einem Verkehrsunfall gestorben,
sondern durch den Clan getötet worden sei. Es kann jedoch davon
ausgegangen werden, dass in Serbien eine solch heikle Angelegen-
heit wie ein verübter Mord nicht öffentlich diskutiert wird. Auch ist dem
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Gericht nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Zemuner-Clan eine
so intensive und lang andauernde Verfolgung hätte betreiben sollen,
wenn der Beschwerdeführer weder vermögend war noch sonstige
plausible Gründe für eine Verfolgung bestehen.
5.2 Im übrigen kann auf die Ausführungen des BFM verwiesen wer-
den, welche ausführlich, präzise und nachvollziehbar darlegen, aus
welchen Gründen die Schilderungen des Beschwerdeführers den An-
forderungen an die Glaubhaftmachung im Sinne von Art. 7 AsylG res-
pektive den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von
Art. 3 AsylG nicht genügen. Namentlich hielt die Vorinstanz nebst den
bereits erwähnten Ungereimtheiten zutreffend fest, der Beschwerde-
führer habe die angeblich erlebten Übergriffe lediglich vage, ober-
flächlich und stereotyp darzustellen vermocht.
5.3 Daran vermögen auch die bei der Vorinstanz eingereichten
Beweismittel (vgl. oben Bst. L) nichts zu ändern, da diese lediglich
beweisen, dass der Beschwerdeführer zur Anhörung vor dem Amts-
gericht in D_______ vorgeladen wurde und dass sein Bruder verstarb.
Dies wird jedoch weder durch das BFM noch durch das Gericht an-
gezweifelt. Es ergeben sich daraus aber keine Hinweise darauf, dass
der Bruder nicht durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen
sei, oder dass die Anzeige durch den Zemuner-Clan in die Wege ge-
leitet worden sei, um dem Beschwerdeführer zu schaden.
5.4 In der Beschwerde vom 14. Dezember 2009 wird den vorinstanz-
lichen Erwägungen auch nichts Konkretes entgegengehalten. Die Be-
schwerdevorbringen erschöpfen sich im Wesentlichen in pauschal ge-
haltener Kritik. Eine konkrete Auseinandersetzung mit den vorinstanz-
lichen Argumenten fehlt; es wird lediglich generell behauptet, bei den
vom BFM genannten Ungereimtheiten handle es sich lediglich um
nebensächliche Lappalien; dies trifft indessen nicht zu.
6.
6.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht
ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der
Einheit der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
6.2 Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrecht-
liche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung
einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet
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(Art. 44 Abs. 1 AsylG; Entscheidungen und Mitteilungen der Schwei-
zerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21).
7.
7.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheits-
verhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige
Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG).
Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt
gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und seiner
Vorgängerorganisation ARK der gleiche Beweisstandard wie bei der
Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der
strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu
machen (vgl. WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser,
Ausländerrecht, 2. Auflage, Basel 2009, Rz. 11.148).
7.2 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtun-
gen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Aus-
länders in den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat entgegen-
stehen (Art. 83 Abs. 3 AuG).
So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land
gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK,
SR 0.142.30]).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grau-
same, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention vom
4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grund-
freiheiten (EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmensch-
licher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wer-
den.
7.3 Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend
darauf hin, dass der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Personen
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schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es dem Be-
schwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Ge-
fährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann das in Art. 5
AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulements
im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr
des Beschwerdeführers in den Heimatstaat ist demnach unter dem
Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerde-
führers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall
einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahr-
scheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen
Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Euro-
päischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des
UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine kon-
krete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm
im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung
drohen würde (vgl. EGMR, [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien,
Urteil vom 28. Februar 2008, Beschwerde Nr. 37201/06, §§ 124-127,
mit weiteren Hinweisen). Auch die allgemeine Menschenrechts-
situation im Heimatstaat lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen
Zeitpunkt nicht als unzulässig erscheinen. Nach dem Gesagten ist der
Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asyl- als auch der völ-
kerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
7.4 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen
und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunfts-
staat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner
Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine
konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83
Abs. 7 AuG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. Botschaft
zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom
8. März 2002, BBl 2002 3818).
7.5 In Serbien herrscht keine Situation allgemeiner Gewalt, aufgrund
derer die Bevölkerung generell als konkret gefährdet betrachtet wer-
den müsste. Zwar können Übergriffe von Privatpersonen auf Angehö-
rige der ethnischen Minderheiten und teilweise behördliche Schikanen
sowie Diskriminierungen nicht völlig ausgeschlossen werden, indessen
erreichen diese im Allgemeinen nicht ein Ausmass, das den Vollzug
der Wegweisung als unzumutbar erscheinen liesse. Auch in Anbetracht
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der persönlichen Situation des Beschwerdeführers wird nicht ersicht-
lich, inwiefern er im Falle der Rückkehr nach Serbien aus individuellen
Gründen wirtschaftlicher, sozialer oder gesundheitlicher Natur in eine
existenzbedrohende Situation geraten könnte. Er hat den
überwiegenden Teil seines Lebens in Serbien verbracht und verfügt
dort über ein Beziehungsnetz. Der Beschwerdeführer war die Jahre
vor seiner Ausreise als [...] tätig und wurde im Übrigen durch seine
Eltern unterstützt. Auch wenn die wirtschaftliche Situation des
Beschwerdeführers in seinem Heimatland sicherlich nicht einfach ist,
muss darauf hingewiesen werden, dass allein wirtschaftliche
Schwierigkeiten, von welchen die vor Ort ansässige Bevölkerung
generell betroffen ist, wie beispielsweise Wohnungsnot oder ein
schwieriger Arbeitsmarkt, für sich allein keine konkrete Gefährdung im
Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG darstellen (vgl. EMARK 2005 Nr. 24
E. 10.1 S. 215; EMARK 2003 Nr. 24 E. 5e S. 159). Der Vollzug der
Wegweisung erweist sich somit nicht als unzumutbar.
7.6 Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zu-
ständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr not-
wendigen Reisedokumente zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG), wes-
halb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist
(Art. 83 Abs. 2 AuG).
8.
Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu be-
stätigen. Die Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig, zu-
mutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine An-
ordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4
AuG).
9.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die
Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
10.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Be-
schwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG) und auf
insgesamt Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem
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Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Sie sind durch den
in selber Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Sie sind durch den am 25. März 2010 geleisteten Kosten-
vorschuss gedeckt.
3.
Dieses Urteil geht an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, das
BFM und das kantonale Migrationsamt.
Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:
Christa Luterbacher Sandra Bodenmann
Versand:
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