E-2943/2015 - Abteilung V - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung...
Karar Dilini Çevir:
E-2943/2015 - Abteilung V - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung - Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung V
E-2943/2015



Ur t e i l vom 8 . J un i 2 0 1 5
Besetzung
Einzelrichter Daniel Willisegger,
mit Zustimmung von Richter Gérard Scherrer;
Gerichtsschreiber Pascal Waldvogel.

Parteien

A._______,
Sri Lanka,
(…),
Beschwerdeführerin,


gegen

Staatssekretariat für Migration
(SEM; zuvor Bundesamt für Migration, BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung;
Verfügung des SEM vom 18. März 2015 / N (…).



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Sachverhalt:
A.
Mit undatierter Eingabe an die Schweizerische Botschaft in Colombo – ein-
gegangen am 1. März 2011 – suchte die Beschwerdeführerin um Asyl in
der Schweiz nach.
B.
Am 8. März 2011 forderte die Botschaft die Beschwerdeführerin auf – so-
fern sie am Gesuch festhalte – ihre Asylgründe detailliert darzulegen und
allfällige Beweismittel einzureichen.
C.
Mit Schreiben vom 7. April 2011 erläuterte die Beschwerdeführerin ihr Ge-
such um Asyl und Bewilligung der Einreise in die Schweiz. Im Wesentlichen
machte sie geltend, ihr Vater habe für die Polizei der LTTE (Liberation Ti-
gers of Tamil Eelam) gearbeitet. Ihre Geschwister wie auch sie selbst seien
im Krieg verletzt worden. Nach dem Krieg sei ihr Vater verhaftet und 14
Monate später aus der Rehabilitation entlassen worden. Seither sei er re-
gelmässig von Sicherheitskräften aufgesucht und befragt worden. Sie hät-
ten sodann ständig im B._______ und im C._______ Distrikt umziehen
müssen.
Als Beweismittel reichte die Beschwerdeführerin sieben Schreiben des Di-
visional Secretary, ein Schreiben der Diözese B._______, ein Certificate of
Socialisation ihres Vaters sowie verschiedene Identitätspapiere ein.
D.
Mit Schreiben vom 25. November 2013 reichte die Beschwerdeführerin
weitere Beweismittel (ein Schreiben des Justice of Peace vom 5. März
2013 sowie ein Schreiben eines Parlamentsmitglieds vom 20. November
2013) ein.
E.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2014 teilte die Beschwerdeführerin mit,
dass sowohl ihr Vater als auch einer ihrer Brüder nach D._______ geflohen
seien und bei der dortigen Schweizerischen Botschaft einen Asylantrag ge-
stellt hätten.
F.
Mit Schreiben vom 6. Januar 2015 wurde die Beschwerdeführerin zu einem
Interview auf die Schweizerische Botschaft in Colombo eingeladen. Am
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29. Januar 2015 wurde sie dort zu den Asylgründe befragt. Ergänzend zu
ihren bisherigen Angaben führte sie aus, dass sie und ihre Familie nach
dem Krieg in ein Lager für intern Vertriebene (IDP-Camp) eingewiesen wor-
den seien. Kurz bevor ihr Vater nach D._______ geflohen sei, sei er von
Sicherheitsbeamten geschlagen worden. Ihr Bruder, der ebenfalls nach
D._______ geflohen sei, sei von Sicherheitsbeamten mitgenommen und
mit einer Schusswaffe bedroht worden. Ihr Ehemann werde ebenfalls ein-
geschüchtert, da er für ihre Familie sorge. Die Sicherheitsbeamten kämen
immer wieder bei ihnen vorbei und würden sich nach ihrem Vater erkundi-
gen.
G.
Mit Verfügung vom 18. März 2015 bewilligte das SEM der Beschwerdefüh-
rerin die Einreise in die Schweiz nicht und lehnte das Asylgesuch ab. Mit
Schreiben vom 1. April 2015 leitete die Schweizerische Botschaft in Co-
lombo die Verfügung an die Beschwerdeführerin weiter.
H.
Mit Eingabe der Beschwerdeführerin an die Botschaft datiert vom 22. April
2015 erhob sie Beschwerde gegen die Verfügung des SEM vom 18. März
2015. Am 30. April 2015 überwies die Botschaft die Eingabe zuständig-
keitshalber ans Bundesverwaltungsgericht, wo diese am 8. Mai 2015 ein-
ging. Die Beschwerdeführerin machte sinngemäss geltend, die angefoch-
tene Verfügung des SEM sei aufzuheben und es sei ihr die Einreise in die
Schweiz zu bewilligen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung
von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und
entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend
– endgültig (vgl. Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG [SR 142.31]).
1.2 Der Zeitpunkt der Eröffnung der angefochtenen Verfügung steht man-
gels eines auf der Empfangsbestätigung ersichtlichen Empfangsdatums
nicht fest. Da die Beweislast für die Zustellung an die Partei der eröffnen-
den Behörde obliegt (vgl. MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor
dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2013, 2. Aufl., Rz. 2.112, S. 76), ist
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zugunsten der Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass die Be-
schwerde rechtzeitig erfolgt ist.
1.3 Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin zur Beschwerde-
führung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die frist- und formgerecht einge-
reichte Beschwerde (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist
einzutreten.
2.
2.1 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
2.2 Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im
Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten
Richters (Art. 111 Bst. e AsylG), ohne Weiterungen und mit summarischer
Begründung zu behandeln (Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).
3.
Gemäss der Übergangsbestimmung zur Änderung des Asylgesetzes vom
28. September 2012 (in Kraft getreten am 29. September 2012) gelten für
Asylgesuche, die im Ausland vor dem Inkrafttreten der Änderung vom
28. September 2012 gestellt worden sind, die Artikel 12, 19, 20, 41 Abs. 2,
52 und 68 AsylG in der bisherigen Fassung.
4.
4.1 Ein Asylgesuch kann gemäss Art. 19 Abs. 1 aAsylG im Ausland bei ei-
ner Schweizerischen Vertretung gestellt werden, die es mit einem Bericht
an das Bundesamt überweist (Art. 20 Abs. 1 aAsylG).
4.2 Gemäss Art. 20 Abs. 2 aAsylG bewilligt das Bundesamt Asylsuchen-
den die Einreise zur Abklärung des Sachverhaltes, wenn ihnen nicht zuge-
mutet werden kann, im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat zu bleiben oder in
ein anderes Land auszureisen. Nach Absatz 3 der Bestimmung kann das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Schweizerische
Vertretungen ermächtigen, Asylsuchenden die Einreise zu bewilligen, die
glaubhaft machen, dass eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben oder
für die Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG bestehe.
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4.3 Beim Entscheid für die Erteilung einer Einreisebewilligung gelten rest-
riktive Voraussetzungen, wobei den Behörden ein weiter Ermessensspiel-
raum zukommt. Neben der erforderlichen Gefährdung im Sinne von Art. 3
AsylG sind namentlich die Beziehungsnähe zur Schweiz, die Möglichkeit
der Schutzgewährung durch einen anderen Staat, die Beziehungsnähe zu
anderen Staaten, die praktische Möglichkeit und objektive Zumutbarkeit
zur anderweitigen Schutzsuche sowie die voraussichtlichen Eingliede-
rungs- und Assimilationsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen (BVGE
2011/10 E. 3.3).
5.
5.1 Die Vorinstanz stellt in der angefochtenen Verfügung fest, die Beden-
ken der Beschwerdeführerin vor Übergriffen durch die Sicherheitsbehör-
den seien nachvollziehbar, würden indes die Wahrscheinlichkeit einer ein-
reisebeachtlichen Bedrohung im heutigen Zeitpunkt nicht zu begründen
vermögen. Es sei nicht auszuschliessen, dass die Familie auch nach der
Entlassung ihres Vaters aus der Rehabilitation weiterhin unter der Be-
obachtung der sri-lankischen Behörden gestanden habe und wiederholt
befragt worden sei. Auch sei es möglich, dass die Behörden weiterhin spo-
radisch bei ihrer Familie auftauchen würden, um sich nach dem Verbleib
ihres Vaters zu erkundigen. Derartige Massnahmen seien jedoch als allge-
meine Bekämpfung des Terrorismus der LTTE zu sehen und ihnen komme
aufgrund der mangelnden Intensität kein Verfolgungscharakter zu.
5.2 In der Rechtsmitteleingabe macht die Beschwerdeführerin zur Haupt-
sache geltend, sie sei stark gefährdet und würde in Angst leben. Am
28. März 2015 seien zwei Personen vorbeigekommen und hätten gedroht,
dass sie einem von ihnen zur Frau gegeben werden solle. Ihre Mutter habe
abgelehnt und die Personen seien verärgert gegangen. Es kämen regel-
mässig Personen vorbei, die sie für Befragungen mitnehmen würden.
Diese seien auf der Suche nach ihrem Vater, der mit ihrem jüngsten Bruder
nach D._______ geflohen sei.
5.3 Das Bundesverwaltungsgericht wie auch die Vorinstanz anerkennen,
dass die allgemeine Situation für die Tamilen, insbesondere im Norden und
Osten Sri Lankas, während des langjährigen Bürgerkriegs sehr schwierig
war. Namentlich gab es eine Vielzahl von Gewaltereignissen, Entführungen
und unverhältnismässig langen Inhaftierungen. Diese Vorkommnisse ste-
hen indes in Zusammenhang mit der damaligen Bürgerkriegssituation be-
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ziehungsweise den "Emergency Regulations" in Sri Lanka. Letztere wur-
den per Ende August 2011 aufgehoben. Seither hat sich die allgemeine
Lage in Sri Lanka wesentlich verändert. Einer erhöhten Verfolgungsgefahr
sehen sich heute Personen ausgesetzt, die einer bestimmten Risikogruppe
angehören (dazu im Einzelnen BVGE 2011/24). Die Beschwerdeführerin
gehört indes keiner dieser Gruppen an. Zudem sind ihr, wie bereits vo-
rinstanzlich festgestellt, keine ernsthaften Nachteile im Sinne von Art. 3
AsylG widerfahren. Dies gilt ebenfalls für den auf beschwerdeebene vor-
gebrachten Vorfall vom 28. März 2015, den die Beschwerdeführerin kaum
substantiiert darlegt. Weitergehend legt die Beschwerdeführerin mit dem
sinngemässen Wiederholen ihrer Asylvorbringen nicht substantiiert dar, in-
wiefern die Verfügung Bundesrecht verletzen oder aus einem anderen Be-
schwerdegrund mangelhaft sein soll. Solches ist auch nicht ersichtlich. Der
Beschwerdeführerin ist somit ein weiterer Verbleib in Sri Lanka zumutbar
und sie ist nicht auf den Schutz der Schweiz angewiesen. Die Vorinstanz
hat demnach der Beschwerdeführerin zu Recht die Einreise in die Schweiz
nicht bewilligt und das Asylgesuch abgelehnt.
6.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist
(Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen.
7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten von Fr. 600.– grund-
sätzlich der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG).
Aus verwaltungsökonomischen Gründen und in Anwendung von Art. 63
Abs. 1 in fine VwVG und Art. 6 Bst. b des Reglements vom 21. Februar
2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungs-
gericht (VGKE, SR 173.320.2) ist auf die Erhebung von Verfahrenskosten
zu verzichten.
(Dispositiv nächste Seite)

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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die Schwei-
zerische Botschaft in Colombo.

Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Willisegger Pascal Waldvogel


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