E-7449/2009 - Abteilung V - Asyl (ohne Wegweisung) - Asyl und Flüchtlingseigenschaft; Verfügung des BFM...
Karar Dilini Çevir:
E-7449/2009 - Abteilung V - Asyl (ohne Wegweisung) - Asyl und Flüchtlingseigenschaft; Verfügung des BFM...
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l   adm in i s t r a t i f   f édé ra l
T r i buna l e   ammin i s t r a t i vo   f ede ra l e
T r i buna l   adm in i s t r a t i v   f ede ra l
Abteilung V
E­7449/2009
U r t e i l   v om   2 0 .   S ep t embe r   2 0 1 1  
Besetzung Richter Kurt Gysi (Vorsitz),
Richter Martin Zoller, Richter François Badoud,   
Gerichtsschreiber Nicholas Swain.
Parteien A._______,
Sri Lanka,
vertreten durch Gabriel Püntener, Rechtsanwalt, 
Beschwerdeführer, 
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,   
Vorinstanz. 
Gegenstand Asyl und Flüchtlingseigenschaft; 
Verfügung des BFM vom 22. Oktober 2009 / N (…).
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Sachverhalt:
A. 
Der  Beschwerdeführer  verliess  nach  eigenen  Angaben  seinen 
Heimatstaat am 14. Mai 2004 und reiste am 21. Juli 2004 in die Schweiz 
ein, wo er gleichentags im Empfangs­ und Verfahrenszentrum B._______ 
um Asyl ersuchte. Nach der Kurzbefragung vom 23. Juli 2004 wurde er 
für  die Dauer des Verfahrens dem Kanton C._______ zugeteilt. Am 27. 
Juli 2004 fand eine direkte Anhörung durch das BFM statt.
B. 
Der  Beschwerdeführer  brachte  zur  Begründung  seines  Asylgesuchs  im 
Wesentlichen vor, er sei tamilischer Ethnie und stamme aus D._______, 
Bezirk  (…), Ost­Provinz. Am (…) sei er von der LTTE (Liberation Tigers 
of  Tamil  Eelam)  zwangsrekrutiert  und  in  der  Folge  als  Kämpfer 
ausgebildet worden. Er habe als Soldat an mehreren Gefechten zwischen 
der  LTTE  und  der  sri­lankischen  Armee  (in  Mullaitivu,  Puliyankulam, 
Kilinochchi)  teilgenommen.  Zudem  habe  er  bei  der  Bergung  von 
Verletzten geholfen und habe als Untergebener eines Leutnants/Colonels 
jeweils  dessen  Handfunkgerät  tragen  müssen.  Er  habe  in  dieser  Zeit 
mehrmals geäussert, dass er nicht mehr kämpfen wolle, sei aber mittels 
Drohungen dazu gezwungen worden, weiter mitzumachen, bis er an der 
Schulter  verletzt  worden  sei.  Im  Jahre  (…)  sei  er  nach  einer 
sechsmonatigen  Ausbildung  welche  er  ebenfalls  unfreiwillig  absolviert 
habe, gegen seinen Willen zum Major befördert worden. In der Folge sei 
er  als  "zweiter  Chef"  für  eine  Gruppe  von  100  Kämpfern  zuständig 
gewesen.  Er  habe  bei  Kampfeinsätzen  Befehle  übergeordneter  Stellen 
weitergeleitet und taktische Anweisungen gegeben und sei zudem für das 
Organisieren von Nahrung und Kleidern für die ihm unterstellten Soldaten 
verantwortlich gewesen. Als Major habe er an etwa 10 – 15 Gefechten, 
unter  anderem  in  Manikulam,  in  Jaffna  und  am  Elephant  Pass, 
teilgenommen und sei mehrmals, zum Teil schwer, verletzt worden. Nach 
einer schweren Verwundung bei einem Gefecht  in Jaffna sei er noch für 
etwa  40  Kämpfer  zuständig  gewesen  und  schliesslich,  sei  ihm  die 
Verantwortung  entzogen  worden,  weil  er  sich  geweigert  habe,  weiter 
mitzumachen. Anlässlich eines ihm im Jahre 2002 gewährten Urlaubs, in 
welchem  er  seine  Familie  besucht  habe,  habe  er  erfahren,  dass  sein 
Vater  und  einer  seiner  Brüder  von  der  sri­lankischen  Armee  getötet 
worden  seien.  In  der  Folge  sei  er  ihm  die  Verantwortung  als  "zweiter 
Chef"  für  50  Leute  in  einem  LTTE­Camp  in  E._______  im  Osten  Sri 
Lankas zwangsweise übertragen worden. 
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Nach  Ausbruch  des  Konflikts  zwischen  dem  Anführer  der  LTTE, 
Prabakharan und dem Chef der Ost­Provinz, Karuna,  im Jahre 2004 sei 
der Stellvertreter Karunas  in den Norden geflüchtet und habe die LTTE­
Angehörigen im Osten aufgefordert, dasselbe zu tun. Hingegen sei er von 
seinem  direkten  Vorgesetzten  angewiesen  worden,  für  Karuna  zu 
arbeiten.  Nachdem  es  zu  einem  Gefecht  zwischen  der  LTTE  und  der 
Karuna­Gruppe gekommen sei, sei er am (…) geflohen und habe sich bei 
einer Tante  in F._______ versteckt. Am  (…) sei  er  dort  von Leuten der 
LTTE angehalten und  ins Camp zurückgebracht worden. Am (…) sei es 
ihm aufgrund einer Unachtsamkeit seines Wächters gelungen, erneut zu 
fliehen und er habe sich zunächst bei Verwandten versteckt und sei dann 
am  (…)  von einem Onkel  nach Colombo gebracht worden. Am 14. Mai 
2004  sei  er  mit  einem  gefälschten  Pass  mithilfe  eines  Schleppers  aus 
seinem  Heimatland  ausgereist  und  nach  Europa  gelangt.  Zur  Stützung 
seiner  Vorbringen  reichte  der  Beschwerdeführer  eine  Identitätskarte, 
einen Geburtsschein  sowie  vier  Fotos,  welche  ihn  als  Angehörigen  der 
LTTE zeigen, ein. 
C. 
Mit  Verfügung  vom  30.  Juli  2004  stellte  das  BFM  fest,  der 
Beschwerdeführer  erfülle  die  Flüchtlingseigenschaft  nicht,  lehnte  sein 
Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den 
Vollzug an.
D. 
Mit  Eingabe  seines  Rechtsvertreters  an  die  Schweizerische 
Asylrekurskommission  (ARK)  vom  30.  August  2004  erhob  der 
Beschwerdeführer  Beschwerde  gegen  diese  Verfügung.  Mit  Eingaben 
vom  8.  und  12. November  2004  reichte  er  im  Rahmen  des 
Beschwerdeverfahrens  sein  Dienstbüchlein  der  LTTE,  eine  Bestätigung 
des  Schulbesuchs,  sowie  einen  Zeitungsartikel  betreffend 
Auseinandersetzungen  zwischen  rivalisierenden  tamilischen  Gruppen, 
jeweils inklusive Übersetzung, zu den Akten.
E. 
Mit  Eingabe  seines  Vertreters  vom  3.  Januar  2008  wies  der 
Beschwerdeführer  auf  die Veränderung  der  allgemeinen Situation  in Sri 
Lanka  und  deren  Auswirkung  auf  seine  Gefährdungssituation  hin  und 
beantragte, die Sache sei dem BFM zu einem erneuten Schriftenwechsel 
zuzustellen. 
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F. 
Im Rahmen eines vom Instruktionsrichter im Hinblick auf diese Umstände 
sowie die neue Wegweisungspraxis zu Sri Lanka angeordneten zweiten 
Schriftenwechsels teilte das BFM mit Schreiben vom 18. März 2008 mit, 
dass  sich  eine  eingehendere  Prüfung  der  Vorbringen  des 
Beschwerdeführers  aufdränge,  weshalb  darum  ersucht  würde,  das 
Beschwerdeverfahren abzuschliessen und die Sache zur Neubeurteilung 
an die Vorinstanz zurückzuweisen.
G. 
Am 22. Dezember 2008 fand eine weitere Anhörung im Sinne von Art. 41 
Abs.  1  des  Asylgesetzes  vom  26. Juni  1998  (AsylG,  SR  142.31)  des 
Beschwerdeführers durch das BFM statt.
H. 
Mit Verfügung vom 19. Oktober 2009 hob das BFM seine Verfügung vom 
30. Juli 2004 auf und stellte fest, dass das erstinstanzliche Asylverfahren 
wieder aufgenommen werde.
I. 
Mit  Verfügung  vom  22.  Oktober  2009  stellt  das  BFM  fest,  dass  der 
Beschwerdeführer  zwar  die  Flüchtlingseigenschaft  im  Sinne  von  Art.  3 
AsylG   erfülle,  jedoch ein Ausschlussgrund  im Sinne von Art. 1 F Bst. b 
des  Abkommens  vom  28. Juli  1951  über  die  Rechtsstellung  der 
Flüchtlinge  (FK,  SR  0.142.30)  vorliege,  weshalb  er  von  der 
Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen und sein Asylgesuch abgewiesen 
werde. Ferner ordnete die Vorinstanz die Wegweisung aus der Schweiz 
an,  gewährte  dem  Beschwerdeführer  aber  wegen  Unzulässigkeit  des 
Wegweisungsvollzugs die vorläufige Aufnahme. Auf die Begründung wird 
– soweit entscheidwesentlich − in den Erwägungen eingegangen.
J. 
Mit  Abschreibungsentscheid  vom  27.  Oktober  2009  schrieb  das 
Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vom 30. August 2004 infolge 
Gegenstandslosigkeit  ab und wies das BFM an, dem Beschwerdeführer 
eine Parteientschädigung von Fr. 5'258.30 auszurichten.
K. 
Mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 30. November 2009 beantragte 
der Beschwerdeführer, die Verfügung des BFM vom 22. Oktober 2009 sei 
aufzuheben  und  die  Sache  zur  Feststellung  des  vollständigen  und 
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richtigen Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei 
ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und das Asyl zu gewähren. 
Auf  die  Begründung  wird  –  soweit  entscheidwesentlich  −  in  den 
Erwägungen eingegangen.
L. 
Mit  Instruktionsverfügung  vom  8.  Dezember  2009  stellte  der 
Instruktionsrichter fest, dass sich aufgrund der vorläufigen Aufnahme des 
Beschwerdeführers  die  Anordnung  vorsorglicher Massnahmen  erübrige, 
verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und überwies die 
Akten zur Vernehmlassung an die Vorinstanz.
M. 
In Ihrer Vernehmlassung vom 15. Dezember 2009 hielt die Vorinstanz an 
ihrer Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Die  Vernehmlassung  wurde  dem  Beschwerdeführer  mit  Zuschrift  vom 
16. Dezember 2009 ohne Replikrecht zur Kenntnis gebracht. 
N. 
Mit  Eingabe  vom  21  .Dezember  2009  hielt  der  Beschwerdeführer 
seinerseits an seinen Beschwerdevorbringen fest.
O. 
Mit  Eingabe  seines Rechtsvertreters  vom  30.  November  2010 wies  der 
Beschwerdeführer auf die veränderten Machtverhältnisse in Sri Lanka hin 
und führte aus, dass er nunmehr zwar keine Verfolgung durch die LTTE 
mehr zu befürchten habe, ihm und seiner Familie aber von staatlicher und 
paramilitärischer  Seite  Gefahr  drohe.  Zudem  reichte  er  verschiedene 
Unterlagen  betreffend  zwei  von  seinem  Bruder  (…)  bei  der 
schweizerischen  Botschaft  in  Colombo  gestellte  Asylgesuche  zu  den 
Akten.
P. 
Im  Rahmen  eines  zweiten  vom  Instruktionsrichter  im  Hinblick  auf  die 
politische  Entwicklung  in  Sri  Lanka  und  die  neuen  Vorbringen  des 
Beschwerdeführers  angeordneten  Schriftenwechsels  hielt  das  BFM  mit 
Vernehmlassung  vom  13.  Juli  2011  an  seiner  Verfügung  fest  und 
beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Die  Vernehmlassung  wurde  dem  Beschwerdeführer  mit  Zuschrift  vom 
18. Juli 2011 ohne Replikrecht zur Kenntnis gebracht.
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Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden 
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 
1968  über  das  Verwaltungsverfahren  (VwVG,  SR 172.021).  Das  BFM 
gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz 
des  Bundesverwaltungsgerichts.  Eine  das  Sachgebiet  betreffende 
Ausnahme  im  Sinne  von  Art. 32  VGG  liegt  nicht  vor.  Das 
Bundesverwaltungsgericht  ist  daher  zuständig  für  die  Beurteilung  der 
vorliegenden  Beschwerde  und  entscheidet  auf  dem  Gebiet  des  Asyls 
endgültig,  ausser  bei  Vorliegen  eines  Auslieferungsersuchens  des 
Staates,  vor  welchem  die  beschwerdeführende  Person  Schutz  sucht 
(Art. 105  AsylG;  Art. 83  Bst. d  Ziff. 1  des  Bundesgerichtsgesetzes  vom 
17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2  Die  Beschwerde  ist  frist­  und  formgerecht  eingereicht.  Der 
Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist 
durch  die  angefochtene  Verfügung  besonders  berührt  und  hat  ein 
schutzwürdiges  Interesse  an  deren  Aufhebung  beziehungsweise 
Änderung;  er  ist  daher  zur  Einreichung  der  Beschwerde  legitimiert 
(Art. 108  Abs. 1  AsylG  sowie  Art. 105  AsylG  i.V.m.  Art.  37  VGG  und 
Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Mit  Beschwerde  kann  die  Verletzung  von  Bundesrecht,  die  unrichtige 
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und 
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
3.1  Gemäss  Art. 2  Abs. 1  AsylG  gewährt  die  Schweiz  Flüchtlingen 
grundsätzlich  Asyl.  Flüchtlinge  sind  Personen,  die  in  ihrem Heimatstaat 
oder  im Land,  in dem sie zuletzt wohnten, wegen  ihrer Rasse, Religion, 
Nationalität,  Zugehörigkeit  zu  einer  bestimmten  sozialen  Gruppe  oder 
wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt 
sind  oder  begründete  Furcht  haben,  solchen  Nachteilen  ausgesetzt  zu 
werden. Als  ernsthafte Nachteile  gelten  namentlich  die Gefährdung  des 
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Leibes,  des  Lebens  oder  der  Freiheit  sowie  Massnahmen,  die  einen 
unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen 
oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die 
Behörde  ihr  Vorhandensein  mit  überwiegender  Wahrscheinlichkeit  für 
gegeben  hält.  Unglaubhaft  sind  insbesondere  Vorbringen,  die  in 
wesentlichen  Punkten  zu  wenig  begründet  oder  in  sich  widersprüchlich 
sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte 
oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
3.3  Gemäss  Art.  1  F  Bst.  b  FK  sind  die  Bestimmungen  der 
Flüchtlingskonvention  nicht  anwendbar  auf  Personen,  für  die  ernsthafte 
Gründe  für den Verdachte bestehen, dass sie ein schweres Verbrachen 
des  gemeinen  Rechts  ausserhalb  des  Gastlandes  begangen  haben, 
bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen worden sind.
4.
4.1 Zur Begründung der angefochtenen Verfügung stellte das Bundesamt 
fest,  der  Beschwerdeführer  habe  aufgrund  der  Aktenlage  begründete 
Furcht  vor  asylrelevanten  Nachteilen  und  erfülle  daher  die 
Flüchtlingseigenschaft.  Die  LTTE  habe  zur  Durchsetzung  ihrer  Ziele  im 
Rahmen  ihres  bewaffneten  Kampfes  massive  Gewalttaten  begangen, 
welche  als  terroristische Handlungen  und  entsprechend  als  gegen  Leib 
und Leben gerichtete  gemeinrechtliche Straftaten  zu qualifizieren  seien, 
und  in  keinem  angemessenen  Verhältnis  zu  den  von  ihr  verfolgten 
politischen Zielen  stehen würden. Die  LTTE  sei  auch  gegen  desertierte 
eigene  Mitglieder  sowie  gegen  die  Zivilbevölkerung  vorgegangen.  Der 
Beschwerdeführer  trage  aufgrund  der  von  ihm  innerhalb  der  LTTE 
ausgeübten Funktionen und Tätigkeiten eine direkte Mitverantwortung für 
in  seinem Einsatzgebiet  begangene  gemeinrechtliche  Straftaten.  Es  sei 
davon  auszugehen,  dass  er  die  Vorgehensweise  der  LTTE  objektiv 
mitgetragen habe. Die von ihm durchlaufene Karriere wäre nicht möglich 
gewesen, ohne dass er sich der Ziele und dafür eingesetzten Mittel der 
LTTE bewusst gewesen sei und sich mit diesen identifiziert habe. Es sei 
mithin  von  einem  objektiv  und  subjektiv  schweren  Verschulden  des 
Beschwerdeführers  auszugehen.  Im  Übrigen  vermöchten  seine 
Schilderungen bezüglich seiner Flucht aus dem LTTE­Camp, wie bereits 
in der Verfügung vom 30. Juli 2004 ausgeführt, nicht zu überzeugen, und 
es sei angesichts seines ausweichenden Aussageverhaltens hinsichtlich 
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seiner  Ausbildung  und  seiner  Tätigkeiten  bei  der  LTTE  davon 
auszugehen, dass er seinen  tatsächlichen Tatbeitrag verschleiern wolle. 
