E-4799/2006 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung (Beschwerden gegen Wiedererwägungsentscheid) - Verfügung vom 24. August 2006 in Sachen Vollzug de...
Karar Dilini Çevir:
E-4799/2006 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung (Beschwerden gegen Wiedererwägungsentscheid) - Verfügung vom 24. August 2006 in Sachen Vollzug de...

Abtei lung V
E-4799/2006
koh/fal
{T 0/2}
Urteil vom 19. Juni 2007
Mitwirkung: Richterin Kojic, Richterin Teuscher, Richter Stöckli
Gerichtsschreiberin Fankhauser
A._______ Äthiopien,
Beschwerdeführer
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), vormals Bundesamt für Flüchtlinge (BFF),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Verfügung vom 24. August 2006 in Sachen Vollzug der Wegweisung
(Wiedererwägung) N. B._______
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest:
A. Am 22. Dezember 1993 reiste der Beschwerdeführer in die Schweiz ein
und ersuchte am 24. Dezember 1993 um Asyl. Mit Verfügung vom 2. Mai
1994 stellte das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) fest, der
Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und lehnte das
Asylgesuch ab. Gleichzeitig ordnete es die Wegweisung und deren Vollzug
aus der Schweiz an. Eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde
vom 31. Mai 1994, welche lediglich den Vollzug der Wegweisung betraf,
wies die damals zuständige Schweizerische Asylrekurskommission (ARK)
mit Urteil vom 25. August 1994 ab.
In der Folge wurden die dem Beschwerdeführer angesetzten Ausreisefris-
ten wiederholt erstreckt, wobei der Vollzug aufgrund der unsicheren
Verhältnisse in Äthiopien vorübergehend ausgesetzt wurde.
B. Mit Eingabe vom 7. August 2006 reichte der Beschwerdeführer beim BFM
ein Wiedererwägungsgesuch ein und beantragte, die Verfügung der
Vorinstanz vom 2. Mai 1994 sei betreffend die Ziffern 3 und 4 in
Wiedererwägung zu ziehen.
Zur Begründung seines Gesuchs führte der Beschwerdeführer im
Wesentlichen aus, er halte sich seit 14 Jahren in der Schweiz auf und
leide seit vielen Jahren unter einer Alkoholkrankheit und einer
therapiebedürftigen Depression. Im Jahre 2001 habe er sich deswegen
während eineinhalb Monaten im C._______ behandeln lassen und sei auf
die Einnahme des Medikaments Haldol angewiesen. Er lebe seit Jahren
zurückgezogen und habe kaum Kontakte. Ein Wiedereinstieg ins normale
Leben mit einer Arbeitsaufnahme wäre für ihn nach so vielen Jahren sehr
schwierig. Er sei nicht imstande, ein neues Leben in seiner Heimat
aufzubauen. Er habe dort jegliches Sozialnetz, das ihn unterstützen
würde, verloren und würde zudem als Alkoholiker und Depressiver von der
Gesellschaft ausgeschlossen. Zur Untermauerung wurde ein Arztzeugnis
des D._______ vom 24. Juli 2006 eingereicht, in welchem dieser die
erwähnten Erkrankungen bestätigt.
C. Mit Verfügung vom 24. August 2006 wies das BFM das
Wiedererwägungsgesuch ab und stellte fest, die Verfügung vom 2. Mai
1994 sei rechtskräftig und vollstreckbar; einer allfälligen Beschwerde
komme keine aufschiebende Wirkung zu.
Die Vorinstanz begründete ihre Verfügung im Wesentlichen damit, dass
dem Beschwerdeführer zugemutet werden könne, sich bei der
äthiopischen Botschaft ein Laissez-passer Ersatzpapier ausstellen zu
lassen. Sodann seien die gesundheitlichen Schwierigkeiten des
Beschwerdeführers auch in seinem Heimatland behandelbar. Gemäss
gesicherten Erkenntnissen des BFM sei eine entsprechende Versorgung in
den (öffentlichen) Regionalkrankenhäusern in Addis Abeba gewährleistet.
