E-734/2012 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Karar Dilini Çevir:
E-734/2012 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l   adm in i s t r a t i f   f édé ra l
T r i buna l e   ammin i s t r a t i vo   f ede ra l e
T r i buna l   adm in i s t r a t i v   f ede ra l
   
Abteilung V
E­734/2012
U r t e i l   v om   1 3 .   F e b r u a r   2 0 1 2  
Besetzung Einzelrichterin Muriel Beck Kadima mit 
Zustimmung von Richter Fulvio Haefeli;
Gerichtsschreiberin Stella Boleki.
Parteien A._______, geboren am (…),
B._______, geboren am (…), 
C._______, geboren am (…),
D._______, geboren am (…),
Afghanistan, 
(…)
Beschwerdeführende, 
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), 
Quellenweg 6, 3003 Bern,   
Vorinstanz. 
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung
(Dublin­Verfahren);
Verfügung des BFM vom 1. Februar 2012 / (…).
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Das Bundesverwaltungsgericht stellt 
in Anwendung 
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31),
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsver­
fahren (VwVG, SR 172.021),
des  Bundesgesetzes  vom  17.  Juni  2005  über  das 
Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32),
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht  (BGG, 
SR173.110),
des Bundesgesetzes  vom 16. Dezember 2005 über  die Ausländerinnen 
und Ausländer (AuG, SR 142.20),
der  Konvention  vom  4.  November  1950  zum  Schutze  der 
Menschenrechte  und  Grundfreiheiten  (Europäische 
Menschenrechtskonvention [EMRK, SR 0.101]),
des  Abkommens  vom  28. Juli  1951  über  die  Rechtsstellung  der 
Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention [FK, SR 0.142.30]),
des  Abkommens  vom  26. Oktober  2004  zwischen  der  Schweizerischen 
Eidgenossenschaft  und  der  Europäischen  Gemeinschaft  über  die 
Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die 
Prüfung  eines  in  einem  Mitgliedstaat  oder  in  der  Schweiz  gestellten 
Asylantrags (Dublin­Assoziierungsabkommen [DAA, SR 0.142.392.68]),
der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur 
Festlegung  der  Kriterien  und  Verfahren  zur  Bestimmung  des  Mitglied­
staats,  der  für  die  Prüfung  eines  von  einem  Drittstaatsangehörigen  in 
einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin­II­VO),
der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 
2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Dublin­II­VO (DVO Dublin),
des  Reglements  vom  21.  Februar  2008  über  die  Kosten  und  Entschä­
digungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2),
fest, 
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I
dass die Beschwerdeführenden am 14. September 2010  in der Schweiz 
erstmals Asylgesuche  stellten,  auf welche das BFM mit Verfügung  vom 
22.  Dezember  2010  –  aufgrund  eines  EURODAC­Eintrags,  wonach  sie 
am  7.  September  in  Italien  in  der  Eigenschaft  als  Asylsuchende 
daktyloskopisch  erfasst  worden  waren  –  gemäss  Art. 34  Abs.  2  Bst.  d 
AsylG nicht eintrat und die Beschwerdeführenden nach  Italien – den  für 
die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat – wegwies, 
dass  diese  Verfügung  mit  Urteil  des  Bundesverwaltungsgerichts  vom 
11. Januar 2011 in Rechtskraft erwuchs, 
dass  die  Beschwerdeführenden  am  23.  Januar  2011  ein 
Wiedererwägungsgesuch  einreichten,  welches  mit  Verfügung  vom  17. 