Aus diesen Gründen sei der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 1 F Bst. b 
FK  aus  der  Flüchtlingseigenschaft  auszuschliessen.  Dies  erscheine  in 
Anbetracht  der  objektiven  Verwerflichkeit  seiner  Taten  und  seiner 
subjektiven  Schuld  auch  unter  Berücksichtigung  möglicher 
Schuldmilderungsgründe  sowie  seines  Schutzinteresses  als 
angemessen.  Indessen  würden  sich  aus  den  Akten  konkrete 
Anhaltspunkte dafür er geben, dass  ihm im Heimatstaat mit beachtlicher 
Wahrscheinlichkeit  eine  durch  Art.  3  EMRK  verbotene  Strafe 
beziehungsweise  Behandlung  drohe,  weshalb  der  Vollzug  der 
Wegweisung als unzulässig erachtet werde. 
4.2  Zur  Begründung  seiner  Beschwerde  rügte  der  Beschwerdeführer, 
dass der Sachverhalt hinsichtlich der Frage, ob er direkt und unmittelbar 
an  Kampfhandlungen  zwischen  der  LTTE  und  den  Regierungstruppen 
beteiligt gewesen sei, unkorrekt und unvollständig abgeklärt worden sei. 
Es  würden  keine  Hinweise  auf  ernsthafte  Gründe  für  den  Verdacht 
vorliegen,  er  habe  ein  schweres  gemeinrechtliches  Verbrechen 
begangen. Er habe Mühe mit den Kampfhandlungen bekundet und sich 
zumindest  einmal  bei  einem  Gefecht  geweigert,  die  Weisungen  seiner 
Vorgesetzten  umzusetzen.  Zudem  sei  er  nie  einem  Soldaten  der  sri­
lankischen  Armee  direkt  begegnet.  Er  habe  schliesslich  schon  längere 
Zeit  vor  seiner  Flucht  die  Absicht  gehabt,  die  LTTE  zu  verlassen.  Die 
zusätzliche  Anhörung  vom  22. Dezember  2008  sei  unsachgemäss 
durchgeführt  worden.  Die  befragende  Person  habe  ungenaue  und  zum 
Teil nicht nachvollziehbare Fragen gestellt, und an verschiedenen Stellen 
ihre  Voreingenommenheit  offenbart.  Sie  sei  implizite  und  ohne  weitere 
Begründung  davon  ausgegangen,  er,  der  Beschwerdeführer,  sei  für  die 
Tötung von Zivilisten direkt verantwortlich gewesen. Durch diese Haltung 
sei  der  Entscheid  des  BFM  präjudiziert  worden.  Es  wäre  wichtig 
gewesen,  in  dieser  Befragung  sein  Engagement  in  einem 
geographischen und zeitlichen Umfeld zu kontextualisieren. Insbesondere 
wäre abzuklären gewesen, ob er an der bedeutenden Offensive der LTTE 
am  Elephant  Pass  im  Jahre  2000  teilgenommen  habe  und,  falls  ja, 
inwieweit seine Truppen dabei involviert gewesen seien. Seine Antworten 
seien  zwar  knapp  ausgefallen,  er  habe  aber  durchaus  wesentliche 
Informationen  zu  seinen  Aktivitäten  zu  Protokoll  gegeben.  Vor  dem 
Hintergrund  der  Verlagerung  der militärischen Auseinandersetzungen  in 
den  Süden  und Osten  Sri  Lankas  Ende  der  1990er  Jahre  sei  denkbar, 
dass er erst nach den grossen Gefechten an den Elephant Pass verlegt 
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worden  sei  und  daher  nur  an  kleineren  Auseinandersetzungen 
teilgenommen  habe.  Unter  diesen  Voraussetzungen  erscheine  seine 
Aussage,  es  seien  ihm  keine  Zivilopfer  bekannt,  als  glaubwürdig.  Eine 
Reihe  wichtiger  Fragen  sei  aber  ungeklärt.  So  sei  der  Einfluss  des  im 
Jahre  2002  erfolgten  Waffenstillstandes  auf  seine  Tätigkeiten  unklar, 
zumal  anzunehmen  sei,  dass  diesem  eine  Deeskalationsstrategie 
vorausgegangen  sei.  Ebenso  ungeklärt  seien  die  Art  seiner 
Kampfeinsätze,  die  Befehlshierarchie,  seine  Aufgaben  als 
"Zweitverantwortlicher"  eines  Camps  sowie  die  Probleme  im 
Zusammenhanghang  mit  der  Abspaltung  der  Karuna­Gruppe  von  der 
LTTE. Art. 1 F  lit. b FK sei nur bei  in objektiver und subjektiver Hinsicht 
besonders  schwerwiegenden  gemeinrechtlichen  Straftaten  anwendbar, 
worunter  in  erster  Linie  Kapitalverbrechen  fielen.  Für  eine 
völkerrechtskonforme  Anwendung  dieser  Bestimmung  sei  unabdingbar, 
dass  ein  schweres  Verschulden  des  Täters  festgestellt  werde  und  eine 
Güterabwägung  zwischen  dem  Schutzinteresse  des  Täters  und 
demjenigen  der  Schweiz  vorgenommen  werde.  Aus  seinen  Vorbringen 
würden sich keinerlei Hinweise dafür ergeben, dass er Kapitalverbrechen 
verübt habe. Vielmehr sei er selbst Opfer der LTTE gewesen, sei er doch 
zur  Kooperation  gezwungen  worden.  Dass  er  trotz  seiner  schlechten 
Kampfmoral  zum Major  befördert worden  sei,  sei wahrscheinlich  darauf 
zurückzuführen, dass er aufgrund seiner fehlenden Ambitionen auf einen 
höheren  Rang  als  zuverlässige  Informationsquelle  gegolten  habe.  Ein 
Zusammenhang  zwischen  den  durch  die  LTTE  begangenen 
Menschenrechtsverletzungen,  namentlich  den  Übergriffen  gegen  die 
Zivilbevölkerung,  und  seinen  persönlichen  Tätigkeiten  sei  nicht 
ersichtlich. Es sei zu beachten, dass über Jahre hinweg die LTTE eine Art 
quasistaatliches Gewaltmonopol ausgeübt habe und  fast  jeder Tamile  in 
irgendeiner  Beziehung  zu  dieser  Organisation  gestanden  sei.  Er  könne 
nicht pauschal  für Taten zur Rechenschaft gezogen werden, von denen 
er  weder  Kenntnis  hatte  noch  sie  habe  kontrollieren  können.  Die 
Annahme,  er  habe  aufgrund  seiner  Position  einen  mitbestimmenden 
Einfluss  auf  die  Zielsetzung  der  LTTE  gehabt,  sei  realitätsfremd.  Die 
LTTE sei streng hierarchisch organisiert gewesen und seine Kontakte zu 
hochrangigen  Mitgliedern  habe  sich  auf  die  Entgegennahme  von 
Instruktionen  beschränkt.  Er  stelle  keine  Gefahr  im  Sinne  der 
Zweckbestimmung von Art.  1 F Bst.  b FK dar, weshalb die Anwendung 
dieser Bestimmung unzulässig sei.
4.3  In  seiner  ergänzenden Eingabe  vom 30. November 2010  führte  der 
Beschwerdeführer  aus,  eine  Verfolgung  durch  die  LTTE  wegen  seiner 
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Seite 10
"Desertion" sei aufgrund der veränderten Machtverhältnisse in Sri Lanka 
aktuell  unwahrscheinlich,  jedoch drohe  ihm Gefahr  von staatlicher Seite 
sowie  von  paramilitärischen Gruppen.  Zahlreiche Personen,  welche  der 
Verbindung mit der LTTE verdächtigt würden, seien verhaftet, befragt und 
in sogenannte "Rehabilitation Centres" gebracht worden. Bisher sei keine 
Amnestie für die Inhaftierten ausgesprochen worden und ihre Zukunft sei 
ungewiss.  Es  sei  davon  auszugehen,  dass  die  Regierung 
Fahndungslisten über gesuchte LTTE­Mitglieder habe, aufgrund welcher 
gerade auch Rückkehrer aus dem Ausland überprüft werden könnten. Im 
Weiteren  würden  die  paramilitärischen  Gruppen  TMVP  im  Osten  und 
EPDP  im  Norden  Sri  Lankas  mit  den  Regierungskräften 
zusammenarbeiten  und  es  komme  ihnen  insbesondere  bei  der 
Entlarvung ehemaliger LTTE­Mitglieder eine wichtige Rolle zu. Die TMVP 
verübe  im  Osten  Sri  Lankas  Übergriffe  auf  Individuen  und  bestimmte 
Personengruppen.  Insbesondere  werde  Rache  an  früheren  LTTE­
Sympathisanten  und  deren  Familien  geübt.  Es  bestehe  eine  direkte 
Verbindung der paramilitärischen Gruppen zur sri­lankischen Regierung. 
