E-2011/2015 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dubl...
Karar Dilini Çevir:
E-2011/2015 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dubl...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung V
E-2011/2015



Ur t e i l vom 9 . Ap r i l 2 0 1 5
Besetzung
Einzelrichterin Gabriela Freihofer,
mit Zustimmung von Richter Fulvio Haefeli;
Gerichtsschreiberin Blanka Fankhauser.

Parteien

A._______,
Libanon,
vertreten durch Annette Herz, Rechtsberatungsstelle für
Asylsuchende - Testbetrieb VZ Zürich,
Beschwerdeführer,


gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM; zuvor Bundesamt für
Migration, BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung
(Dublin-Verfahren);
Verfügung des SEM vom 20. März 2015 / N (…).



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Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer – ein libanesischer Staatsangehöriger – sein
Heimatland eigenen Angaben zufolge am 20. oder 21. Januar 2015 im Be-
sitze eines Reisepasses mit italienischem Visum auf dem Luftweg nach
Mailand verliess,
dass er am 1. Februar 2015 mit dem Zug in die Schweiz einreiste, wo er
am 3. Februar 2015 im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ)
B._______ um Asyl nachsuchte,
dass ihm mitgeteilt wurde, er sei per Zufallsprinzip der Testphase des Ver-
fahrenszentrums (VZ) C._______ zugewiesen worden,
dass er mit Vollmacht vom 6. Februar 2015 seine Rechtsvertretung man-
datierte,
dass er am 10. Februar 2015 im VZ C._______ zur Person befragt wurde,
dass er dabei geltend machte, an "Nervenspannung" zu leiden und in der
Dunkelheit das Gefühl zu haben, jemand wolle ihn erwürgen,
dass er dagegen das Medikament "Parasoc" einnehme, zurzeit jedoch kei-
nes habe,
dass das SEM ihm anlässlich der Befragung vom 10. Februar 2015 das
rechtliche Gehör zum möglichen Nichteintretensentscheid gemäss Art. 31a
Abs. 1 Bst. b AsylG (SR 142.31) zur Zuständigkeit Italiens für die Durch-
führung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens beziehungsweise zu einer
allfälligen Überstellung dorthin gewährte und ihm Gelegenheit gab, sich
dazu zu äussern,
dass er in diesem Zusammenhang erklärte, Italien sei kein respektvolles
Land wie die Schweiz und die Menschenrechte würden nur in der Schweiz
geachtet,
dass ein Abgleich mit dem zentralen Visa-Informationssystem (CS-Visa)
ergab, dass ihm Italien ein vom 5. Januar bis am 29. Januar 2015 gültiges
Visum ausgestellt hatte,
dass das SEM gestützt darauf am 11. Februar 2015 die italienischen Be-
hörden um Übernahme des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 12
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Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfah-
ren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von ei-
nem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat ge-
stellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachfolgend Dub-
lin-III-VO), ersuchte,
dass die italienischen Behörden das Ersuchen am 18. März 2015 guthies-
sen,
dass das SEM der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die ent-
scheidrelevanten Akten zustellte und ihr am 19. März 2015 den Entwurf
des Nichteintretensentscheids zur Stellungnahme aushändigte,
dass die Rechtsvertretung in ihrer Stellungnahme vom gleichen Tag gel-
tend machte, gemäss dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Men-
schenrechte (EGMR) vom 4. November 2014 (Tarakhel gegen die
Schweiz, Nr. 29217/12) drohe Asylsuchenden aufgrund der Mängel im
Asylsystem in Italien bei einer Wegweisung dorthin die Gefahr einer un-
menschlichen Behandlung gemäss Art. 3 EMRK,
dass vor diesem Hintergrund die Sicherheitsvermutung für Italien als nicht
mehr haltbar zu betrachten sei und im Einzelfall geprüft werden müsse, ob
der Vollzug tatsächlich zulässig sei,
dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung
leide und zurzeit mittels einer psychiatrischen Krisenintervention behandelt
werde,
dass der Vollzug der Wegweisung nach Italien unzulässig sei, sofern keine
individuelle Prüfung stattfinde und von Italien keine entsprechenden Ga-
rantien für den Zugang zu einem fairen Asylverfahren, Unterbringung, Be-
treuung und allfälliger medizinischer Versorgung eingeholt würden,
dass gleichzeitig ein Blatt mit der Anschrift "Medizinische Informationen"
des (…) vom 13. März 2015 eingereicht wurde,
dass das SEM mit Verfügung vom 20. März 2015 – eröffnet am 23. März
2015 – in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG auf das Asylgesuch
nicht eintrat, die Wegweisung aus der Schweiz nach Italien anordnete und
den Beschwerdeführer aufforderte, die Schweiz spätestens am Tag nach
Ablauf der Beschwerdefrist zu verlassen,
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Seite 4
dass es gleichzeitig den Kanton C._______ mit dem Vollzug der Wegwei-
sung beauftragte, die Aushändigung der editionspflichtigen Akten gemäss
Aktenverzeichnis an den Beschwerdeführer verfügte und feststellte, einer
allfälligen Beschwerde gegen den Entscheid komme keine aufschiebende
Wirkung zu,
dass das SEM zur Begründung seines Nichteintretensentscheids anführte,
ein Abgleich mit dem zentralen Visa-Informationssystem (CS-Visa) habe
ergeben, dass Italien dem Beschwerdeführer ein vom 5. Januar bis am 29.
Januar 2015 gültiges Visum ausgestellt habe,
dass die italienischen Behörden das Ersuchen des SEM um Übernahme
vom 11. Februar 2015 gestützt auf Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO am 18. März
2015 gutgeheissen hätten und die Zuständigkeit für das Asyl- und Wegwei-
sungsverfahren mithin gemäss dem Abkommen vom 26. Oktober 2004
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen
Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zu-
ständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der
Schweiz gestellten Asylantrags (Dublin-Assoziierungsabkommen [DAA,
SR 0.142.392.689]) bei Italien liege,
dass die Überstellung an Italien – vorbehältlich einer allfälligen Unterbre-
chung oder Verlängerung (Art. 29 Dublin-III-VO) – bis spätestens am
18. September 2015 zu erfolgen habe,
dass auf sein Asylgesuch demnach nicht eingetreten werde,
dass es diesbezüglich anführte, aufgrund dessen, dass der Beschwerde-
führer in einen Drittstaat reisen könne, in dem er Schutz vor Rückschie-
bung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG finde, das Non-Refoulement-Gebot
bezüglich des Heimat- oder Herkunftsstaates nicht zu prüfen sei,
dass ferner keine Hinweise auf eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle
seiner Rückkehr nach Italien bestünden,
dass der Vollzug der Wegweisung zulässig sei,
dass weder die in Italien herrschende Situation noch andere Gründe gegen
die Zumutbarkeit der Wegweisung des Beschwerdeführers dorthin spre-
chen würden,
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dass sich der Beschwerdeführer für Unterstützungsleistungen auch medi-
zinischer Art an die zuständigen italienischen Behörden zu wenden habe,
dass im Rahmen des Dublin-Systems von angemessenen medizinischen
Versorgungsleistungen des betroffenen Staates ausgegangen werden
könne, weshalb es nicht angezeigt sei, bei den italienischen Behörden
schriftliche Garantien einzuholen,
dass dem Gesundheitszustand bei einer allfälligen Überstellung gebüh-
rend Rechnung getragen werde und die italienischen Behörden, falls nötig,
vorab über seinen Gesundheitszustand und die medizinischen Bedürfnisse
informiert würden,
dass der Wegweisungsvollzug nach Italien sowohl zumutbar als auch tech-
nisch möglich und praktisch durchführbar sei,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 30. März 2015 [Eingabe und
Poststempel]) gegen diese Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerde erheben und beantragen liess, die angefochtene Verfügung sei
aufzuheben und zur erneuten Überprüfung zurückzuweisen, die Vorinstanz
sei anzuweisen, vor Erlass einer neuen Verfügung bei den italienischen
Behörden eine Garantie einzuholen, dass er nach der Überstellung Zugang
zu einer adäquaten Unterkunft, Betreuung und medizinischen Versorgung
erhalte, die Vorinstanz sei anzuweisen, ihm das rechtliche Gehör zu der in
seinem Fall eingeholten Garantie zu gewähren, der vorliegenden Be-
schwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren, die Vorinstanz und
die Vollzugsbehörden seien im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen
unverzüglich anzuweisen, bis zum Entscheid über das vorliegende Rechts-
mittel von jeglichen Vollzugshandlungen abzusehen, dem Beschwerdefüh-
rer sei die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren, insbesondere sei
von der Erhebung eines Kostenvorschusses abzusehen,
dass er als Beweismittel erneut ein medizinisches Informationsblatt vom
27. März 2015 des (…) zu den Akten reichen liess,
dass auf die Beschwerdebegründung und die Beweismittel – soweit ent-
scheidrelevant – in den Erwägungen eingegangen wird,
dass die vorinstanzlichen Akten am 31. März 2015 beim Bundesverwal-
tungsgericht eintrafen (Art. 109 Abs. 1 AsylG),
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dass mit Eingabe vom 7. April 2015 eine medizinische Information vom 31.
März 2015 des Ambulatoriums Kanonengasse nachgereicht wurde,

und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls – in der Re-
gel und auch vorliegend – endgültig über Beschwerden gegen Verfügun-
gen (Art. 5 VwVG) des SEM entscheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31‒33
VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenom-
men hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Ände-
rung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105
AsylG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzu-
treten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG),
dass aufgrund der Zuweisung des Beschwerdeführers in die Testphase des
Verfahrenszentrums C._______ die Testphasenverordnung zur Anwen-
dung gelangt (Art. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Verordnung vom 4. September
2013 über die Durchführung von Testphasen zu den Beschleunigungs-
massnahmen im Asylbereich [TestV, SR 142.318.1]),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher
Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise ei-
ner zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich,
wie nachfolgend aufgezeigt wird, um eine solche handelt, weshalb der Be-
schwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2
AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriften-
wechsel verzichtet wurde,
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich
Missbrauch und Überschreiten des Ermessens) sowie die unrichtige und
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt
werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),
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dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das
SEM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen
(Art. 31a Abs. 1‒3 AsylG), die Beurteilungskompetenz der Beschwer-
deinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die Vor-instanz zu
Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2012/4 E. 2.2
m.w.H.),
dass auf Asylgesuche in der Regel nicht eingetreten wird, wenn Asylsu-
chende in einen Drittstaat ausreisen können, der für die Durchführung des
Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 31a
Abs. 1 Bst. b AsylG),
dass diesbezüglich die Dublin-III-VO zur Anwendung kommt,
dass gemäss Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO jeder Asylantrag von einem einzi-
gen Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III
(Art. 8–15 Dublin-III-VO) als zuständiger Staat bestimmt wird, wobei die
einzelnen Bestimmungskriterien in der Reihenfolge ihrer Auflistung im Ka-
pitel III Anwendung finden (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO),
dass gemäss Art. 3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Dublin-III-VO der die Zuständig-
keit prüfende Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zu-
ständig wird, falls es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller in den
eigentlich zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche
Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahme-
bedingungen für Antragsteller in jenem Mitgliedstaat systemische
Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder
entwürdigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 der Charta der Grund-
rechte der Europäischen Union (ABl. C 364/1 vom 18.12.2000, nachfol-
gend: EU-Grundrechtecharta) mit sich bringen, und nach den Regeln der
Dublin-III-VO kein anderer zuständiger Mitgliedstaat bestimmt werden
kann,
dass der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat verpflichtet ist,
einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag ge-
stellt hat, nach Massgabe der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO aufzuneh-
men (Art. 18 Abs. 1 Bst. a Dublin-III-VO),
dass der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat verpflichtet ist,
einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem an-
deren Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet
eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Massgabe
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der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen (Art. 18 Abs. 1 Bst. b
Dublin-III-VO),
dass jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 beschliessen kann,
einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestell-
ten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in
dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist
(Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO; sog. Selbsteintrittsrecht),
dass der vorgängige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Italien unbestrit-
ten ist und die italienischen Behörden seiner Wiederaufnahme gemäss der
Dublin-III-VO ausdrücklich zugestimmt haben,
dass die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asyl- und Wegwei-
sungsverfahrens somit gegeben ist,
dass der Beschwerdeführer in der Rechtsmitteleingabe insbesondere gel-
tend machte, die Vorinstanz habe den Sachverhalt nicht genügend abge-
klärt, indem von Italien keine ausdrücklichen Garantien bezüglich der Un-
terbringung und der medizinischen Versorgung eingeholt worden seien,
dass dem Bericht des behandelnden Psychiaters vom 27. März 2015 ent-
nommen werden könne, der Beschwerdeführer benötige dringend eine
traumatherapeutische Behandlung und sei eventuell akut suizidgefährdet,
dass weder die bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs geäusserten
Einwände noch die auf Beschwerdeebene geltend gemachten Vorbringen
an der Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asyl- und Wegwei-
sungsverfahrens etwas ändern und auch keinen Anlass zur Ausübung des
Selbsteintrittsrechts der Schweiz (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO, Art.
29a Abs. 3 AsylV 1) begründen,
dass es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, das Asylverfah-
ren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Italien würden sys-
temische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschli-
chen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grund-
rechtecharta mit sich bringen,
dass auch sonst keine Gründe zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts der
Schweiz ersichtlich sind, zumal Italien Signatarstaat der EMRK, des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame,
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR
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0.105) und des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) sowie des Zusatzprotokolls der FK vom
31. Januar 1967 (SR 0.142.301) ist und seinen diesbezüglichen völker-
rechtlichen Verpflichtungen nachkommt,
dass es auch keine Hinweise darauf gibt, Italien werde vorliegend den
Grundsatz des Non-Refoulement missachten und den Beschwerdeführer
zur Ausreise in ein Land zwingen, in dem sein Leib, sein Leben oder seine
Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in
dem er Gefahr laufen würde, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen
zu werden,
dass der Beschwerdeführer ausserdem nicht dargetan hat, die ihn bei einer
Rückführung erwartenden Bedingungen in Italien seien derart schlecht,
dass sie zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK oder Art. 3 FoK führen könn-
ten,
dass nicht erstellt ist, Italien würde systematisch gegen die Be-stimmungen
der Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates 2013/32/EU
vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und
Aberkennung des internationalen Schutzes (sog. Verfahrensrichtlinie) so-
wie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Auf-
nahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (sog. Aufnah-
merichtlinie [Neufassung]), verstossen,
dass diese Ansicht durch den EGMR bestätigt wird, indem dieser in seiner
bisherigen Rechtsprechung festhält, dass in Italien kein systematischer
Mangel an Unterstützung und Einrichtungen für Asylsuchende bestehe, ob-
wohl die allgemeine Situation und insbesondere die Lebensumstände von
Asylsuchenden, anerkannten Flüchtlingen und Personen mit einem sub-
sidiären Schutzstatus in Italien gewisse Mängel aufweisen würden (vgl.
EGMR: Entscheidung Mohammed Hussein und andere vs. Niederlande
und Italien [Beschwerde Nr. 27725/10] vom 2. April 2013, § 78),
dass der Hinweis auf das Urteil des EGMR (vgl. EGMR: Entscheidung Ta-
rakhel vs. Schweiz [Beschwerde Nr. 29217/12] vom 4. November 2014) zu
keiner anderen Einschätzung führt, zumal sich dieses Urteil auf eine acht-
köpfige Familie bezieht, dem vorliegenden Verfahren jedoch eine andere
Konstellation (Einzelperson) zugrunde liegt,
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dass der Beschwerdeführer auch nicht konkret dargelegt hat, Italien würde
ihm dauerhaft die ihm gemäss Aufnahmerichtlinie zustehenden minimalen
Lebensbedingungen vorenthalten,
dass es ihm bei einer allfälligen vorübergehenden Einschränkung offen-
steht, sich an die zuständigen italienischen Behörden zu wenden und die
ihm zustehenden Aufnahmebedingungen auf dem Rechtsweg einzufor-
dern (vgl. Art. 26 Aufnahmerichtlinie),
dass Dublin-Rückkehrende und verletzliche Personen betreffend Unter-
bringung von den italienischen Behörden bevorzugt behandelt werden und
sich neben den staatlichen Strukturen auch zahlreiche private Hilfsorgani-
sationen der Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen annehmen,
dass der Beschwerdeführer demnach aus seinem Vorbringen, er würde
sich in Italien einsam und hilflos fühlen, nichts zu seinen Gunsten ableiten
kann,
dass keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, er geriete im
Falle einer Rückkehr nach Italien wegen der dortigen Aufenthaltsbedingun-
gen in eine existenzielle Notlage,
dass er die Möglichkeit hat, sich bei allfälligen Schwierigkeiten an die dafür
zuständigen Behörden beziehungsweise karitativen Organisationen zu
wenden,
dass hinsichtlich des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers fest-
zustellen ist, dass eine zwangsweise Rückweisung von Personen mit ge-
sundheitlichen Problemen nur unter ganz ausserordentlichen Umständen
einen Verstoss gegen Art. 3 EMRK darstellen kann und die hohe Schwelle
vorliegend nicht erreicht wird (vgl. BVGE 2011/9 E. 7 mit Hinweisen auf die
Praxis des EGMR),
dass im Übrigen die Mitgliedstaaten den Antragstellern die erforderliche
medizinische Versorgung, die zumindest die Notversorgung und die unbe-
dingt erforderliche Behandlung von Krankheiten und schweren psychi-
schen Störungen umfasst, zugänglich machen müssen (Art. 19 Abs. 1 Auf-
nahmerichtlinie), und den Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen die
erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe zu gewähren haben (Art. 19
Abs. 2 Aufnahmerichtlinie),
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dass Italien über zahlreiche medizinische Institutionen verfügt, welche
auch Asylsuchenden zugänglich sind, weshalb sich der Beschwerdeführer
für eine adäquate Behandlung und Betreuung an das dafür zuständige me-
dizinische Fachpersonal wenden kann,
dass die schweizerischen Behörden, die mit dem Vollzug der angefochte-
nen Verfügung beauftragt sind, den medizinischen Umständen bei der Be-
stimmung der konkreten Modalitäten der Überstellung des Beschwerdefüh-
rers entsprechend Rechnung tragen und die italienischen Behörden vor-
gängig in geeigneter Weise über die spezifischen medizinischen Umstände
und den indizierten Behandlungsbedarf detailliert informieren werden (vgl.
Art. 31 f. Dublin-III-VO),
dass der angefochtenen Verfügung zu entnehmen ist, dass sich das SEM
dieser Verpflichtung bewusst ist,
dass die italienischen Behörden damit in der Lage sein werden, die not-
wendigen Vorkehrungen zu treffen,
dass eine allfällige Suizidalität im erwähnten Sinne zu berücksichtigen sein
wird,
dass gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine allfällige Sui-
zidalität kein Vollzugshindernis darstellt (vgl. Urteil 2C_573/2014 vom
4. Dezember 2014 E. 4.3),
dass bei einer Überstellung des Beschwerdeführers von der Schweiz nach
Italien sichergestellt werden muss, dass er die allenfalls benötigte Medika-
tion für die Reise, wie auch für die Übergabe an die italienischen Behörden
erhält,
dass zusammenfassend kein konkretes und ernsthaftes Risiko besteht, die
Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien würde gegen Art. 3
EMRK oder andere völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz oder Lan-
desrecht verstossen,
dass es aufgrund des Gesagten keinen Grund für eine Anwendung der Er-
messensklauseln von Art. 17 Dublin-III-VO gibt und weder die im erstin-
stanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde geäusserten Einwände an
einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien etwas ändern kön-
nen,
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Seite 12
dass an dieser Stelle festzuhalten bleibt, dass die Dublin-III-VO den
Schutzsuchenden kein Recht einräumt, den ihren Antrag prüfenden Staat
selber auszuwählen (vgl. auch BVGE 2010/45 E. 8.3), weshalb der Be-
schwerdeführer aus seinem Vorbringen, er möchte gerne hier in der
Schweiz bleiben, nichts zu seinem Vorteil abzuleiten vermag,
dass das Bundesverwaltungsgericht die vom BFM beziehungsweise vom
SEM im Rahmen von Dublin-Verfahren angeordnete Überstellung nach Ita-
lien bereits mehrfach bestätigt hat (vgl. beispielsweise Urteile
E-1319/2014 vom 20. März 2014; D-2482/2014 vom 26. Mai 2014;
D-2889/2014 vom 3. Juni 2014; E-6415/2014 vom 18. November 2014; E-
6862/2014 vom 9. Dezember 2014; E-576/2015 vom 4. Februar 2015; D-
755/2015 vom 12. Februar 2015; D-7433/2014 vom 27. März 2015),
dass die Vorinstanz den Sachverhalt rechtsgenüglich abgeklärt hat, wes-
halb es sich erübrigt, die angefochtene Verfügung zu kassieren und zu
neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen,
dass das BFM demnach zu Recht in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b
AsylG auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist und
– weil er nicht über eine gültige Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilli-
gung verfügt – gestützt auf Art. 44 AsylG die Überstellung nach Italien an-
geordnet hat (Art. 32 Bst. a AsylV 1 der Asylverordnung 1 vom 11. August
1999 [AsylV 1, SR 142.33311]),
dass unter diesen Umständen allfällige Vollzugshindernisse gemäss
Art. 83 Abs. 3 und 4 AuG (SR 142.20) nicht mehr zu prüfen sind, da das
Fehlen von Überstellungshindernissen bereits Voraussetzung des Nicht-
eintretensentscheides gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG ist (vgl. BVGE
2010/45 E. 10),
dass die Beschwerde aus diesen Gründen abzuweisen und die Verfügung
des SEM zu bestätigen ist,
dass das Beschwerdeverfahren mit vorliegendem Urteil abgeschlossen ist,
weshalb sich die Anträge auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung und
Vollzugsaussetzung sowie das Gesuch um Verzicht auf die Erhebung ei-
nes Kostenvorschusses als gegenstandslos erweisen,
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Seite 13
dass das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ab-
zuweisen ist, da die Begehren – wie sich aus den vorstehenden Erwägun-
gen ergibt – als aussichtlos zu bezeichnen waren, weshalb die Vor-ausset-
zungen von Art. 65 Abs. 1 VwVG nicht erfüllt sind,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.–(Art. 1‒
3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädi-
gungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).

(Dispositiv nächste Seite)
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Seite 14
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinne
von Art. 65 Abs. 1 VwVG wird abgewiesen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.‒ werden dem Beschwerdeführer aufer-
legt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten
der Gerichtskasse zu überweisen.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale
Migrationsbehörde.

Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:

Gabriela Freihofer Blanka Fankhauser


Versand: