E-7287/2008 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Karar Dilini Çevir:
E-7287/2008 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Abtei lung V
E-7287/2008/ame
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 4 . N o v e m b e r 2 0 0 8
Einzelrichter Kurt Gysi,
mit Zustimmung von Richterin Marianne Teuscher;
Gerichtsschreiber Jonas Tschan.
A_______, geboren _______,
Serbien,
_______,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Ver-
fügung des BFM vom 12. November 2008 / N_______.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-7287/2008
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer Serbien eigenen Angaben zufolge im
Mai 2008 verliess und am 1. September 2008 in die Schweiz einreiste,
wo er am 9. September 2008 um Asyl nachsuchte,
dass er am 16. September 2008 im Empfangs- und Verfahrenszentrum
Basel zu seinen Asylgründen summarisch befragt und am 6. Oktober
2008 durch das BFM angehört wurde,
dass er angab, er habe von der serbischen Armee eine Vorladung für
den regulären Militärdienst erhalten, welcher er jedoch keine Folge
geleistet habe,
dass er Angst habe, bei einer Rückkehr nach Serbien zwangsrekrutiert
zu werden,
dass er bei seiner Arbeit als (...) mehrmals von Schülern einer
serbischen Schule beschimpft und verprügelt worden sei,
dass er zwischenzeitlich in den Kosovo und nach Ungarn – wo er auch
ein Asylgesuch gestellt habe – geflohen sei,
dass das BFM mit Verfügung vom 12. November 2008 – eröffnet am
14. November 2008 – in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 Bst. a des
Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf das
Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eintrat und seine Weg-
weisung aus der Schweiz sowie den Vollzug anordnete,
dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, dass sich
der Beschwerdeführer aufgrund seiner eigenen Aussagen durchaus
bewusst gewesen sei, sich in einem Gast- bzw. Asylland rechtsgenü-
gend identifizieren zu müssen,
dass es seinem Verschulden zuzuschreiben sei, dass er dem BFM
keine Identitätspapiere vorlegen könne, womit keine entschuldbaren
Gründe vorliegen würden, welche es ihm verunmöglichten, Reise-
oder Identitätspapiere vorzulegen,
dass eine allfällige Bestrafung wegen eines militärischen Aufgebots in
Serbien nicht aus einem der in Art. 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründe
erfolge, sondern rein militärstrafrechtlichen Charakter aufweise, so
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dass die Befürchtung, wegen Militärdienstverweigerung bestraft zu
werden, nicht asylrelevant sei,
dass die vom Beschwerdeführer geschilderten Schikanen seitens der
serbischen Bevölkerung auf Grund fehlender Intensität ebenfalls nicht
geeignet seien, die Flüchtlingseigenschaft zu begründen,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 17. November 2008
(Poststempel) gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungs-
gericht Beschwerde erhob und dabei beantragt, der vorinstanzliche
Entscheid sei aufzuheben, die Sache sei mit der verbindlichen An-
weisung an das BFM zurückzuweisen, einen ordentlichen Entscheid zu
fällen, eventualiter sei die Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs
festzustellen und das BFM anzuweisen, den Beschwerdeführer in der
Schweiz vorläufig aufzunehmen,
dass in prozessualer Hinsicht um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege sowie um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvor-
schusses ersucht wird,
dass die vorinstanzlichen Akten am 19. November 2008 beim Bundes-
verwaltungsgericht eintrafen (Art. 109 Abs. 2 AsylG),
und erwägt,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden ge-
gen Verfügungen (Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968
über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]) des BFM ent-
scheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31-34 des Verwaltungsgerichtsge-
setzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung berührt
ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungswei-
se Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legiti-
miert ist (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde einzutre-
ten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 52 VwVG),
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dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es
das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu
überprüfen (Art. 32-35 AsylG), die Beurteilungskompetenz der Be-
schwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die
Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,
dass sich demnach die Beschwerdeinstanz - sofern sie den Nichtein-
tretensentscheid als unrechtmässig erachtet - einer selbständigen ma-
teriellen Prüfung enthält, die angefochtene Verfügung aufhebt und die
Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweist (vgl. Ent-
scheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskom-
mission [EMARK] 2004 Nr. 34 E. 2.1. S. 240 f.),
dass die Vorinstanz die Frage der Wegweisung und des Vollzugs mate-
riell geprüft hat, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüg-
lich volle Kognition zukommt,
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e
AsylG) und es sich vorliegend um eine solche handelt, weshalb der
Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a
Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schrif-
tenwechsel verzichtet werden kann,
dass gemäss der revidierten, am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen
Bestimmung von Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG auf ein Asylgesuch nicht
eingetreten wird, wenn Asylsuchende den Behörden nicht innerhalb
von 48 Stunden nach Einreichung des Gesuchs Reise- oder Identitäts-
papiere abgeben,
dass diese Bestimmung jedoch keine Anwendung findet, wenn Asyl-
suchende glaubhaft machen können, sie seien dazu aus entschuld-
baren Gründen nicht in der Lage (Art. 32 Abs. 3 Bst. a AsylG), oder
wenn auf Grund der Anhörung sowie gestützt auf Art. 3 und 7 AsylG
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die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wird (Art. 32 Abs. 3 Bst. b AsylG)
oder wenn sich auf Grund der Anhörung die Notwendigkeit zusätzlich-
er Abklärungen zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder eines
Wegweisungsvollzugshindernisses ergibt (Art. 32 Abs. 3 Bst. c AsylG),
dass zufolge der Gesamtumstände im vorliegenden Fall keine
entschuldbaren Gründe für die Nichteinreichung von Identitätsdoku-
menten innert 48 Stunden seit Einreichung des Asylgesuchs er-
sichtlich sind,
dass zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die zu schützenden
Erwägungen der Vorinstanz hingewiesen werden kann,
dass mithin nach erfolgter Gesetzesrevision neu seit dem 1. Januar
2007 auch die Flüchtlingseigenschaft Prozessgegenstand des Be-
schwerdeverfahrens bildet, wobei im Rahmen der summarischen Prü-
fung das offenkundige Fehlen der Flüchtlingseigenschaft, sei es, weil
die Vorbringen offensichtlich unglaubhaft sind, oder sei es, weil sie of-
fensichtlich keine flüchtlingsrechtliche Relevanz nach Art. 3 AsylG auf-
weisen, und das offenkundige Fehlen von Wegweisungsvollzugshin-
dernissen zu beurteilen ist (vgl. Entscheide des Schweizerischen Bun-
desverwaltungsgerichts BVGE 2007/8 E. 2.1),
dass die Verfolgung und Bestrafung von Personen, die im Militärdienst
desertieren oder sich einer Rekrutierung durch Flucht entziehen
(Refraktäre) grundsätzlich nicht asylrelevant ist, es sei denn, die
Bestrafung erfülle die Voraussetzungen eines "polit-malus", worauf
vorliegend keine Hinweise ersichtlich sind,
dass die geltend gemachten Schikanen – wie vom BFM zutreffend
ausgeführt – aufgrund der fehlenden Intensität die Flüchtlingseigen-
schaft offensichtlich nicht zu begründen vermögen,
dass die Vorbringen in der Beschwerdeschrift an diesen Feststellungen
nichts zu ändern vermögen,
dass das BFM demnach zu Recht gestützt auf Art. 32 Abs. 2 Bst. a
i.V.m. Art. 32 Abs. 3 AsylG auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers
nicht eingetreten ist,
dass das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend
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der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein An-
spruch auf Erteilung einer solchen besteht (EMARK 2001 Nr. 21), wes-
halb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Be-
stimmungen steht und demnach vom Bundesamt zu Recht angeordnet
wurde,
dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetz-
lichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern
regelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumut-
bar oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen
und Ausländer [AuG, SR 142.20]),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrecht-
liche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK,
SR 0.142.30]),
dass der Vollzug der Wegweisung vorliegend in Beachtung dieser
massgeblichen völker- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig
ist, da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich
erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, wes-
halb das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen
Non-Refoulements im vorliegenden Verfahren keine Anwendung findet
und keine Anhaltspunkte für eine menschenrechtswidrige Behandlung
ersichtlich sind, die im Heimat- oder Herkunftsstaat droht,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzu-
mutbar erweist, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund
von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und me-
dizinischer Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass weder die allgemeine Lage im Heimat- beziehungsweise Her-
kunftsstaat des Beschwerdeführers noch individuelle Gründe auf eine
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konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr schliessen lassen, wes-
halb der Vollzug der Wegweisung vorliegend zumutbar ist,
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in den Hei-
matstaat schliesslich möglich ist, da keine Vollzugshindernisse beste-
hen (Art. 83 Abs. 2 AuG), und es dem Beschwerdeführer obliegt, bei
der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (Art. 8 Abs. 4
AsylG),
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt verfügte Vollzug der
Wegweisung zu bestätigen ist,
dass es dem Beschwerdeführer demnach nicht gelungen ist, darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt
oder unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde
abzuweisen ist,
dass das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab-
zuweisen ist – da es sich, wie aus den Erwägungen hervorgeht, um
eine offensichtlich im Voraus unbegründete Beschwerde handelt – und
die Kosten des Verfahrens von Fr. 600.- (Art. 1-3 des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Beschwerde-
führer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an:
- den Beschwerdeführer (Einschreiben; Beilage: Einzahlungsschein)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den
Akten Ref.-Nr. N_______ (per Kurier; in Kopie)
- den _______ (in Kopie)
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Jonas Tschan
Versand:
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