Februar 2011 vom BFM abgewiesen wurde, 
dass das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen erhobene Beschwerde 
mit Urteil vom 24. März 2011 abwies, 
dass  die  Beschwerdeführenden  am  (…)  per  Flugzeug  nach  Italien 
überstellt wurden, 
II
dass  sie  am  (…)  in  der Schweiz  ein  zweites Mal  um Asyl  nachsuchten 
und  am 30. Oktober  2011  im Empfangs­  und Verfahrenszentrum  (EVZ) 
(…) je summarisch befragt wurden, 
dass der Beschwerdeführer dabei geltend machte, seine Ehefrau sei  im 
sechsten Monat schwanger und am Tag der Rücküberstellung vom  (…) 
sei  ihnen  am  Flughafen  in  Rom  gesagt  worden,  sie  hätten  sich  dort 
aufzuhalten, bis ihnen eine Unterkunft zugewiesen werde, 
dass  er  sich  gegenüber  seiner  Frau  und  seinem  Kind  schlecht  gefühlt 
habe, zumal sie nichts zu essen erhalten hätten,
dass  er mit  einem  Polizisten  in  einen  Streit  geraten  sei  und  dieser  ihn 
geschlagen habe, 
dass  er  und  seine  Familie  von  einer  unbekannten  Frau  zu  Essen,  ein 
Bahnbillet  nach E._______  sowie  eine  dortige  Adresse  erhalten  hätten, 
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welche sie hingegen nicht gefunden hätten und auch von Polizisten dazu 
keine Hilfe erhalten hätten,  
dass  es  seiner  Frau  sehr  schlecht  gegangen  sei,  weshalb  die  Familie 
E._______  bereits  nach  drei  Stunden  wieder  verlassen  habe,  mit  dem 
Zug über Rom nach Milano und wieder in die Schweiz gereist sei, 
dass  die  Beschwerdeführerin  dazu  ergänzend  ausführte,  ihr  Ehemann 
und ihr Kind seien von Polizisten geschlagen worden, weil sie um Essen 
gebeten hätten, 
dass das BFM den Beschwerdeführenden anlässlich der Befragung das 
rechtliche  Gehör  zur  Zuständigkeit  Italiens  für  die  Durchführung  des 
vorliegenden Asylverfahrens und zur Wegweisung dorthin gewährte, 
dass der Beschwerdeführer diesbezüglich geltend machte, seine Frau sei 
schwanger  und  sie  (Beschwerdeführenden)  könnten  nicht  dorthin 
zurückkehren, weil es für sie dort kein menschenwürdiges Leben gebe, 
dass  die  Beschwerdeführerin  ausführte,  sie  habe  in  Italien  kein 
Asylgesuch  gestellt;  sie  hätten  ihr  dort  lediglich  die  Fingerabdrücke 
abgenommen, 
dass  sie  nicht  dorthin  zurückkehren wolle, weil  sich die Polizei  schlecht 
benehme,  Italien  kein  sicheres  Land  sei,  und  die  Menschenrechte  dort 
nicht eingehalten würden, 
dass  die  Ärztin  der  Beschwerdeführerin  dem BFM  einen medizinischen 
Bericht  vom  (…)  Dezember  2011  zu  den  Akten  reichte  (vgl. BFM­Akte 
B17/6), 
dass das BFM die zuständigen Behörden Italiens am 5. Januar 2012 um 
Wiederaufnahme gestützt auf Art. 16 Abs. 1 Bst. c Dublin­II­VO von allen 
drei Personen ersuchte und dabei auf die im Januar 2012 zu erwartende 
Geburt des zweiten Kindes hinwies,
dass  die  zuständige  kantonale  Migrationsbehörde  dem  BFM  mit 
Schreiben  vom  4. Januar  2012  (Eingangsstempel  beim BFM:  9.  Januar 
2012)  die  Geburt  des  Sohnes  der  Beschwerdeführenden  vom  (…) 
meldete, 
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dass  die  zuständigen  Behörden  Italiens  mit  Schreiben  vom  20.  Januar 
2012 der Übernahme der Beschwerdeführenden gestützt auf Art. 16 Abs. 
