E-6031/2011 - Abteilung V - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung...
Karar Dilini Çevir:
E-6031/2011 - Abteilung V - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung V
E-6031/2011


U r t e i l v o m 11 . A p r i l 2 0 1 3
Besetzung

Richterin Christa Luterbacher (Vorsitz),
Richter Fulvio Haefeli, Richter Daniel Willisegger,
Gerichtsschreiberin Sarah Diack.
Parteien

A._______,
geboren am (…),
B._______,
geboren am (…)
und deren Kinder C._______,
geboren am (…)und
D._______,
geboren am (…),
Kolumbien,
Beschwerdeführende,


gegen

Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung;
Verfügung des BFM vom 3. Oktober 2011 / N (…).


E-6031/2011
Seite 2
Sachverhalt:
I.
A.
A.a Die Beschwerdeführerin – eine kolumbianische Staatsangehörige aus
E._______, Kolumbien – ersuchte mit an die Schweizerische Botschaft in
Bogotá (nachfolgend: Botschaft) adressierter spanischsprachiger Einga-
be, datiert vom "Juni 2010", für sich, ihren Mann, ihre Kinder und ihre
Mutter um Einreisebewilligung in die Schweiz und Asylgewährung (BFM-
Akten A2/3). Mit ihrer Eingabe reichte sie zahlreiche Beweismittel in spa-
nischer Sprache in Kopie ein (A1/92 und A3/13). Ihr Gesuch ergänzte sie
mit vom 24. Juli 2010 datiertem, spanischsprachigem Schreiben (A4/4;
Eingang Botschaft: 2. August 2010).
A.b Mit Überweisungsformular vom 5. August 2010 stellte die Botschaft
dem BFM die Asylgesuche der Beschwerdeführenden zu und setzte die-
ses in Kenntnis, dass eine Befragung aus Kapazitätsgründen nicht mög-
lich sei (vgl. A5/1).
A.c Mit Schreiben vom 27. August 2010 teilte das BFM den Beschwerde-
führenden mit, es erachte den entscheidrelevanten Sachverhalt aufgrund
der schriftlichen Begründung der Asylgesuche sowie der eingereichten
ausführlichen Dokumentation als erstellt, womit sich eine Anhörung auf
der Botschaft als nicht notwendig erweise. Sodann erwäge es, unter Be-
rücksichtigung der Akten, der zu beachtenden Umstände und des ihm zu-
kommenden weiten Ermessensspielraumes, die Asylgesuche der Be-
schwerdeführenden abzulehnen und die Einreise in die Schweiz zu ver-
weigern. Die Möglichkeit einer anderweitigen Schutzsuche werde als ge-
geben erachtet. Es setzte den Beschwerdeführenden eine 30-tägige Frist
zur Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme an (vgl. A6/3). Die Bot-
schaft stellte dieses Schreiben den Beschwerdeführenden am 9. Sep-
tember 2010 mit einem Empfangsschein ("Acuso de Recibo") zu.
A.d Mit einer mit "Oktober 2010" datierten, spanischen Stellungnahme
gelangte die Beschwerdeführerin, unter gleichzeitiger Einreichung des
von ihr unterzeichneten Empfangsscheins (datiert vom 2. Oktober 2010),
an die Botschaft (A7/4; Eingang Botschaft: 4. Oktober 2010). Die Bot-
schaft übermittelte die Stellungnahme dem BFM am 5. Oktober 2010
(A7/4).
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A.e Mit Verfügung vom 21. Februar 2011 verweigerte das BFM der Be-
schwerdeführerin und ihrer Familie die Einreise in die Schweiz und lehnte
die Asylgesuche ab. Die Schweizerische Botschaft stellte diesen Ent-
scheid, wiederum zusammen mit einem Empfangsschein, den Beschwer-
deführenden postalisch zu. Gemäss Botschaft sei die Verfügung am 9.
Mai 2011 eröffnet worden.
A.f Mit bei der Schweizerischen Botschaft eingereichter, spanischspra-
chiger, vom 9. Mai 2011 datierter Eingabe (Eingang Botschaft: 17. Mai
2011) erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Entscheid Beschwer-
de (A10/5). Ihrer Eingabe lag der ebenfalls vom 9. Mai 2011 datierte Emp-
fangsschein bei. Die Beschwerde ging, zusammen mit dem Empfangs-
schein und dem Überweisungsschreiben der Botschaft vom 19. Mai 2011,
am 3. Juni 2011 beim Bundesverwaltungs-gericht ein. Dieses liess die
spanischsprachige Beschwerde von Amtes wegen übersetzen.
A.g Mit Urteil vom 6. Juli 2011 hiess das Bundesverwaltungsgericht die
Beschwerde gut, hob die vorinstanzliche Verfügung vom 21. Februar
2011 auf und wies die Vorinstanz an, den rechtserheblichen Sachverhalt
vollständig festzustellen und in der Sache neu zu entscheiden (Urteil E-
3183/2011).
II.
B.
Mit Schreiben vom 24. August 2011 überwies das BFM der Schweizeri-
schen Botschaft in Bogotá zwei Eingaben der Beschwerdeführerin (an-
geblich die Asylbegründung und die Stellungnahme zum rechtlichen Ge-
hör) und bat die Botschaft darum, die Beschwerdeführerin aufzufordern,
die beigelegten Schreiben in eine Amtssprache übersetzen zu lassen
(vgl. A14/3).
C.
Die deutschen Übersetzungen trafen am 5. September 2011 bei der Bot-
schaft in Bogotá ein; es handelt sich um Übersetzungen der Eingaben
vom Juni 2010 und vom 24. Juli 2010 (vgl. A15/8). Sie wurden von der
Botschaft mit Schreiben vom 12. September 2011, unpräzise bezeichnet
als "Zusatzinformation", dem BFM übermittelt (vgl. A16/1).
D.
Mit Datum vom 30. September 2011 nahm das BFM die Paginierung
sämtlicher Aktenstücke vor.
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Seite 4
E.
Mit Verfügung vom 3. Oktober 2011 verweigerte das BFM den Beschwer-
deführenden die Einreise in die Schweiz und lehnte ihre Asylgesuche ab.
Die Verfügung wurde den Beschwerdeführenden mit einem Empfangs-
schein verschickt. Auf die detaillierte Begründung wird – soweit für den
Entscheid wesentlich – in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
F.
Die deutschsprachige, an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Be-
schwerde vom 28. Oktober 2011 ging am 31. Oktober 2011 bei der Bot-
schaft zusammen mit dem Empfangsschein der Verfügung (datiert vom
26. Oktober 2011), ein. Die Eingabe wurde dem Bundesverwaltungsge-
richt mit Schreiben vom 1. November 2011 übermittelt (Eingang Bundes-
verwaltungsgericht: 4. November 2011).
G.
Am 1. Februar 2013 gelangte die Beschwerdeführerin mit einem in spani-
scher und englischer Sprache abgefassten E-mail an das Bundesverwal-
tungsgericht und hielt darin im Wesentlichen fest, dass sich ihre Situation
zusehends verschlechtere, sie in letzter Zeit mehrmals den Wohnort ge-
wechselt habe und daher um einen raschen Entscheid bitte.


Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM ge-
hört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz
des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Aus-
nahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwal-
tungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Be-
schwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – so
auch vorliegend – endgültig (Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni
1998 [AsylG, SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgeset-
zes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
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1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG und das
AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
1.3 Wann die angefochtene Verfügung des BFM vom 3. Oktober 2011
den Beschwerdeführenden eröffnet wurde, ist unklar. Gemäss Angaben
der Botschaft sei die Verfügung am 20. Oktober 2011 zugestellt worden
(vgl. Schreiben der Botschaft vom 1. November 2011), indessen fehlt ein
entsprechender Zustellungsbeleg. Der von der Beschwerdeführerin un-
terzeichnete "Acuso de Recibo" ist von ihr auf den 26. Oktober 2011 da-
tiert worden, vermag indessen kein zuverlässiges Eröffnungsdatum zu
belegen. Mit der Beschwerdeerhebung am 31. Oktober 2011 gegen die
Verfügung des BFM vom 3. Oktober 2011 ist aber jedenfalls die Be-
schwerdefrist ohne weiteres gewahrt. Die Beschwerde ist demnach frist-
und formgerecht eingereicht. Die Beschwerdeführerin und ihre Familie
sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Ände-
rung; sie sind daher zur Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 AsylG
i.V.m. Art. 48 Abs. 1, 50 und 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutre-
ten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Mit der Änderung des Asylgesetzes vom 28. September 2012 – von der
Bundesversammlung als dringlich erklärt und am 29. September 2012 in
Kraft getreten – ist die Möglichkeit der Einreichung eines Asylgesuches
aus dem Ausland weggefallen (vgl. AS 2012 5359). Das vorliegende Ur-
teil – welches ein Asylgesuch aus dem Ausland nach altem Recht zum
Gegenstand hat – ergeht daher gestützt auf die Übergangsbestimmung
zur Änderung vom 28. September 2012, wonach für Asylgesuche, die im
Ausland vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 28. September 2012
gestellt worden sind, die Artikel 12, 19, 20, 41 Abs. 2, 52 und 68 AsylG in
der bisherigen Fassung des Gesetzes gelten. Wird nachfolgend auf das
AsylG oder Verordnungstexte verwiesen, bezieht sich dies demnach stets
auf die bisherige Fassung der entsprechenden Bestimmungen.