Diese habe im Übrigen den Kampf gegen die LTTE auf die internationale 
Ebene  ausgedehnt.  Mithilfe  der  Geheimdienste  solle  das  internationale 
Netzwerk der LTTE zerschlagen werden. Es müsse davon ausgegangen 
werden,  dass  die  Sicherheitskräfte  über  ihn  Bescheid  wüssten  und  er 
demzufolge im Falle der Rückkehr nach Sri Lanka inhaftiert würde. Dafür 
spreche  auch  der  Umstand,  dass  die  Behörden  in  seinem  Heimatdorf 
aktiv versuchen würden, im Ausland lebende LTTE­Unterstützer ausfindig 
zu  machen.  In  diesem  Zusammenhang  hätten  sie  auch  seine  Mutter 
aufgesucht  und  nach  ihm,  dem  Beschwerdeführer,  gefragt.  Im  Übrigen 
sei sein Bruder  (…) aufgrund des Vorwurfs der Unterstützung der LTTE 
während acht Jahren inhaftiert gewesen und sei  in dieser Zeit mehrmals 
zu ihm, dem Beschwerdeführer, befragt worden. 
5.
5.1 Vorab sind die verfahrensrechtlichen Rügen des Beschwerdeführers 
zu prüfen.
5.2 Allgemein gilt  im Verwaltungsverfahren der Untersuchungsgrundsatz 
und  die  Pflicht  zur  vollständigen  und  richtigen  Abklärung  des 
rechtserheblichen  Sachverhalts  (Art. 6  AsylG  i. V. m.  Art. 12  VwVG). 
Diese  behördliche  Untersuchungspflicht  wird  durch  die  den 
Asylsuchenden  gestützt  auf  Art. 8  AsylG  auferlegte  Mitwirkungspflicht 
eingeschränkt,  wobei  die  Gesuchsteller  insbesondere  ihre  Identität 
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offenzulegen und bei der Anhörung der Behörde alle Gründe mitzuteilen 
haben,  die  für  die  Asylgewährung  relevant  sein  könnten  (vgl.  BVGE 
2009/50 E. 10.2, Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen 
Asylrekurskommission  [EMARK]  1993  Nr. 7  E. 3d).  Was  die  daraus 
resultierenden Anforderungen an die mündliche Anhörung gemäss Art. 29 
AsylG und die entsprechende Gewährung des rechtlichen Gehörs betrifft, 
so  soll  die  Anhörung  immerhin  Gewähr  dafür  bieten,  dass  die 
asylsuchende  Person  ihre  Asylgründe  vollständig  darlegen  kann  und 
diese von der Asylbehörde korrekt erfasst werden, wobei die mündliche 
Befragung  insbesondere  auch  dazu  dient,  gezielte  Rückfragen  zur 
Erhebung  des Sachverhalts  zu  stellen  und Missverständnisse  zu  klären 
(vgl.  BVGE  2008/24  E. 7.2  S. 356  f.,  BVGE  2007/30  E. 5.5.1  und  5.5.2 
S. 365  f.; WALTER KÄLIN,  Grundriss  des  Asylverfahrens,  Basel/Frankfurt 
a.M.1990, S. 256 f.).
5.3 Diesen  Anforderungen  ist  die  Vorinstanz  entgegen  der  Auffassung 
des Beschwerdeführers nachgekommen. Das BFM hat am 27. Juli 2004 
und  22.  Dezember  2008  zwei  ausführliche  Anhörungen  durchgeführt. 
Eine  Durchsicht  des  Protokolls  der  zweiten  Befragung  ergibt,  dass  die 
Befragerin  durchaus  sachdienliche  Fragen  zur  Abklärung  der  Funktion 
und  Aufgaben  des  Beschwerdeführers  in  der  LTTE  sowie  seiner 
Beteiligung  an  Gewaltakten  dieser  Organisation  stellte.  Zudem  wurden 
bereits  in der ersten Befragung entsprechende Fragen gestellt. Zwar  ist 
tatsächlich  festzustellen,  dass  der  Umfang  der  Aktivitäten  des 
Beschwerdeführers  nicht  in  jeder  Hinsicht  genau  ergründet  werden 
konnte.  Dies  ist  aber  massgeblich  auf  das  offenkundig  ausweichende 
Aussageverhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen. Aufgrund der 
Aktenlage  erscheinen  die  entscheidwesentlichen  Elemente  des 
Sachverhalts  entgegen  den  Beschwerdevorbringen  insgesamt  als 
hinreichend erstellt.
5.4 Im Weiteren ist dem Beschwerdeführer zwar zuzustimmen, dass sich 
die Befragerin in einem Abschnitt der Befragung vom 22. Dezember 2008 
(A34/22,  S.  14f.)  offensichtlich  genervt  zeigte.  Allerdings  erscheint  der 
dabei  von  ihr  erfolgte  Hinweis  auf  den  eigentlichen  Zweck  der  zweiten 
Anhörung  nicht  unsachgemäss.  Alleine  aufgrund  unpassender 
Äusserungen der befragenden Person kann nicht per se auf eine objektiv 
begründbare  Befangenheit  geschlossen  werden.  Die  blosse  subjektive 
Wahrnehmung  eines  unfreundlichen  Verhaltens  genügt  nicht,  um  die 
Befangenheit bejahen zu können; vielmehr sind die objektiven Merkmale 
ausschlaggebend  (vgl.  Urteil  des  Bundesverwaltungsgerichts  D­
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3473/2006  vom  20. Februar  2009  E.  4.3.  S.  7f.).  Da  in  casu  aus  der 
angefochtenen Verfügung ersichtlich wird, dass sich die Sachbearbeiterin 
anhand  der  vorgängigen  Befragung  mit  dem  Sachverhalt 
auseinandergesetzt und diesen hinreichend gewürdigt hat,  ist  insgesamt 
eine  objektiv  begründbare  Befangenheit  derselben  zu  verneinen. 
Schliesslich  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  die  bei  der  Befragung 
anwesende Hilfswerksvertretung keine Einwände vorgebracht hat und der 
Beschwerdeführer das Protokoll vorbehaltlos unterzeichnet hat. 
5.5 Die verfahrensrechtlichen Rügen des Beschwerdeführers erscheinen 
somit  unbegründet  und  es  besteht  weder  Veranlassung,  den 
Beschwerdeführer  erneut  zu  befragen  noch  die  Akten  zur  Feststellung 
des  vollständigen  Sachverhalts  an  die  Vorinstanz  zurückzuweisen.  Die 
entsprechenden Anträge sind daher abzuweisen.
6.
Gemäss  UNHCR  ist  der  Einschluss  der  Flüchtlingseigenschaft  in  aller 
Regel  vor  dem  Ausschluss  im  Sinne  von  Art.  1F  FK  zu  prüfen  (sog. 
"inclusion  before  exclusion"­Prinzip).  Eine  Ausnahme  von  diesem 
Grundsatz  rechtfertigt  sich  nur  dann,  wenn  etwa  Anklage  vor  einem 
internationalen  Strafgericht  erhoben  worden  ist  oder  offensichtliche 
Beweise dafür vorliegen, dass der Asylsuchende  in ein ausserordentlich 
schweres Verbrechen – insbesondere im Sinne von spektakulären Fällen 
nach Art. 1F Bst. c FK ­ verwickelt ist oder wenn im Rechtsmittelverfahren 
der  Ausschluss  im  Mittelpunkt  steht  (vgl.  United  Nations  High 
Commissioner  for  Refugees  [UNHCR],  Richtlinien  zum  internationalen 
Schutz: Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens 
von  1951  über  die  Rechtsstellung  der  Flüchtlinge,  4.  September  2003, 
Ziff.  31.  [UNHCR  Richtlinien]);  UNHCR,  Background  Note  on  the 
Application of the Exclusion Clauses: Article 1 F of the 1951 Convention 
relating to the Status of Refugees, Ziff. 100 S. 36 f. [UNHCR Background 
Notes]).  Das  Bundesverwaltungsgericht  beachtet  vorliegend  dieses 
"inclusion  before  exclusion"­Prinzip  steht  doch  in  casu  die  Abwägung 
zwischen  Schutzinteresse  einerseits  sowie  Verwerflichkeit  der  Tat  und 
Schuldfrage anderseits im Vordergrund.
7.
Demzufolge  stellt  sich  zunächst  die  Frage,  ob  dem  Beschwerdeführer 
aufgrund  der  von  ihm  vorgebrachten  Fluchtgründe  die 
Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen ist.
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Seite 13
Das  BFM  hat  in  seiner  Verfügung  vom  22.  Oktober  2009  bereits 
festgestellt,  dass  der  Beschwerdeführer  die  Flüchtlingseigenschaft 
gemäss  Art. 3  AsylG  erfülle.  Dieser  Einschätzung  ist  auch  unter 
Berücksichtigung   der  derzeitigen  politischen  Situation  in  Sri  Lanka  zu 
folgen. Zwar ist durch den militärischen Sieg der sri­lankischen Regierung 
über  die  LTTE  im  Mai  2009  unter  Liquidierung  ihrer  gesamten 
Führungselite  die  Gefahr  gebannt,  dass  der  Beschwerdeführer  als 
ehemaliger Offizier  der  LTTE wegen  seiner Desertion  heute  noch  einer 
Bedrohung  seitens  der  LTTE  ausgesetzt  sein  könnte.  Demgegenüber 
darf  auch  im heutigen Zeitpunkt  als wahrscheinlich  gelten,  dass die  sri­
lankische Regierung nach wie vor alles daran setzt, ehemalige Offiziere 
der  LTTE  aufzuspüren,  um  sie  einerseits  für  allfällig  begangene 
Kriegsverbrechen zur Verantwortung zu ziehen und andererseits mit ihrer 
Hilfe  weiterer  untergetauchter  LTTE­Kämpfer  habhaft  zu  werden 
beziehungsweise  die  letzten  Rudimente  des  Netzwerkes  der  LTTE  zu 
zerschlagen.  Demnach  ist  von  einer  aktuellen  flüchtlingsrechtlich 
relevanten Gefährdung des Beschwerdeführers  in seinem Herkunftsland 
auszugehen
8.
Im  Weiteren  ist  zu  prüfen,  ob  aufgrund  der  vom  Beschwerdeführer 
verübten  Straftat  ein  Grund  zum  Ausschluss  von  der 
Flüchtlingseigenschaft gegeben ist.
8.1 
8.1.1.  Gemäss  Art.  1  F  Bst.  b  FK  sind  die  Bestimmungen  dieses 
Abkommens nicht anwendbar auf Personen, für die ernsthafte Gründe für 
den Verdacht bestehen, dass sie ein schweres Verbrechen des gemeinen 
Rechts  ausserhalb  des Gastlandes  begangen haben,  bevor  sie  dort  als 
Flüchtling aufgenommen worden sind. 
8.1.2. Diese Ausschlussbestimmung ist − ebenso wie die beiden anderen 
Tatbestandsvarianten  von  Art.  1  F  FK  (Bst.  a:  Verbrechen  gegen  den 
Frieden,  Kriegsverbrechen  oder  Verbrechen  gegen  die  Menschlichkeit; 
Bst.  c:  den  Zielen  und  Grundsätzen  der  Vereinten  Nationen 
zuwiderlaufende  Handlungen)  −  restriktiv  auszulegen  (vgl.  Handbuch 
über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft 
gemäss dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die 
Rechtsstellung  der  Flüchtlinge,  Genf  1979,  Neuauflage:  2003  [UNHCR, 
Handbuch], Ziff. 149). Als schwere Verbrechen im Sinne von Art. 1 F Bst. 
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b  FK  gelten  gemäss  dem  UNHCR  Kapitalverbrechen  oder  besonders 
schwerwiegende Straftaten, namentlich Vergewaltigung und Raub, Mord, 
Vergewaltigung und bewaffneter Raub (vgl. UNHCR Handbuch, Ziff. 155; 
UNHCR Richtlinien,  Ziff.  14).  Ein  solches Kapitalverbrechen  fällt  jedoch 
dann nicht  in den Anwendungsbereich von Art.  1 F Bst.  b FK, wenn es 
einen vorwiegend politischen Charakter aufweist. 
8.1.3.  Ein  weiteres  Tatbestandselement  ist  die  individuelle 
Verantwortlichkeit  des  Täters  für  das  ihm  zur  Last  gelegte  Delikt.  Die 
Anwendung  von Art. 1 F Bst.  b  FK  schliesst  nicht  aus,  dass  auch  hohe 
Führungspersonen  in  Organisationen,  die  als  Mittel  der  Zielerreichung 
terroristische Handlungen  begehen  und  dabei  schwere  Verbrechen  des 
gemeinen  Rechts  in  Kauf  nehmen,  die  Verantwortung  für  deren 
Handlungen  zu  tragen  haben  und  sich  solche  Verbrechen  anrechnen 
lassen  müssen  (vgl.  EMARK  2005  Nr. 18  E.  6.2  u.  E  6.3  mit  weiteren 
Hinweisen; EMARK 1999 Nr. 11; vgl. auch die systematische Einordnung 
der  Ausführungen  zur  Verantwortlichkeit  in  UNHCR­Richtlinien, 
Ziff. 18 ff.).  In  Anbetracht  der  Tragweite  eines  Ausschlusses  vom 
Anwendungsbereich  der  Flüchtlingskonvention  ist  jedoch  von  einer 
pauschalen  und  undifferenzierten  Zurechnung  der  Verantwortlichkeit 
Abstand zu nehmen (UNHCR­Richtlinien, Ziff. 19; vgl. zum Ganzen Urteil 
des Bundesverwaltungsgerichts E­4286/2008 vom 17. Oktober 2008).
8.1.4. Falls die Beurteilung eines Asylgesuches schliesslich ergibt, dass 
effektiv  ein  schweres  gemeinrechtliches  Delikt  begangen  wurde,  ist  die 
Anwendung  der  Ausschlussklausel  von  Art.  1  F  Bst.  b  FK  auf  ihre 
Verhältnismässigkeit  hin  zu  überprüfen.  Im  Rahmen  dieser 
Güterabwägung  sind  die  Folgen  des  Ausschlusses  von  der 
Flüchtlingseigenschaft  der  Schwere  der  Tat  gegenüberzustellen  (vgl. 
UNHCR,  Richtlinien,  Ziff.  24).  Lässt  sich  im  Rahmen  einer  solchen 
Güterabwägung feststellen, dass das Schutzinteresse des Täters vor der 
ihm drohenden Verfolgung im Heimatland im Vergleich zur Verwerflichkeit 
seines Verbrechens und seiner subjektiven Schuld als geringer erscheint, 
so  ist  der  Asylsuchende  vom  Anwendungsbereich  der  Konvention 
auszuschliessen (vgl. die weiterhin zutreffende Rechtsprechung der ARK 
in EMARK 1993 Nr. 8 E. 6a sowie BVGE E­4286/2008 vom 17. Oktober 
2008).
8.1.5. Bezüglich des Beweismassstabes bei der Prüfung von Art. 1 F FK 
kann  auf  EMARK  2005  Nr.  18  (mit  weiteren  Hinweisen)  verwiesen 
werden.  Demnach  müssen  "ernsthafte  Gründe"  für  die  Annahme  eines 
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Ausschlusstatbestandes  vorliegen.  Dazu  braucht  es  substanziell 
verdichtete  Verdachtsmomente;  eine  blosse  Mutmassung  genügt 
jedenfalls  nicht.  Die  Anwendung  von  Art.  1  F  FK  ist  ferner  nur  dann 
gerechtfertigt,  wenn  der  Betroffene mitbestimmenden  Einfluss  ausgeübt 
hat und ihn somit für diese Straftaten eine persönliche Verantwortlichkeit 
trifft,  unabhängig  davon,  ob  er  diese  selber  begangen  oder  diese  nur 
unterstützt beziehungsweise geduldet hat. 