Es würden insgesamt keine Gründe vorliegen, welche die Rechtskraft der
Verfügung vom 2. Mai 1994 beseitigen könnten. Zudem könne der
Beschwerdeführer medizinische Rückkehrhilfe beantragen und das vom
BFM am 1. Juni 2006 speziell für äthiopische Staatsbürger lancierte
Rückkehrhilfeprogramm in Anspruch nehmen, welches unter anderem
Beratung und finanzielle Hilfe beinhalte.
D. Mit Beschwerde vom 25. September 2006 (Eingabe und Poststempel) an
die damals zuständige ARK beantragt der Beschwerdeführer, alle
Wegweisungsmassnahmen seien zu sistieren und es sei die
Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung festzustellen sowie die
vorläufige Aufnahme anzuordnen. Es sei ihm die unentgeltliche
Rechtspflege zu gewähren.
E. Mit Telefax vom 26. September 2006 setzte die ARK den Vollzug der
Wegweisung im Sinne einer vorsorglichen Massnahme aus.
Mit Zwischenverfügung vom 28. September 2006 setzte die
Instruktionsrichterin den Vollzug der Wegweisung für die Dauer des
Verfahrens aus. Sodann verschob sie den Entscheid über das Gesuch um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auf den Urteilzeitpunkt,
verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und setzte dem
Beschwerdeführer eine Frist zur Einreichung einer Beschwer-
deverbesserung sowie der in der Beschwerde in Aussicht gestellten
Beweismittel (Bestätigung Kirchgemeinde, Bestätigung Sozialassistenz,
Foto) an.
F. Mit Eingabe vom 4. Oktober 2006 reichte der Beschwerdeführer die
Beschwerdeverbesserung sowie ein Schreiben von E._______ vom 4.
Oktober 2006 nach.
G. Das BFM schliesst in der Vernehmlassung vom 31. Oktober 2006 auf
Abweisung der Beschwerde. Mit Zwischenverfügung vom 2. November
2006 wurde die Vernehmlassung dem Beschwerdeführer zur
Stellungnahme unterbreitet. Der Beschwerdeführer liess die ihm bis zum
17. November 2006 angesetzte Frist unbenutzt verstreichen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine
Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art.
33 und 34 VGG genannten Behörden. Dazu gehören Verfügungen des
BFM gestützt auf das Asylgesetz; das Bundesverwaltungsgericht
entscheidet in diesem Bereich endgültig (Art. 105 AsylG, Art. 83 Bst. d Ziff.
1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es zuständig ist, die Be-
urteilung der am 1. Januar 2007 bei der ARK hängigen Rechtsmittel. Das
neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG). Auf die am
1. Januar 2007 bereits hängigen Asylverfahren sind zudem die in Kraft ge-
tretenen Bestimmungen der Asylgesetzänderung vom 16. Dezember 2005
(vgl. im Einzelnen AS 2006 4767) anwendbar (Abs. 1 der Übergangsbe-
stimmungen zur Änderung vom 16. Dezember 2005).
Nachdem nach Lehre und Praxis Wiedererwägungsentscheide grundsätz-
lich wie die ursprüngliche Verfügung auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg
weitergezogen werden können, ist das Bundsverwaltungsgericht auch
zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Wiedererwägungsbe-
schwerde.
1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die
Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
2. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; der
Beschwerdeführer ist legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 und 50
ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.
3. Der Begriff der Wiedererwägung wird in dreifachem Sinne verwendet. In
der in casu relevanten Bedeutung bezeichnet er die Anpassung einer
ursprünglich fehlerfreien Verfügung an nachträglich eingetretene
Veränderungen der Sachlage. Bei der Geltendmachung des
solchermassen umschriebenen Wiedererwägungsgrundes kommt es nicht
darauf an, ob vorgängig von einem ordentlichen Rechtsmittel Gebrauch
gemacht wurde oder nicht. Die Wiedererwägung stellt auch in diesem
Sinne ein ausserordentliches Rechtsmittel dar, auf dessen Behandlung,
abgeleitet aus Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999
(BV, SR 101) ein Anspruch besteht (vgl. die weiterhin zutreffende Praxis
der ARK in Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen
Asylrekurskommission [EMARK] 2003 Nr. 17 und EMARK 1995 Nr. 21 mit
zahlreichen Verweisen). Sodann ist festzuhalten, dass der Sinn der
Wiedererwägung wie auch der Revision nicht die erneute rechtliche
Würdigung eines bereits hinlänglich erstellten und endgültig beurteilten
Sachverhalts ist (vgl. EMARK 1999 Nr. 4 E. 5a S. 24 f.). Anders aus-
gedrückt ist es unzulässig, ein letztinstanzlich und rechtskräftig
abgeschlossenes Verfahren unter dem Titel eines
Wiedererwägungsgesuchs faktisch zu wiederholen, indem die rechtliche
Beurteilung der verfügenden oder der Beschwerdeinstanz (erneut) in
Frage gestellt wird.
4.
4.1 Nachdem die Vorinstanz den Anspruch des Beschwerdeführers auf
Behandlung des Wiedererwägungsgesuchs nicht in Abrede gestellt hat
und auf das Wiedererwägungsgesuch eingetreten ist, hat das
Bundesverwaltungsgericht zu prüfen, ob die Vorinstanz das Gesuch zu
Recht abgewiesen hat.
4.2 Da der Beschwerdeführer sowohl im Wiedererwägungsgesuch als auch in
der Beschwerde einzig betreffend die Frage des Vollzugs der Wegweisung
eine Neubeurteilung beantragt, beschränkt sich vorliegend die Prüfung auf
das Vorhandensein allfälliger Vollzugshindernisse.
5.
5.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so
verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den
Vollzug an; dabei ist der Grundsatz der Einheit der Familie zu
berücksichtigen (Art. 44 Abs. 1 AsylG). Ist der Vollzug der Wegweisung
nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so regelt das Bundesamt
das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über
die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG, Art. 14a
Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer [ANAG, SR 142.20]).
5.2 Der Vollzug ist nicht möglich, wenn der Ausländer weder in den Herkunfts-
oder in den Heimatstaat noch in einen Drittstaat verbracht werden kann. Er
ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer
Weiterreise des Ausländers in seinen Heimat-, Herkunfts- oder einen
Drittstaat entgegenstehen. Der Vollzug kann insbesondere nicht zumutbar
sein, wenn er für den Ausländer eine konkrete Gefährdung darstellt (Art.
14a Abs. 2 - 4 ANAG).
5.3 Niemand darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen
werden, in dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit aus einem Grund
nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet sind oder in dem die Gefahr besteht,
dass er zur Ausreise in ein solches Land gezwungen wird (Art. 5 Abs. 1
AsylG).
5.4 Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom
10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der
Praxis zu Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK, SR 0.101) darf niemand
der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder
Behandlung unterworfen werden.
5.5 Aus humanitären Gründen, nicht in Erfüllung völkerrechtlicher Pflichten der
Schweiz, wird auf den Vollzug der Wegweisung auch verzichtet, wenn die
Rückkehr in den Heimatstaat für den Betroffenen eine konkrete
Gefährdung darstellt. Eine solche Gefährdung kann angesichts der im
Heimatland herrschenden allgemeinen politischen Lage, die sich durch
Krieg, Bürgerkrieg oder durch eine Situation allgemeiner Gewalt
kennzeichnet, oder aufgrund anderer Gefahrenmomente, wie
beispielsweise einer notwendigen medizinischen Behandlung,
angenommen werden (vgl. Botschaft zum Bundesbeschluss über das
Asylverfahren vom 22. Juni 1990, BBl 1990 II 668).
6.
6.1 In der Rechtsmitteleingabe wird ausgeführt, das BFM habe in seinem
Entscheid nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer sein soziales
Netz in Äthiopien nach der langjährigen Abwesenheit völlig verloren habe.
Auch ignoriere das BFM die Tatsache, dass der Beschwerdeführer
aufgrund seiner Depressionen und Alkoholsucht und sozialer
Zurückgezogenheit in der Schweiz nicht die Fähigkeit zu einer
Wiedereingliederung habe. So könne er keine eigenen Initiativen für sich
ergreifen, geschweige denn sich einer so grossen Herausforderung wie
einer Rückkehr und Wiedereingliederung stellen. Auch habe die
Vorinstanz nicht in Betracht gezogen, dass der Beschwerdeführer in seiner
gesundheitlichen Situation nicht in der Lage sei zu arbeiten. In seinem
Zustand sei es ihm nicht möglich, zu den äthiopischen Behörden zu
gehen, um Reisepapiere zu beschaffen. Er leide unter mehreren
Krankheiten und es sei zu erwarten, dass sich die psychischen Be-
schwerden bei einer Rückkehr massiv verschärfen würden. Der
Sachverhalt sei nicht vollständig festgestellt. In Äthiopien gebe es keine
Krankenversicherung und eine einmalige Rückkehrhilfe von ein paar
hundert Franken könne diese Kosten nicht decken. Es sei schwierig, eine
Depression mit Alkoholkrankheit, die während eines so langen Aufenthalts
in einem anderen Land entstanden sei, im Heimatland zu behandeln. Wie
dem eingereichten Foto zu entnehmen sei, sei er völlig verwahrlost und
seine Familie würde ihn nicht mehr aufnehmen. Man erwarte von
Personen, die ins Ausland reisen, dass sie regelmässig Geld nach Hause
schickten, was er jedoch nicht getan habe, weshalb er nun keine Chance
habe, irgendetwas von seiner Familie zu erhalten.
6.2 Das BFM hält in der Vernehmlassung fest, dass die auf Beschwerdeebene
geltend gemachten gesundheitlichen Probleme, namentlich Alkoholsucht,
Depression und soziale Zurückgezogenheit, nicht geeignet seien, den
Wegweisungsvollzug als unzumutbar erscheinen zu lassen. Das BFM
verweist sodann auf seinen Entscheid vom 12. Mai 2006, in welchem es
sich mit dieser Problematik bereits detailliert auseinandergesetzt habe.
7.
7.1 Als massgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung des Vorliegens veränderter
Umstände, die es allenfalls rechtfertigen würden, wiedererwägungsweise
eine andere Beurteilung der festgestellten Zumutbarkeit des
Wegweisungsvollzugs vorzunehmen, gelten die Verhältnisse, wie sie zum
Zeitpunkt des Entscheids über das Wiedererwägungsgesuch vorgelegen
haben beziehungsweise im Zeitpunkt des Beschwerdeentscheides
vorliegen.
7.2
7.2.1 Zunächst rügt der Beschwerdeführer, das BFM habe den Sachverhalt
nicht richtig festgestellt. Dazu ist festzuhalten, dass es sich beim
Wiedererwägungsverfahren um ein ausserordentliches Verfahren handelt.
Es obliegt dabei dem Gesuchsteller, klar und abschliessend darzutun, aus
welchen Gründen die ursprünglich fehlerfreie und rechtskräftige Verfügung
in Wiedererwägung zu ziehen sei. Im Wiedererwägungsgesuch vom 7.
August 2006 beruft sich der Beschwerdeführer auf das Vorliegen neuer
wichtiger Tatsachen, die bei der Entscheidfindung dem BFM nicht bekannt
gewesen seien. Als neue Tatsachen beziehungsweise Beweismittel
bezeichnet der Beschwerdeführer in seinem Wiedererwägungsgesuch den
Umstand, dass er seit mindestens neun Jahren (vgl. Arztbericht von
D._______ vom 24. Juli 2006) an einer Alkoholkrankheit und an einer
therapiebedürftigen depressiven Erkrankung leide, wobei die beiden
erwähnten Krankheiten zusammen hängen würden und er auf die
Einnahme des Medikaments Haldol angewiesen sei. In der Zwischenzeit
habe er kein soziales Netz mehr, das ihn in Äthiopien unterstützen könnte.
Da er sich sozial zurückgezogen und seit 13 Jahren nicht gearbeitet habe,
habe er nie die Beratungsstelle für Migranten aufgesucht. Erst jetzt, als er
die Bekanntschaft mit einem E._______ gemacht habe, habe ihn dieser zu
einer Beratungsstelle gebracht, die für ihn das Gesuch geschrieben habe.
Diese Vorbringen hat die Vorinstanz der angefochtenen Verfügung
zugrunde gelegt und umfassend geprüft. Entgegen der Rüge in der
Beschwerde würdigte das BFM die vorgebrachten Krankheiten sowie das
eingereichte Arztzeugnis. Ebenfalls stellte es fest, dass der
Beschwerdeführer in F._______ eine Familie habe und den Beruf eines
G._______ gelernt habe, weshalb ihm zuzumuten sei, sich in seiner
Heimat eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Entgegen der vom
Beschwerdeführer vertretenen Ansicht hat das BFM daher den
Sachverhalt richtig und vollständig festgestellt. Die erhobene Rüge erweist
sich somit als unzutreffend.
7.2.2 Hinsichtlich des Einwandes, er habe sich wegen seines schlechten
Zustands nicht um Reisepapiere bemühen können, ist festzuhalten, dass
er den von ihm erwähnten E._______ oder die Beratungsstelle für
Migranten, die für ihn offensichtlich das Wiedererwägungsgesuch und die
Beschwerde geschrieben hat, hätte um Hilfe ersuchen können. Ebenso
hätte er seinen Hausarzt, bei welchem er offenbar seit 1995 in
regelmässiger Behandlung wegen seiner Süchte (Alkohol, Nikotin und
zeitweise auch Cannabis) und deren Folgen (Leberleiden) ist, um Rat
bitten können. Überdies hätte er auch die kantonalen Vollzugsbehörden,
welche ihn zwecks Papierbeschaffung vorgeladen haben, um
Unterstützung angehen können.
7.2.3 Aufgrund des erwähnten Berichtes des behandelnden Hausarztes steht
fest, dass der Beschwerdeführer unter einer Alkoholkrankheit und deren
Folgen leidet. So wird im Bericht festgehalten, er trinke alkoholartige
Getränke in unterschiedlicher Menge, zum Teil auch höherprozentige,
zwischendurch meide er den Alkohol während Tagen. Deswegen liege
beim Beschwerdeführer ein Leberleiden vor, das sich bei den jeweiligen
Blutuntersuchungen in wechselndem Ausmass präsentiere, das aber
bisher zu keinen ernsthafteren gesundheitlichen Störungen geführt habe.
Ausserdem liege beim Beschwerdeführer eine therapiebedürftige
depressive Erkrankung vor, die von Schlafstörungen begleitet sei. Der
Beschwerdeführer sei wegen einer biopsychosozialen Belastungssituation
mit Störung durch Alkohol und Cannabinoiden vom 18. Mai 2001 bis 5. Juli
2001 im C._______ gewesen. Er habe in den letzten Jahren regelmässig
das antipsychotische Medikament Haldol, das er bis anhin problemlos
akzeptiert und gut vertragen habe, eingenommen. Aufgrund des
Arztberichtes ist nicht von einer schwerwiegenden Erkrankung
auszugehen, welche in Äthiopien nicht behandelt werden könnte. Eben-
falls kann dem Schreiben von E._______ vom 4. Oktober 2006 nicht
entnommen werden, dass der Beschwerdeführer ernsthaft psychisch krank
oder traumatisiert wäre. Auch E._______ geht von einer, durch Alkohol-
konsum verursachten psychischen Labilität, Depression und sozialen
Verarmung aus. E._______ bestätigt, dass der Beschwerdeführer einige
Fortschritte in Bezug auf Hygiene und Umgang mit Mitmenschen gemacht
habe. Hinweise auf eine schwerwiegende Erkrankung sind weder dem
ärztlichen Bericht noch dem Schreiben von E._______ zu entnehmen.
Vorliegend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz
offenbar äusserst isoliert lebt, kaum soziale Kontakte knüpfte und
angesichts der bereits lange andauernden Isolation auch kaum realistische
Chancen hat, sich hier zu integrieren. Die Alkoholkrankheit scheint hier
entstanden zu sein, was darauf schliessen lässt, dass ihm insbesondere
der Aufenthalt in der Schweiz Probleme verursacht. Es ist daher durchaus
möglich, dass die Rückkehr in sein Heimatland für ihn eine Chance sein
kann, obwohl mit Wiedereingliederungsschwierigkeiten zu rechnen ist. Der
Beschwerdeführer hat in Äthiopien seine Kindheit und Jugend verbracht
und den Akten ist nicht zu entnehmen, dass er dort Suchtprobleme gehabt
hat. Es ist im Übrigen - auch nach dem langen Aufenthalt in der Schweiz
davon auszugehen, dass seine Eltern und allenfalls weitere Verwandte im
Heimatland leben. Auch wenn es ihm angesichts der bestehenden
Suchtprobleme schwer fallen wird, mit seinen Angehörigen Kontakt
aufzunehmen und über seine Krankheit zu sprechen, ist ihm dies
zuzumuten, zumal dies für ihn wohl die Chance bedeutet, aus seinem
Suchtproblem heraus zu kommen und im sozialen Leben wieder Fuss zu
fassen. Im vorliegenden Fall hat das BFM dem Beschwerdeführer in seiner
Verfügung auch angeboten, das Rückkehrhilfeprogramm für äthiopische
Staatsbürger in Anspruch zu nehmen und zusätzlich eine medizinische
Rückkehrhilfe zu beantragen. Mit dieser Hilfe sowie allenfalls mit der
Unterstützung seines Hausarztes sowie von E._______, welcher sich
offenbar für ihn engagiert, sollte es dem Beschwerdeführer gelingen, mit
seinen in Äthiopien lebenden Verwandten Kontakt aufzunehmen, um die
Rückkehr vorzubereiten.
7.2.4 Was die medizinische Versorgung anbelangt ist darauf hinzuweisen, dass
die vom Beschwerdeführer benötigten Psychopharmaka oder ähnlich wir-
kende Medikamente in Äthiopien erhältlich sind. Diesbezüglich hat die Vor-
instanz auf eine entsprechende Versorgung in den Regionalkranken-
häusern und auf die Möglichkeit der medizinischen Rückkehrhilfe
hingewiesen. Überdies ist anzufügen, dass es zwar, wie der
Beschwerdeführer in seiner Eingabe festhält, in Äthiopien keine
allgemeine Gesundheitsversicherung gibt. Besonders arme Personen
können jedoch eine Bescheinigung in ihrer Heimatgemeinde beantragen,
um eine kostenlose Gesundheitsversorgung zu erhalten. Da ein Grossteil
der Bevölkerung unter einem bestimmten Monatseinkommen bleibt,
erhalten in der Praxis viele Personen kostenlose medizinische
Versorgung. Auch die Verfügbarkeit von Medikamenten hat sich in den
letzten Jahren grundlegend verbessert, wobei in privaten Hospitälern die
Verfügbarkeit wichtiger Medikamente oftmals geringer ist als in staatlichen
(vgl. dazu Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, SFH-Recherche
vom 10. März 2006, Äthiopien-Gesundheitswesen). Entgegen den
Ausführungen in der Beschwerde ist es dem Beschwerdeführer auch
zuzumuten - allenfalls mit Hilfe der Vollzugsbehörden oder von E._______
- bei den Behörden seines Heimatlandes Reisepapiere zu beschaffen.
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist insgesamt festzustellen, dass
der Vollzug der Wegweisung nach Äthiopien für den Beschwerdeführer
zumutbar ist.
7.2.5 In Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles ist auch unter
Berücksichtigung des langen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in der
Schweiz festzuhalten, dass aus wiedererwägungsrechtlicher Sicht keine
Gründe vorliegen, welche es rechtfertigen würden, auf Unzumutbarkeit
des Wegweisungsvollzugs gemäss Art. 14a Abs. 4 ANAG zu schliessen.
An dieser Einschätzung vermögen die weiteren Ausführungen in der
Beschwerde nichts zu ändern, weshalb auf diese nicht näher einzugehen
ist.
8. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene
Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt
richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die
Beschwerde ist abzuweisen.
9. Nach dem Ausgang des Verfahrens wären die Verfahrenskosten von Fr.
1'200.-- grundsätzlich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1
VwVG). Nachdem auf Grund der Akten von der Bedürftigkeit des
Beschwerdeführers auszugehen ist und die Beschwerdebegehren nicht als
aussichtslos betrachtet werden können, ist das Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG
gutzuheissen und auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu verzichten.
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. In Gutheissung des Gesuchs um die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3. Dieses Urteil geht an:
- den Beschwerdeführer (eingeschrieben)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den
Akten (Ref.-Nr. B._______)
- H._______
Die Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Therese Kojic Blanka Fankhauser
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