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4.
4.1 Ein Asylgesuch kann gemäss Art. 19 Abs. 1 AsylG im Ausland bei ei-
ner schweizerischen Vertretung gestellt werden, die es an das Bundes-
amt überweist (Art. 20 Abs. 1 AsylG). Hinsichtlich des Verfahrens sieht
Art. 10 Abs. 1 der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1,
SR 142.311) vor, dass die schweizerische Vertretung mit der asylsuchen-
den Person in der Regel eine Befragung durchführt. Ist dies nicht mög-
lich, sind die Asylgründe schriftlich festzuhalten (Art. 10 Abs. 2 AsylV 1).
4.2 Das Bundesamt kann ein im Ausland eingereichtes Asylgesuch ab-
lehnen, wenn die gesuchstellende Person keine Verfolgung glaubhaft
macht oder ihr die Aufnahme in einem Drittstaat zugemutet werden kann
(vgl. Art. 3, Art. 7 und Art. 52 Abs. 2 AsylG). Die Einreise in die Schweiz
wird einer im Ausland um Asyl nachsuchenden Person zur Abklärung des
Sachverhaltes bewilligt, wenn ihr ein Verbleib im Wohnsitz- oder Aufent-
haltsstaat nicht zugemutet werden kann. Gemäss Art. 20 Abs. 3 AsylG
kann der asylsuchenden Person von der durch das Eidgenössische Jus-
tiz- und Polizeidepartement (EJPD) dazu ermächtigten schweizerischen
Vertretung die Einreise in die Schweiz bewilligt werden, wenn sie glaub-
haft macht, dass eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben oder für die
Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs 1 AsylG bestehe. Die Einreise-
bewilligung als solche führt indes noch nicht zur Anerkennung als Flücht-
ling und zur Gewährung von Asyl durch die Schweiz (vgl. BVGE 2007/30
E. 2 und E. 8.1).
5.
Das Bundesverwaltungsgericht sah sich infolge unzulänglicher Sachver-
haltsfeststellung des BFM veranlasst, die erste vorinstanzliche Verfügung,
datierend vom 21. Februar 2011, zu kassieren (Urteil E-3183/2011 vom
6. Juli 2011). Die Vorinstanz wurde darin angewiesen, den rechtserhebli-
chen Sachverhalt vollständig festzustellen und in der Sache neu zu ent-
scheiden. Im Urteil wurde – unter Verweis auf die geltende Rechtspre-
chung gemäss BVGE 2007/30 – festgehalten, die Akten seien zu paginie-
ren, die relevanten Eingaben und Beweismittel seien (zumindest summa-
risch) in eine Amtssprache zu übersetzen und es sei entweder eine Anhö-
rung durchzuführen oder deren Unterlassen zu begründen.
6.
Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Mängel in der Verfahrensführung seit
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Seite 7
Ergehen des Urteils behoben wurden und der Sachverhalt nun als
rechtsgenüglich erstellt erachtet werden kann.
6.1 Zunächst ist ersichtlich, dass die Akten nun grundsätzlich paginiert
sind. Weiter fällt jedoch auf, dass das Bundesamt erneut darauf verzichte-
te, eine mündliche Anhörung durchzuführen. Nach Art. 10 Abs. 1 der
Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1, SR 142.311) gilt der
Grundsatz, dass (auch) im Auslandverfahren eine Befragung durchge-
führt wird. Art. 10 Abs. 2 AsylV 1 schreibt vor, dass die Auslandvertretung
beim Verzicht auf eine Befragung die asylsuchende Person aufzufordern
hat, ihre Asylgründe schriftlich festzuhalten. BVGE 2007/30 präzisiert, in
welchen Fällen auf eine Anhörung verzichtet werden kann: Im Falle von
Kapazitätsengpässen können Asylsuchende aufgefordert werden, ihre
Asylgründe schriftlich darzulegen. Dies hat in einem individualisierten
Schreiben mit konkreten Fragen zu erfolgen, da davon ausgegangen
wird, dass das Bundesamt auf verhältnismässig konkrete Angaben ange-
wiesen ist, um die geltend gemachte Verfolgungs- und Gefährdungssitua-
tion abschliessend beurteilen zu können. Im Schreiben ist auch auf die
allfälligen negativen Konsequenzen einer unterlassenen Beantwortung
der Fragen aufmerksam zu machen. Ein standardisiertes Schreiben mit
der Aufforderung, die Asylgründe darzulegen, vermag in der Regel nicht
zu genügen (a.a.O. E. 5.2.2 und 5.4). Eine persönliche Vorsprache der
gesuchstellenden Person kann sich auch dann erübrigen, wenn bei einer
schweizerischen Vertretung ein schriftliches Asylgesuch eingereicht wird,
welches so ausführlich begründet ist, dass es als Grundlage für die Ent-
scheidfällung genügt; auf eine Anhörung verzichtet werden darf aber nur
dann, wenn auf den ersten Blick klar wird, dass die asylsuchende Person
die Bedingungen zur Einreise erfüllt oder eindeutig geschlossen werden
kann, dass sich das Asylgesuch als aussichtslos erweist, da in diesem
Fall der Sachverhalt als erstellt betrachtet werden kann. Der asylsuchen-
den Person ist dann aber dennoch im Sinne des rechtlichen Gehörs Ge-
legenheit zu geben, sich zum abzusehenden negativen Entscheid zumin-
dest schriftlich zu äussern. Der Verzicht auf die Befragung muss in jedem
Fall in der anfechtbaren Verfügung begründet werden (a.a.O. E. 5.2.1 und
5.7 mit weiteren Hinweisen).
6.2 Das BFM hatte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. Au-
gust 2010 mitgeteilt, dass es den Sachverhalt als erstellt erachte, sich
daher eine Anhörung erübrige und ihr sodann das Recht zur Stellung-
nahme eingeräumt (A6/3; vgl. oben Bst. A.c). Davon machte die Be-
schwerdeführerin mit spanischsprachiger Eingabe von Oktober 2010
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Gebrauch (A7/4; vgl. oben Bst. A.d). Nach ergangenem Urteil des Bun-
desverwaltungsgerichts vom 6. Juli 2011 – womit der erste vorinstanzli-
che Entscheid unter anderem kassiert worden war, weil die Akten fast
ausschliesslich in spanischer Sprache vorlagen – forderte das BFM die
Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. August 2011 via Botschaft
auf, "die Asylbegründung und die Stellungnahme zum rechtlichen Gehör"
in eine Amtssprache übersetzen zu lassen. Diese zu übersetzenden Do-
kumente wurden im Schreiben als Beilage aufgeführt (vgl. A14/3 S. 2). Da
die Akten zum damaligen Zeitpunkt weiterhin nicht paginiert waren (die
Paginierung erfolgte erst am 30. September 2011), wurde keine Paginie-
rungsnummer der fraglichen, zur Übersetzung zugestellten Eingaben
aufgeführt. Bei den Übersetzungen, die die Beschwerdeführerin in der
Folge dem BFM zustellte, handelt es sich um Übersetzungen der Einga-
ben, die mit "Juni 2010" und "24. Juli 2010" datiert sind (d.h. um die Asyl-
begründung, heute A2/3, und eine Begründungsergänzung, heute A4/4).
Von der Stellungnahme zum rechtlichen Gehör, die vom Oktober 2010
datiert (heute A7/4), liegt demgegenüber nach wie vor keine Übersetzung
vor.
Was sodann die eingereichten Übersetzungen anbelangt, sind diese von
gänzlich ungenügender Qualität, wie beispielsweise das nachfolgende Zi-
tat zweier Passagen verdeutlichen mag: "Sie folgten und plötzlich einer
von ihnen, um das Telefon Stempel und sofort sagte, er sprach mit der
Person, die mit mir und eigentlich (…) nach ihr war, haben wir den Termin
für den Tag Sonntag 7. März 2010 nach, die folgten trank auf das Haus
und wusste alles über uns, als ob sie Freunde am Ende verliessen ihn ein
Telefon, das niemand jemals Antworten und zweite namens (…) ist wur-
den." (vgl. A15/8; Übersetzung der Eingabe vom Juni 2010, zweite Seite).
Und: "…, weil meine Mutter fragte nach seinem Handy und sie gab und
am Abend Drohanrufe zu uns und erzählte uns, dass, wenn wir dachten,
wir würden nie erfahren und auch, wenn wir wollten wissen, wer sie in
diesem Moment wussten wir, wir hatten es sich wieder waren, dass sie
nicht spöttisch jemand, und jetzt, so die gesammelt das Wenige, was wir
konnten in unsere Taschen und gingen wir Fischerhafen zu einem Bau-
ernhof…" (vgl. A15/8; Übersetzung der Eingabe vom 24. Juli 2010, S. 4).
Das BFM hätte auf diese gänzlich unverständlichen Übersetzungen rea-
gieren müssen; die Vorgehensweise, seinem Entscheid diese mangelhaf-
ten Übersetzungen zugrunde zu legen, ist nicht haltbar. Zudem lag dem
BFM, wie erwähnt, die Stellungnahme zum rechtlichen Gehör von Okto-
ber 2010 nicht übersetzt vor; ebenso fehlt von sämtlichen eingereichten
Beweisunterlagen (vgl. A1/92 und A3/13) weiterhin eine Übersetzung
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oder zumindest eine summarische Inhaltsangabe, um was es sich dabei
handelt, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil E-
3183/2011 vom 6. Juli 2011 ausdrücklich festgehalten hatte, es sei zu-
mindest eine summarische Übersetzung der Akten in eine Amtssprache
vorzunehmen. Es ist somit nach wie vor nicht nachvollziehbar, wie und
aufgrund welcher Überlegungen das BFM sich in diesem fast aus-
schliesslich in Spanisch oder in unverständlichem Deutsch vorliegenden
Dossier seine Meinung hat bilden können. Das BFM ist zu Unrecht davon
ausgegangen, der Sachverhalt sei erstellt. Somit durfte es auch nicht mit
der Begründung, es liege eine "umfangreiche Dokumentation" vor, von
einer persönlichen Befragung absehen.
Was die eingereichten, unübersetzt gebliebenen Beweismittel betrifft, be-
schränkt sich die angefochtene Verfügung auf die Feststellung, auf deren
Inhalt werde, soweit wesentlich, an späterer Stelle eingegangen (Ab-
schnitt I), beziehungsweise diese vermöchten an den Erwägungen nichts
zu ändern (Abschnitt II Ziff. 3). Von einer nachvollziehbaren Würdigung
kann hierbei nicht die Rede sein.
6.3 Fraglich ist, ob die festgestellte unzureichende Sachverhaltsabklärung
durch die Vorinstanz auf Beschwerdeebene geheilt werden kann. Das
Bundesverwaltungsgericht geht zwar in Anlehnung an die ständige Praxis
der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) davon aus, dass Ge-
hörsverletzungen und unvollständige Sachverhaltsfeststellungen dank der
umfassenden Kognition der Beschwerdeinstanz in bestimmten Schranken
geheilt werden können; da vorliegend jedoch bereits zum zweiten Mal im
gleichen, vorinstanzlichen Verfahren Mängel festgestellt werden müssen,
ist die Heilung im vorliegenden Fall wegen gehäufter unsorgfältiger Ver-
fahrensführung von Vornherein zu verneinen. Im Übrigen kann es nicht
Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens vor Bundesverwaltungsge-
richt sein, während diesem von der Vorinstanz unterlassene Verfahrens-
handlungen nachzuholen, zumal dem Beschwerdeführer damit eine In-
stanz verloren ginge (vgl. BVGE 2007/30 E. 8.2 und 8.3 mit Hinweis auf
Entscheidungen und Mitteilungen der ARK [EMARK] 1998 Nr. 34 E. 10d
S. 292).
6.4 Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und zur vollständi-
gen Sachverhaltserstellung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zu-
rückzuweisen.

E-6031/2011
Seite 10
7.
7.1 Die Feststellung, dass der Sachverhalt von der Vorinstanz nur unvoll-
ständig abgeklärt worden ist, trägt für sich alleine noch nicht die Konse-
quenz nach sich, dass der Beschwerdeführerin und ihrer Familie die Ein-
reise zu bewilligen wäre. Diesbezüglich relevant ist einzig, ob anhand des
vorliegenden, wenn auch noch nicht vollständig abgeklärten, Sachver-
halts anzunehmen ist, dass der Beschwerdeführerin und ihrer Familie für
die Zeitdauer der erforderlichen Verfahrenshandlungen ein Verbleib in Ko-
lumbien nicht zumutbar ist im Sinne von Art. 20 Abs. 2 AsylG (BVGE
2007/30 E. 8.1). Wie bereits im Urteil E-3183/2011 vom 6. Juli 2011 fest-
gehalten, liegen angesichts der Aktenlage – auch mangels Kenntnis des
Inhalts der eingereichten Beweismittel – nicht genügend konkrete An-
haltspunkte für die Annahme vor, der Beschwerdeführerin und ihrer Fami-
lie wäre ein Verbleib in Kolumbien für die Dauer der weiteren, noch erfor-
derlichen Verfahrenshandlungen nicht zumutbar im Sinne von Art. 20
Abs. 2 AsylG.
7.2 Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen
gutzuheissen, die vorinstanzliche Verfügung vom 3. Oktober 2011 aufzu-
heben und die Sache erneut an das BFM zurückzuweisen. Das BFM ist
anzuweisen, den rechtserheblichen Sachverhalt vollständig festzustellen,
namentlich entweder eine Anhörung durchzuführen oder die Nichtanhö-
rung gemäss der zitierten, einschlägigen Rechtsprechung (BVGE
2007/30; vgl. oben E. 7.1) zu begründen, für eine brauchbare Überset-
zung der Eingaben der Beschwerdeführenden sowie der sachverhaltsre-
levanten Dokumente in eine Amtssprache zu sorgen und in der Sache
neu zu entscheiden.
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten aufzuerlegen
(Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG).
9.
Da die Beschwerdeführerin und ihre Familie im Beschwerdeverfahren
nicht anwaltlich vertreten wurden, ist nicht davon auszugehen, ihnen sei-
en durch die Beschwerdeführung Kosten erwachsen. Daher ist ihnen kei-
ne Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG sowie
Art. 7 ff. des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und
Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR
173.320.2]).
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.

2.
Die vorinstanzliche Verfügung vom 3. Oktober 2011 wird aufgehoben und
die Sache wird an das BFM zur Sachverhaltsabklärung und neuen Beur-
teilung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.
3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
4.
Es wird keine Parteientschädigung ausgesprochen.
5.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das BFM und die
Schweizerische Botschaft in Bogotá.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Christa Luterbacher Sarah Diack


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