8.2 
8.2.1. Das BFM vertritt  in der angefochtenen Verfügung die Auffassung, 
der  Beschwerdeführer  sei  als  Kadermitglied  der  LTTE mitverantwortlich 
für die durch diese Organisation im Laufe der Jahre verübten zahlreichen 
und notorischen Straftaten, welche sich nicht nur gegen die sri­lankische 
Armee, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung sowie Kritiker gerichtet 
hätten.  Damit  geht  die  Vorinstanz  von  einer  pauschalen 
Verantwortlichkeit  des  Beschwerdeführers  für  von  dieser  Organisation 
begangene Gewaltakte  aus,  ohne  seine Stellung  und Verantwortlichkeit 
innerhalb  des  Führungsgremiums  genauer  zu  erörtern.  Eine  solche 
Schlussfolgerung fiele ­ wenn überhaupt ­ nur dann in Betracht, wenn die 
Schweiz die LTTE offiziell  zur  terroristischen Organisation  im Sinne von 
Art.  260ter  des  Schweizerischen  Strafgesetzbuchs  vom  21.  Dezember 
1937 (StGB, SR 311.0) erklärt hätte, verbunden mit der Möglichkeit, die 
Mitgliedschaft  in dieser Organisation strafrechtlich zu sanktionieren. Dies 
ist  indessen  nicht  der  Fall, weshalb  die Mitgliedschaft  bei  der  LTTE als 
solche  keinen  Straftatbestand  erfüllt.  Im  Übrigen  könnte  lediglich  bei 
Führungspersonen  einer  terroristischen  Organisation  allenfalls  vom 
Nachweis  strafbarer  Beteiligung  an  einzelnen  bestimmten  Delikten 
abstrahiert werden. In Anbetracht der Tragweite eines Ausschlusses vom 
Anwendungsbereich  der  Flüchtlingskonvention  ist  von  einer  pauschalen 
und  undifferenzierten  Zurechnung  der  Verantwortlichkeit  Abstand  zu 
nehmen.  Denn  unabhängig  von  der  Frage,  ob  und  unter  welchen 
Bedingungen  sich  aus  der  Zugehörigkeit  zu  einer  Organisation,  deren 
Handlungen  und  Methoden  mitunter  von  extremer  Gewalt  zeugen,  die 
Vermutung  einer  persönlichen  Verantwortlichkeit  ableiten  lässt,  hat 
jedenfalls diese Zurechnung im Bereich der Anwendung von Art. 1 F Bst. 
b  FK  stets  den  konkreten  Gegebenheiten  Rechnung  zu  tragen.  Dabei 
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sind  insbesondere  die  Stellung  und  Einflussnahme  der  in  Frage 
stehenden Führungspersonen mit zu berücksichtigen  (vgl. auch EMARK 
2006 Nr. 28 E. 6.2).
8.2.2. Der Beschwerdeführer war nach eigener Darstellung als Major  für 
eine  Einheit  von  40  bis  100  LTTE­Kämpfern  verantwortlich.  Es  ist 
demnach  davon  auszugehen,  dass  er  in  der  rund  10'000  Kämpfer 
umfassenden,  straff  hierarchisch  organisierten  LTTE  (UK  Home  Office, 
Country of Origin  Information Report, Sri Lanka, 11. November 2010, S. 
214), ein subalterner Offizier ohne besondere Charge war. Auch wenn er 
nach  seiner  Darstellung  Kontakte  zu  hochrangigen  Mitgliedern  dieser 
Organisation pflegte, ergeben sich aus den Akten keine Hinweise darauf, 
dass  er  in  der  Lage  gewesen  wäre,  massgeblichen  Einfluss  auf  deren 
strategische und politische Zielsetzung zu nehmen. Somit besteht  keine 
hinreichende  Grundlage  dafür,  den  Beschwerdeführer  pauschal  für  alle 
von  der  LTTE  begangenen Straftaten  und Menschenrechtsverletzungen 
als  verantwortlich  zu  bezeichnen.  Daran  vermag  auch  der  von  der 
Vorinstanz aufgeführte Umstand, dass er diese Akte gutgeheissen habe, 
nichts zu ändern. 
8.3 
8.3.1.  Es  muss  im  Folgenden  geprüft  werden,  ob  die  vom 
Beschwerdeführer  persönlich  beziehungsweise  durch  die  von  ihm 
befehligten  Soldaten  begangenen  Handlungen  den  Anforderungen  von 
Art. 1 F Bst. b FK für einen Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft zu 
genügen vermögen. 
8.3.2. Den Akten ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer von (…) 
bis 2004 aktives Mitglied der LTTE war und zunächst als Soldat, ab (…) 
als Vizekommandant einer Einheit von 40 bis 100 LTTE­Kämpfern, aktiv 
an  verschiedenen  bewaffneten  Auseinandersetzungen  mit  der  sri­
lankischen Armee beteiligt war, wobei er auch auf Soldaten schoss und 
selber  mehrmals,  zum  Teil  schwer,  verletzt  wurde.  Nach  dem 
Waffenstillstand  im  Jahre  2002  war  er  für  das  Training  der  ihm 
untergebenen  Kämpfer  verantwortlich.  Der  Beschwerdeführer  hat 
dargelegt, er sei zwangsweise von der LTTE rekrutiert worden, habe nur 
widerwillig als Kämpfer an den Schlachten mit der Armee teilgenommen 
und  sei  gegen  seinen  Willen  zum  Major  befördert  worden.  Diese 
Darstellung  seiner  Aktivitäten  bei  der  LTTE  ist  aber  aus  mehreren 
Gründen  in  Zweifel  zu  ziehen.  Es  muss  als  realitätsfremd  bewertet 
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werden, dass er angeblich zum Major befördert wurde, obwohl er bereits 
als Soldat seinen Unwillen zu kämpfen mehrmals offen bekundet und die 
Ausbildung  zum Offizier  nur  zwangsweise  absolviert  habe.  Vielmehr  ist 
davon  auszugehen,  dass  nur  solche  Kämpfer  zu Offizieren  ausgebildet 
wurden, welche sich in überdurchschnittlichem Mass für die Anliegen der 
LTTE  einsetzten  und  auf  deren  Loyalität  und  Zuverlässigkeit  sich  die 
LTTE­Führung  verlassen  konnte.  Die  Argumentation  auf 
Beschwerdeebene, er sei gerade deshalb befördert worden, weil er keine 
Ambitionen  auf  einen  weiteren  Aufstieg  gehabt  habe,  erscheint  nicht 
schlüssig.  Zudem  lassen  die  zahlreichen  vom  Beschwerdeführer 
erlittenen Verletzungen darauf schliessen, dass er aktiv und an vorderster 
Front an den Kämpfen teilgenommen hat. Seine Darstellung, er habe nie 
direkten Kontakt mit den Soldaten der Armee gehabt, sondern einfach in 
deren  Richtung  geschossen  (A34,  S.  7),  ist  demnach  offenkundig  als 
Schutzbehauptung zu bewerten. Schliesslich ist auch die Schilderung des 
Beschwerdeführers zu seiner zweimaligen Flucht aus einem LTTE­Camp 
als unrealistisch zu erachten. Es kann diesbezüglich auf die zutreffenden 
Erwägungen des BFM in seiner Verfügung vom 30. Juli 2004 verwiesen 
werden.  Aus  diesen  Umständen  ist  der  Schluss  zu  ziehen,  dass  der 
Beschwerdeführer den Umfang seines Engagements für die LTTE sowie 
die  wahren  Gründe  für  seine  Abwendung  von  dieser  Organisation  zu 
verschleiern sucht. Es  ist davon auszugehen, dass er sich  jedenfalls  im 
Laufe  seiner  Karriere  bei  der  LTTE  durchaus  mit  deren  Zielen  und 
Vorgehensweise  identifizierte  und  eine  aktivere  Rolle  spielte,  als  er  es 
darzustellen  versucht.  Er  kann  sich  somit  nicht  darauf  berufen,  unter 
Zwang an den Kampfhandlungen teilgenommen zu haben, sondern es ist 
davon  auszugehen,  dass  er  die  Gewaltbereitschaft  des  militärischen 
Flügels  der  LTTE  in  Kauf  genommen  und  gebilligt  hat  und  diesen  gar 
militant unterstützte.
8.3.3.  Im  Weiteren  stellt  sich  die  Frage,  ob  es  sich  bei  diesen  dem 
Beschwerdeführer zuzurechnenden Taten um "Verbrechen des gemeinen 
Rechts" im Sinne von Art. 1 F Bst. b FK handelt. 
8.3.3.1  Bei  der  Unterscheidung,  ob  ein  Vergehen  eine  nichtpolitische 
Straftat  darstellt,  welche  unter  den  Auschlusstatbestand  von  Art.  1  F 
Bst. b  FK  fällt,  oder  eine  politische,  welche  nicht  von  dieser 
Ausschlussbestimmung  erfasst  wird,  hält  sich  das 
Bundesverwaltungsgericht  an  die  einschlägige  Rechtsprechung  des 
Bundesgerichts  im  Auslieferungsrecht  (vgl.  insbesondere  BGE  106  Ib 
297). Dabei ist in erster Linie zu beachten, um was für ein Verbrechen es 
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sich handelt  und welcher Zweck mit  der Straftat  verfolgt wurde. Bei  der 
Begehung  eines  politischen  Deliktes  muss  ein  enger  und  direkter 
kausaler  Zusammenhang  zwischen  dem  begangenen  Verbrechen  und 
dem  angeblich  politischen  Zweck  und  Ziel  des  Verbrechens  bestehen. 
