E-4729/2010 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Vollzug der Wegweisung (Flughafenverfahren); Verfü...
Karar Dilini Çevir:
E-4729/2010 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Vollzug der Wegweisung (Flughafenverfahren); Verfü...
Abtei lung V
E-4729/2010 und E-4733/2010/ame
{T 0/2}
}
U r t e i l v o m 1 2 . J u l i 2 0 1 0
Richterin Muriel Beck Kadima (Vorsitz),
Richter Daniele Cattaneo, Richterin Gabriela Freihofer,
Gerichtsschreiberin Patricia Petermann Loewe.
A._______, geboren (...),
Syrien (E-4729/2010; Beschwerdeführer 1),
B._______, geboren (...), Syrien
(E-4733/2010; Beschwerdeführer 2),
vertreten durch lic. iur. Bernhard Jüsi, Rechtsanwalt,
Advokatur Kanonengasse, (...),
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Vollzug der Wegweisung (Flughafenverfahren);
Verfügungen des BFM vom 23. Juni 2010 / N (...) und
N (...).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-4729/2010 und E-4733/2010
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass die minderjährigen Beschwerdeführer, syrische Staatsangehörige
kurdischer Ethnie, gemäss eigenen Angaben ihren Heimatort
C._______ (Syrien) Ende Mai 2010 gemeinsam verlassen haben und
(gemäss Nachforschungen des BFM) per Flugzeug von Istanbul (Tür-
kei) her kommend am 6. Juni 2010 am Flughafen D._______ landeten,
wo sie Asylgesuche einreichten,
dass das BFM mit gleichentags eröffneten Verfügungen vom 6. Juni
2010 den Beschwerdeführern die Einreise in die Schweiz vorläufig ver-
weigerte und beiden für die Dauer des weiteren Asylverfahrens bis
maximal 60 Tage den Transitbereich des Flughafens D._______ als
Aufenthaltsort zuwies,
dass das BFM den Beschwerdeführer 2 am 8. Juni 2010 und den Be-
schwerdeführer 1 am 9. Juni 2010 kurz befragt sowie am 18. Juni 2010
im Beisein eines Beistands einzeln angehört hat,
dass die Beschwerdeführer zur Begründung ihrer Asylgesuche im
Wesentlichen geltend machten, viele Kumanci sprechende Kurden
würden während des obligatorischen Militärdienstes in der syrischen
Armee hingerichtet werden, dies sei in Syrien eine bekannte Tatsache,
dass beide aus Furcht, den Militärdienst nicht zu überleben, das Land
verlassen hätten,
dass man mit 17 Jahren in Syrien das Militärbüchlein erhalte und von
da an nicht mehr ausreisen könne, weshalb ihre Familien schon jetzt
ihre Ausreise veranlasst hätten,
dass die gleichaltrigen Beschwerdeführer deshalb Ende Mai mit der
Hilfe eines Schleppers per Auto von C._______ (Syrien) nach Diyarba-
kir (Türkei) gefahren und von dort nach Istanbul weitergeflogen seien,
dass sie von dort nach drei oder vier Tagen mit der Hilfe eines anderen
Schleppers nach E._______ geflogen seien,
dass sie für die gesamte Reise gemäss eigenen Angaben ihre eigenen
Reisepässe benutzt hätten, welche ihnen indessen vom Schlepper
abgenommen worden seien; die Kontrollstelle an der Grenze zur Tür-
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kei habe sich problemlos passieren lassen, dafür hätte der Schlepper
indes auch Geld bezahlt,
dass das Bundesamt mit Schreiben vom 10. Juni 2010 die Schweize-
rische Vertretung in Damaskus um Abklärung bezüglich der Be-
schwerdeführer ersuchte,
dass in der Botschaftsantwort vom 20. Juni 2010 (per E-Mail) dem
BFM im Wesentlichen mitgeteilt wurde, dass dem Beschwerdeführer 2
ein syrischer Reisepass ausgestellt worden sei, während der Be-
schwerdeführer 1 eine syrische Identitätskarte habe und einen syri-
schen Pass erlangen könne; beide seien syrische Staatsangehörige
und von den syrischen Behörden nicht gesucht,
dass das BFM mit (separaten) Verfügungen vom 23. Juni 2010 – glei-
chentags eröffnet – feststellte, die Beschwerdeführer erfüllten die
Flüchtlingseigenschaft nicht, die Asylgesuche ablehnte und die Weg-
weisung aus dem Transitbereich des Flughafens sowie den Wegwei-
sungsvollzug anordnete,
dass die Vorinstanz zur Begründung im Wesentlichen anführte, die
Pflicht zur Leistung des Militärdienstes beziehungsweise eine wegen
dessen Nichtleistens drohende Strafe stelle nur dann eine asylrele-
vante Verfolgung dar, wenn der Wehrpflichtige wegen seiner Weige-
rung, Dienst zu leisten, mit einer Strafe zu rechnen habe, welche im
Sinne von Art. 3 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR
142.31) diskriminierend höher (als üblich) ausfalle oder an sich un-
verhältnismässig hoch sei,
dass ebenfalls von einer Asylrelevanz nur dann gesprochen werden
könne, wenn die Einberufung darauf abziele, einem Wehrpflichtigen
aus einem der in Art. 3 AsylG genannten Gründen erhebliche Nachtei-
le zuzufügen oder diesen in völkerrechtlich unzulässige Handlungen
zu verstricken,
dass in den vorliegenden Fällen keine diesbezüglichen konkreten
Hinweise vorhanden seien, da die Wehrpflicht in der syrischen Verfas-
sung verankert sei und diese grundsätzlich für alle männlichen
Staatsangehörigen gelte,
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dass derjenige, der sich durch Ausreise ins Ausland der Wehrpflicht
entziehe, zwar mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zwei
Jahren und einer Busse zu rechnen habe,
dass dies hingegen weder als unverhältnismässig hoch noch als dis-
kriminierend höher ausfallende Bestrafung zu qualifizieren sei,
dass zudem nicht davon auszugehen sei, dass syrische Kurden im
Rahmen ihrer Dienstleistung generell gezielt und systematisch Verfol-
gungshandlungen ausgesetzt seien,
dass deswegen keine subjektive Furcht der Beschwerdeführer vor der
Leistung des Militärdienstes als objektiv begründet gewertet werden
könne,
dass im Weiteren ein Wegweisungsvollzug nach Syrien weder unzu-
lässig noch unzumutbar noch unmöglich sei,
dass im Falle einer Rückkehr nicht mit einer verbotenen Strafe oder
Behandlung im Sinne von Art. 3 der Konvention vom 4. November
1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK,
SR 0.101) zu rechnen sei,
dass auch die Minderjährigkeit der Beschwerdeführer kein Wegwei-
sungsvollzugshindernis darstelle, zumal beide gemäss ihren Aussagen
Eltern und Geschwister in ihrem Heimatdorf zurückgelassen hätten
und somit über ein intaktes, tragfähiges Beziehungsnetz, das sie bei
einer Rückkehr auffangen und stützen könne, verfügen würden,
dass die Beschwerdeführer die Verfügungen der Vorinstanz vom
23. Juni 2010 durch ihren gemeinsamen Rechtsvertreter mit Be-
schwerden vom 30. Juni 2010 (Poststempel) anfechten liessen und
dabei die Aufhebung der Verfügungen vom 23. Juni 2010, die Einreise
zwecks Durchführung des Asylverfahrens sowie die Feststellung der
Flüchtlingseigenschaft beantragten; ferner sei beiden Asyl zu gewähr-
en,
dass eventualiter die Unzulässigkeit oder zumindest die Unzumutbar-
keit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und die vorläufige Auf-
nahme anzuordnen sei,
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dass in prozessrechtlicher Hinsicht um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes
vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR
172.021) sowie um Verzicht der Erhebung des Kostenvorschusses er-
sucht wurde,
dass die Beschwerdeführenden in der Rechtsmittelschrift geltend
machten, im Falle einer Rückkehr müssten sie wegen Militärdienst-
verweigerung und illegaler Ausreise eine mehrmonatige bis mehrjäh-
rige Haftstrafe gewärtigen,
dass diese Ausführungen zeigen würden, für die Beschwerdeführer
bestehe bei einer Rückkehr ein "real risk" im Sinne der Strassburger
Organe bezüglich Art. 3 EMRK; daher sei der Vollzug der Wegweisung
wegen Unzulässigkeit nicht statthaft, und es sei die vorläufige Auf-
nahme für beide Beschwerdeführer anzuordnen,
dass die Akten der Vorinstanz, zwar unvollständig, am 1. Juli 2010
beim Bundesverwaltungsgericht eintrafen,
dass das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren des Beschwerde-
führers 1 (E-4729/2010) diesem mit Verfügung vom 2. Juli 2010 Gele-
genheit gab, die Beschwerde hinsichtlich der Begehren, es sei die
Flüchtlingseigenschaft anzuerkennen und dem Beschwerdeführer Asyl
zu gewähren, zu ergänzen, da der Rechtsmitteleingabe keine diesbe-
zügliche Begründung zu entnehmen sei,
dass im Weiteren der Antrag um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG auf einen späteren
Zeitpunkt verschoben und das Gesuch um Bestellung eines Rechts-
beistands (Art. 65 Abs. 2 VwVG) gutgeheissen wurden, wobei dem
Beschwerdeführer Bernhard Jüsi, Rechtsanwalt, beigeordnet wurde,
dass schliesslich auf den Antrag um Bewilligung der Einreise nicht
eingetreten wurde,
dass der Rechtsvertreter mit Eingaben vom 2. Juli 2010 in beiden Ver-
fahren seine Begehren um Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft,
Gewährung von Asyl und im Verfahren des Beschwerdeführers 2 um
Bewilligung der Einreise zurückzog,
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dass das Bundesverwaltungsgericht mit verfahrensleitenden Verfü-
gungen vom 9. Juli 2010 die Verfahren der Beschwerdeführer ver-
einigte und feststellte, dass lediglich der Wegweisungsvollzug ange-
fochten sei, weshalb die Dispositivziffern 1-3 (betreffend Flüchtlings-
eigenschaft, Asyl und Wegweisung) der angefochtenen Verfügungen in
Rechtskraft treten würden,
dass ferner beiden Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspfle-
ge im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG gewährt wurde und dem Be-
schwerdeführer 2 der Rechtsvertreter als amtlicher Rechtsbeistand im
Sinne von Art. 65 Abs. 2 VwVG beigeordnet wurde,
dass der Rechtsvertreter mit Eingaben vom 8. Juli 2010 seine Kos-
tennoten zu den Akten reichte,
und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls end-
gültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des BFM
entscheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31-33 des Verwaltungsge-
richtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d
Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]),
dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG
richtet, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und
Art. 105 AsylG),
dass die Beschwerdeführer an den Verfahren vor der Vorinstanz teilge-
nommen haben, durch die angefochtenen Verfügungen besonders be-
rührt sind, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung bezie-
hungsweise Änderung haben und daher zur Einreichung der Be-
schwerden legitimiert sind (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und
Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden
einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG, Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37
VGG und Art. 52 VwVG),
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dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass die Ziffern 1-3 der vorinstanzlichen Verfügungen, wie schon in
den Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2010
festgestellt wurde, in Rechtskraft erwachsen sind, da sich die Be-
schwerden einzig gegen den Vollzug der Wegweisung richten (vgl.
Schreiben des Rechtsvertreters vom 2. Juli 2010),
dass folglich im vorliegenden Verfahren lediglich zu prüfen bleibt, ob
das Bundesamt den Vollzug der Wegweisung zu Recht als zulässig,
zumutbar und möglich erklärt hat,
dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzli-
chen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern re-
gelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]),
dass bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungsvollzugshin-
dernissen gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts
und seiner Vorgängerorganisation ARK (Schweizerische Asylrekurs-
kommission) der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlings-
eigenschaft gilt, dass heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte
Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen
(vgl. WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser, Aus-
länderrecht, 2. Auflage, Basel 2009, Rz. 11.148),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrecht-
liche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
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28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR
0.142.30]),
dass der Vollzug der Wegweisung in den Heimatstaat der Beschwerde-
führer vorliegend in Beachtung dieser massgeblichen völker- und lan-
desrechtlichen Bestimmungen zulässig ist, da das in Art. 5 AsylG ver-
ankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulements im vor-
liegenden Verfahren keine Anwendung findet, weil rechtskräftig fest-
gestellt wurde, die Beschwerdeführer würden die Flüchtlingseigen-
schaft nicht erfüllen, und überdies keine Anhaltspunkte für eine men-
schenrechtswidrige Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ersichtlich
sind, die ihnen im Heimatland drohen,
dass die Beschwerdeführer in den Rechtsmittelschriften unter Hinweis
auf das Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des
Kindes (KRK, SR 0.107) zwar geltend machten, im Falle einer Rück-
kehr müssten beide wegen Militärdienstverweigerung und illegaler
Ausreise eine mehrmonatige bis mehrjährige Haftstrafe gewärtigen,
was für die Minderjährigen übermässig hart erscheine, zumal die hu-
manitären Zustände in den (syrischen) Gefängnissen derart seien,
dass ein Kind keinesfalls dieser Strafe ausgeliefert werden dürfe,
dass diesbezüglich jedoch festzuhalten ist, dass gemäss den Aussa-
gen der Beschwerdeführer sowie öffentlich zugänglichen Quellen in
Syrien das Mindestalter für die Wehrpflicht 19 Jahre, im Kriegsfall
18 Jahre beträgt (E-4729/2010, A14/10, S. 4; E-4733/2010, A18/9,
S. 5; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Update: Aktuelle Ent-
wicklungen, Bern, 20. August 2008, S. 14),
dass sich in Syrien alle Männer mit 18 Jahren zu einer medizinischen
Untersuchung für den Wehrdienst melden müssen,
dass derjenige, der sich nicht meldet, als Wehrdienstverweigerer gilt
und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden kann (Schweizerische
Flüchtlingshilfe, a.a.O., S. 14),
dass die Beschwerdeführer zum jetzigen Zeitpunkt aber erst (...) Jahre
und (...) alt sind, weshalb sie gemäss dem soeben Ausgeführten
bisher noch gar nicht die Pflicht hatten, sich zu einer medizinischen
Untersuchung für den Wehrdienst zu melden beziehungsweise in den
Wehrdienst einzurücken,
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dass sie folglich - entgegen der Behauptung in den Beschwerden -
durch die Ausreise aus dem Heimatland gar keine Militärdienstver-
weigerung begehen konnten, weshalb sie bei einer Rückkehr nach
Syrien auch keine diesbezügliche Bestrafung zu befürchten haben,
was durch die Botschaftsantwort der Schweizerischen Vertretung in
Syrien vom 20. Juni 2010 bestätigt wird, zumal dort festgehalten wird,
dass beide Beschwerdeführer in Syrien nicht gesucht werden,
dass zudem die Behauptung der Beschwerdeführer in den Rechtsmit -
telschriften, wonach sie bei einer Rückkehr nach Syrien wegen illega-
ler Ausreise eine Bestrafung zu befürchten hätten, unglaubhaft ist,
zumal die Beschwerdeführer anlässlich der Anhörung zu Protokoll
gaben, die Grenze zur Türkei legal passiert zu haben (E-4729/2010,
A14/10, S. 5; E-4733/2010, A18/9, S. 6), was durch die Botschafts-
antwort vom 20. Juni 2010 ebenfalls bestätigt wird,
dass auch deren Aussage, wonach ihre Familien den Ruf hätten, viele
kurdische Oppositionelle hervorzubringen und generell regierungs-
feindlich eingestellt zu sein, was den Beschwerdeführern zum Ver-
hängnis werden könne, um eine unbewiesene Behauptung handelt, die
in den Akten keine Stütze findet,
dass schliesslich festzuhalten ist, dass keine Anhaltspunkte dafür be-
stehen, dass die Einreichung eines Asylgesuchs für sich alleine bei
einer Rückkehr nach Syrien regelmässig zu behördlicher Verfolgung
führt,
dass sich der Vollzug der Wegweisung deshalb vorliegend auch unter
dem Aspekt der Kinderrechte als zulässig erweist,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumut-
bar erweist, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von
Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizini-
scher Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die allgemeine Si-
cherheits- und Menschenrechtslage in Syrien insgesamt zum Schluss
kommt, dass in Syrien keine Kriegs- oder Bürgerkriegssituation und
auch keine Situation allgemeiner Gewalt herrscht und ein Vollzug der
Wegweisung grundsätzlich nicht unzumutbar erscheint,
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dass der Minderjährigkeit bei der Prüfung des Asylgesuches eine zen-
trale Bedeutung zukommt, da nach weiterhin gültiger Praxis (vgl. dazu
Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurs-
kommission [EMARK] 2006 Nr. 24) im Falle von unbegleiteten Minder-
jährigen das Kindeswohl im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit des
Wegweisungsvollzuges mitzuberücksichtigen ist, woraus sich gleich-
zeitig die Verpflichtung ergibt, von Amtes wegen die spezifisch mit der
Minderjährigkeit verbundenen Aspekte des Wegweisungsvollzuges
abzuklären (vgl. EMARK 2006 Nr. 24 E. 6.2.4),
dass die Asylbehörden insbesondere von Amtes wegen verpflichtet
sind, die Situation, die unbegleitete Minderjährige realistischerweise
bei einer Heimkehr zu erwarten haben, abzuklären; wobei auch die
Lage der Eltern zu berücksichtigen ist, beziehungsweise ob das Kind
konkret zu seinen Eltern zurückgeführt werden kann und ob diese fä-
hig sind, die Bedürfnisse dieses Kindes abzudecken (EMARK 2006
Nr. 24 E. 6.2.4),
dass deshalb die Ausführungen der Vorinstanz in Bezug auf die Zu-
mutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung der minderjährigen Be-
schwerdeführer zwar im Ergebnis als zutreffend zu bestätigen sind,
zumal in den Beschwerden das soziale Netz der Beschwerdeführer in
Syrien nicht bestritten wird, jedoch als sehr dürftig zu qualifizieren
sind,
dass die blosse Feststellung, die Eltern oder andere Angehörige wür-
den im Heimatland leben und könnten die Kinder wieder aufnehmen,
ungenügend ist (EMARK 2006 Nr. 24 E. 6.2.4),
dass – wie weiter unten erläutert wird – angesichts des Alters der Be -
schwerdeführer, deren kurzen Landesabwesenheit und deren Aussa-
gen im vorliegenden Fall indessen kein Anlass ersichtlich ist, weitere
Abklärungen vor Ort zu tätigen,
dass sich die Beschwerdeführer erst seit etwas mehr als einem Monat
ausserhalb ihres Landes aufhalten, weshalb nicht anzunehmen ist,
dass sie aufgrund ihrer Landesabwesenheit bei einer Rückkehr mit
Schwierigkeiten konfrontiert werden beziehungsweise den Kontakt zu
ihren Eltern nicht wieder aufnehmen könnten,
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dass die Beschwerdeführer, bis auf den fünfmonatigen Aufenthalt des
Beschwerdeführers 1 im Libanon, ihr ganzes bisheriges Leben in Sy-
rien verbracht haben, wo sie Schulen besucht und gearbeitet haben,
dass der Beschwerdeführer 2 vor der Ausreise eine Lehre als Coiffeur
absolviert hat, während der Beschwerdeführer 1 den Beruf eines
Automechanikers gelernt und als Coiffeur gearbeitet hat; weshalb an-
zunehmen ist, sie könnten sich in ihrer Heimat auch in wirtschaftlicher
Hinsicht wieder eingliedern,
dass gemäss den eigenen Angaben die Eltern sowie die Geschwister
nach wie vor in C._______ leben, weshalb davon auszugehen ist, dass
die Beschwerdeführer in ihrer Heimat über ein enges soziales Bezie-
hungsnetz verfügen, welches eine Reintegration erleichtert,
dass der Beschwerdeführer 2 in der Rechtsmittelschrift ferner geltend
machte, er leide unter einer Herzerkrankung, was einem Wegwei-
sungsvollzug entgegenstehe,
dass vorab darauf hinzuweisen ist, dass die medizinische Grundver-
sorgung insbesondere in C._______, wo der Beschwerdeführer 2 von
seiner Geburt bis zu seiner Ausreise gelebt hat, grundsätzlich gewähr-
leistet ist,
dass hinsichtlich der behaupteten Herzerkrankung zudem festzustellen
ist, dass es der Beschwerdeführer 2 – trotz zumutbarer Mitwirkungs-
pflicht (vgl. Art. 8 AsylG) – unterlassen hat, seine Behauptung durch
ärztliche Berichte zu belegen,
dass gegen das Vorhandensein einer solchen Erkrankung überdies der
Umstand spricht, dass der Beschwerdeführer 2 damit rechnet, in Sy-
rien in den Militärdienst eingezogen zu werden, obwohl ihm bekannt
sein muss, dass in Syrien Männer mit medizinischen Einschränkungen
von der Wehrpflicht ausgenommen sind (Schweizerische Flüchtlings-
hilfe, a.a.O. S. 14),
dass ausserdem festzustellen ist, dass der Beschwerdeführer 2 an-
lässlich der Befragungen seine behauptete Herzerkrankung mit kei-
nem Wort erwähnt hat,
dass deshalb davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer 2 die
Herzerkrankung lediglich vorschiebt, um den Vollzug der Wegweisung
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zu verhindern, weshalb darauf verzichtet werden kann, die in der Be-
schwerde beantragte medizinische Untersuchung des Beschwerde-
führers zu veranlassen (antizipierte Beweiswürdigung; FRITZ GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 274; EMARK
2003 Nr. 13 S. 84),
dass daher unter Würdigung aller Umstände der Vollzug der Wegwei-
sung der Beschwerdeführer nach Syrien auch unter Berücksichtigung
des Kindeswohls als zumutbar zu erachten ist, zumal sich aus den
Akten keine individuellen Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung
in ihrem Heimatland ergeben,
dass der Vollzug der Wegweisung der Beschwerdeführer in den Hei-
matstaat schliesslich möglich ist, da keine Vollzugshindernisse be-
stehen (Art. 83 Abs. 2 AuG), und es den Beschwerdeführern obliegt,
bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (Art. 8 Abs. 4
AsylG),
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt verfügte Vollzug der
Wegweisung zu bestätigen ist,
dass es den Beschwerdeführern demnach nicht gelungen ist darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt
oder unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde
abzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens den Beschwerdeführern die
Verfahrenskosten aufzuerlegen wären (Art. 63 Abs. 1 VwVG, Art. 16
Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 2 und 3 des Reglements über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom
11. Dezember 2006 [VGKE, SR 173.310.2]), wobei diese angesichts
des vereinten Verfahrens zu reduzieren wären. Den Beschwerdefüh-
rern wurde im Rahmen des Instruktionsverfahrens jedoch die unent-
geltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG gewährt,
weshalb keine Kosten zu erheben sind,
dass im Falle des Unterliegens dem behördlich eingesetzten Anwalt
ein amtliches Honorar für seine Aufwendungen im Beschwerdeverfah-
ren auszurichten ist,
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dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer seine Honorarnoten
im Umfang von Fr. 815.75 für den Beschwerdeführer 1 und im Umfang
von Fr. 732.75 für den Beschwerdeführer 2 einreichte, wobei er total
für beide Verfahren 5 Stunden und 15 Minuten (à Fr. 300.-/Std.), Aus-
langen von Fr. 16.- und einen Mehrwertsteuerbetrag von Fr. 109.50
verrechnete,
dass angesichts der quasi identischen Verfahren und des Mehrauf-
wands, der durch eigenes Verschulden verursacht wurde (vgl. Eingabe
vom 2. Juli 2010/E-4733/2010: „in der Hitze des Gefechts (...) irrtümli -
cherweise“ und Eingabe vom 2. Juli 2010/E-4729/2010: „versehentlich
nicht aus der Eingabe entfernt“), der in den Kostennoten ausgewiese-
ne zeitliche Vertretungsaufwand den vorliegenden, nicht übermässig
komplexen oder umfangreichen Verfahren nicht als vollumfänglich an-
gemessen respektive notwendig im Sinne von Art. 64 Abs. 1 VwVG
erscheint,
dass deshalb unter Berücksichtigung der massgebenden Bemes-
sungsfaktoren (Art. 9 - 13 VGKE) und der Entschädigungspraxis in
Vergleichsfällen der zeitliche Vertretungsaufwand für die Beschwerde-
verfahren auf insgesamt 3 Stunden festzusetzen ist,
dass folglich dem als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzten
Rechtsvertreter in Anwendung von Art. 65 Abs. 2 VwVG sowie Art. 7 ff.
VGKE ein amtliches Honorar von Fr. 985.- (inklusive Auslagen und
Mehrwertsteuer) zuzusprechen ist.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Dem als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzten Rechtsvertreter
wird ein vom Bundesverwaltungsgericht auszurichtendes amtliches
Honorar von Fr. 985.- (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuer) zuge-
sprochen.
4.
Dieses Urteil geht an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer, an
das BFM, an die Flughafenpolizei D._______
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Muriel Beck Kadima Patricia Petermann Loewe
Versand:
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