1 Bst. c Dublin­II­VO (hängiges Asylverfahren) zustimmten, 
dass  das  BFM mit  Verfügung  vom  1.  Februar  2012  in  Anwendung  von 
Art. 34  Abs.  2  Bst.  d  AsylG  auf  die  Asylgesuche  der 
Beschwerdeführenden nicht eintrat und sie nach Italien wegwies,
dass es weiter anordnete, sie hätten die Schweiz – unter Androhung von 
Zwangsmitteln  im Unterlassungsfall – spätestens einen Tag nach Ablauf 
der  Beschwerdefrist  zu  verlassen,  den  Kanton  Bern  mit  dem 
Wegweisungsvollzug  beauftragte  und  die  editionspflichtigen  Akten 
aushändigte, 
dass die Beschwerdeführenden gegen diesen Entscheid mit an das BFM 
adressierter  Rechtsmitteleingabe  vom  7. Februar  2012  (Eingang  BFM: 
8. Februar 2012) Beschwerde erhoben, und das Bundesamt diese wegen 
Unzuständigkeit an das Bundesverwaltungsgericht weiterleitete, 
dass  die  Beschwerdeführenden  beantragten,  "die  Wegweisung  sei 
auszusetzen, subsidiär, die Ausreisefrist sei zu verlängern, und allfällige 
Vollzugsmassnahmen seien auszusetzen", 
dass sie zur Begründung ausführten, der am (…) geborene Sohn sei nur 
mit einer Niere zur Welt gekommen, weshalb eine Reise nach Italien so 
kurz  nach  der  Geburt  des  Sohnes  ein  Risiko  sei,  insbesondere 
angesichts der kalten Witterung, 
dass es – entgegen der Auffassung des BFM, wonach das Kind in Italien 
nicht  gefährdet  sei  –  zu  bedenken  gebe,  dass  Italien  im  Asyl­  und 
Flüchtlingsbereich nicht so weit wie die Schweiz sei, 
dass sie überdies den  ihren Sohn behandelnden Ärzten  in der Schweiz 
vertrauen  würden,  und  sie  Schwierigkeiten  hätten  auch  mangels  ihrer 
Sprachkenntnisse,  die  Gesundheitsversorgung  ihres  Sohnes  in  Italien 
sicherzustellen,
dass  zudem  auch  sie  (die  Beschwerdeführerin)  durch  die  Geburt 
geschwächt  sei,  weshalb  sie  darum  ersuche,  die  Wegweisung 
auszusetzen oder ihnen eventuell eine längere Frist zu gewähren, 
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dass  die  zuständige  Instruktionsrichterin mit  Verfügung  vom  9.  Februar 
2012  den  Vollzug  gemäss  Art.  56  VwVG  vorsorglich  per  Telefax 
aussetzte, 
dass  die  vorinstanzlichen  Akten  am  9.  Februar  2012  beim 
Bundesverwaltungsgericht eintrafen (Art. 109 Abs. 2 AsylG),
und erwägt,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig 
über  Beschwerden  gegen  Verfügungen  (Art. 5  VwVG)  des  BFM 
entscheidet,  ausser  bei  Vorliegen  eines  Auslieferungsersuchens  des 
Staates,  vor  welchem  die  beschwerdeführende  Person  Schutz  sucht 
(Art. 105 AsylG i. V. m. Art. 31 ­ 33 VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG nicht 
vorliegt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet,
dass  die  Beschwerdeführenden  am  Verfahren  vor  der  Vorinstanz 
teilgenommen  haben,  durch  die  angefochtene  Verfügung  besonders 
berührt  sind,  ein  schutzwürdiges  Interesse  an  deren  Aufhebung 
beziehungsweise  Änderung  haben  und  daher  zur  Einreichung  der 
Beschwerde legitimiert sind (Art. 105 AsylG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass  für  Beschwerden  gegen  Nichteintretensentscheide  die  Frist  fünf 
Arbeitstage beträgt, 
dass die Verfügung des BFM vom 1. Februar 2012 gemäss Rückschein 
(vgl. BFM­Akte B35) am 2. Februar 2012 bei der Post aufgegeben wurde, 
dass dieser Rückschein am 6. Februar 2012 dem BFM zurück geschickt 
wurde,  weshalb  davon  auszugehen  ist,  dass  die  Verfügung  den 
Beschwerdeführenden  spätestens  am  6.  Februar  2012  eröffnet  wurde, 
womit die Beschwerdefrist am 13. Februar 2012 ablief, 
dass selbst wenn die Verfügung – wie von den Beschwerdeführenden in 
ihrer  Rechtsmitteleingabe  angegeben  –  am  4.  Februar  eröffnet  worden 
sein  sollte,  die  auf  den  7.  Februar  2012  datierte  beim  BFM  am  8.  und 
beim  Bundesverwaltungsgericht  am  9.  Februar  2012  eingegangene 
Beschwerde als rechtzeitig eingereicht erachtet werden kann,   
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dass  die  Rechtsbegehren  zwar  nicht  sehr  klar  formuliert  sind,  es  sich 
indessen  bei  der  vorliegenden  Rechtsmitteleingabe  um  eine 
Laienbeschwerde  handelt,  an  die  keine  hohen  formellen Anforderungen 
zu  stellen  sind,  weshalb  zu Gunsten  der  Beschwerdeführenden  auf  die 
insoweit  frist­  und  formgerecht  eingereichte  Beschwerde  einzutreten  ist 
(Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 33 VGG und Art. 52 
VwVG),
dass  mit  Beschwerde  die  Verletzung  von  Bundesrecht,  die  unrichtige 
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und 
die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher 
Zuständigkeit  mit  Zustimmung  eines  zweiten  Richters  beziehungsweise 
einer  zweiten Richterin  entschieden wird  (Art. 111 Bst. e AsylG)  und  es 
sich  vorliegend,  wie  nachfolgend  aufgezeigt,  um  eine  solche  handelt, 
weshalb  der  Beschwerdeentscheid  nur  summarisch  zu  begründen  ist 
(Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass  gestützt  auf  Art. 111a  Abs. 1  AsylG  vorliegend  auf  einen 
Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass  bei  Beschwerden  gegen  Nichteintretensentscheide,  mit  denen  es 
das  BFM  ablehnt,  das  Asylgesuch  auf  seine  Begründetheit  hin  zu 
überprüfen  (Art. 32 ­ 35  AsylG),  die  Beurteilungskompetenz  der 
Beschwerdeinstanz  grundsätzlich  auf  die  Frage  beschränkt  ist,  ob  die 
Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,
dass  auf  Asylgesuche  in  der  Regel  nicht  eingetreten  wird,  wenn 
Asylsuchende  in  einen  Drittstaat  ausreisen  können,  welcher  für  die 
Durchführung  des  Asyl­  und  Wegweisungsverfahrens  staatsvertraglich 
zuständig ist (Art. 34 Abs. 2 Bst. d AsylG),
dass  der  implizit  gestellte  Antrag  um  Gewährung  der  aufschiebende 
Wirkung der Beschwerde mit vorliegendem Endentscheid gegenstandslos 
geworden ist, 
dass  sich  die  Schweiz  mit  der  Umsetzung  des  Dublin­
Assoziierungsabkommens verpflichtet hat, die Dublin­II­VO anzuwenden, 
dass die Zuständigkeit Italiens anlässlich der Gewährung des rechtlichen 
Gehörs  bei  der  Vorinstanz  nur  von  der  Beschwerdeführerin  bestritten 
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wurde, indem sie geltend machte, sie habe dort kein Asylgesuch gestellt, 
sondern es seien ihr lediglich die Fingerabdrücke abgenommen worden, 
dass dieser Einwand haltlos ist, weil die Beschwerdeführenden einerseits 
am  7. September  2010  in  Italien  in  der  Eigenschaft  als  Asylsuchende 
daktyloskopisch  erfasst  wurden,  und  Italien  andererseits  dem 
Übernahmeersuchen der Schweiz  vom 5.  Januar  2012 gestützt  auf Art. 