Bei  der  Straftat  soll  auch  das  politische  Element  dasjenige  nach 
gemeinem  Recht  überwiegen.  Dies  ist  nicht  der  Fall,  wenn  die 
begangenen  Straftaten  in  grobem  Missverhältnis  zu  dem  angeblich 
erstrebten  Ziel  stehen. Wird  die Straftat  besonders  grausam begangen, 
ist es schwer,  ihren politischen Charakter zu akzeptieren. Der politische 
Charakter  ist  insbesondere  dann  anzunehmen,  wenn  mit  dem  Delikt 
überwiegend  politische  Ziele  verfolgt  wurden  und  die  Tat  im 
Gesamtkontext des Einzelfalles verhältnismässig erscheint (vgl. UNHCR­
Richtlinien, Ziff.  15). Hat ein Delikt  nach den Beweggründen und Zielen 
des Täters einen vorwiegend politischen Charakter, so ist die Straftat als 
relativ  politisches  Delikt  zu  bezeichnen,  bei  welchem  das  vom  Täter 
verfolgte  politische  Ziel  und  die  durch  die  Tat  verletzten Rechtsgüter  in 
einem  angemessenen  Verhältnis  stehen müssen.  Schwere,  gegen  Leib 
und  Leben  gerichtete  Straftaten  können  nur  dann  als  solch  relativ 
politische Delikte bezeichnet werden, wenn die Handlungen das einzige 
Mittel sind, um die auf dem Spiele stehenden, elementaren Interessen zu 
wahren und das gesetzte politische Ziel zu erreichen (vgl. (vgl. BGE 106 
Ib 307, BGE 110 1b 285, EMARK 1993 Nr. 8). 
8.3.3.2 Wie oben dargelegt,  ist  der Beschwerdeführer als  verantwortlich 
für Gewaltakte im Rahmen bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen 
der LTTE und der sri­lankischen Armee zu bezeichnen (vgl. E. 8.3.2.). Es 
muss  davon  ausgegangen  werden,  dass  er  dabei  Angehörige  der  sri­
lankischen  Armee  getötet  und  verletzt  hat,  beziehungsweise  die 
Begehung  solcher  Taten  durch  die  ihm  untergebenen  Kämpfer  zu 
verantworten hat. Hingegen ergeben sich aus den Akten keine Hinweise 
dafür, dass der Beschwerdeführer an Übergriffen auf die Zivilbevölkerung 
direkt  oder  indirekt  beteiligt  war.  Es  kann  ihm  nur  die  Teilnahme  an 
Angriffen auf Armee­Camps und an bewaffneten Auseinandersetzungen 
mit Soldaten der sri­lankischen Armee vorgehalten werden. Es ist davon 
auszugehen,  dass  die  Handlungen  des  Beschwerdeführers  im  Hinblick 
auf  das  von  der  LTTE  verfolgte  Ziel  der  Erlangung  der  Autonomie  der 
tamilisch dominierten Gebiete im Norden und Osten Sri Lankas erfolgten 
und  damit  einen  politischen  Hintergrund  hatten.  Persönliche  oder 
wirtschaftliche Motive sind nicht ersichtlich. In Lehre und Rechtsprechung 
wird die Auffassung vertreten, dass militärische Operationen im Rahmen 
interner  bewaffneter  Konflikte  und  Aufstände  in  der  Regel  die 
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Anforderungen  an  die  Zuerkennung  des  politischen  Charakters  erfüllen 
und  die  Tötung  eines  Menschen,  die  im  Rahmen  eines  Bürgerkrieges 
oder eines offenen bewaffneten Konflikts erfolgt ist, auslieferungsrechtlich 
als angemessenes Mittel erscheinen kann (BGE 106 Ib 107, S. 310, mit 
weiteren  Hinweisen;  WALTER  KÄLIN  und  JÖRG  KÜNZLI,  Article  1F(b): 
Freedom  Fighters,  Terrorists  and  the  Notion  of  Serious  Non­Political 
Crimes,  International  Journal  of  Refugee  Law,  2000/12,  Special 
Supplementary  Issue,  Winter  2000,  S.  67).  Es  liegen  vorliegend  keine 
hinreichenden  Anhaltspunkte  vor,  um  die  Handlungen  des 
Beschwerdeführers  klar  als  unverhältnismässig  zu  bezeichnen,  da  die 
konkreten  Umstände  der  bewaffneten  Auseinandersetzungen,  an 
welchen  er  beteiligt  war,  nicht  erstellt  sind.  Es  kann  zudem  nicht 
ausgeschlossen  werden,  dass  bei  einzelnen  Vorfällen  Notwehr­ 
beziehungsweise  Notstandssituationen  vorlagen.  In  Anbetracht  dieser 
Erwägungen  sowie  unter  Berücksichtigung  des  Umstands,  dass  die 
Ausschlusstatbestände  der  Flüchtlingskonvention  restriktiv  angewendet 
werden  sollten,  erscheint  es  gerechtfertigt,  die  Taten  des 
Beschwerdeführers  als  politische  Delikte  einzustufen,  womit  die 
Voraussetzungen  für  einen Ausschluss  des Beschwerdeführers  von  der 
Flüchtlingseigenschaft gestützt auf Art. 1 F Bst. b FK nicht gegeben sind.
8.4  Im  Übrigen  sind  vorliegend  auch  die  Kriterien  der 
Ausschlusstatbestände  von  Art.  1  F  Bst.  a  (Verbrechen  gegen  den 
Frieden,  Kriegsverbrechen,  Verbrechen  gegen  die  Menschlichkeit)  und 
Bst.  c  FK  (gegen  die  Ziele  und  Grundsätze  der  Vereinten  Nationen 
gerichtete Handlungen) nicht erfüllt.
8.5 Als Zwischenergebnis  ist nach dem Gesagten festzuhalten, dass die 
Vorinstanz  den  Beschwerdeführer  zu  Unrecht  von  der 
Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen hat.
9.
9.1 In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob die dem Beschwerdeführer 
anzurechnenden  Taten  allenfalls  die  Voraussetzungen  für  die 
Verweigerung  des  Asyls  gestützt  auf  Art.  53  AsylG  wegen 
Asylunwürdigkeit erfüllen.
9.2 
9.2.1. Gemäss Art. 53 AsylG wird Flüchtlingen kein Asyl gewährt, wenn 
sie wegen verwerflicher Handlungen dessen unwürdig sind oder wenn sie 
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die  innere oder die äussere Sicherheit  der Schweiz  verletzt  haben oder 
gefährden. 
9.2.2. Unter  den  in Art.  53 AsylG enthaltenen Begriff  der  "verwerflichen 
Handlungen"  In  Berücksichtigung  der  bisherigen  Praxis  der  ARK  (vgl. 
EMARK 1993 Nr. 8 E. 6 S. 49 ff.; EMARK 1996 Nr. 18 E. 5­7 S. 173 ff.; 
EMARK  2002  Nr.  9)  fallen  auch  Delikte,  die  nicht  ein  schweres 
Verbrechen  im Sinne von Art. 1 F Bst. b FK darstellen würden, solange 
sie  dem  abstrakten  Verbrechensbegriff  von  Art.  9  Abs.  1  des 
Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 
311.0) in der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung entsprechen. 
Die  Praxis  der  ARK  wurde  vom Gesetzgeber mit  der  Totalrevision  des 
Asylgesetzes bewusst übernommen (vgl. Botschaft zur Totalrevision des 
Asylgesetzes  sowie  zur  Änderung  des Bundesgesetzes  über  Aufenthalt 
und Niederlassung der Ausländer vom 4. Dezember 1995, Bbl. 1996 II 71 
ff).  Als  Verbrechen  definiert  wurde  dort  jede  mit  Zuchthaus  bedrohte 
Straftat.  Im heute geltenden StGB definiert Art.  10 Abs. 2 Straftaten als 
Verbrechen, die mit mehr als 3 Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Dabei 
ist es auch heute noch (nach der zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten 
Revision  des  StGB)  irrelevant,  ob  die  verwerfliche  Handlung  einen 
ausschliesslich  gemeinrechtlichen  Charakter  hat  oder  als  politisches 
Delikt aufzufassen ist (vgl. EMARK 2002 Nr. 9 E. 7b S. 79 f.). 
9.2.3. Das anzusetzende Beweismass wurde in der Botschaft mit Bezug 
auf  im Ausland begangene Straftaten  für Art. 1 F FK und Art. 53 AsylG 
übereinstimmend  umschrieben  (vgl.  Botschaft  1995,  BBl  1996  II  73 
oben). Bei Straftaten, die  im Ausland begangen wurden,  ist  kein strikter 
Nachweis  erforderlich.  Es  genügt  die  aus  schwerwiegenden  Gründen 
gerechtfertigte  Annahme,  dass  heisst  die  überwiegende 
Wahrscheinlichkeit,  dass  sich  die  betroffene  Person  einer  Straftat  im 
Sinne der genannten Bestimmungen schuldig gemacht hat.
9.2.4. Im Weiteren vermag die alleinige Tatsache einer Mitgliedschaft bei 
einer als extremistisch aufzufassenden Organisation nicht zur Folgerung 
der Asylunwürdigkeit  zu  führen  (vgl. EMARK 1998 Nr. 12 E.  5, EMARK 
2002 Nr. 9 E. 7c). Vielmehr  ist von einer pauschalen Betrachtungsweise 
Abstand  zu  nehmen  und  der  individuelle  Tatbeitrag  −  zu  welchem  die 
Schwere  der  Tat  und  der  persönliche  Anteil  am  Tatentscheid  wie  auch 
das  Motiv  des  Täters  und  allfällige  Rechtfertigungs­  oder 
Schuldminderungsgründe  zu  zählen  sind  −  zu  ermitteln  (vgl.  EMARK 
2002 Nr. 9 a.a.O.). Die Praxis  folgt sodann der  in der Lehre vertretenen 
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Auffassung,  dass  bei  der  Beurteilung  der  Asylunwürdigkeit  auch  der 
Grundsatz  der  Verhältnismässigkeit  zu  beachten  ist.  Dabei  ist  vorab  in 
Betracht  zu  ziehen, wie  lange die Tat  bereits  zurückliegt, wobei  auf  die 
Verjährungsbestimmungen  des  Strafrechts  verwiesen  wird.  Ebenso 
haben das Alter des Flüchtlings im Zeitpunkt der Tatbegehung sowie eine 
allfällige Veränderung der  Lebensverhältnisse nach der Tat Einfluss auf 
die diesbezügliche Entscheidfindung (vgl. zum Ganzen EMARK 2002 Nr. 
9 E. 7d S. 82 mit Hinweisen).
9.3 Den Akten ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer von (…) bis 
2004 aktives Mitglied der LTTE war und zunächst als Soldat, ab (…) als 
Vizekommandant einer Einheit von 50 bis 100 LTTE­Kämpfern, aktiv an 
verschiedenen bewaffneten Auseinandersetzungen mit der sri­lankischen 
Armee beteiligt war. Diese Fakten legen die Annahme nahe, dass er die 
gewaltbereite Organisation der LTTE über einen vergleichsweise  langen 
Zeitraum  in  nicht  zu  unterschätzendem  Ausmass  sowohl  logistisch  als 
auch  militant  unterstützt  hat.  Zudem  ist  nach  Auffassung  des  Gerichts 
davon  auszugehen,  dass  der  Beschwerdeführer  sich  durchaus  mit  den 
Zielen und der Vorgehensweise der LTTE  identifizierte und er diese mit 
überwiegender  Wahrscheinlichkeit  nicht  aus  den  von  ihm  genannten 
Gründen  verliess  (vgl.  E.  8.3.2).  Nach  Ansicht  des 
Bundesverwaltungsgerichts  bestehen  demnach  insgesamt  gesehen 
hinreichende  konkrete  Anhaltspunkte  dafür,  dass  der  Beschwerdeführer 
zugunsten der LTTE bis im Jahr 2004 verwerfliche Handlungen im Sinne 
von Art. 53 AsylG begangen hat.
9.4  Aufgrund  einer  Abwägung  aller  Umstände  des  vorliegenden 
Einzelfalls  ist  insgesamt  nicht  von  der  Unverhältnismässigkeit  des 
Asylausschlusses auszugehen, zumal der Beschwerdeführer als vorläufig 
aufgenommener  Flüchtling  in  der  Schweiz  bleiben  kann. Wiewohl  er  in 
der Schweiz  selbst  nie  deliktisch  in Erscheinung getreten  ist,  hat  er  die 
LTTE durch seine  jahrelange Hilfestellung (im  logistischen Bereich, aber 
auch  im Rahmen  von Kampfhandlungen)  doch massgeblich  unterstützt. 
Darüber hinaus hat  er  sich  vom bewaffneten Kampf nie  klar  distanziert. 
Bei dieser Sachlage ist der Beschwerdeführer wegen Asylunwürdigkeit im 
Sinne von Art. 53 AsylG von der Asylgewährung auszuschliessen.
10.
10.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder  tritt es darauf nicht 
ein,  so  verfügt  es  in  der  Regel  die Wegweisung  aus  der  Schweiz  und 
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ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit 
der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
10.2 Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche 
Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf einer solchen. Die 
Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 Abs. 1 AsylG; 
EMARK  2001  Nr.  21,  vgl.  BVGE  2009/50  E.  9  S.  733  mit  weiteren 
Hinweisen).
10.3 Da der Beschwerdeführer von der Vorinstanz wegen Unzulässigkeit 
des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufgenommen wurde, erübrigen sich 
Ausführungen  zur  Zulässigkeit,  Zumutbarkeit  und  Möglichkeit  des 
Wegweisungsvollzugs.
11.
Nach  dem Gesagten  ist  die  Beschwerde  ­  soweit  nicht  gegenstandslos 
geworden  ­  gutzuheissen,  soweit  beantragt  wird,  es  sei  die 
Flüchtlingseigenschaft  des  Beschwerdeführers  festzustellen 
beziehungsweise die Anwendbarkeit der Ausschlussgründe von Art. 1 F 
Bst. a­c FK zu verneinen; im Übrigen ist sie, soweit die Zuerkennung von 
Asyl  beantragt  wird,  abzuweisen.  Die  Ziffer  1  des  Dispositivs  der 
Verfügung  des  Bundesamtes  vom  22.  Oktober  2009  ist  demnach 
aufzuheben  und  das  BFM  ist  anzuweisen,  den  Beschwerdeführer  als 
Flüchtling anzuerkennen.
12.
12.1 Der Beschwerdeführer ist lediglich mit seinem auf Zuerkennung der 
Flüchtlingseigenschaft  lautenden  Begehren  und  somit  nur  teilweise, 
nämlich praxisgemäss zu zwei Dritteln, durchgedrungen. Die Kosten des 
Verfahrens sind  ihm deshalb  in ermässigtem Umfang aufzuerlegen  (Art. 
63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 200.− festzusetzen (Art. 1­3 des 
Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen 
vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
12.2  Gemäss  Art.  64  Abs.  1  VwVG  kann  die  Beschwerdeinstanz  der 
obsiegenden  Partei  eine  Parteientschädigung  für  die  notwendigen  und 
verhältnismässig  hohen  Kosten  zusprechen.  Angesichts  des  teilweisen 
Obsiegens  ist  dem  Beschwerdeführer  eine  reduzierte 
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 7 Abs. 2 VGKE). Gemäss Art. 14 
Abs. 1 VGKE haben die Parteien, die Anspruch auf Parteientschädigung 
erheben,  und  die  amtlich  bestellten  Anwälte  und  Anwältinnen  dem 
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Gericht  vor  dem  Entscheid  eine  detaillierte  Kostennote  einzureichen. 
Vorliegend  hat  der  Rechtsvertreter  keine  Kostennote  eingereicht, 
obschon ihm dies im Rahmen der Eingaben vom 30. November 2009, 21. 
Dezember  2009  und  30. November  2010  möglich  gewesen  wäre.  Der 
Vertretungsaufwand  lässt  sich  indessen  aufgrund  der  Verfahrensakten 
verlässlich einschätzen. Der Antrag auf angemessene Fristansetzung zur 
Einreichung  einer  detaillierten  Kostennote  ist  deshalb  abzuweisen.  Die 
um einen Drittel zu kürzende Parteientschädigung ist auf Grund der Akten 
(Art. 14 Abs. 2  in  fine VGKE) unter Berücksichtigung der massgeblichen 
Bemessungsfaktoren (vgl. Art. 8 ff. VGKE) auf Fr. 1410.– (inkl. Auslagen 
und  Mehrwertsteuer)  festzusetzen.  Das  BFM  ist  anzuweisen,  dem 
Beschwerdeführer diesen Betrag als Parteientschädigung zu entrichten.
(Dispositiv nächste Seite)
 
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. 
Die  Beschwerde  wird  gutgeheissen,  soweit  die  Feststellung  der 
Flüchtlingseigenschaft beantragt wird; im Übrigen wird sie abgewiesen.
2. 
Die  Ziffer  1  des  Dispositivs  der  Verfügung  des  BFM  vom  22.  Oktober 
2009 wird aufgehoben.
3. 
Das  BFM  wird  angewiesen,  den  Beschwerdeführer  als  Flüchtling 
anzuerkennen.
4. 
Dem  Beschwerdeführer  werden  ermässigte  Verfahrenskosten  in  der 
Höhe  von  Fr.  200.−  auferlegt.  Dieser  Betrag  ist  innert  30  Tagen  ab 
Versand des Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
5. 
Das  BFM  wird  angewiesen,  dem  Beschwerdeführer  eine  reduzierte 
Parteientschädigung von Fr. 1410.− (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) 
auszurichten.
6. 
Dieses  Urteil  geht  an  den  Beschwerdeführer,  das  BFM  und  die 
zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Nicholas Swain
Versand: