E-2696/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl
Karar Dilini Çevir:
E-2696/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl
Abtei lung V
E-2696/2009
{T 0/2}
U r t e i l v o m 7 . M a i 2 0 0 9
Einzelrichter Kurt Gysi,
mit Zustimmung von Richter Hans Schürch;
Gerichtsschreiber Christoph Berger.
A._______, geboren angeblich (...),
Moldavien,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Vollzug der Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 27. März 2009 / N (...).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-2696/2009
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,
dass der Beschwerdeführer am 29. Juni 2008 in der Schweiz um Asyl
nachsuchte,
dass er zur Begründung des Asylgesuchs im Wesentlichen geltend
machte, er sei seit seinen ersten Lebensmonaten bis zum Alter von
15 Jahren in einem Waisenhaus aufgewachsen,
dass er im Sommer 2007 von Jugendlichen des nahen Dorfes zusam-
mengeschlagen worden sei, sich das Becken gebrochen habe und
sich sechs Wochen im Krankenhaus habe behandeln lassen müssen,
dass er aus Angst vor den Jugendlichen keine Strafanzeige bei der Po-
lizei eingereicht habe,
dass er sich in der Folge drei Monate in der Ukraine aufgehalten habe,
dass er sein Heimatland auch verliess, um mit 18 Jahren nicht in den
Militärdienst eingezogen zu werden und er von Freunden und Bekann-
ten gehört habe, die Dienstleistung in der moldawischen Armee wäre
mit widrigen Umständen verbunden,
dass der Beschwerdeführer den schweizerischen Behörden keine
Identitäts- oder Reisepapiere abgegeben hat,
dass das BFM am 3. Oktober 2008 eine Botschaftsabklärung und am
3. Dezember 2008 eine ergänzende Botschaftsabklärung veranlasste
und dem Beschwerdeführer bezüglich der Abklärungsergebnisse über
seine beigeordnete Vertrauensperson das rechtliche Gehör einräumte,
dass das BFM das Asylgesuch des Beschwerdeführers mit Verfügung
vom 27. März 2009 – eröffnet am 30. März 2009 – ablehnte und die
Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug anordnete,
dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, den Vor-
bringen des Beschwerdeführers, die auf dem Aufenthalt im Waisen-
haus basieren würden, sei aufgrund der klaren Ergebnisse der Bot-
schaftsabklärungen jegliche Grundlage entzogen,
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dass die Vorbringen des Beschwerdeführers somit den Anforderungen
an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 des Asylgesetzes vom 26. Juni
1998 (AsylG, SR 142.31) nicht standhalten würden,
dass auf die diesbezüglichen Erwägungen in der angefochtenen Verfü-
gung verwiesen werden kann,
dass der Ablehnung des Asylgesuches in der Regel die Wegweisung
aus der Schweiz folge und der Vollzug der Wegweisung vorliegend zu-
lässig, zumutbar und möglich sei,
dass sich der Beschwerdeführer, der aufgrund seiner Altersangaben
noch minderjährig sei, sich nicht auf das Übereinkommen über die
Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (KRK) berufen könne, da
er durch grobe Verletzung der Mitwirkungspflicht eine sinnvolle Prü-
fung, ob ihm im Heimatland eine Gefahr drohe, verunmögliche,
dass seine Ausführungen zu seiner Biografie tatsachenwidrig seien,
dass auch das Fehlen von Papieren nicht geglaubt werden könne,
wenn er angebe, er besitze eine Geburtsurkunde und habe versucht,
diese zu beschaffen, doch eine Angestellte des Waisenhauses habe
ihm am Telefon gesagt, dies sei nicht möglich,
dass er trotz Aufforderung keine Identitätspapiere eingereicht habe,
die seine Minderjährigkeit belegen könnten und in Anbetracht der vor-
liegenden Umstände und der Abklärungen vor Ort der Beschwerdefüh-
rer seine Identität und somit auch seine Altersangabe nicht glaubhaft
gemacht habe,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 27. April 2009 gegen die-
sen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob und
dabei beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es
sei festzustellen, dass die Wegweisung unzulässig und in der Folge
die vorläufige Aufnahme zu gewähren sei,
dass er in prozessualer Hinsicht um die Gewährung der unentgeltli-
chen Rechtspflege und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvor-
schusses ersucht,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden ge-
gen Verfügungen (Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968
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über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]) des BFM ent-
scheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31-34 des Verwaltungsgerichtsge-
setzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung beson-
ders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung be-
ziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Be-
schwerde legitimiert ist (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ein-
zutreten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 52 VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e
AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine
solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen
Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe die Nichter-
füllung der Voraussetzungen zur Zuerkennung der Flüchtlingseigen-
schaft und die Ablehnung des Asylgesuches nicht anficht und somit
die angefochtene Verfügung diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen
ist,
dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein
Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge
hat (Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend der Kanton keine Aufenthaltsbe-
willigung erteilt hat und zudem kein Anspruch auf Erteilung einer sol-
chen besteht (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizeri-
schen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21), weshalb die ver-
fügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen
steht und demnach vom Bundesamt zu Recht angeordnet wurde,
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dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzli-
chen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern re-
gelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtli-
che Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK,
SR 0.142.30]),
dass der Vollzug der Wegweisung vorliegend in Beachtung dieser
massgeblichen völker- und landesrechtlichen Bestimmungen in Bestä-
tigung der angefochtenen Verfügung zulässig ist, da es dem Be-
schwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Ge-
fährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, weshalb das in
Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refou-
lements im vorliegenden Verfahren keine Anwendung findet und keine
Anhaltspunkte für eine menschenrechtswidrige Behandlung ersichtlich
sind, die im Heimat- oder Herkunftsstaat droht,
dass daran die Entgegnungen in der Rechtsmitteleingabe offenkundig
nichts zu ändern vermögen,
dass die blosse Bestreitung der Abklärungsergebnisse der Botschafts-
anfragen durch den Beschwerdeführer nicht stichhaltig erscheint,
dass der Einwand des Beschwerdeführers, die entsprechenden Fest-
stellungen in der angefochtenen Verfügung würden eher den Eindruck
erwecken, erfunden zu sein, angesichts der fundierten Abklärungser-
gebnisse zurückzuweisen ist,
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dass sodann in Anbetracht der dem Beschwerdeführer vom BFM in
den wesentlichen Aspekten offengelegten Abklärungsergebnisse vom
20. Januar 2009 der Einwand, es liege keine einzige Beweisschrift
oder dergleichen vor, nicht gehört werden kann,
dass demnach der Antrag, das BFM sei anzuweisen, entsprechende
Beweisschriften zu bezeichnen, abzuweisen ist,
dass im Weiteren die Rüge des Beschwerdeführers, das BFM habe
durch die Botschaftsabklärungen die Verschwiegenheitspflicht verletzt
und diese seien gesetzwidrig, weshalb deren Erbebnisse nicht verwer-
tet werden dürften, nicht durchzudringen vermag,
dass das Einholen von Auskünften über die schweizerischen Vertre-
tungen vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 41 Abs. 1
AsylG),
dass zudem die Abklärungsinhalte keine Elemente eines geltend ge-
machten Sachverhaltes, die den Beschwerdeführer im Heimatland ge-
fährden könnten, betreffen,
dass die in allgemeiner Form gehaltenen Vorbringen des Beschwerde-
führers in der Rechtsmitteleingabe, wonach Personen aus Transnistri-
en in Moldawien verfolgt und misshandelt würden und er im Hinblick
auf die bevorstehende Wehrpflicht eine Gefahr für sein Leben und sei-
ne Gesundheit zu befürchten habe, die Voraussetzungen eines "real
risk" menschenrechtswidriger Behandlung oder Bestrafung klarerweise
nicht zu erfüllen vermögen,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumut-
bar erweist, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von
Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizini-
scher Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass weder die allgemeine Lage im Heimat- bzw. Herkunftsstaat des
Beschwerdeführers noch individuelle Gründe auf eine konkrete Ge-
fährdung im Falle einer Rückkehr schliessen lassen, weshalb der Voll-
zug der Wegweisung entgegen der Vorbringen in der Rechtsmittelein-
gabe zumutbar ist,
dass der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht, er habe aus ver-
ständlichen und entschuldbaren Gründen keine identitätsnachweisen-
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den Dokumente vorlegen können und es sei die Pflicht des BFM, sein
Alter von Amtes wegen zu erforschen, nicht gefolgt werden kann,
dass vielmehr festzustellen ist, dass aufgrund der vorliegenden Akten-
lage und in Berücksichtigung der als zuverlässig einzuschätzenden
Abklärungsergebnisse der Botschaft der Beschwerdeführer über seine
Biografie und somit über seine Identität zu täuschen versucht, aus
nicht entschuldbaren Gründen keine Identitätspapiere abgegeben hat
und seine wahre Identität aus Gründen nicht feststeht, die der
Beschwerdeführer zu verantworten hat,
dass zwar im Falle von unbegleiteten Minderjährigen das Kindeswohl
im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges
mitzuberücksichtigen ist, woraus sich gleichzeitig die Verpflichtung er-
gibt, von Amtes wegen die spezifisch mit der Minderjährigkeit verbun-
denen Aspekte des Wegweisungsvollzuges abzuklären (vgl. EMARK
1998 Nr. 13 E. ),
dass jedoch festzuhalten gilt, dass der Beschwerdeführer die Beweis-
last für seine angebliche Minderjährigkeit zu tragen hat (vgl. EMARK
2001 Nr. 23 S. 186 f. Erw. 6c),
dass die Untersuchungspflicht der Asylbehörden hinsichtlich Zulässig-
keit, Zumutbarkeit und Möglichkeit des Vollzugs nach Treu und Glau-
ben ihre Grenzen an der Mitwirkungspflicht der Beschwerde führenden
Person findet (Art. 8 AsylG), die im Übrigen auch die Substanziie-
rungslast trägt (Art. 7 AsylG), und es bei gegenteiliger Sachlage nicht
Sache der Behörde sein kann, näher nach allfälligen Wegweisungshin-
dernissen zu forschen,
dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten die Vornahme von
sinnvollen Abklärungen bereits vor der Anordnung des Wegweisungs-
vollzuges unterläuft, weshalb das BFM durchaus berechtigt war, in der
Sache zu entscheiden,
dass die Folgerung des BFM, dass sich der Beschwerdeführer nicht
auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes berufen könne,
entgegen der Einschätzung in der Rechtsmitteleingabe zu bestätigen
ist,
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in den Hei-
matstaat schliesslich möglich ist, da keine Vollzugshindernisse beste-
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hen (Art. 83 Abs. 2 AuG), und es dem Beschwerdeführer obliegt, bei
der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (Art. 8 Abs. 4
AsylG),
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt verfügte Vollzug der
Wegweisung zu bestätigen ist,
dass der Beschwerdeführer nicht darzutun vermag, inwiefern die ange-
fochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den rechtserheblichen Sach-
verhalt unrichtig oder unvollständig feststellt oder unangemessen ist
(Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,
dass sich die Beschwerde aufgrund vorstehender Erwägungen als
aussichtslos erweist, weshalb das Gesuch um Erlass der Verfahrens-
kosten (Art. 65 Abs. 1 VwVG) abzuweisen und bei diesem Ausgang
des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.-- (Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG
i.V.m. Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63
Abs. 1 VwVG).
dass das Gesuch um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvor-
schusses mit vorliegendem Urteil gegenstandslos ist.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird ab-
gewiesen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und Y._______.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Christoph Berger
Versand:
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Zustellung an:
- den Beschwerdeführer (Einschreiben; Beilage: Einzahlungsschein)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt, mit den Akten Ref.-Nr. N (...) (per
Kurier; in Kopie)
- Y._______ (in Kopie)
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