E-3783/2014 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch (kein Asylgesuch gemäss AsylG) und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Karar Dilini Çevir:
E-3783/2014 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch (kein Asylgesuch gemäss AsylG) und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung V
E-3783/2014


U r t e i l v o m 9 . J u l i 2 0 1 4
Besetzung

Einzelrichter Daniel Willisegger,
mit Zustimmung von Richterin Sylvie Cossy;
Gerichtsschreiberin Barbara Balmelli.
Parteien

A._______,
Marokko,
(…),
Beschwerdeführer,


gegen

Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 3. Juli 2014 / N (…).


E-3783/2014
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Sachverhalt:
A.
Am 27. November 2013 suchte der Beschwerdeführer in der Schweiz um
Asyl nach. Am 4. Dezember 2013 fand die Befragung zur Person (BzP)
statt. Das BFM hörte den Beschwerdeführer am 3. Juli 2014 zu den Asyl-
gründen an. Dabei machte er im Wesentlichen geltend, er habe sechs
Jahre die Schule besucht. Danach habe er begonnen, eine Arbeit zu su-
chen. Indes habe er nur unregelmässig Arbeit gefunden, weshalb es ihm
und seiner Familie nicht gut gegangen sei. Er sei ausgereist, um die wirt-
schaftliche Situation der Familie zu verbessern. Er habe weder mit den
marokkanischen Behörden noch mit Drittpersonen im Heimatland Prob-
leme gehabt.
B.
Mit Verfügung vom 3. Juli 2014 – eröffnet gleichentags – trat das BFM auf
das Asylgesuch nicht ein, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz,
verpflichtete den zuständigen Kanton mit dem Vollzug der Wegweisung
und händigte dem Beschwerdeführer die editionspflichtigen Akten ge-
mäss Aktenverzeichnis aus.
C.
Mit Eingabe vom 7. Juli 2014 reichte der Beschwerdeführer beim Bun-
desverwaltungsgericht fristgerecht Beschwerde ein und beantragte, die
angefochtene Verfügung sei aufzuheben. Er sei als Flüchtling anzuerken-
nen und es sei ihm Asyl zu erteilen. Eventualiter sei festzustellen, dass
der Vollzug der Wegweisung nicht durchführbar sei und es sei die vorläu-
fige Aufnahme anzuordnen. In prozessualer Hinsicht beantragte er, es sei
ihm die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und es sei auf die
Erhebung eines Kostenvorschusses verzichten. Der Beschwerde sei die
aufschiebende Wirkung zu erteilen. Die zuständige Behörde sei anzuwei-
sen, die Kontaktaufnahme mit den Behörden des Heimat- oder Herkunfts-
landes sowie jegliche Datenweitergabe an dieselben zu unterlassen.
Eventualiter, bei bereits erfolgter Datenweitergabe, sei er mit separater
Verfügung darüber zu informieren.



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Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurtei-
lung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig
und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorlie-
gend – endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG [SR 142.31]).
Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdefüh-
rung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte
Beschwerde (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist – unter
Vorbehalt der nachstehenden Erwägungen – einzutreten.
1.2 Die Begehren auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und Ge-
währung von Asyl gehen über den zulässigen Streitgegenstand hinaus.
Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten.
2.
Das Bundesverwaltungsgericht überprüft die angefochtene Verfügung auf
Verletzung von Bundesrecht und unrichtige oder unvollständige Feststel-
lung des rechtserheblichen Sachverhalts hin (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im
Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten
Richters (Art. 111 Bst. e AsylG) ohne Weiterungen und mit summarischer
Begründung zu behandeln (Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).
4.
4.1 Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das
BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen
(Art. 31a Abs. 1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwer-
deinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die Vorinstanz zu
Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (BVGE 2011/9 E. 5.).
4.2 Gemäss Art. Art. 31a Abs. 3 AsylG tritt das BFM auf ein Asylgesuch
nicht ein, welches die Voraussetzung von Art. 18 nicht erfüllt. Dies gilt
namentlich, wenn das Asylgesuch ausschliesslich aus wirtschaftlichen
oder medizinischen Gründen eingereicht wird.
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Nach Art. 18 AsylG gilt als Asylgesuch jede Äusserung, mit der eine Per-
son zu erkennen gibt, dass sie die Schweiz um Schutz vor Verfolgung
nachsucht. Praxisgemäss ist dabei von einem weiten Verfolgungsbegriff
auszugehen, der neben den in Art. 3 AsylG genannten Gründen auch
Wegweisungshindernisse im Sinne von Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83
Abs. 2–4 AuG (SR 142.20) umfasst (statt vieler: Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts E-2122/2014 vom 5. Mai 2014).
5.
Die Vorinstanz gelangt in der angefochtenen Verfügung zum Schluss, aus
den Aussagen des Beschwerdeführers ergebe sich, dass er nicht um
Schutz vor Verfolgung nachsuche. Er habe ausschliesslich wirtschaftliche
Gründe und nicht Gründe nach Art. 3 AsylG für das Verlassen des Hei-
matlandes vorgetragen. Diese vorinstanzliche Würdigung ist nicht zu be-
anstanden. Was in der Rechtsmitteleingabe dagegen vorgebracht wird, ist
nicht geeignet, den vorinstanzlichen Schluss in Frage zu ziehen. Erneut
beruft sich der Beschwerdeführer auf die wirtschaftlich schlechte Situation
sowie die Not in Marokko. Damit macht er offensichtlich keine Verfolgung
im Sinne von Art. 3 AsylG geltend. Die Vorinstanz hat demnach zu Recht
festgestellt, dass die Voraussetzungen von Art. 18 AsylG nicht gegeben
sind und damit kein Asylgesuch vorliegt. Sie ist zu Recht auf das Asylge-
such nicht eingetreten.
6.
Gemäss Art. 44 AsylG verfügt das Bundesamt in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz, wenn es das Asylgesuch ablehnt oder darauf nicht
eintritt. Die Beschwerdeführenden verfügen über keine ausländerrechtli-
che Aufenthaltsbewilligung oder über einen Anspruch auf Erteilung einer
solchen (BVGE 2009/50 E. 9). Die Wegweisung wurde zu Recht ange-
ordnet.
7.
7.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder
nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach
den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Aus-
ländern (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG).
7.2 Nach Art. 83 Abs. 3 AuG ist der Vollzug nicht zulässig, wenn völker-
rechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat ent-
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gegenstehen. Da der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht
erfüllt, ist das flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot von Art. 33
Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und Art. 5 AsylG nicht anwendbar. Die Zu-
lässigkeit des Vollzuges beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen ver-
fassungs- und völkerrechtlichen Bestimmungen (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3
des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
[FoK, SR 0.105]; Art. 3 EMRK).
Weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten
ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer
Ausschaffung nach Marokko dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ei-
ner nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behand-
lung ausgesetzt wären. Der Vollzug der Wegweisung ist zulässig.
7.3 Nach Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und
Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf
Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und
medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.
Auf Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung aufgrund einer medi-
zinischen Notlage ist zu schliessen, wenn eine notwendige medizinische
Behandlung im Heimatland nicht zur Verfügung steht und die Rückkehr
zu einer raschen und lebensgefährdenden Beeinträchtigung des Ge-
sundheitszustandes der betroffenen Person führen würde. Als wesentlich
gilt dabei die allgemeine und dringende medizinische Behandlung, wel-
che zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz absolut not-
wendig ist (BVGE 2011/50 E. 8.3).
Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, aus medizinischen
Gründen sei der Vollzug der Wegweisung nicht zumutbar. Er leide an ei-
nem akuten Infekt im Fuss.
Aufgrund der Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im März 2014
in der Dusche ausrutschte und sich am rechten Fuss verletzte. Gemäss
dem Austrittsbericht vom 4. April 2014 wurde die Verletzung im Kantons-
spital B._______ behandelt und der Beschwerdeführer nach zwei Tagen
entlassen. In der Folge musste der Beschwerdeführer bis und mit dem
6. Mai 2014 Medikamente einnehmen und die Wunde weiter reinigen so-
wie abdecken. Gemäss dem ärztlichen Bericht vom 4. Juli 2014 liegen
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trockene Wundverhältnisse vor, hat sich Schorf über der Wunde sowie
den Drainagenaustrittstellen gebildet und liegt lediglich eine leichte Rö-
tung sowie Schwellung im Vergleich zur Gegenseite vor. Der behandeln-
de Arzt ordnete eine erneute antibiotische Therapie vom 4. Juli 2014 für
sieben Tage an und verschrieb dem Beschwerdeführer Schmerzmittel.
Die siebentägige Behandlungszeit ist demnächst abgelaufen und eine
weitere Behandlung weder angeordnet noch ersichtlich. Mit der Vorin-
stanz ist daher zu schliessen, dass die Bewegungs- und Arbeitsfähigkeit
des Beschwerdeführers in naher Zukunft wieder vollumfänglich herge-
stellt sein wird und er nicht auf eine medizinische Behandlung in der
Schweiz angewiesen ist. Insgesamt liegen somit keine Hindernisse medi-
zinischer Art vor, welche dem Vollzug der Wegweisung entgegenstehen
würden. Dem Beschwerdeführer seht es indes frei, beim BFM einen An-
trag auf individuelle Rückkehrhilfe zu stellen (vgl. Art. 93 Abs. 1 Bst. d
AsylG i.V.m. Art. 73 ff. der Asylverordnung 2 vom 11. August 1999 über
Finanzierungsfragen [AsylV 2], SR 142.312 sowie die Weisungen des
BFM vom 1. Januar 2008 betreffend Rückkehr- und Wiedereingliede-
rungshilfe). Schliesslich herrscht in Marokko keine Situation allgemeiner
Gewalt und stellen gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsge-
richts blosse soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten jedenfalls keine
existenzbedrohende Situation dar, die gegen die Zumutbarkeit des Voll-
zug spricht (BVGE 2010/41 E. 8.3.6). Der Vollzug der Wegweisung ist
somit insgesamt zumutbar.
7.4 Es obliegt dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertre-
tung seines Heimatstaats die für eine Rückkehr notwendigen Reisedo-
kumente zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu BVGE 2008/34 E.
12), weshalb der Vollzug der Wegweisung möglich ist.
7.5 Die Vorinstanz hat den Vollzug demnach zu Recht als zulässig, zu-
mutbar und möglich erachtet. Damit fällt die Anordnung einer vorläufigen
Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AuG).
8.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist
(Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutre-
ten ist.
Damit ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
gegenstandslos geworden. Ebenso sind der Antrag betreffend Kontakt-
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aufnahme mit den Behörden des Heimatlandes und der Antrag betreffend
Datenweitergabe gegenstandslos geworden. Was den Antrag auf Erlass
einer separaten Verfügung betreffend eine bereits erfolgte Datenweiter-
gabe anbelangt, ist festzustellen, dass den Akten keine entsprechenden
Hinweise zu entnehmen sind.
9.
9.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG. Aufgrund der vorstehenden
Erwägungen ergibt sich, dass sein Begehren als aussichtslos zu gelten
haben. Damit ist eine der kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen nicht
gegeben, weshalb dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege nicht stattzugeben ist.
9.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten von Fr. 600.–
(Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und
Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE], SR
173.320.2) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
Damit ist das Gesuch um Erlass des Kostenvorschusses gegenstandslos
geworden.

(Dispositiv nächste Seite)

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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.– werden dem Beschwerdeführer auf-
erlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu Guns-
ten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständi-
ge kantonale Behörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Daniel Willisegger Barbara Balmelli


Versand: