E-1854/2009 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Karar Dilini Çevir:
E-1854/2009 - Abteilung V - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Abtei lung V
E-1854/2009
{T 0/2}
U r t e i l v o m 3 1 . M ä r z 2 0 0 9
Einzelrichterin Gabriela Freihofer,
mit Zustimmung von Richter Martin Zoller;
Gerichtsschreiber Jan Feichtinger.
A._______,
alias B._______,
geboren (...),
Sri Lanka,
vertreten durch Laura Rossi, Fürsprecherin,
(...)
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 13. März 2009 / N_______.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-1854/2009
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer - ein srilankischer Staatsbürger tamilischer
Ethnie aus C._______ (Distrikt D._______, Nordprovinz) - sein
Heimatland eigenen Angaben zufolge am 10. November 2008 verliess,
per Flugzeug nach Italien und von dort am 17. November 2008 in
einem Personenwagen in die Schweiz gelangte, wo er gleichentags
um Asyl nachsuchte,
dass am 21. November 2008 die Kurzbefragung im Empfangs- und
Verfahrenszentrum Basel und am 3. Dezember 2008 die direkte Anhö-
rung zu den Asylgründen durch das BFM erfolgte,
dass der Beschwerdeführer dabei im Wesentlichen geltend machte,
sein Bruder sei seit ungefähr (...) Mitglied der "Liberation Tigers of
Tamil Eelam" (LTTE) gewesen, weshalb er (der Beschwerdeführer) am
(...) 2001 von der srilankischen Armee (SLA) in E._______ wegen
vermeintlicher LTTE-Mitgliedschaft festgenommen und vorerst wäh-
rend sechs Monaten in einem Armeecamp festgehalten worden sei,
dass er anschliessend für neun bis zehn Monate ins Camp F._______
und anschliessend für weitere sechs bis sieben Monate ins G._______
Camp verbracht worden sei, bevor man ihn am (...) 2004 entlassen
habe,
dass er nach seiner Entlassung jeweils sonntags einer unterschriftli-
chen Meldepflicht habe nachkommen müssen,
dass er während des Waffenstillstands zwischen der SLA und der
LTTE in Ruhe gelassen worden sei, die "Eelam People´s Democratic
Party" (EPDP) und die SLA ihn jedoch am 8. August 2007 und am
25. September 2008 erneut gesucht hätten,
dass er sich deshalb zur Ausreise entschlossen habe, am 10. Novem-
ber 2008 zu Fuss, per Bus und mit dem Schiff nach Colombo und von
dort mit einem gefälschten srilankischen Pass per Flugzeug über Doha
nach Rom gelangt sei, von wo er mit dem Auto Richtung Schweiz
gereist und unterwegs von der Polizei angehalten worden sei,
dass am 31. Dezember 2008 Italien einem Rückübernahmeersuchen
des BFM entsprach und gestützt auf das entsprechende bilaterale
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Abkommen mit der Schweiz einer Rückübernahme des Beschwerde-
führers zustimmte,
dass dem Beschwerdeführer am 19. Januar 2009 das rechtliche Gehör
zum beabsichtigten Nichteintretensentscheid gemäss Art. 34 Abs. 2
Bst. a des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) sowie
der Wegweisung nach Italien gewährt wurde, und der Beschwerdefüh-
rer mit Eingabe vom 26. Januar 2009 hierzu Stellung nahm,
dass das BFM mit Verfügung vom 4. Februar 2009 in Anwendung von
Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG auf das Asylgesuch nicht eintrat, die
Wegweisung aus der Schweiz verfügte und deren Vollzug anordnete,
dass das Bundesverwaltungsgericht die hiergegen erhobene Be-
schwerde vom 24. Februar 2009 infolge mangelhafter respektive feh-
lerhafter Eröffnung mit Urteil vom 27. Februar 2009 guthiess und das
BFM anwies, dem Beschwerdeführer die Verfügung vom 4. Febru-
ar 2009 rechtsgenüglich zu eröffnen,
dass am 4. März 2009 die italienischen Behörden der Rückübernahme
des Beschwerdeführers nach Italien erneut zustimmten,
dass dem Beschwerdeführer zu diesem Sachverhalt am 5. März 2009
das rechtliche Gehör gewährt wurde,
dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom
10. März 2009 geltend machte, unter dem Gesichtspunkt von Art. 34
Abs. 3 Bstn. a-c sei es nicht statthaft, vorliegend einen Nichteintretens-
entscheid auszufällen, zumal Hinweise bestünden, dass in Italien kein
effektiver Schutz vor Rückschiebung bestehe, das Fehlen seiner
Flüchtlingseigenschaft sowie von Vollzugshindernissen nicht
offenkundig sei und er schliesslich in der Person seines Cousins über
einen nahen Verwandten in der Schweiz verfüge,
dass das BFM mit Verfügung vom 13. März 2009 - wiederum in
Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG – auf das Asylgesuch nicht
eintrat, die Wegweisung aus der Schweiz verfügte und deren Vollzug
anordnete,
dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, die Voraus-
setzungen von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG seien vorliegend erfüllt, da
der Bundesrat Italien als sicheren Drittstaat bezeichnet, der Be-
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schwerdeführer sich vor der Einreise in die Schweiz dort aufgehalten
und Italien die Bereitschaft für die Rückübernahme erklärt habe,
dass der Beschwerdeführer ferner in der Schweiz weder nahe An-
gehörige noch enge Beziehungen zu hier lebenden Personen habe,
dass auch die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG nicht offen-
sichtlich zutage trete, zumal die vom Beschwerdeführer getätigten
Schilderungen in wesentlichen Punkten Widersprüche aufwiesen, so
dass sich erhebliche Zweifel an deren Wahrheitsgehalt aufdrängten,
dass keine Hinweise vorliegen würden, wonach in Italien kein effektiver
Schutz vor Rückschiebung nach Art. 5 Abs. 1 AsylG bestehe,
dass die Wegweisung die Regelfolge eines Nichteintretensentscheides
darstelle und keine Gründe ersichtlich seien, die auf Unzulässigkeit,
Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit eines Wegweisungsvollzuges in
den Drittstaat Italien schliessen lassen würden,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 23. März 2009 (Post-
stempel) gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht
Beschwerde erhob und beantragte, es sei vorfrageweise festzustellen,
dass das BFM seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe,
die Verfügung des BFM vom 13. März 2009 sei aufzuheben, die Sache
sei an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der verbindlichen Anwei-
sung, auf das Asylgesuch einzutreten und eine neue Verfügung zu
erlassen,
dass in prozessualer Hinsicht beantragt wurde, dem Beschwerdeführer
sei die unentgeltliche Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1 und 2 des
Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfah-
ren (VwVG, SR 172.021) zu gewähren, und es sei auf die Erhebung
eines Kostenvorschusses zu verzichten,
dass der Beschwerdeführer zur Begründung vorab vorbringt, das BFM
habe in mehrfacher Hinsicht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör
verletzt, indem es seine Begründung im Wesentlichen auf ein unveröf-
fentliches Urteil abgestützt habe (D-1413/2009), einen Entscheid
gefällt habe, ohne die in Aussicht gestellten Beweismittel abzuwarten
und auch nicht beim UNHCR abgeklärt habe, ob der Beschwerdefüh-
rer trotz rechtskräftiger Wegweisungsverfügung Zugang zum italieni-
schen Asylverfahren habe,
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dass zur materiellen Begründung im Wesentlichen die Vorbringen in
der Stellungnahme vom 10. März 2009 wiederholt werden, indem er-
neut geltend gemacht wird, Italien biete keinen effektiven Schutz vor
Rückschiebung (Art. 34 Abs. 3 Bst. c AsylG), das Fehlen der Flücht-
lingseigenschaft und von Vollzugshindernissen sei nicht offenkundig
(Art. 34 Abs. 3 Bst. b AsylG) und der Beschwerdeführer habe mit zwei
Cousins nahe Angehörige in der Schweiz (Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG),
dass im Übrigen hinsichtlich Sachverhaltsfeststellung und Verfahrens-
gang auf die Akten und den Inhalt der angefochtenen Verfügung
verwiesen werden kann,
dass mit Eingabe vom 24. März 2009 weitere Beweismittel betreffend
die LTTE-Aktivitäten des Bruders des Beschwerdeführers sowie die
hieraus sich ergebende Verfolgung des Letzteren zu den Akten
gereicht wurden,
dass die vorinstanzlichen Akten am 25. März 2005 beim Bundesver-
waltungsgericht eintrafen (Art. 109 Abs. 2 AsylG),
und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden ge-
gen Verfügungen (Art. 5VwVG) des BFM entscheidet (Art. 105 AsylG
i.V.m. Art. 31-34 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
[VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung beson-
ders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung be-
ziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Be-
schwerde legitimiert ist (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwer-
de einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 52
VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
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und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es
das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu
überprüfen (Art. 32-35 AsylG), die Beurteilungskompetenz der Be-
schwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die
Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,
dass sich demnach die Beschwerdeinstanz – sofern sie den Nichtein-
tretensentscheid als unrechtmässig erachtet – einer selbständigen ma-
teriellen Prüfung enthält, die angefochtene Verfügung aufhebt und die
Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweist (vgl. Ent-
scheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskom-
mission [EMARK] 2004 Nr. 34 E. 2.1. S. 240 f.),
dass die Vorinstanz die Frage der Wegweisung und des Vollzugs mate-
riell geprüft hat, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüg-
lich volle Kognition zukommt,
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e
AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine
solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schrif-
tenwechsel zu verzichten ist,
dass hinsichtlich der geltend gemachten Gehörsverletzung zunächst
festzustellen ist, dass den Asylbehörden aus dem Gehörsanspruch ei-
ner asylsuchenden Person keine Verpflichtung erwächst, mit ihrem
Entscheid zuzuwarten, bis sämtliche in Aussicht gestellten Beweismit-
tel eingetroffen sind,
dass die asylsuchende Person die Substanziierungslast trägt und es
somit grundsätzlich an ihr ist, ihre Asylgründe zum Gesuchszeitpunkt
glaubhaft darzulegen (vgl. Art. 7 und 8 AsylG),
dass das BFM vor Erlass seiner Verfügung alle erheblichen und
rechtzeitigen Parteivorbringen zu würdigen (Art. 32 VwVG) und die zur
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Abklärung des Sachverhalts tauglichen Beweismittel abzunehmen (Art.
33 VwVG) hat,
dass damit die Beurteilung der Frage, ob in Aussicht gestellte
Beweismittel zur Abklärung des massgeblichen Sachverhalts geeignet
sind und deshalb abgewartet werden müssen, im Ermessen des BFM
liegt,
dass vorliegend der massgebliche Sachverhalt aufgrund der
bestehenden Akten als vollständig und in logischer Konsequenz die
Abnahme weiterer Beweismittel zu Recht als entbehrlich erachtet
wurde,
dass sich im Übrigen die Einschätzung des BFM – wie nachfolgend
aufgezeigt – ex post als zutreffend erwiesen hat, da die mittlerweile
eingegangenen und in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 VwVG
berücksichtigten Beweismittel den Entscheid nicht zu beeinflussen
vermochten,
dass in der Tatsache, dass das BFM zum Beleg der – zutreffenderwei-
se als konstant bezeichneten – Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts ein Verfahren (D-1413/2009) zitiert hat, in welchem das
Urteil des Gerichts noch aussteht und dessen Inhalt für die Rechtsver-
treterin deshalb nicht einsehbar ist, zwar eine unglückliche Vorgehens-
weise der Vorinstanz, jedoch klarerweise keine Verletzung des Ge-
hörsanspruchs zu erblicken ist, zumal die genannte Rechtsprechung
mit nicht weniger als sieben weiteren Verfahren belegt wurde, deren
Urteile rechtskräftig und der Rechtsvertreterin zugänglich sind,
dass sich angesichts dieser klaren Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts betreffend das Risiko einer Verletzung von Art. 5 Abs.
1 AsylG durch Italien keine Einzelfallabklärungen beim UNHCR durch
das BFM aufdrängten, und schliesslich der Anspruch auf Gewährung
des rechtlichen Gehörs nicht bereits dadurch verletzt wurde, dass die
Vorinstanz einer entsprechenden Aufforderung der Rechtsvertreterin
nicht nachkam,
dass demnach vorfrageweise festzustellen ist, dass das BFM den
Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht verletzt
hat,
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dass gemäss der revidierten, am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen
Bestimmung von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG auf Asylgesuche in der
Regel nicht eingetreten wird, wenn Asylsuchende in einen sicheren
Drittstaat nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG zurückkehren können, in
welchem sie sich vorher aufgehalten haben,
dass nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG der Bundesrat Staaten bezeich-
nen kann, in denen nach seinen Feststellungen effektiver Schutz vor
Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG besteht,
dass Italien – zusammen mit allen anderen EU- und EFTA Staaten –
am 14. Dezember 2007 vom Bundesrat als sicherer Drittstaat bezeich-
net worden ist,
dass die Voraussetzungen der Anwendbarkeit von Art. 34 Abs. 2 Bst. a
AsylG i.V.m. Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG vorliegend in Bestätigung der
vorinstanzlichen Erkenntnisse erfüllt sind,
dass der vorangegangene Aufenthalt des Beschwerdeführers in Italien
aktenkundig und unbestritten ist,
dass nach Art. 34 Abs. 3 AsylG die Bestimmung von Abs. 2 dieses Ar-
tikels keine Anwendung findet, wenn Personen, zu denen die asylsu-
chende Person enge Beziehungen hat, oder nahe Angehörige in der
Schweiz leben (Bst. a), die asylsuchende Person offensichtlich die
Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG erfüllt (Bst. b) oder Hinweise
darauf bestehen, dass im Drittstaat kein effektiver Schutz vor Rück-
schiebung nach Art. 5 Abs. 1 AsylG besteht (Bst. c),
dass der Beschwerdeführer zwar geltend macht, in der Person zweier
Cousins lebten „nahe Angehörige“ in der Schweiz, zu denen er auch
eine „enge Beziehung“ habe, womit er den Ausschlussgrund nach Art.
34 Abs. 3 Bst. a AsylG anruft,
dass zunächst nicht erwiesen ist, dass zwischen den als Cousins
bezeichneten Personen und dem Beschwerdeführer tatsächlich enge
Beziehungen respektive ein verwandtschaftliches Verhältnis besteht,
dass der materielle Gehalt der in Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG verwende-
ten Begriffe "nahe Angehörige" und "Personen, zu denen die asylsu-
chende Person enge Beziehungen hat" aus dem bisherigen aArt. 23
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Abs. 1 Bst. d beziehungsweise aus aArt. 42 Abs. 2 Bst. c AsylG über-
nommen wurde (vgl. BBl 2002 S. 6885),
dass es sich bei der Norm gemäss Materialien um eine logische Folge
von Art. 34 Abs. 2 Bst. e AsylG handle, wenn nämlich ein Drittstaat
bereit sei, eine asylsuchende Person zu übernehmen, weil dort nahe
Angehörige lebten oder weil sie dort andere Personen hätten, zu
denen enge Beziehungen bestehen, müsse dies umgekehrt auch für
die Schweiz gelten (vgl. BBl 2002 S. 6855),
dass als "nahe Angehörige" in diesem Sinne im Regelfall vorab Ehe-
gatten und deren minderjährige Kinder zu gelten haben, wobei Partne-
rinnen und Partner sowie die in dauernder eheähnlicher Gemeinschaft
zusammenlebenden Personen den Ehegatten gleichgestellt werden
(vgl. dazu EMARK 2000 Nr. 4 E. 5b S. 41 f. sowie Art. 1 Bst. e der Asyl-
verordnung 1 über Verfahrensfragen vom 11. August 1999 [AsylV 1]),
dass eine Ausdehnung dieses Personenkreises im Einzelfall zwar als
gerechtfertigt erscheinen kann, die genannten, in der Schweiz
wohnhaften Personen vorliegend jedoch nicht als nahe Angehörige im
Sinne von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG anzuerkennen sind,
dass auch nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer zu
den als Cousins bezeichneten Personsn eine enge Beziehung hat, da
er erst allmählich erfahren zu haben scheint, dass sich diese in der
Schweiz aufhalten, zumal er bei der Erstbefragung noch angegeben
hatte, keine Verwandten in der Schweiz zu haben (A2 S. 3), wohinge-
gen er in der Stellungnahme vom 26. Januar 2009 ausführte, er stehe
seit seiner Kindheit in ständigem Kontakt zu seinem hier wohnhaften
Cousin (H._______; A18), und der zweite Cousin (I._______) gar erst
in der Rechtsmitteleingabe vom 23. März 2009 erstmals genannt wur-
de,
dass in vorliegender Sache – vor dem Hintergrund der gesamten Ak-
tenlage – auf eine weitergehende Auseinandersetzung mit dem Begriff
der „engen Beziehung“ verzichtet werden kann, da eine solche in Be-
zug auf die Schweiz nach dem Gesagten klarerweise nicht ersichtlich
ist,
dass bei Anwendung des Nichteintretens-Tatbestandes von Art. 34
Abs. 2 AsylG (sicherer Drittstaat) und im Unterschied zu Abs. 1 der
gleichen Bestimmung (safe country im Sinne eines verfolgungssiche-
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ren Herkunftslandes) nicht zu prüfen ist, ob Hinweise auf Verfolgung
vorliegen, sondern lediglich die Ausnahmeklausel von Art. 34 Abs. 3
Bst. b AsylG zu beachten ist, wonach von einer Wegweisung in den
Drittstaat dann abgesehen wird, wenn die asylsuchende Person offen-
sichtlich die Flüchtlingseigenschaft erfüllt,
dass somit das BFM nicht darlegen muss, dass der Beschwerdeführer
die Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht erfüllt, sondern bereits
die Feststellung genügt, dass die Flüchtlingseigenschaft jedenfalls
nicht offensichtlich zutage tritt,
dass sich diese Lesart – welche durch den in der Beschwerde zitierten
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2008 i.S.
E-6184/2008, welcher keine präjudizielle Wirkung entfaltet, nicht
umgestossen werden kann – unzweideutig aus dem klaren Wortlaut
von Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG ergibt,
dass sich, wie in der angefochtenen Verfügung zutreffend erkannt, aus
den Akten keine konkreten Hinweise zur offensichtlichen Annahme der
Flüchtlingseigenschaft ergeben,
dass die Schilderungen des Beschwerdeführers zu den Asylgründen
in wesentlichen Punkten eine Vielzahl von Unstimmigkeiten aufweisen,
sodass seine Glaubwürdigkeit in ernsthafte Zweifel gezogen werden
muss,
dass zur Vermeidung von Wiederholungen betreffend die vorgenann-
ten Unstimmigkeiten und auf die zutreffenden Erwägungen der Vorins-
tanz verwiesen werden kann,
dass schliesslich auch die mit Eingabe vom 24. März 2009 zu den
Akten gereichten Dokumente die Flüchtlingseigenschaft des Be-
schwerdeführers nicht offensichtlich erscheinen lassen, zumal sich
deren Inhalt nur teilweise mit den Ausführungen des Beschwerdefüh-
rers deckt,
dass es sich etwa beim undatierten Schreiben von K._______ of-
fensichtlich um ein Gefälligkeitsschreiben handelt, zumal die dortige
Darstellung, wonach der Beschwerdeführer schwer gefoltert worden
sei und die Armee seine ganze Familie behelligt habe, die geltend
gemachte Verfolgungsintensität bei weitem übersteigt,
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dass dem Beschwerdeführer sodann das Vorbringen in der Stellung-
nahme vom 10. März 2009 (A35 S. 2) sowie in der Beschwerdeschrift,
wonach er von den italienischen Asylbehörden kein Essen erhalten
habe, bedroht und geschlagen worden sei, nicht geglaubt werden
kann,
dass der Beschwerdeführer – wie vom BFM zutreffend erkannt – in
den sicheren Drittstaat Italien zurückkehren kann, da dessen Behör-
den mit nach wie vor gültiger Erklärung vom 4. März 2009 gegenüber
der Schweiz die Rückübernahme zugesichert haben,
dass er die Vermutung der Beachtung des Rückschiebungsschutzes im
Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG durch den Drittstaat Italien nicht zu
widerlegen vermag,
dass der Beschwerdeeingabe keine Argumente zu entnehmen sind,
aufgrund welcher sich eine andere Betrachtungsweise aufdrängen
würde,
dass auch das mit der Beschwerde eingereichte Beweismittel (Dekret
des Präfekten der Provinz Como betreffend "Espulsione dal Territorio
Nazionale") zu keinem anderen Ergebnis führt,
dass nämlich nach italienischem Recht eine Ausweisung die Regelfol-
ge einer illegalen Einreise darstellt, womit die Verneinung eines effekti-
ven Schutzes vor Rückschiebung allein aufgrund des Erlasses einer
entsprechenden Verfügung die Regelung von 34 Abs. 3 Bst. a AsylG
systematisch unterlaufen würde, zumal eine illegale Einreise in der
Natur jedes vorgängigen Aufenthalts in einem Transitland liegt,
dass ferner eine Missachtung des Non-refoulement-Gebotes durch
den Drittstaat gar nicht begangen werden kann, solange die Behörden
dieses Drittstaates mangels Schutzersuchens gar nicht auf eine
allfällige Verfolgungs- oder Gefährdungssituation im Heimatstaat auf-
merksam gemacht werden,
dass es somit in der Disposition des Beschwerdeführers liegt, entspre-
chende Gründe nach einer Rückkehr nach Italien geltend zu machen,
dass die Beschwerdeschrift keine zureichenden Anhaltspunkte für eine
gegenüber den vorinstanzlichen Erkenntnissen andere Betrachtungs-
weise in der Eintretensfrage enthält,
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dass das BFM demnach in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. a
AsylG zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf welche im
Übrigen verwiesen wird, auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers
nicht eingetreten ist,
dass das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend
der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein An-
spruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. EMARK 2001 Nr. 21),
weshalb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen
Bestimmungen steht und demnach vom Bundesamt zu Recht angeord-
net wurde,
dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzli-
chen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern re-
gelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtli-
che Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK,
SR 0.142.30]),
dass der Vollzug der Wegweisung in Beachtung der massgebenden
völker- und landesrechtlichen Bestimmungen (insb. auch Art. 3 der
Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten [EMRK, SR 0.101]) zulässig ist, da der Beschwer-
deführer in Italien offensichtlich nicht an Leib, Leben oder Freiheit
gefährdet ist oder eine menschenrechtswidrige Behandlung zu be-
fürchten hat und er dort zudem – wie bereits oben erkannt – Schutz
vor Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG findet, sofern
darum ersucht wird,
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dass weder die in Italien herrschende allgemeine Lage noch sonstige
Gründe gegen die Zumutbarkeit eines Wegweisungsvollzuges des Be-
schwerdeführers nach Italien sprechen,
dass nämlich das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer in Italien
keinen Zugang zu einem Asylverfahren habe, als abwegig zu betrach-
ten ist, zumal Italien sowohl Vertragsstaat der FK als auch der EMRK
ist und den sich daraus ergebenden völkerrechtlichen Pflichten Folge
leistet,
dass auch eine allfällige psychische Beeinträchtigung des Beschwer-
deführers durch nichts ausgewiesen ist, zumal dem ärztlichen Zeugnis
des Allgemeinmediziners Dr. med. L._______ vom 20. März 2009 zu
entnehmen ist, es habe kein pathologischer Befund erhoben werden
können und es bestünden keine Hinweise für eine akute Suizidalität,
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nach Italien
schliesslich möglich ist, da keine konkreten Vollzugshindernisse
ersichtlich sind (Art. 83 Abs. 2 AuG) und die italienischen Behörden die
Rückübernahme zugesichert haben,
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt angeordnete Vollzug
der Wegweisung als rechtmässig zu bestätigen ist,
dass demnach die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt,
den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und
angemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuwei-
sen ist,
dass aufgrund des Erkannten und der gesamten Umstände und Vor-
bringen darauf verzichtet werden kann, auf die gestellten Anträge und
den Inhalt der Beschwerde weiter einzugehen,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.--
(Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und
Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs.
1 VwVG),
dass das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
nach Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG ungeachtet der behaupteten Bedürf-
tigkeit abzuweisen ist, da sich die Beschwerdebegehren gemäss vor-
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stehenden Erwägungen als aussichtslos präsentierten, welcher Um-
stand die Gewährung unentgeltlicher Prozessführung nach Gesetz
ausschliesst,
dass das Gesuch um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschus-
ses mit vorliegendem Urteil gegenstandslos wird.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an:
- die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers (Einschreiben; Beila-
ge: Einzahlungsschein)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt, mit den Akten Ref.-Nr. N_______
(per Kurier; in Kopie)
- (...) (in Kopie)
Die Einzelrichterin: Der Gerichtsschreiber:
Gabriela Freihofer Jan Feichtinger
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