E-4764/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 22. Jun...
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l adm in i s t r a t i f f édé ra l
T r i buna l e ammin i s t r a t i vo f ede ra l e
T r i buna l adm in i s t r a t i v f ede ra l
Abteilung V
E4764/2009
U r t e i l v om 3 . F e b r u a r 2 0 1 2
Besetzung Richter Markus König (Vorsitz), Richterin Gabriela Freihofer,
Richterin Regula Schenker Senn,
Gerichtsschreiberin Eveline Chastonay.
Parteien A._______,
Türkei,
vertreten durch lic. iur. Serif Altunakar, Rechtsberatung,
(…),
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 22. Juni 2009 / N (…).
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Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer – ein Kurde aus der Provinz B._______ – verliess
den Heimatstaat eigenen Angaben zufolge am 3. Juli 2008, gelangte über
ihm unbekannte Staaten am 8. Juli 2008 illegal in die Schweiz und stellte
hier gleichentags ein Asylgesuch. Am 10. Juli 2008 wurde er durch das
Bundesamt im Empfangs und Verfahrenszentrum (EVZ) Kreuzlingen
summarisch und am 21. Juli 2008 eingehend zu seinen Asylgründen
befragt.
Der Beschwerdeführer machte dabei im Wesentlichen geltend, er sei mit
anderen Kurden am (…) 2008 in B._______ anlässlich des (…)
festgenommen worden, wobei die Polizei bei ihm eine an der
Kundgebung verteilte Ausgabe der Zeitschrift "Özgür Halk" sichergestellt
habe. Er sei während der Haft verhört, dabei gefoltert und unter weiteren
Drohungen zu Spitzeltätigkeiten aufgefordert worden. Um seine
Freilassung zu erlangen, habe der Beschwerdeführer diesem Vorschlag
zugestimmt. So sei er nach drei Tagen Haft freigekommen, jedoch
weiterhin von den Behörden beschattet und insgesamt etwa dreimal zu
Hause aufgesucht worden. Zudem habe ein Spitzel in seinem Dorf die
Kurdische Arbeiterpartei (PKK) über die geplanten Spitzeltätigkeiten des
Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt. Um der behördlichen
Beschattung und der Verfolgung durch die PKK zu entkommen, habe er
sich im Wald versteckt. Etwa nach einem Monat habe er nach
Rücksprache mit seiner Familie realisiert, dass sich die Situation nicht
ändern würde und habe sich daher zur Ausreise entschlossen. Er sei
zunächst mit einem Lastwagen nach Istanbul und von dort über
verschiedene Staaten in die Schweiz gereist.
Ausser der (…) Teilnahme an (…) sei er politisch nicht aktiv gewesen.
Allerdings habe er keinen Militärdienst leisten wollen, zumal er dann
gegen die eigenen Landsleute im kurdischen Gebiet zum Einsatz
gekommen wäre, er aber nicht als Kurde gegen Kurden kämpfen wolle.
Zum Beleg seiner Identität reichte der Beschwerdeführer seinen Nüfus zu
den Akten.
B.
Mit Verfügung vom 22. Juni 2009 – eröffnet am 24. Juni 2009 – lehnte
das BFM das Asylgesuch des Beschwerdeführers ab, verfügte die
Wegweisung aus der Schweiz und ordnete deren Vollzug an.
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C.
Mit Eingabe vom 24. Juli 2009 liess der Beschwerdeführer durch seinen
Rechtsvertreter beim Bundesverwaltungsgericht gegen die
vorinstanzliche Verfügung Beschwerde einreichen. Er beantragte, die
Verfügung vom 22. Juni 2009 sei aufzuheben, seine
Flüchtlingseigenschaft sei festzustellen und ihm sei Asyl zu gewähren;
eventualiter sei die Unzulässigkeit, allenfalls Unzumutbarkeit des
Wegweisungsvollzugs festzustellen und als Folge davon die vorläufige
Aufnahme anzuordnen; auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sei
zu verzichten. Mit der Beschwerde wurden unter anderem Berichte zur
Menschenrechts und Sicherheitslage in der Türkei zu den Akten
gereicht.
D.
Mit Zwischenverfügung vom 7. August 2009 verfügte der
Instruktionsrichter, der Beschwerdeführer könne den Ausgang des
Beschwerdeverfahrens in der Schweiz abwarten und verzichtete
antragsgemäss auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.
E.
Am 7. März 2011 wurde die Beschwerde der Vorinstanz zugestellt und
diese zum Einreichen einer Vernehmlassung aufgefordert.
Das BFM hielt in seiner Stellungnahme vom 10. März 2011
vollumfänglich an seinen Ausführungen fest und beantragte die
Abweisung der Beschwerde. Die vorinstanzliche Vernehmlassung wurde
dem Beschwerdeführer am 11. März 2011 zur Kenntnis gebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM
gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz
des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende
Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das
Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der
vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls
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endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des
Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht
(Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]; Art. 83
Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]).
1.2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem
BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6
AsylG).
1.3. Die Beschwerde ist frist und formgerecht eingereicht. Der
Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist
durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise
Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert
(Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG, Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG).
Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
3.1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat
oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion,
Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder
wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt
sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu
werden. Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des
Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen
unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 AsylG).
3.2. Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft
nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft
gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich
widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
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auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7
AsylG).
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4.
4.1. Die Vorinstanz führte in ihrer Begründung aus, der Beschwerdeführer
sei nicht in der Lage gewesen, die während der angeblich dreitägigen
Inhaftierung erlebten verschiedenen Verhöre sowie den Tagesablauf und
weitere Geschehnisse in diesem Zeitraum anschaulich und
nachvollziehbar zu schildern; seine diesbezüglichen Aussagen seien
"sehr schemenhaft und unsubstanziiert" ausgefallen. Weiter könne nicht
geglaubt werden, dass das Militär ihn zwar zu Spitzeldiensten
aufgefordert, dabei aber keine zeitlichen Rahmenbedingungen gestellt
haben solle. Unglaubhaft seien auch die Angaben ausgefallen, wonach er
von seinem Versteck im Wald aus zwei in Zivil gekleidete Polizisten –
diese seien zum dritten Mal zu seinem Haus gegangen – als solche habe
erkennen können, zumal er in diesem Zusammenhang weitere
widersprüchliche Angaben gemacht habe. Schliesslich seien seine
Schilderungen auch in zeitlicher Hinsicht widersprüchlich geblieben und
könnten nicht geglaubt werden.
Soweit der Beschwerdeführer geltend gemacht habe, nicht in den
Militärdienst einrücken und als Kurde gegen Kurden kämpfen zu wollen,
sei festzuhalten, dass eine allfällige anstehende Dienstpflicht allein nicht
asylrelevant sei. Ausserdem habe er auch hier nur vage Angaben
machen können und sei beispielsweise auch nicht konkret über eine
tatsächlich bevorstehende Einberufung informiert gewesen.
Insgesamt würden die Asylvorbringen des Beschwerdeführers den
Anforderungen an die Glaubhaftigkeit nicht standhalten, weshalb deren
flüchtlingsrechtliche Relevanz nicht geprüft werden müsse.
4.2. Auf Beschwerdeebene hält der Beschwerdeführer an der
Glaubhaftigkeit seiner Asylgründe fest. In seiner Wohnregion B._______
tobe der Krieg zwischen den türkischen Sicherheitskräften und der PKK
seit 1984 am heftigsten. Die ganze Zivilbevölkerung leide darunter, und
immer wieder würden Leute verschwinden. Er stamme aus einer Familie,
die den Behörden als "terroristenfreundlich" bekannt sei. Zahlreiche
seiner Verwandten seien aufgrund ihrer politischen Aktivitäten entweder
im Gefängnis gewesen oder im Ausland als Flüchtlinge anerkannt
worden. Er sei bei (…) am (…) 2008 festgenommen worden. Dabei
hätten die Sicherheitsbeamten erfahren, wer er sei und aus welcher
Gegend er stamme. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz gehe
aus seinen protokollierten Angaben klar hervor, dass er während der
dreitägigen Inhaftierung verhört und misshandelt worden sei, zumal in der
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Türkei bekanntermassen nach wie vor gefoltert werde und die
Menschenrechte zunehmend verletzt würden. Er habe nachvollziehbar
geschildert, dass man ihn nur mit der Auflage der Spitzeltätigkeiten
freigelassen habe. Aus seinen Ausführungen werde deutlich, dass er
aufgrund seiner ethnischen Herkunft und seiner politischen Aktivitäten in
Gefahr geraten sei. Bezüglich des anstehenden Militärdiensts sei
festzuhalten, dass dieser nicht der Hauptgrund seiner Flucht gewesen
sei; die diesbezüglichen Ausführungen des BFM seien mithin nicht
zutreffend.
4.3. Das Bundesverwaltungsgericht kommt in Würdigung der
vorliegenden Aktenlage zum Schluss, dass die wesentlichen Vorbringen
des Beschwerdeführers den Anforderungen an das Glaubhaftmachen
eines asylrelevanten Sachverhalts nicht genügen.
4.3.1. Der Beschwerdeführer hat bei der ersten Befragung angegeben,
abgesehen von der Festnahme (…) im (…) 2008 sei er nie in Haft oder
vor Gericht gewesen (vgl. Protokoll EVZ S. 9). Bei der Befragung durch
das BFM erklärte er demgegenüber, er sei ab dem Jahr 2000 wiederholt
auf den Polizeiposten mitgenommen und dort jeweils ein bis drei Tage
lang festgehalten worden (vgl. Protokoll Anhörung zu den Asylgründen S.
12 f.). Damit entstehen erste Zweifel am Aussageverhalten des
Beschwerdeführers.
4.3.2. Hinsichtlich der geltend gemachten dreitägigen Festnahme im (…)
2008 ist festzustellen, dass diese Schilderungen in ihrer Gesamtheit in
der Tat wenig anschaulich und detailliert wirken und teilweise eine
persönliche Betroffenheit des Beschwerdeführers nicht erkennen lassen.
Die protokollierten Aussagen sind auch sonst durch einen Mangel an so
genannten Realitätskennzeichen geprägt, weshalb die dreitägigen
Inhaftierung respektive die in diesem Zeitraum angeblich erfolgten
Verhöre und Misshandlungen nicht glaubhaft erscheinen.
4.3.3. Dass die geltend gemachte Festnahme und Freilassung im (…)
2008 nicht in der geschilderten Form erfolgt sein kann, wird zudem durch
die widersprüchlichen Aussagen im Zusammenhang mit der behaupteten
Anwerbung zu Spitzeltätigkeiten bestätigt: So hat das Bundesamt
zutreffend festgestellt, dass dem Beschwerdeführer in diesem
Zusammenhang vermutungsweise in irgendeiner Form zeitliche
Bedingungen für das Liefern von Informationen gesetzt worden wären;
nicht glaubhaft erscheint jedenfalls die Aussage, das Militär habe ihm
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gesagt, er könne seine Spitzeltätigkeiten aufnehmen, wenn er die Zeit
dazu finde (vgl. Protokoll Anhörung zu den Asylgründen S. 9). Folglich
entstehen auch entsprechende Zweifel an den dreimaligen
Kontrollaktionen der Polizei nach seiner Haftentlassung, zumal die
diesbezüglichen Schilderungen ihrerseits inhaltliche und zeitliche
Widersprüche aufweisen: Bei der Erstbefragung hatte der
Beschwerdeführer dargelegt, es seien stets dieselben Personen in Zivil
nach Hause gekommen, wobei er sie nicht gezählt habe; beim letzten Mal
habe er zwei Personen gesehen, aber es habe noch "andere herum"
gehabt; diese Beiden hätten sich erkundigt, wann er sich "der
Organisation" anschliessen werde (vgl. Protokoll EVZ S. 8), was den
Schluss nahelegt, der Beschwerdeführer sei diesen Personen persönlich
gegenüber gestanden und habe ihnen Auskunft gegeben. Dem
gegenüber hat er bei der folgenden Befragung diese Kontrollen im
Wesentlichen wie folgt geschildert: Nachdem die Polizisten das erste Mal
gekommen seien, sei er in den Wald gegangen, von den weiteren
Kontrollen habe er von seiner Familie erfahren (vgl. Protokoll Anhörung
zu den Asylgründen S. 9); er habe bei der dritten Kontrolle die Polizisten
vom Wald aus gesehen, als diese sich dem Dorf genähert hätten und auf
sein Haus zugegangen seien (vgl. a.a.O. S. 10). Weiter erklärte er hier,
es habe sich um Zivilpolizei gehandelt, diese habe "Kleider wie
Dorfbewohner" (vgl. a.a.O. S. 5) angezogen, um sich vor der Guerilla zu
schützen. Diese Aussagen lassen sich mit denjenigen im
Empfangszentrum nicht in Einklang bringen. Darüber hinaus ist nicht
nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer – aus der Distanz seines
Waldverstecks heraus – Personen in Dorfbekleidung als Polizisten in Zivil
hätte identifizieren können.
In zeitlicher Hinsicht schilderte der Beschwerdeführer die drei
polizeilichen Kontrollen folgendermassen: Er soll am (…) 2008 für drei
Tage, damit bis zum (…) 2008 inhaftiert gewesen sein. Zwei Wochen
nach der Entlassung, folglich etwa am (…) 2008, sei die Polizei das erste
Mal nach Hause gekommen. Die folgenden beiden Kontrollbesuche seien
je in wöchentlichem Abstand erfolgt (vgl. Protokoll Anhörung zu den
Asylgründen S. 10); damit wäre die zweite Kontrolle etwa (…) 2008 und
die letzte um den (…) 2008 erfolgt. Der Beschwerdeführer gab dabei
weiter an, er habe den Wald am (…) 2008, eine Woche nach dem letzten
Besuch der Polizei, verlassen (vgl. Protokoll Anhörung zu den
Asylgründen S. 10). Demzufolge hätte die Polizei etwa am (…) 2008
letztmals bei ihm vorgesprochen. Insgesamt lassen sich diese Angaben
auch in zeitlicher Hinsicht nicht in einen stimmigen Rahmen bringen.
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4.4.
4.4.1. Auf Beschwerdeebene erwähnt der Beschwerdeführer
verschiedene Verwandte (Cousins, Cousine und Onkel), die politisch
aktiv und verfolgt gewesen seien (vgl. Beschwerde S. 4); er macht damit
implizit die Gefahr einer so genannten Reflex oder Anschlussverfolgung
geltend.
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer
bei den Anhörungen keine politisch aktiven Verwandten erwähnt oder
geltend gemacht hat, je wegen politischen Tätigkeiten von
Familienangehörigen selber persönliche Probleme mit den Behörden
bekommen zu haben.
Bezüglich der vom Beschwerdeführer erwähnten Brüder C._______ und
D._______, die in der Schweiz leben sollen (vgl. Protokoll Anhörung zu
den Asylgründen S. 3), ist nach Durchsicht der entsprechenden
Asyldossiers N (…) und N (…) festzuhalten, dass die vormalige
Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) bei beiden – am 27. Juli
2000 respektive am 13. Juni 2003 – das Fehlen der
Flüchtlingseigenschaft rechtskräftig festgestellt und das Asylverfahren mit
einem negativen Entscheid abgeschlossen hatte.
4.4.2. Hinsichtlich des Militärdiensts gibt der Beschwerdeführer auf
Beschwerdeebene an, dies sei nicht der Hauptgrund für das Verlassen
des Heimatstaates gewesen. Davon ist Kenntnis zu nehmen.
Dessen ungeachtet ist darauf hinzuweisen, dass die Türkei die
allgemeine Wehrdienstpflicht kennt und dabei eine allfällige Bestrafung
wegen Nichtleistens des Militärdienstes, Wehrdienstverweigerung oder
Desertion grundsätzlich als legitime staatliche Massnahme zur
Durchsetzung einer staatsbürgerlichen Pflicht zu beurteilen wäre. Zudem
ist gemäss Erkenntnissen des Gerichts die Wahrscheinlichkeit als sehr
gering einzustufen, dass kurdische Soldaten während des obligatorischen
Militärdiensts in Krisenregionen gegen Angehörige der eigenen Ethnie
eingesetzt werden könnten. Die allenfalls zu erwartenden strafrechtlichen
Konsequenzen aus einer Militärdienstverweigerung wären daher nicht als
relevant im Sinn des Asylgesetzes zu beurteilen, mithin würde auch unter
diesem Blickwinkel keine objektiv begründete Furcht vor Verfolgung
vorliegen.
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4.4.3. Soweit der Beschwerdeführer Nachteile geltend macht, die er in
der Heimatregion aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen
Volksgruppe immer wieder erlebt habe, erweisen sich diese schon
aufgrund der Intensität solcher Erlebnisse als nicht asylrelevant; die
schweizerischen Asylbehörden verneinen in konstanter Praxis das
Vorliegen einer so genannten Kollektivverfolgung von Kurden aus der
Türkei (vgl. bereits Entscheidungen und Mitteilungen der ARK [EMARK]
1993 Nr. 20 E. 3.a).
4.5. In Würdigung der gesamten vorliegenden Akten kommt das
Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass der Beschwerdeführer
keine Gründe nach Art. 3 AsylG nachweisen oder glaubhaft machen
konnte. Die Vorinstanz hat das Asylgesuch damit zu Recht abgelehnt.
5.
5.1. Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht
ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit
der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
5.2. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche
Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer
solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44
Abs. 1 AsylG; vgl. BVGE 2009/50 E. 9).
6.
6.1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder
nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach
den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von
Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG,
SR 142.20]).
Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt
gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und seiner
Vorgängerorganisation ARK der gleiche Beweisstandard wie bei der
Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte
Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl.
WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.],
Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 11.148).
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6.2. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen
der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in
den Heimat, Herkunfts oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83
Abs. 3 AuG).
6.2.1. So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land
gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des
Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention vom
4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
6.2.2. Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend
darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen NonRefoulement
nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es dem
Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche
Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5
AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden
Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr des
Beschwerdeführers in den Heimatstaat ist demnach unter dem Aspekt
von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers
noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer
Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder
Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UNAnti
Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr
("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer
Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde
(vgl. EGMR [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil vom
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28. Februar 2008, Beschwerde Nr. 37201/06, §§ 124127, mit weiteren
Hinweisen). Auch die allgemeine Menschenrechtssituation im
Heimatstaat lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt
klarerweise nicht als unzulässig erscheinen. Nach dem Gesagten ist der
Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asyl als auch der
völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
6.3. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen
und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat oder
Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg,
allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.
Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von
Art. 83 Abs. 7 AuG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
6.3.1. Eine solche Situation, welche den Beschwerdeführer als Gewalt
oder DefactoFlüchtling qualifizieren würde, liegt nicht vor, zumal
gemäss konstanter Praxis mit Bezug auf die südöstlichen Provinzen in
der Türkei seit vielen Jahren nicht von einer generellen Unzumutbarkeit
des Wegweisungsvollzugs ausgegangen wird. An dieser Feststellung
vermögen auch die mit der Beschwerde eingereichten Berichte zur
Menschenrechts und Sicherheitslage nichts zu ändern.
6.3.2. Individuelle, über die allgemeine Situation hinausgehende Gründe
für eine Unzumutbarkeit des Vollzugs hat der Beschwerdeführer in der
Rechtsmitteleingabe nicht konkret aufgezeigt. So ist aufgrund der
Angaben des Beschwerdeführers festzuhalten, dass er aus B._______
stammt, wo die Eltern ein Haus besitzen (wie auch in E._______). Die
Schulen hat er in E._______ mit dem Berufsgymnasium abgeschlossen
und in der Folge in der Landwirtschaft gearbeitet. Seiner Familie geht es
finanziell gut, sie hat auch seine Ausreise finanziert. Seine Eltern und die
Mehrheit der Geschwister leben weiterhin in E._______. Er erwähnte
zudem eine Schwester und einen Onkel in F._______.
Es ist dem jungen und – soweit aus den Akten ersichtlich – gesunden
Beschwerdeführer zuzumuten, allenfalls anfänglich mit Hilfe der
Familienangehörigen, im Heimatland wieder Fuss zu fassen und sich eine
Existenz aufzubauen.
6.3.3. Nach dem Gesagten erweist sich der Vollzug der Wegweisung
auch als zumutbar.
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6.4. Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der
zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr
notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG
und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12 S. 513515), weshalb der Vollzug
der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2
AuG).
6.5. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu
Recht als zulässig, zumutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten
fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83
Abs. 14 AuG).
7.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und
vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die
Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf
insgesamt Fr. 600.– festzusetzen (Art. 13 des Reglements vom 21.
Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)
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Seite 15
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.– werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils
zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die kantonale
Migrationsbehörde.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Markus König Eveline Chastonay
Versand: