E-2562/2014 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 9. Apri...
Karar Dilini Çevir:
E-2562/2014 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 9. Apri...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung V
E-2562/2014



Ur t e i l vom 4 . J un i 2 0 1 5
Besetzung
Richter David R. Wenger (Vorsitz),
Richter Walter Lang, Richterin Sylvie Cossy,
Gerichtsschreiberin Barbara Balmelli,


Parteien

A._______,
Äthiopien,
vertreten durch lic. iur. LL.M. Tarig Hassan,
(…),
Beschwerdeführer,


gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM;
zuvor Bundesamt für Migration, BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Asyl und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 9. April 2014 / N (…).



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Sachverhalt:
A.
A.a Der Beschwerdeführer verliess eigenen Angaben zufolge Äthiopien am
25. Oktober 2012 auf dem Luftweg und reiste über Italien am 1. November
2012 in die Schweiz ein, wo er gleichentags um Asyl nachsuchte. Dabei
gab er an, er sei minderjährig.
A.b Am 12. November 2012 führte Dr. med. B._______ im Auftrag der Vo-
rinstanz eine Knochenaltersanalyse beim Beschwerdeführer durch. Die
Untersuchung ergab ein chronologisches Knochenalter von 19 Jahren oder
mehr. Deshalb, und mangels Einreichung eines Identitätsausweises sowie
nach Gewährung des rechtlichen Gehörs, ging die Vorinstanz für das wei-
tere Verfahren von der Volljährigkeit des Beschwerdeführers aus.
A.c Ebenfalls am 12. November 2012 wurde der Beschwerdeführer im
Empfangs- und Verfahrenszentrum Altstätten zur Person befragt (BzP). Er
führte aus, er stamme aus C._______ (Provinz D._______) und gehöre der
Ethnie der Oroma an. Er habe sechs Jahre die Grundschule in C._______
und danach drei Jahre die E._______ in F._______ besucht, an welcher er
auch G._______ trainiert habe. Er habe sich für die Oromo-Bevölkerung
eingesetzt. Am 13. Oktober 2010 habe er an einer Demonstration teilge-
nommen und sei dabei inhaftiert worden. Nach fünf Tagen, und nachdem
er schriftlich bestätigt habe, an keiner Demonstration mehr teilzunehmen,
sei er entlassen worden. Am 19. Dezember 2011 sei er zusammen mit zwei
Kollegen von der Polizei verhaftet worden. Ihnen sei vorgeworfen worden,
Mitglieder der Ormoro Liberation Front (OLF) zu sein. Nach drei Wochen
sei er gegen Bezahlung einer Bürgschaft freigelassen worden. Er sei nach
H._______ zu einem Onkel gegangen und habe dort während drei Mona-
ten eine Koranschule besucht. Während dieser Zeit seien viele seiner
Freunde von der Regierung getötet worden, weshalb er nach F._______
zu seinem Onkel zurückgekehrt sei. Dort habe er erfahren, dass er von der
Polizei gesucht werde und eine polizeiliche Vorladung ergangen sei. Da
das Haus des Onkels auch immer wieder durchsucht worden sei, habe er
sich zur Ausreise entschlossen.
B.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 teilte die Vorinstanz dem Be-
schwerdeführer mit, das Dublin-Verfahren sei beendet worden, das natio-
nale Asyl- und Wegweisungsverfahren werde durchgeführt.
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C.
Die Vorinstanz hörte den Beschwerdeführer am 7. April 2014 zu den Asyl-
gründen an. Im Wesentlichen machte er geltend, im September/Oktober
2010 sei er im Rahmen einer Masseninhaftierung anlässlich einer De-
monstration von rund 80 Personen in C._______ festgenommen worden.
Die Polizei habe vermutet, er sei einer der vier Anführer der Kundgebung.
Nach fünf Tagen sei er, mit der Verwarnung, nicht mehr an einer Kundge-
bung teilzunehmen, freigelassen worden. Er sei dann nach F._______ ge-
gangen. Im November/Dezember 2011 sei er zusammen mit drei bezie-
hungsweise vier Freunden vor der Schule von der Polizei kontrolliert wor-
den. Da er einen Mitgliederausweis der oppositionellen Partei Andenet Le
Democracie (UDJ) auf sich getragen habe, seien sie alle auf den Posten
gebracht worden. Dort sei ihnen vorgeworfen worden, Mitglieder der OLF
zu sein und etwas gegen die Regierung zu planen. Nach drei Wochen sei
er, dank der Bezahlung von Bestechungsgeldern durch seinen Onkel, frei-
gelassen worden. Nach etwa einem Monat sei er nach H._______ gegan-
gen, wo er während eines Monats eine Koranschule besucht habe. Am 27.
April 2012, nach dem Freitagsgebet, sei ihr Sheikh von der Polizei abgeholt
und von dieser derart geschlagen worden, dass er seinen Verletzungen
erlegen sei. Es sei zu einer Schiesserei gekommen, bei welcher fünf Per-
sonen getötet worden seien. Noch am gleichen Abend sei er nach
F._______ zurückgekehrt. Dort habe er von seinem Onkel erfahren, dass
er von der Polizei gesucht werde. Er habe sich deshalb versteckt und mit
dem Organisieren der Ausreise begonnen. Im Übrigen habe er seine Reli-
gion nicht frei ausüben können.
Als Beweismittel gab der Beschwerdeführer – jeweils als Faxkopie – eine
polizeiliche Vorladung, ein Mitgliederausweis der UDJ sowie ein Mitglieder-
ausweis eines Sportclubs zu den Akten.
D.
Mit Verfügung vom 9. April 2014 stellte die Vorinstanz fest, der Beschwer-
deführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte das Asylgesuch ab,
verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an.
E.
Mit Eingabe vom 12. Mai 2014 reichte der Beschwerdeführerin beim Bun-
desverwaltungsgericht Beschwerde ein und beantragte, die Verfügung sei
aufzuheben. Die Sache sei zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung
(inklusive Anhörung durchgeführt auf Oromo) sowie zur neuen Entschei-
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dung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Rahmen einer Botschaftsab-
klärung sei das Geburtsdatum abzuklären. Eventualtier sei die Flüchtlings-
eigenschaft festzustellen und ihm Asyl zu gewähren. Subeventualiter sei
die vorläufige Aufnahme anzuordnen. In prozessualer Hinsicht beantragte
er, es sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen, in der Per-
son des Unterzeichnenden ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen
und auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten.
F.
Mit Zwischenverfügung vom 22. Mai 2014 hiess die damals zuständige In-
struktionsrichterin das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Pro-
zessführung gut und verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschus-
ses. Sodann hiess sie das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtsverbeiständung gut und setzte den vom Beschwerdeführer manda-
tierten Rechtsvertreter, lic. iur. LL.M. Tarig Hassan, als amtlicher Beistand
ein.
G.
Die Vorinstanz beantragte in der Vernehmlassung vom 26. Juni 2014 die
Abweisung der Beschwerde. Mit Zwischenverfügung vom 4. Juli 2014 un-
terbreitete die Instruktionsrichterin dem Beschwerdeführer die Vernehm-
lassung zur Stellungnahme. Mit Eingabe vom 20. Juli 2014 reichte der Be-
schwerdeführer die Replik, die Honorarnote sowie ein Schreiben der O-
romo Community of Switzerland vom 14. Juli 2014 zu den Akten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung
von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und
entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend
– endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG [SR 142.31]). Der
Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung le-
gitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Be-
schwerde (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist einzutreten.

2.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen
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richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Aus-
länderrechts nach Art. 49 VwVG (BVGE 2014/26 E. 5).
3.
3.1 Wer um Asyl nachsucht, muss gemäss Art. 7 AsylG die Flüchtlingsei-
genschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen (Abs. 1). Glaub-
haft gemacht ist die Flüchtlingseigenschaft, wenn die Behörde ihr Vorhan-
densein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält (Abs. 2).
Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu
wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht
entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismit-
tel abgestützt werden (Abs. 3).
3.2 Das Bundesverwaltungsgericht hat die Anforderungen an das Glaub-
haftmachen der Vorbringen in einem jüngeren Entscheid dargelegt und
folgt dabei ständiger Praxis. Darauf kann hier verwiesen werden (BVGE
2010/57 E. 2.2 und 2.3).
4.
Die Vorinstanz gelangt in der angefochtenen Verfügung zum Schluss, die
Vorbringen des Beschwerdeführers hielten den Anforderungen an das
Glaubhaftmachen gemäss Art. 7 AsylG nicht stand.
Der Beschwerdeführer habe in wesentlichen Punkten seiner Asylbegürun-
dung widersprüchlich, unsubstantiiert sowie detailarm ausgesagt und den
Sachverhalt nachträglich angepasst. Einerseits habe er geltend gemacht,
er sei politisch aktiv, andererseits habe er praktisch nichts über die genann-
ten Parteien gewusst. Anlässlich der Erstbefragung habe er die Partei An-
denet Le Democracie nicht genannt, indes später eine Faxkopie eines Mit-
gliederausweises dieser Partei eingereicht und anlässlich der Anhörung
geltend gemacht, Mitglied beziehungsweise Sympathisant dieser Partei zu
sein. Ebenfalls erst anlässlich der Anhörung habe er geltend gemacht, er
sei einer der Anführer der Kundgebung gewesen. Sodann habe er wider-
sprüchliche Angaben zu seiner Adresse gemacht und sich im Zusammen-
hang mit den Verhaftungen unvereinbar in Bezug auf den Zeitpunkt, die Art
der Verhaftung, die Umstände, den Ort und der anwesenden Personen ge-
äussert.
Weiter mache der Beschwerdeführer geltend, er könne seine Religion nicht
frei ausüben. Nach den gesicherten Erkenntnissen des Amtes würden Sun-
niten von der Regierung aber nicht verfolgt. Deshalb sowie aufgrund der
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widersprüchlichen Aussagen zu den Vorkommnissen nach dem Freitags-
gebet und dem Vorbringen, er habe wegen der Religion keine Probleme
gehabt, seien die diesbezüglichen Aussagen nicht glaubhaft. Insgesamt
könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nicht ge-
sucht werde. An diesem Schluss vermöge auch die polizeiliche Vorladung
nichts zu ändern.
Während der Anhörung, insbesondere am Schluss derselben, habe der
Beschwerdeführer, angesprochen auf Unstimmigkeiten in seinen Aussa-
gen, Sprachprobleme bezüglich der amharischen Sprache vorgetragen.
Der Beschwerdeführer habe die 7. bis 9. Schulklasse in der amharischen
Sprache besucht. Anlässlich der BzP, welche auf Amharisch durchgeführt
worden sei, habe der Beschwerdeführer keine Anmerkungen bezüglich der
Sprache gemacht. Zudem habe es gemäss der Dolmetscherin anlässlich
der Anhörung keine Verständigungsschwierigkeiten geben. Vor diesem
Hintergrund sei davon auszugehen, dass die diesbezüglichen Vorbringen
lediglich der Verlangsamung und Behinderung des Verfahrens dienen soll-
ten.
5.
5.1 In der Rechtsmitteleingabe wird ausgeführt, die Muttersprache des Be-
schwerdeführers sei Oromo. Bereits zu Beginn der BzP habe der Be-
schwerdeführer sich erkundigt, ob es möglich sei, einen Oromo-Dolmet-
scher zu organisieren. Dies sei mit der Begründung verneint worden, es
würde zu lange dauern, jemanden zu finden. Indes sei dies im Protokoll
nicht festgehalten worden. Anlässlich der Anhörung habe der Beschwerde-
führer erneut zu verstehen gegeben, dass er Amharisch zwar verstehe,
aber gewisse Probleme habe, sich in dieser Sprache zu äussern. Weiter
sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nur zwei Jahre in ei-
nem Amharisch sprechenden Umfeld gelebt habe und sich seine Amha-
rischkenntnisse seit der Einreise in die Schweiz deutlich verschlechtert hät-
ten. Während der Anhörung habe er einiges nicht verstanden, nachfragen
und darauf aufmerksam machen müssen, dass es zu Abweichungen bei
der Übersetzung gekommen sei.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe bereits zu Beginn der BzP
einen Oromo sprechenden Dolmetscher verlangt. Ein solcher Einwand
wäre im Protokoll festgehalten worden. Dem Protokoll der BzP sind indes
keine entsprechenden Hinweise zu entnehmen. Vielmehr ist festzustellen,
dass der Beschwerdeführer gemäss dem von ihm unmittelbar nach dem
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Stellen des Asylgesuchs selbst ausgefüllten Personalienblatt als "Andere
gesprochene Sprachen" Amharisch angab (Akten Vorinstanz A1/2). So-
dann antwortete er anlässlich der BzP auf entsprechende Frage hin, er
verstehe die amharisch sprechende Dolmetscherin problemlos (Akten Vo-
rinstanz A7/13 S. 2). Und am Ende der Befragung bestätigte er unterschrift-
lich, das Protokoll sei ihm in eine verständliche Sprache (Amharisch) rück-
übersetzt worden. Dabei hat er sich behaften zu lassen.
Im Rahmen der Einleitung zur Anhörung wurde der Beschwerdeführer er-
neut gefragt, ob er die Dolmetscherin verstehe. Er antwortete, er verstehe
die Sprache gut, habe aber Probleme sich zu äussern, da Oromo seine
Muttersprache sei. Gemäss dem Protokoll (Antwort auf Frage 158) sowie
einer Aktennotiz der Befragerin vom 7. April 2014 betreffend die Anhörung
wurde dem Beschwerdeführer, da es länger dauern könnte einen Oromo
sprechende Dolmetscher aufzubieten, vorgeschlagen, die Anhörung auf
Amharisch durchzuführen. Dabei wurde der Beschwerdeführer angehal-
ten, Verständigungsschwierigkeiten umgehend mitzuteilen. Die Durchsicht
des Anhörungsprotokolls ergibt, dass der Beschwerdeführer durchwegs
sachbezogen auf die ihm gestellten Fragen antwortete. Dies, die vielfältige
Wortwahl und die gehobene Satzstruktur lassen auf eine Person schlies-
sen, die sich durchaus problemlos in Amharisch ausdrücken kann. Diese
Feststellung wird weiter dadurch bestärkt, dass der Beschwerdeführer über
Seiten hinweg offensichtlich keine Nachfragen oder konkretisierenden
Rückfragen stellte, die auf Verständnisprobleme schliessen liessen. Erst
am Ende der Anhörung, als er mit Unstimmigkeiten in seinen Ausführungen
konfrontiert wurde, berief er sich auf solche. Vor diesem Hintergrund ist
entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er
über genügend gute Amharischkenntnisse verfügt, um einerseits die ihm
gestellten Fragen zu verstehen, andererseits sich hinreichend in dieser
Sprache auszudrücken. Der Beschwerdeführer konnte seine Asylgründe
somit genügend darlegen. Bei dieser Sachlage besteht keine Veranlas-
sung zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks erneuter Be-
fragung des Beschwerdeführers in Ormono und neuem Entscheid. Der An-
trag ist abzuweisen.
5.2 In der Rechtsmitteleingabe wird geltend gemacht, die Vorinstanz habe
keine Abwägung der für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden
Sachverhaltselemente vorgenommen. Sinngemäss macht der Beschwer-
deführer demnach geltend, die Vorinstanz habe den Massstab des Glaub-
haftmachens nicht richtig angewendet und damit Bundesrecht verletzt.
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Die vorinstanzliche Beweiswürdigung in Bezug auf das Glaubhaftmachen
ist indes nicht zu beanstanden. In der angefochtenen Verfügung wird im
Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen die Vorbringen des Beschwer-
deführers widersprüchlich, unsubstantiiert, detailarm sowie nachgescho-
ben und damit insgesamt nicht glaubhaft sind. Was in der Rechtsmittelein-
gabe dagegen vorgebracht wird, ist nicht geeignet, die Aussagen in einem
anderen Licht erscheinen zu lassen. Entgegen der Ansicht des Beschwer-
deführers kann die Unstimmigkeit betreffend sein politisches Engagement
nicht insoweit aufgelöst werden, als es unterschiedliche Arten von Mitglie-
dern in politischen Parteien gibt. Anlässlich der Anhörung machte der Be-
schwerdeführer geltend, er sei Mitglieder der UDJ und wegen des Besitzes
eines UDJ-Mitgliederausweises für drei Wochen inhaftiert worden. In An-
betracht der zentralen Bedeutung dieses Vorbringens hätte vom Be-
schwerdeführer ohne weiteres erwartet werden dürfen, dass er dieses
auch bereits anlässlich der BzP erwähnt hätte, zumal der Besitz des Mit-
gliederausweises der UDJ Anlass für die Verhaftung gewesen sein soll. In-
des hat er dort die UDJ mit keinem Wort erwähnt, sondern vielmehr zu
Protokoll gegeben, er sei Sympathisant der OLF, habe gar nichts mit Politik
zu tun und nur an einer Demonstration teilgenommen (Akten Vorinstanz
A7/13 S. 8f). Weiter hat der Beschwerdeführer im Rahmen des freien Er-
zählens seiner Asylgründe mit keinem Wort erwähnt, an mehr als nur einer
Kundgebung teilgenommen zu haben. Auch als er auf eine diesbezüglich
unstimmige Aussage angesprochen wurde (Akten Vorinstanz A20/20
F156), war er nicht in der Lage, weitere konkrete Kundgebungsteilnahmen
anzuführen. Die weiteren Unstimmigkeiten betreffend den Zeitpunkt der
Verhaftung sowie die Art der ersten Verhaftung und die Umstände der ers-
ten Freilassung vermag der Beschwerdeführer mit dem blossen Hinweis
auf Verständigungsschwierigkeiten beziehungsweise Missverständnisse
nicht aufzulösen. Weiter legt der Beschwerdeführer mit den allgemeinen
Ausführungen zur Situation der Muslime in Äthiopien nicht dar, inwiefern
die Vorinstanz zu Unrecht geschlossen hat, es sei nicht glaubhaft, dass er
persönlich als Sunnit von der Regierung verfolgt werde. Schliesslich legt
der Beschwerdeführer mit dem blossen Wiederholen seiner Aussagen und
dem Festhalten an deren Wahrheitsgehalt sowie den Hinweisen auf Ein-
zelschicksale von Landsleuten nicht substantiiert dar, inwiefern die Vo-
rinstanz insgesamt zu Unrecht auf Unglaubhaftigkeit der Vorbringen ge-
schlossen hat. Bei dieser Sachlage bestand für die Vorinstanz keine Ver-
anlassung auf die ohnehin nur in Faxkopie eingereichte Vorladung näher
einzugehen. Die Vorinstanz hat somit den Massstab des Glaubhaftma-
chens korrekt angewendet. Die erhobene Rüge erweist sich als unzutref-
fend. Soweit in diesem Zusammenhang beantragt wird, das Geburtsdatum
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des Beschwerdeführers sei durch die Botschaft abzuklären, besteht dazu
keine Veranlassung. Der Antrag ist abzuweisen.
5.3 In der Rechtsmitteleingabe beruft sich der Beschwerdeführer weiter auf
sein exilpolitisches Engagement und macht damit subjektive Nachflucht-
gründe geltend.
Der Beschwerdeführer führt an, er habe am 20. März 2013 und 1. Juni
2013 je an einer Kundgebung teilgenommen. Diese zwei Teilnahmen in-
nerhalb von rund zweieinhalb Jahren sind die einzigen exilpolitischen Akti-
vitäten des Beschwerdeführers in der Schweiz. Anderslautende Hinweise
sind den Akten nicht zu entnehmen. Jedenfalls hat der durch einen Rechts-
anwalt vertretene Beschwerdeführer bis heute – im Rahmen seiner Mitwir-
kungspflicht (Art. 8 AsylG) – keine weiteren Dokumente im Zusammenhang
mit seinem politischen Engagement in der Schweiz zu den Akten gegeben.
Demnach war der Beschwerdeführer seit zwei Jahren nicht mehr exilpoli-
tisch aktiv. Insgesamt kann somit nicht auf ein intensives, wahrnehmbares
exilpolitisches Engagement des Beschwerdeführers geschlossen werden.
Zudem ist aus den eingereichten Bildern nicht ersichtlich, dass er sich an-
lässlich einer der Kundgebungen besonders und über das Mass der ge-
wöhnlichen Teilnehmer hinaus exponiert oder gar eine Führungsposition
innegehabt hätte. Der Beschwerdeführer weist demnach kein besonderes
beachtenswertes politisches Profil auf, welches ihn als engagierten, expo-
nierten oder gar staatsgefährdenden exilpolitischen Aktivisten erscheinen
liess. Es liegen somit keine subjektiven Nachfluchtgründe vor.
5.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer weder
Vorfluchtgründe noch subjektive Nachfluchtgründe glaubhaft machen oder
nachweisen konnte. An dieser Schlussfolgerung vermag auch das Bestäti-
gungsschreiben der Oromo Community Switzerland nichts zu ändern. Die
Vorinstanz hat das Asylgesuch zu Recht abgelehnt.
6.
Gemäss Art. 44 AsylG verfügt die Vorinstanz in der Regel die Wegweisung
aus der Schweiz, wenn es das Asylgesuch ablehnt oder darauf nicht ein-
tritt. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche
Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer sol-
chen (vgl. BVGE 2009/50 E. 9). Die Wegweisung wurde zu Recht ange-
ordnet.
7.
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Seite 10
7.1 Der Vollzug der Wegweisung ist nach Art. 83 Abs. 3 AuG (SR 142.20)
unzulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Wei-
terreise der Ausländerin in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen. Da der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft
nicht erfüllt, ist das flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot von Art. 33
Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und Art. 5 AsylG nicht anwendbar. Die Zu-
lässigkeit des Vollzuges beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen ver-
fassungs- und völkerrechtlichen Bestimmungen (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3
des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
[FoK, SR 0.105]; Art. 3 EMRK).
Aus den Aussagen des Beschwerdeführers und den Akten ergeben sich
keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaf-
fung nach Äthiopien dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach
Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausge-
setzt wäre. Der Vollzug der Wegweisung ist zulässig.
7.2 Der Vollzug der Wegweisung kann nach Art. 83 Abs. 4 AuG unzumutbar
sein, wenn der Ausländer oder die Ausländerin im Heimat- oder Herkunfts-
staat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt
und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.
Mit der Vorinstanz ist festzustellen, dass der Vollzug der Wegweisung nach
Äthiopien praxisgemäss als zumutbar erachtet wird (BVGE 2011/25 E. 8.3).
Der Beschwerdeführer äussert sich in der Rechtsmitteleingabe nicht zur
Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs. Um Wiederholungen zu vermei-
den, kann auf die Erwägungen in der angefochtenen Verfügung verwiesen
werden. Der Vollzug der Wegweisung erweist sich als zumutbar.
7.3 Nach Art. 83 Abs. 2 AuG ist der Wegweisungsvollzug schliesslich auch
als möglich zu bezeichnen. Es obliegt dem Beschwerdeführer, sich bei der
zuständigen äthiopischen Vertretung die für eine Rückkehr notwendigen
Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu BVGE
2008/34 E. 12).
7.4 Die Vorinstanz hat den Vollzug demnach zu Recht als zulässig, zumut-
bar und möglich erachtet. Damit fällt die Anordnung einer vorläufigen Auf-
nahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AuG).
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Seite 11
8.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist
(Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen.
9.
9.1 Mit Zwischenverfügung vom 22. Mai 2014 hat die damals zuständige
Instruktionsrichterin das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Pro-
zessführung gutgeheissen. Dementsprechend sind dem Beschwerdefüh-
rer keine Verfahrenskosten aufzuerlegen.
9.2 Ebenfalls mit Zwischenverfügung vom 22. Mai 2014 hat die Instrukti-
onsrichterin das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung gutgeheissen
und lic. iur. LL.M. Tarig Hassan als amtlichen Rechtsbeistand eingesetzt.
Der amtliche Rechtsbeistand weist in der Kostennote vom 20. Juli 2014
einen Aufwand von 9,8 Stunden zu einem Stundenansatz von Fr. 300.–,
Barauslagen von Fr. 14.60 sowie Mehrwertsteuern von Fr. 236.35, somit
Gesamtkosten von total Fr. 3'190.95 aus. Der geltend gemachte Stunden-
ansatz von Fr. 300.– gilt praxisgemäss als übersetzt und ist deshalb auf
Fr. 200.– zu kürzen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-
1031/2015 vom 21. April 2015, mit Verweisen). Das Honorar wird demnach
auf Fr. 2'132.60 festgesetzt (inkl. Auslagen und MWSt). Dieser Betrag ist
dem amtlich eingesetzten Rechtsbeistand, lic. iur. LL.M. Tarig Hassan, vom
Bundesverwaltungsgericht auszurichten.

(Dispositiv nächste Seite)

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Seite 12
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Dem amtlichen Rechtsbeistand, lic. iur. LL.M. Tarig Hassan, wird vom Bun-
desverwaltungsgericht ein amtliches Honorar von Fr. 2'132.60 ausgerich-
tet.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige
kantonale Behörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

David R. Wenger Barbara Balmelli


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