16 Abs. 1 Bst. c explizit zustimmte, 
dass die Zuständigkeit Italiens in der Rechtsmitteleingabe überdies auch 
nicht mehr bestritten wird,  
dass das Bundesamt angesichts dieser klaren Faktenlage vorliegend zu 
Recht  von  der  Zuständigkeit  Italiens  ausging,  weshalb  die  gesetzliche 
Grundlage  für einen Nichteintretensentscheid nach Art. 34 Abs. 2 Bst. d 
AsylG grundsätzlich erfüllt ist,
dass  weiter  zu  prüfen  ist,  ob  die  Beschwerdeführenden  auch  dorthin 
ausreisen können oder ob Überstellungshindernisse bestehen, 
dass  die  Ablehnung  eines  Asylgesuchs  oder  das Nichteintreten  auf  ein 
Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat 
(Art. 44 Abs. 1 AsylG), 
dass  vorliegend  der  Kanton  keine  Aufenthaltsbewilligung  erteilt  hat  und 
auch  kein  Anspruch  auf  Erteilung  einer  solchen  besteht  (vgl.  EMARK 
2001 Nr. 21),
dass  in  Verfahren  nach  Art.  34  Abs.  2  Bst.  d  AsylG  die  Frage  nach 
Hindernissen  des  Wegweisungsvollzugs  regelmässig  bereits 
Voraussetzung  (und  nicht  erst  Regelfolge)  des 
Nichteintretensentscheides  ist  (vgl.  BVGE  E­2010/45  E.  10.2)  und 
allfällige völkerrechtliche und humanitäre Vollzugshindernisse im Rahmen 
der eventuellen Anwendung der sogenannten Souveränitätsklausel (Art. 3 
Abs.  2  Dublin­II­VO  i.V.m.  Art.  29a  Abs.  3  AsylV 1)  zu  prüfen  sind, 
weshalb kein Raum für Ersatzmassnahmen  im Sinne von Art. 44 Abs. 2 
i.V.m.  Art.  83  Abs.  1­4  des  Bundesgesetzes  vom  16.  Dezember  2005 
AuG besteht,
dass aufgrund der geltend gemachten Vorbringen, wonach der im Januar 
geborene  Sohn,  welcher  nur  eine  Niere  habe,  bei  den  aktuell 
herrschenden Temperaturen  in  Italien  gefährdet  sei,  davon auszugehen 
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ist, dass die Beschwerdeführenden  implizit einen Selbsteintrittsrecht aus 
humanitären Gründen beantragen,  
dass sie ihre Vorbringen indessen in keiner Weise zu belegen vermögen, 
da  sie  keinen  ärztlichen  den  Sohn  betreffenden  Bericht  zu  den  Akten 
gereicht haben, 
dass  ferner  aufgrund  ihrer  Schilderungen  betreffend  den  kurzen 
Aufenthalt  in  Italien nach  ihrer Rücküberstellung vom  (…)  (vier Stunden 
im Flughafen von Rom, ein paar Tage  in Rom, Lecce und Milano) noch 
keine  Indizien  vorliegen, wonach  sie  in  Italien  keine Unterkunft  erhalten 
würden, 
dass das italienische Fürsorgesystem zwar in der Kritik steht (vgl. BVGE 
6038/2010 vom 3. September 2010; Bericht von Maria Bethka & Dominik 
Bender  zur  Situation  von  Flüchtlingen  in  Italien  vom  28. Februar  2011, 
Bericht  der  Schweizerischen  Flüchtlingshilfe  "Asylum  procedure  and 
reception condition, with focus on Dublin returnees" Berne and Oslo vom 
Mai  2011),  indessen  in  den  Aufenthalts­  und  Verfahrensbedingungen 
insgesamt kein Vollzugshindernis zu erkennen ist, 
dass  es  dem  Dublin­System  inhärent  ist,  dass  an  sich  davon 
ausgegangen  werden  kann,  der  betreffende  Dublinstaat  könne  die 
nötigen  medizinischen  Versorgungsleistungen  erbringen,  ist  doch  jeder 
Staat an die Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. 
Januar  2003  zur  Festlegung  von Mindestnormen  für  die  Aufnahme  von 
Asylbewerbern  in den Mitgliedstaaten), welche medizinische Versorgung 
garantiert, gebunden, 
dass  deshalb  grundsätzlich  davon  ausgegangen  werden  darf,  in  Italien 
sei eine angemessene medizinische Versorgung vorhanden,
dass  aus  der  eingereichten  Zustimmungserklärung  der  italienischen 
Behörden das Ersuchen hervorgeht, sie seien über die Überstellung von 
sogenannten  verletzlichen  Personen  –  wie  beispielsweise  Kranken, 
schwangeren  Frauen  oder  Eltern  mit  Kleinkindern  –  in  angemessener 
Weise vorab rechtzeitig zu informieren, 
dass  die  zuständigen  Schweizer  Behörden  anlässlich  der  Überstellung 
dieser Aufforderung Folge leisten dürften, 
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dass  somit  nicht  ersichtlich  ist,  weshalb  bei  einer  Überstellung 
(Wegweisungsvollzug) nach Italien mit einer Gefährdung der Gesundheit 
des neugeborenen Kindes zu rechnen ist,
dass  ein  Überstellungshindernis  der  Beschwerdeführenden  nach  Italien 
demnach  grundsätzlich  aufgrund  einer  angeblich  mangelnden 
Unterkunftslage  und  medizinischen  Versorgung  sowie  der  damit 
verbundenen gesundheitlichen Gefährdung nicht angenommen wird und 
davon ausgegangen werden kann, das neugeborene Kind werde in Italien 
– sofern notwendig – medizinisch adäquat betreut,
dass  das  BFM  dafür  besorgt  zu  sein  hat,  der  Familie  mit  dem 
Neugeborenen  während  der  Überstellung  die  allfällig  notwendige 
medizinische Versorgung zukommen zu lassen, 
dass indessen nach dem oben Gesagten keine Veranlassung besteht, die 
Vorinstanz  anzuweisen,  die  Ausübung  ihres  Selbsteintrittsrechts  zu 
erklären,
dass das BFM demnach  in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. d AsylG 
zu Recht auf das Asylgesuch der Beschwerdeführenden nicht eingetreten 
ist,
dass  nach  dem  Gesagten  der  vom  Bundesamt  verfügte  Vollzug  der 
Wegweisung zu bestätigen ist,
dass es den Beschwerdeführenden demnach nicht gelungen ist darzutun, 
inwiefern  die  angefochtene  Verfügung  Bundesrecht  verletzt,  den 
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig  feststellt oder 
unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuweisen 
ist,
dass  bei  diesem  Ausgang  des  Verfahrens  die  Kosten  von  Fr.  600.­  
(Art. 1 – 3  VGKE)  den  Beschwerdeführenden  aufzuerlegen  sind  (Art. 63 
Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.  
Das BFM wird  angewiesen,  die Überstellung  der Beschwerdeführenden 
nach  Italien  im  Sinne  der  Erwägungen  durchzuführen  und  die 
italienischen  Behörden  über  die  gesundheitliche  Situation  und  das 
Schutzbedürfnis  der  Beschwerdeführenden  (Familie  mit  neugeborenem 
Kind mit einer Niere) vorgehend rechtzeitig zu informieren.
3. 
Die  Verfahrenskosten  von  Fr. 600.­  werden  den  Beschwerdeführenden 
auferlegt.  Dieser  Betrag  ist  innert  30  Tagen  ab  Versand  des  Urteils  zu 
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
4. 
Dieses  Urteil  geht  an  die  Beschwerdeführenden,  das  BFM  und  die 
zuständige kantonale Behörde.
Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:
Muriel Beck Kadima Stella Boleki
Versand: