E-2995/2008 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Karar Dilini Çevir:
E-2995/2008 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Abtei lung V
E-2995/2008/
{T 0/2}
U r t e i l v o m 1 5 . M a i 2 0 0 8
Einzelrichter Kurt Gysi,
mit Zustimmung von Richter Bendicht Tellenbach,
Gerichtsschreiber Jonas Tschan.
A_______, geboren _______,
Sri Lanka,
vertreten durch Barbara Frei-Koller,
_______,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nichteintreten Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM
vom 28. April 2008 / N_______
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-2995/2008
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,
dass der Beschwerdeführer, srilankischer Staatsangehörigkeit
tamilischer Ethnie, am 28. Februar 1983 in der Schweiz ein erstes
Asylgesuch eingereicht hat, welches nach unkontrollierter Ausreise am
2. Februar 1984 als gegenstandslos erklärt wurde,
dass ein zweites Asylgesuch vom 3. Mai 1984 am 29. Mai 1984
ebenfalls als gegenstandslos abgeschrieben wurde,
dass ein drittes Asylgesuch vom 12. Juni 1984 am 9. Mai 1985 wegen
Unglaubhaftigkeit und fehlender Asylrelevanz rechtskräftig abgewiesen
und die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz verfügt
wurde,
dass am 13. Januar 1993 auf Grund eines unzumutbaren Wegwei-
sungsvollzugs die vorläufige Aufnahme verfügt wurde, welche am
6. April 1995 erlosch, nachdem der Beschwerdeführer am
31. Januar 1995 die Schweiz verlassen hatte,
dass er am 11. Dezember 1996 ein viertes Asylgesuch einreichte,
welches vom vormaligen BFF rechtskräftig abgewiesen wurde,
dass er am 17. September 2000 infolge der verfügten Wegweisung in
seinen Heimatstaat zurückgeführt wurde,
dass der Beschwerdeführer am 28. März 2008 das fünfte Asylgesuch
einreichte,
dass er am 10. April 2008 im Empfangs- und Verfahrenszentrum Basel
befragt und am 23. April 2008 durch das BFM einlässlich zu den
Asylgründen angehört wurde,
dass bezüglich der zu seinem Asylgesuch geltend gemachten Gründe
auf die Akten verwiesen werden kann und auf die wesentlichen Vor-
bringen im Rahmen unten ausgeführter Feststellungen und Erwägun-
gen einzugehen ist,
dass die französischen Behörden am 11. April 2008 einem
Rückübernahmeersuchen des BFM entsprach und einer Rück-
übernahme des Beschwerdeführers zustimmte,
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dass der Beschwerdeführer in Beanspruchung des ihm anlässlich der
Anhörung gewährten rechtlichen Gehörs bezüglich einer allfälligen
Rücküberstellung nach Frankreich geltend machte, er kenne die
Schweiz gut und er möchte in keinem anderen Land Asyl beantragen,
dass das BFM mit Verfügung vom 28. April 2008 in Anwendung von
Art. 34 Abs. 2 Bst. a des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG,
SR 142.31) auf das Asylgesuch nicht eintrat und die Wegweisung des
Beschwerdeführers aus der Schweiz sowie den Vollzug anordnete,
dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, die Voraus-
setzungen von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG i.V. mit
Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG seien vorliegend erfüllt, da der Bundesrat
Frankreich als sicheren Drittstaat bezeichnet habe, der
Beschwerdeführer sich vor der Einreise in die Schweiz dort
aufgehalten hätte und jenes Land die Bereitschaft für die
Rückübernahme erklärt habe,
dass der Beschwerdeführer weder eine enge Beziehung zu Personen
noch nahe Angehörige in der Schweiz hätte,
dass er die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG infolge fehlender
konkreter und aktueller Verfolgung offensichtlich nicht erfülle,
dass schliesslich keine Hinweise bestünden, wonach Frankreich
keinen effektiven Schutz vor Rückschiebung nach Art. 5 Abs. 1 AsylG
bieten würde, ferner das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und die Konvention
vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grund-
freiheiten (EMRK, SR 0.101) ratifiziert habe, die Konventionen in der
Praxis auch anwende, damit die Bedingungen von Art. 6a Abs. 2 Bst. b
AsylG erfülle und als sicherer Drittstaat zu bezeichnen sei,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 7. Mai 2008 gegen die-
sen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhebt
und dabei die Gewährung der vollständigen Einsicht in die gesamten
Asylakten, die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung hinsichtlich
Punkt 2-4 des Dispositivs, die Feststellung der Unzulässigkeit evtl.
Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges, die Anweisung an die
Vollzugsbehörden, bis um Entscheid über die Beschwerde von
allfälligen Vollzugshandlungen abzusehen, die Gewährung der unent-
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geltlichen Rechtspflege sowie den Verzicht auf die Erhebung eines
Kostenvorschusses beantragt,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden ge-
gen Verfügungen (Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968
über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]) des BFM ent-
scheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31-34 des Verwaltungsgerichtsge-
setzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung berührt
ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungswei-
se Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legiti-
miert ist (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde einzutre-
ten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 52 VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es
das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu
überprüfen (Art. 32-35 AsylG), die Beurteilungskompetenz der Be-
schwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die
Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,
dass sich demnach die Beschwerdeinstanz - sofern sie den Nichtein-
tretensentscheid als unrechtmässig erachtet - einer selbständigen ma-
teriellen Prüfung enthält, die angefochtene Verfügung aufhebt und die
Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweist (vgl. Ent-
scheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskom-
mission [EMARK] 2004 Nr. 34 E. 2.1. S. 240 f.),
dass die Vorinstanz die Frage der Wegweisung und des Vollzugs mate-
riell geprüft hat, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüg-
lich volle Kognition zukommt,
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
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hungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e
AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine
solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schrif-
tenwechsel zu verzichten ist,
dass gemäss der revidierten, am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen
Bestimmung von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG auf Asylgesuche in der
Regel nicht eingetreten wird, wenn Asylsuchende in einen sicheren
Drittstaat nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG zurückkehren können, in
welchem sie sich vorher aufgehalten haben,
dass nach Art. 34 Abs. 3 AsylG die Bestimmung von Abs. 2 dieses Ar-
tikels keine Anwendung findet, wenn Personen, zu denen die asylsu-
chende Person enge Beziehungen hat, oder nahe Angehörige in der
Schweiz leben (Bst. a), die asylsuchende Person offensichtlich die
Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG erfüllt (Bst. b) oder Hinweise
darauf bestehen, dass im Drittstaat kein effektiver Schutz vor Rück-
schiebung nach Art. 5 Abs. 1 AsylG besteht (Bst. c),
dass sich der Beschwerdeführer – trotz seiner anlässlich der
Befragung im Empfangszentrum Basel vom 10. April 2008 nicht ganz
schlüssigen Angaben – vor seiner Einreise in die Schweiz genügend
lange bei seinem Bruder in Frankreich aufgehalten hat, um ein
Nichteintreten im Sinne von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG zu
rechtfertigen,
dass der Beschwerdeführer in der Schweiz über keine nahen
Angehörige oder Personen verfügt, zu denen er eine enge Beziehung
im Sinne von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG hätte, hat er doch anlässlich
der Anhörung beim BFM vom 23. April 2008 angegeben, hier keine
Verwandte oder Bekannte zu haben,
dass er auch auf die Frage, wieso er sein Asylgesuch nicht in
Frankreich stellen würde, keine Angaben zu ihm nahestehende
Personen in der Schweiz gemacht hat,
dass infolgedessen die diesbezüglichen Ausführungen in der
Beschwerdeschrift als nachgeschoben und nicht plausibel erscheinen,
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dass bei Anwendung des neuen Nichteintretens-Tatbestandes von
Art. 34 Abs. 2 AsylG (sicherer Drittstaat) und im Unterschied zu Abs. 1
der gleichen Bestimmung (safe country im Sinne eines verfolgungssi-
cheren Herkunftslandes) nicht zu prüfen ist, ob Hinweise auf Verfol-
gung vorliegen, sondern lediglich die Ausnahmeklausel von Art. 34
Abs. 3 Bst. b AsylG zu beachten ist, wonach von einer Wegweisung in
den Drittstaat dann abgesehen wird, wenn die asylsuchende Person
offensichtlich die Flüchtlingseigenschaft erfüllt,
dass somit das BFM nicht darlegen muss, dass der Beschwerdeführer
die Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht erfüllt, sondern bereits
die Feststellung genügt, dass die Flüchtlingseigenschaft jedenfalls
nicht offensichtlich zutage tritt,
dass sich, wie in der angefochtenen Verfügung zutreffend erkannt, aus
den Akten keine konkreten Hinweise zur offensichtlichen Annahme der
Flüchtlingseigenschaft ergeben und auf die betreffenden Erwägungen
verwiesen werden kann,
dass die Beschwerdeschrift keine zureichenden Anhaltspunkte für eine
gegenüber den vorinstanzlichen Erkenntnissen andere Betrachtungs-
weise in der Eintretensfrage enthält,
dass auch keine Indizien für die Widerlegung der Vermutung ersichtlich
sind, wonach Frankreich betreffend den Beschwerdeführer den
Rückschiebungsschutz im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG beachten
wird,
dass das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend
der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein An-
spruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. EMARK 2001 Nr. 21),
weshalb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen
Bestimmungen steht und demnach vom Bundesamt zu Recht angeord-
net wurde,
dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzli-
chen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern re-
gelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]),
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dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtli-
che Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR
0.142.30]),
dass vorliegend einzig ein Vollzug der Wegweisung nach Frankreich
zur Diskussion steht, nicht aber ein solcher in das Heimatland der Be-
schwerdeführers,
dass der Vollzug der Wegweisung in Beachtung der massgebenden
völker- und landesrechtlichen Bestimmungen (insb. auch Art. 3 EMRK)
zulässig ist, da der Beschwerdeführer in Frankreich offensichtlich nicht
an Leib, Leben oder Freiheit gefährdet ist oder eine
menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten hat und er dort
zudem - wie bereits oben erkannt - Schutz vor Rückschiebung im
Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG findet, sofern darum ersucht wird,
dass auch der in Art. 8 EMRK verankerte Schutz des Familienlebens
bei einer Rückführung nach Frankreich offensichtlich nicht tangiert ist,
dass weder die in Frankreich herrschende allgemeine Lage noch
sonstige Gründe gegen die Zumutbarkeit eines Wegweisungsvollzuges
des Beschwerdeführers nach Frankreich sprechen und solche auch
nicht substanziell geltend gemacht werden,
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nach
Frankreich schliesslich möglich ist, da keine konkreten Vollzugshin-
dernisse ersichtlich sind (Art. 83 Abs. 2 AuG) und die französischen
Behörden die Rückübernahme zugesichert haben,
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt angeordnete Vollzug
der Wegweisung als rechtmässig zu bestätigen ist,
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dass es dem Beschwerdeführer demnach nicht gelungen ist darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, weshalb
die Beschwerde inklusive sämtlicher materieller und prozessualer
Anträge abzuweisen ist,
dass aufgrund des Erkannten und der gesamten Umstände und Vor-
bringen darauf verzichtet werden kann, auf die gestellten Anträge und
den Inhalt der Beschwerde näher einzugehen ,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.--
(Art. 1-3 des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs.
1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (vorab per Telefax;
Einschreiben, Beilage: Einzahlungsschein)
- das BFM, Empfangs- und Verfahrenszentrum Basel (per Telefax, zu
den Akten Ref.-Nr. N_______)
- die _______(per Telefax)
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Jonas Tschan
Versand:
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