E-5106/2006 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Flüchtlingseigenschaft; Asyl; Wegweisung; Vollzug
Karar Dilini Çevir:
E-5106/2006 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Flüchtlingseigenschaft; Asyl; Wegweisung; Vollzug

Abtei lung V
E-5106/2006
gyk/swn/pei
{T 0/2}
Urteil vom 4. September 2007
Mitwirkung: Richter Kurt Gysi (Vorsitz), Galliker, Richterin Teuscher
Gerichtsschreiber Nicholas Swain
X._______, geboren _______, Algerien,
wohnhaft _______
vertreten durch ________
Gesuchsteller
gegen
Schweizerische Asylrekurskommission (ARK),
(Nachfolgeorganisation: Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 3000 Bern 14)
Gesuchsgegnerin
betreffend
Urteil vom 24. März 2006 i.S. Asyl und Wegweisung (Revision) / N_______
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
2Sachverhalt:
A. Das vom Gesuchsteller am 21. November 2002 eingereichte Asylgesuch wurde
vom damals zuständigen Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) mit Verfügung vom
30. Dezember 2004 abgewiesen und die Wegweisung aus der Schweiz sowie
deren Vollzug angeordnet.
B. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde vom 28. Januar 2005 wurde
von der ARK mit Urteil vom 24. März 2006 vollumfänglich abgewiesen.
C. Am 25. Mai 2006 begab sich der Gesuchsteller ins Empfangszentrum Kreuzlingen
mit der Absicht ein neues Asylgesuch zu stellen. Zudem ersuchte er mit ans
Bundesamt für Migration (BFM) gerichteter Eingabe seines Rechtsvertreters vom
23./24. Mai 2006 um Gewährung des Asyls, eventualiter der vorläufigen Aufnah-
me.
D. Diese Eingabe wurde an die ARK weitergeleitet zur Prüfung, ob es sich dabei um
ein in die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz fallendes Revisionsgesuch handle.
In der Folge nahm die ARK das Begehren des Gesuchstellers als gegen das
Beschwerdeurteil vom 24. März 2006 gerichtetes Revisionsgesuch entgegen und
trat auf dieses mit Urteil vom 17. August 2006 wegen Nichtbezahlens des einver-
langten Kostenvorschusses nicht ein.
E. Mit Eingabe vom 28. November 2006 ersuchte der Gesuchsteller um revisionswei-
se Aufhebung des Urteils der ARK vom 24. März 2006, Zuerkennung der Flücht-
lingseigenschaft und Gewährung des Asyls. In verfahrensrechtlicher Hinsicht
beantragte er die Aussetzung des Wegweisungsvollzugs sowie die Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021). Zur Stüt-
zung seiner Vorbringen reichte er ein Gutachten _______, vom 23. November
2006 ein.
F. Mit Zwischenverfügung vom 1. Dezember 2006 hiess der damals zuständige
Instruktionsrichter das Gesuch um Aussetzung des Vollzugs der Wegweisung gut
und stellte fest, dass über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im End-
entscheid befunden werde. Ferner verzichtete er auf die Erhebung eines Kosten-
vorschusses.
G. Mit Telefax-Eingabe seines Rechtsvertreters vom 1. Dezember 2006 machte der
Gesuchsteller Ausführungen dazu, weshalb das von ihm eingereichte Gutachten
als revisionsrechtlich erhebliches Beweismittel zu qualifizieren sei.
H. Mit Eingabe vom 5. Januar 2007 reichte der Gesuchsteller eine im Internet ver-
öffentlichte Liste von Unterzeichnern einer Petition zugunsten der Autonomie der
Kabylei ein.
I. Mit Telefax-Eingabe vom 16. Januar 2007 reichte der Gesuchsteller die Kopie
eines Schreibens seines Vaters vom 17. Dezember 2006 ein.
J. Mit Eingabe vom 25. Januar 2007 - vorab per Telefax angekündigt - reichte der
Gesuchsteller Kopien einer Vorladung des „Cour de Justice“ von Tizi-Ouzou vom
34. Januar 2007, inklusive Übersetzung, eines Bestätigungsschreibens des Sekre-
tärs der Sektion Iferhounéne der Front des Forces Socialistes (F.F.S.) vom 17.
Dezember 2006, eines dem Internet entnommenen Artikels über den Hungerstreik
eines Bekannten und eines von ihm an den Präsidenten der „Ligue de défense des
droits de l'homme“ gerichteten Schreibens vom 7. Januar 2001, sowie eine weitere
Kopie des Schreibens seines Vaters vom 17. Dezember 2006 ein.
K. Mit Eingabe vom 26. Januar 2007 reichte der Gesuchsteller - nebst Kopien der
bereits mit Eingabe vom 25. Januar 2007 eingereichten Dokumente - eine Treffer-
liste der Internet-Suchmaschine Google mit seinem Namen, eine aus der Website
der Organisation „Mouvement pour l'Autonomie de la Kabylie“ (MAK) ausgedruckte
Seite, auf derselben Website publizierte Zeitungsartikel vom 13., 17. und 19.
November 2006 sowie 7. Dezember 2006, Ausschnitte aus einer Pressemitteilung
der Mission der „Internationale des Services Publics“ vom 13. November 2006,
sowie aus einem im Internet publizierten Artikel aus „Le Soir d'Algérie“ vom 21.
Dezember 2006, einen auf der Website von „Algeria-Watch“ veröffentlichten Artikel
vom 31. Mai 2006 sowie einen weiteren Bericht über den Hungerstreik seines
Bekannten ein.
L. Mit an das Bundesamt für Migration (BFM) gerichteter und zuständigkeitshalber an
das Bundesverwaltungsgericht überwiesener Eingabe vom 9. Februar 2007 wies
der Gesuchsteller auf die ihm drohende Gefährdung im Falle der Rückschaffung in
seinen Heimatstaat hin und ersuchte um eine menschliche Entscheidung.
M. Mit an das BFM gerichteter und zuständigkeitshalber ans Bundesverwaltungs-
gericht überwiesener Eingabe vom 13. Februar 2007 reichte der Gesuchsteller
eine weitere Kopie des dem Internet entnommenen Berichts über den Hungerstreik
eines Bekannten ein.
N. Mit an die Beschwerdeinstanz sowie das BFM gerichteten Eingaben vom 15.
Februar 2007 reichte der Gesuchsteller einen auf der Website von „Algeria-Watch“
publizierten Artikel vom 9. Februar 2007, einen Artikel von der Website des MAK
vom 13. Februar 2007, einen Ausschnitt eines auf der Website der „Fédération
Internationale des Droits de l'Homme“ (FIDH) publizierten Berichts vom 8. Februar
2007, sowie einen Ausschnitt aus der Zeitung „20minuten“ vom 14. Februar 2007
zu den Akten.
O. Mit Eingabe vom 13. März 2007 reichte der Gesuchsteller die Originale der Ge-
richtsvorladung vom 4. Januar 2007, des Schreibens seines Vaters vom 17. De-
zember 2006 sowie des Bestätigungsschreibens der F.F.S. vom 17. Dezember
2006 ein.
P. Mit Telefax-Eingabe seines Rechtsvertreters vom 19. April 2007 ersuchte der
Gesuchsteller um beschleunigte Behandlung seines Gesuchs, da er sehr unter der
Ungewissheit leide.
Q. Mit Telefax-Eingabe vom 8. Juni 2007 reichte der Gesuchsteller einen Bericht der
Leiter eines Literaturkurses, den er besucht habe, vom 7. Juni 2007 ein.
R. Mit Telefax-Eingabe vom 28. Juni 2007 reichte der Gesuchsteller einen Auszug
aus dem algerischen Amtsblatt betreffend einen neu eingeführten Straftatbestand
sowie einen auf der Website von „Algeria-Watch“ publizierten Zeitungsartikel vom
421. Juni 2007 ein.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Beurteilung von Gesuchen um Revision
seiner Urteile zuständig (vgl. Art. 45 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
gericht vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]). Dabei entscheidet es in der Beset-
zung mit drei Richtern oder Richterinnen (Art. 21 Abs. 2 VGG), sofern das Revi-
sionsgesuch nicht in die Zuständigkeit des Einzelrichters beziehungsweise der
Einzelrichterin fällt (vgl. Art. 23 VGG; Art. 111 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 26.
Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt ferner am 1. Januar 2007 die Beurtei-
lung der vormals bei der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) hängigen
Gesuche um Revision derer Urteile.
1.3 Gemäss Art. 45 VGG sind für die Revision von Entscheiden des Bundesverwal-
tungsgerichts die Artikel 121 - 128 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht
vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) anwendbar. Es stellt sich die Frage, ob
dieser Gesetzesverweis auch für Revisionsgesuche gegen Urteile der ARK, deren
Beurteilung vom Bundesverwaltungsgericht übernommen wurde, gilt, oder ob sol-
che Fälle weiterhin nach den Bestimmungen des VwVG zu beurteilen sind. Mit
Beschluss des Plenums der Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungs-
gerichts vom 25. Juni 2007 wurde bestimmt, dass Revisionsgesuche, welche vor
dem 31. Dezember 2006 bei den Vorgängerorganisationen des Bundesverwal-
tungsgerichts anhängig gemacht wurden, weiterhin nach den Massstäben des
VwVG beurteilt werden (vgl. das zur Publikation vorgesehene Urteil BVGE D-
4889/2006 vom 12. Juli 2007 E. 4.5f.).
1.4 Der Gesuchsteller hat ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Ände-
rung des Beschwerdeurteils und ist daher zur Einreichung eines Revisionsgesu-
ches legitimiert (Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG in analogiam; vgl. URSINA BEERLI-
BONORAND, Die ausserordentlichen Rechtsmittel des Bundes und der Kantone,
Zürich 1985, S. 65 ff.).
2.
2.1 Mit dem ausserordentlichen Rechtsmittel der Revision wird die Unabänderlichkeit
und Massgeblichkeit eines rechtskräftigen Beschwerdeentscheides angefochten,
im Hinblick darauf, dass die Rechtskraft beseitigt wird und über die Sache neu
entschieden werden kann (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2.
Aufl., Bern 1983, S. 229 f.). Gemäss Art. 66 Abs. 2 VwVG zieht die Beschwer-
deinstanz ihren Beschwerdeentscheid auf Begehren einer Partei in Revision, wenn
5neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden (Bst. a), wenn
nachgewiesen wird, dass sie aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte
Begehren übersehen (Bst. b) oder gewisse verfahrensrechtliche Bestimmungen
verletzt hat (Bst. c).
2.2 Nach Absatz 3 der genannten Bestimmung gelten die erwähnten Gründe nicht als
Revisionsgründe, wenn die Partei sie im Rahmen des Verfahrens, das dem
Beschwerdeentscheid voranging, oder auf dem Wege einer Beschwerde, die ihr
gegen den Beschwerdeentscheid zustand, geltend machen konnte.
2.3 Neu im Sinne dieser Bestimmung sind Tatsachen und Beweismittel, die sich bis
zum Abschluss des ordentlichen Verfahrens verwirklicht beziehungsweise bestan-
den hatten, jedoch trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren und daher
nicht geltend gemacht werden konnten. Erheblich sind Tatsachen und Beweis-
mittel dann, wenn sie zu einem anderen Entscheid hätten führen können (vgl. BGE
108 V 171 E. 1).
3.
3.1 Vorweg ist festzuhalten, dass an die Begründung ausserordentlicher Rechtsmittel
erhöhte Anforderungen gestellt werden (Art. 66 Abs. 3 und 67 Abs. 3 VwVG). In
der Rechtsschrift ist die Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens darzutun; zudem
ist anzugeben, welcher gesetzliche Revisionstatbestand angerufen wird und inwie-
fern Anlass besteht, gerade diesen Grund geltend zu machen. Sind dem Gesuch
nicht genügend substanziierte, wirkliche Rechtsmittelgründe zu entnehmen, so ist
darauf überhaupt nicht einzutreten (vgl. GYGI, a.a.O., S. 198 f.). Demgegenüber ist
nicht erforderlich, dass die angerufenen Revisionsgründe wirklich bestehen, sond-
ern es genügt, wenn der Gesuchsteller deren Vorliegen behauptet (BGE 96 I 279;
BEERLI-BONORAND, a.a.O., S. 148 f.).
3.2 Der Gesuchsteller ruft die Revisionsgründe des Vorliegens neuer erheblicher Tat-
sachen und Beweismittel (Art. 66 Abs. 2 Bst. a VwVG) an und zeigt ausserdem die
Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens auf. Die Eingabe erweist sich damit als
hinreichend begründet. Auf das im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte (vgl.
Art. 47 VGG i.V.m. Art. 67 Abs. 3 VwVG i.V.m. Art. 52 VwVG) Revisionsgesuch ist
deshalb einzutreten.
4.
4.1 Gemäss Art. 66 Abs. 2 Bst. a VwVG müssen die zur Stützung eines Revisi-
onsgesuches eingereichten Beweismittel neu und erheblich sein. Sie sind nur dann
als neu zu qualifizieren, wenn sie entweder neue erhebliche Tatsachen erhärten
oder dem Beweis von Tatsachen dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt
waren und vorgebracht wurden, aber zum Nachteil der gesuchstellenden Person
unbewiesen geblieben sind beziehungsweise nicht glaubhaft gemacht werden
konnten. Der im Beschwerdeverfahren misslungene Beweis kann im Revisionsver-
fahren auch mit Beweismitteln geführt werden, welche erst nach dem Beschwerde-
entscheid entstanden sind (vgl. ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren
und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 260, Rn 741;
6Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission
[EMARK] 1994 Nr. 27 S. 199 E. 5c).
4.2 "Neu" im Sinne von Art. 66 Abs. 2 Bst. a VwVG bedeutet somit "neu entdeckt"
beziehungsweise "neu zugänglich", muss sich jedoch auf Tatsachen beziehen, die
zur Zeit der Erstbeurteilung bereits bestanden haben (vgl. GYGI, a.a.O., S. 262).
4.3 Erheblich im Sinne von Art. 66 Abs. 2 Bst. a VwVG sind neue Tatsachen und
Beweismittel dann, wenn im Lichte der veränderten tatbeständlichen Grundlage
die rechtliche Würdigung anders ausfallen müsste als im früheren Entscheid,
respektive wenn die Beweismittel geeignet sind, von der Richtigkeit eines neuen
erheblichen Tatsachenvorbringens zu überzeugen (GYGI, a.a.O., S. 263 f.).
4.4 Sowohl neue erhebliche Tatsachen als auch neue erhebliche Beweismittel bilden
im Übrigen nur dann einen Revisionsgrund, wenn sie der gesuchstellenden Person
damals trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt sein konnten oder ihr die Gel-
tendmachung oder Beibringung aus entschuldbaren Gründen nicht möglich war
(vgl. Art. 66 Abs. 3 VwVG und Entscheidung und Mitteilung EMARK 1994 Nr. 27 S.
198 f. E. 5a und b).
5.
5.1 Zunächst legt der Gesuchsteller ein Gutachten _______, vom 23. November 2006
ins Recht. Darin analysiert die Gutachterin die Aussagen des Gesuchstellers
anlässlich der Befragungen im erstinstanzlichen Verfahren sowie bei einem von
der Gutachterin selber geführten Interview und gelangt zum Schluss, dass die
Aussagen des Gesuchstellers zu seinen Fluchtgründen glaubhaft seien. Die
gegenteilige Einschätzung der Asylbehörden beruhe auf einer mangelhaften
Befragung sowie der Missachtung aktenkundiger Aussagen. Der Gesuchsteller
weise zudem deutliche Symptome einer Traumastörung auf, welche auf seine
Gewalterfahrungen zurückzuführen seien.
5.1.1 Im Gutachten vom 23. November 2006 werden bezüglich der vom Gesuchsteller
zur Begründung seines Asylgesuchs vorgebrachten Repressalien keine neuen Tat-
sachen vorgebracht oder neue Beweismittel genannt, sondern es wird eine neue
Würdigung seiner bereits im ordentlichen Verfahren bekannten Ausführungen vor-
genommen; nach Auffassung des Gesuchstellers vermag dieses Dokument zu
belegen, dass seine Asylvorbringen glaubhaft und die gegenteiligen Argumente im
Beschwerdeurteil der ARK wissenschaftlich nicht stichhaltig sind. Der Umstand,
dass der Gesuchsteller mit der Würdigung des von ihm vorgebrachten Sachver-
halts durch die Behörden nicht einverstanden ist, kann indessen - unabhängig da-
von, ob die Kritik materiell zu Recht oder zu Unrecht erfolgt - nicht Gegenstand
des Revisionsverfahrens sein. Nach Lehre und Praxis ist eine Revision ausge-
schlossen, wenn nur eine neue rechtliche Würdigung bereits bekannter Tatsachen
oder eine neue Beurteilung von Rechtsfragen angestrebt wird (vgl. EMARK 1993
Nr. 4 E. 4c und 5 S. 20 ff.; KÖLZ/ HÄNER, a.a.O., S. 259, Rz. 737). Namentlich stellt
die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Asylvorbringen eine von der Behörde zu
beurteilende Rechtsfrage dar (vgl. EMARK 1996 Nr. 16 E. 3e/bb S. 144). Der
Umstand, dass der Gesuchsteller seine appellatorische Kritik am Beschwerdeurteil
mit einem Gutachten einer Fachperson untermauert, vermag an dieser Einschät-
7zung nichts zu ändern. Denn ein Gutachten gilt nur dann als neues Beweismittel,
wenn es neue tatbeständliche Gesichtspunkte zutage fördert. Es genügt nicht,
dass es den Sachverhalt anders bewertet; vielmehr bedarf es neuer Elemente tat-
sächlicher Natur, welche die Entscheidungsgrundlagen als objektiv mangelhaft
erscheinen lassen. Für die Revision eines Entscheides genügt es nicht, dass der
Gutachter aus den im Zeitpunkt des Haupturteils bekannten Tatsachen nachträg-
lich andere Schlussfolgerungen zieht als das Gericht (GYGI, a.a.O., S. 194; NICOLAS
VON WERDT, in: HANSJÖRG SEILER/NICOLAS VON WERDT/ ANDREAS GÜNGERICH (Hrsg.), Bun-
desgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Art. 123, N 12, mit Hinweisen; BGE 110 V
138 E. 2, S. 141; 108 V 170 E. 1, S. 171 f.).
5.1.2 Im Weiteren ist festzustellen, dass die von der Gutachterin beim Gesuchsteller
diagnostizierte Traumastörung nicht per se den Rückschluss auf eine ihr zugrun-
deliegende Verfolgung zulässt, kann diese Erkrankung doch auch auf andere,
asylrechtlich nicht relevante Ereignisse zurückzuführen sein. Dieser neu vorge-
brachte Umstand wäre somit, auch wenn er bereits im Beschwerdeverfahren
bekannt geworden wäre, nicht geeignet gewesen, zu einer anderen Einschätzung
der Asylrelevanz der Vorbringen des Gesuchstellers zu führen.
5.1.3 Nach dem Gesagten stellt das vom Gesuchsteller eingereichte psychologische
Gutachten kein neues und erhebliches Beweismittel im revisionsrechtlichen Sinne
dar. Bei diesem Ergebnis können die Frage, ob es rechtzeitig eingereicht wurde,
sowie das Bestehen entschuldbarer Gründe für eine allfällig verspätete Einrei-
chung offengelassen werden.
5.2 Soweit der Gesuchsteller im Weiteren vorbringt, dass das Haus seiner Familie am
30. November 2006 von Angehörigen der Sicherheitskräfte auf der Suche nach
ihm durchsucht worden sei und er am 4. Januar 2007 eine Vorladung wegen Mit-
gliedschaft in einer verbotenen Partei erhalten habe, ist festzustellen, dass es sich
um Ereignisse handelt, welche erst nach Abschluss des ordentlichen Verfahrens
eingetreten sind und demnach keine neuen erheblichen Tatsachen im revisions-
rechtlichen Sinne darstellen.
5.3 Ebenso lässt sich den vom Gesuchsteller betreffend den Hungerstreik seines
Freundes eingereichten Artikeln entnehmen, dass sich dieser erst nach Abschluss
des ordentlichen Verfahrens ereignet hat, weshalb es sich dabei nicht um eine
neue erhebliche Tatsache im Sinne von Art. 66 Abs. 2 Bst. a VwVG handelt.
5.4 Das Schreiben des Generalsekretärs der FFS vom 17. Dezember 2006 hat als
Bestätigung von privater Seite einen bloss reduzierten Beweiswert. Zudem weist
es lediglich in allgemeiner Weise auf die Gefährdung des Gesuchstellers hin, ohne
diese weiter zu konkretisieren. Somit erscheint dieses Dokument nicht geeignet,
die Einschätzung im Beschwerdeurteil umzustossen, weshalb es ihm an der
Erheblichkeit im revisionsrechtlichen Sinne mangelt.
5.5 Soweit der Gesuchsteller ferner zahlreiche den Websites von MAK, Algeria-Watch
und FIDH entnommene Berichte zur allgemeinen Situation in Algerien und insbe-
sondere in der Kabylei einreicht, ist festzustellen, dass diese keinen unmittelbaren
Bezug zu den Vorbringen des Gesuchstellers aufweisen und die darin dokumen-
tierten Probleme in seinem Heimatstaat nicht per se auf eine konkrete, asylrecht-
lich relevante Gefährdung schliessen lassen. Daher sind diese Dokumente eben-
8falls als nicht erheblich im revisionsrechtlichen Sinne zu bezeichnen.
5.6 Ebenso sind der vom Gesuchsteller vorgelegte Auszug aus dem Amtsblatt Alge-
riens, die Ausschnitte aus einer Pressemitteilung der Mission der "Internationale
der Services Publics" vom 13. November 2006, der im Internet publizierte Artikel
aus "Le Soir d'Algérie" vom 21. Dezember 2006 und der Ausschnitt aus der Zei-
tung „20minuten“ vom 14. Februar 2007 nicht geeignet, eine konkrete Gefährdung
zu belegen, weshalb es ihnen an der revisionsrechtlichen Erheblichkeit fehlt.
5.7 Ferner kann aus dem Umstand, dass der Gesuchsteller eine Petition zugunsten
der Autonomie der Kabylei unterzeichnet hat, nicht auf eine konkrete Gefährdung
geschlossen werden, zumal sich die Lage in der Kabylei in letzter Zeit beruhigt hat
und die algerische Regierung den Forderungen der Berber nach kultureller Auto-
nomie zum Teil nachgekommen ist (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe [SFH],
Algerien - Update vom 24. April 2007, S. 5 f., EMARK 2005 Nr. 13 S. 120 ff.).
Daher muss dieses Vorbringen ungeachtet der Frage der Neuheit als nicht erheb-
lich im Sinne von Art. 66 Abs. Bst. a VwVG bezeichnet werden.
5.8 Der vom Gesuchsteller eingereichte Bericht der Leiter eines von ihm besuchten
Kurses soll die Glaubwürdigkeit seiner Vorbringen unterstützen. Da diesem Doku-
ment keine erheblichen neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen sind und es
nicht geeignet ist, die Vorbringen des Gesuchstellers im ordentlichen Verfahren zu
belegen, kann ihm keine revisonsrechtliche Bedeutung beigemessen werden.
6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass kein revisionsrechtlich relevanter Sach-
verhalt dargetan ist. Das Gesuch um Revision des Urteils der ARK vom 24. März
2006 ist demzufolge abzuweisen.
7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Gesuchsteller aufzu-
erlegen (Art. 37 VGG i.V.m. Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m.
Art. 2 und 3 VGKE). Nachdem aber weiterhin von der Bedürftigkeit des Gesuch-
stellers auszugehen ist und sein Vorbringen nicht als zum Vornherein aussichtslos
bezeichnet werden können, ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege gutzuheissen und antragsgemäss auf die Auferlegung der Verfah-
renskosten zu verzichten.
(Dispositiv nächste Seite)
9Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
3. Auf die Auferlegung der Verfahrenskosten wird verzichtet.
4. Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter des Gesuchstellers , 2 Expl. (eingeschrieben)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Akten
(Ref.-Nr. N_______)
- Y._______
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Nicholas Swain
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