E-1661/2016 - Abteilung V - Asyl (ohne Wegweisung) - Asyl; Verfügung des SEM vom 15. Februar 2016
Karar Dilini Çevir:
E-1661/2016 - Abteilung V - Asyl (ohne Wegweisung) - Asyl; Verfügung des SEM vom 15. Februar 2016
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung V
E-1661/2016



Ur t e i l vom 1 3 . Ap r i l 2 0 1 6
Besetzung
Einzelrichter Markus König,
mit Zustimmung von Richter François Badoud;
Gerichtsschreiberin Eveline Chastonay.

Parteien

A._______ geboren am (…),
Eritrea,
Beschwerdeführerin,


gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM; zuvor Bundesamt
für Migration, BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Asyl;
Verfügung des SEM vom 15. Februar 2016 / N (…).



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Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass die Beschwerdeführerin eigenen Angaben zufolge im (…) 2012 den
Heimatstaat verliess, und nach Khartum/Sudan gelangte, wo sie sechs Mo-
nate lang geblieben sei und in dieser Zeit in einer religiösen Zeremonie
ihren Partner geheiratet habe, den sie im (…) 2009 kennengelernt habe,
dass die Beschwerdeführerin am 1. Oktober 2014 zusammen mit ihrem
Partner in die Schweiz einreiste und sie gleichentags ein Asylgesuch
stellte,
dass sie anlässlich der Kurzbefragung im Empfangs- und Verfahrenszent-
rum (EVZ) B._______ vom 24. Oktober 2014 sowie der Anhörung zu den
Asylgründen vom 11. Januar 2016 zur Begründung des Asylgesuchs im
Wesentlichen geltend machte, sie stamme aus C._______ und habe die
Schule bis zur 10. Klasse besucht, diese im Jahr 2005 aber abgebrochen,
da sie nicht nach D._______ habe gehen wollen,
dass sie in der Folge ab 2007 in einem (…) gearbeitet und dort den Vater
ihres ersten Kindes kennengelernt habe,
dass sie im Dezember 2009 eine Arbeitsstelle in einem (…) gefunden und
dort ihren jetzigen Ehemann getroffen habe,
dass ihre Eltern ihr wegen des unehelichen Kindes das Leben schwer ge-
macht hätten und sie auch gegen ihre Beziehung mit ihrem jetzigen Ehe-
mann gewesen seien, da dessen Familie das "böse Auge" gehabt habe,
dass es zudem im Jahr 2012 in Eritrea ein neues Gesetz gegeben habe,
mit dem die Bevölkerung zum Tragen einer Waffe verpflichtet worden sei,
dass die Beschwerdeführerin als Mutter eines Kindes weder eine militäri-
sche Ausbildung habe machen noch eine Waffe auf sich habe tragen wol-
len, respektive dass sie mit den eritreischen Behörden keine Probleme ge-
habt und auch keinen Militärdienst geleistet habe,
dass ihr Mann (…) 2012 aus Eritrea in den Sudan geflohen sei,
dass sie nach der Ausreise ihres Partners aus Eritrea ohne dessen Unter-
stützung und Aufmunterung gewesen und alles schwieriger geworden sei,
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dass sie im Oktober 2012 ebenfalls illegal aus Eritrea ausgereist sei und
sich zu ihrem Mann in den Nachbarstaat begeben habe,
dass dem Partner der Beschwerdeführerin mit separater Verfügung des
SEM vom 15. Februar 2016 Asyl gewährt wurde (N […]),
dass das SEM das Asylgesuch der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom
15. Februar 2016 hingegen ablehnte und die Wegweisung aus der Schweiz
anordnete,
dass das SEM zugleich feststellte, die Beschwerdeführerin erfülle die
Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 Abs. 1 und 2 AsylG (SR 142.31) nur
aufgrund von subjektiven Nachfluchtgründen (illegale Ausreise), was ein
Asylausschlussgrund sei, weshalb sie als Flüchtling vorläufig aufzuneh-
men sei,
dass sie bei dieser Aktenlage praxisgemäss auch nicht gestützt auf Art. 51
Abs. 1 AsylG ins Asyl ihres Partners (sog. Familienasyl) eingeschlossen
werden könne,
dass die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 16. März 2016 – und einem
Nachtrag vom 17. März 2016 – (jeweils Poststempel) gegen diesen Ent-
scheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob und dabei
beantragte, es sei ihr Asyl zu gewähren,
dass sie in prozessualer Hinsicht die Gewährung der unentgeltlichen Pro-
zessführung und den Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses
beantragte,
dass der Instruktionsrichter mit Zwischenverfügung vom 22. März 2016 die
Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Be-
freiung von der Kostenvorschusspflicht abwies und Frist zur Leistung eines
Kostenvorschusses setzte,
dass die Beschwerdeführerin den verlangten Kostenvorschuss am
30. März 2016 fristgerecht leistete,

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und das Bundesverwaltungsgericht erwägt,
dass es auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Ver-
fügungen (Art. 5 VwVG) des SEM entscheidet, ausser bei Vorliegen eines
Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdefüh-
rende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31–33 VGG; Art. 83
Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG nicht
vorliegt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet,
dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG richtet,
soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG),
dass die Beschwerdeführerin am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenom-
men hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Ände-
rung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105
AsylG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzu-
treten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG),
dass sich die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen
Rügen im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG richten (vgl. BVGE
2014/26 E. 5),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher
Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise ei-
ner zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich
vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt, weshalb
der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a
Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriften-
wechsel verzichtet wurde,
dass die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl gewährt (Art. 2 Abs. 1
AsylG), wobei Flüchtlinge Personen sind, die in ihrem Heimatstaat oder im
Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationali-
tät, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
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politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder be-
gründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3
Abs. 1 AsylG),
dass die Flüchtlingseigenschaft nachgewiesen oder zumindest glaubhaft
gemacht werden muss (Art. 7 AsylG),
dass die Flüchtlingseigenschaft glaubhaft gemacht ist, wenn die Behörde
ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält
und Vorbringen insbesondere dann unglaubhaft sind, wenn sie in wesent-
lichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den
Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder ver-
fälschte Beweismittel abgestützt werden,
dass die Vorinstanz in ihrer Verfügung einerseits feststellte, die Vorbringen
der Beschwerdeführerin seien widersprüchlich ausgefallen, andererseits
seien die Darlegungen hinsichtlich der Probleme mit ihrer Familie nach der
Heirat ihres jetzigen Ehemannes privater Natur und auf die sozialen und
kulturellen Gegebenheiten in ihrem Heimatland zurückzuführen, wobei von
solchen Schwierigkeiten andere Personen, namentlich Frauen, im gleichen
Ausmass betroffen seien,
dass die Vorinstanz hinsichtlich der Frage des Familienasyls gemäss
Art. 51 Abs. 1 AsylG feststellte, gemäss Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts werde einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft – wie
vorliegend – aufgrund von subjektiven Nachfluchtgründen zuerkannt
werde, nicht zusätzlich das Familienasyl gewährt,
dass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen der Vor-
instanz vollumfänglich anschliesst,
dass die Feststellung der Vorinstanz zutrifft, dass die Beschwerdeführerin
bei der Erstbefragung ausschliesslich private respektive familiäre Gründe
für ihre Ausreise geltend machte, unmissverständlich bestätigte, keine
Probleme mit den eritreischen Behörden gehabt oder Militärdienst geleistet
zu haben und abschliessend ausführte, es gebe ausser dem von ihr
Erwähnten keine weiteren Gründe gegen eine Rückkehr nach Eritrea
(vgl. Protokoll Befragung zur Person [BzP] S. 8 f.),
dass sie demgegenüber bei der Anhörung zu ihren Asylgründen darlegte,
im Jahr 2012 habe ein neues Gesetz die Bevölkerung zum Tragen einer
Waffe und zu entsprechender Ausbildung an der Waffe verpflichtet, wobei
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ihr Arbeitgeber ihr diesen behördlichen Befehl übermittelt, sie sich aber die-
sem Aufgebot verweigert habe, zumal sie ein Kind gehabt habe, weswegen
sei sie gezwungen gewesen, mit der Arbeit aufzuhören und sich zu verste-
cken,
dass diese Aussagen inhaltlich in der Tat als widersprüchlich zu werten sind
und durch den Einwand auf Beschwerdeebene, sie sei in der ersten Befra-
gung gehalten worden, sich kurz zu fassen, nicht relativiert werden können,
zumal hier die angeblich zentralen Asylgründe bei der Erstbefragung nicht
ansatzweise erwähnt worden sind (vgl. bereits Entscheidungen und Mittei-
lungen der vormaligen Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK]
1993 Nr. 3 S. 13 ff.),
dass auch allein das beschwerdeweise Bestätigen ihrer Schilderung,
wonach der ihr – von den Behörden über ihren Arbeitgeber – übermittelte
Befehl, sich zum militärischen Trainingskurs zu melden, der Auslöser ihrer
Flucht aus Eritrea gewesen sei, das diesbezügliche widersprüchliche Aus-
sageverhalten der Beschwerdeführerin nicht zu erklären vermag,
dass die Beschwerdeführerin nicht geltend macht, sie sei in ihrer Heimat in
den rund (…) Monaten nach der Ausreise ihres Partners einer sogenann-
ten Reflexverfolgung ausgesetzt worden und demnach kein Grund zur An-
nahme besteht, sie hätte eine solche in Zukunft zu befürchten,
dass dem SEM aufgrund der vorliegenden Sachlage auch darin zuzustim-
men ist, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Tatsache, dass sie die
Flüchtlingseigenschaft nur als Folge ihrer illegalen Ausreise in eigener Per-
son erfüllt, nicht in den zusätzlichen Genuss des Familienasyls kommen
kann, und diesbezüglich auf die vom SEM genannte Rechtsprechung des
Gerichts verwiesen werden kann (vgl. Grundsatzurteil E-1715/2012 bzw.
E-3087/2012 vom 2. Dezember 2015, zur Publikation vorgesehen),
dass der Vollständigkeit halber zu erwähnen ist, dass die Vorinstanz auch
zutreffend festgestellt hat, die Eheleute hätten in Eritrea gar keinen ge-
meinsamen Wohnsitz gehabt und keine Familiengemeinschaft gelebt, was
eine inhaltliche Voraussetzung für die Gewährung des Familienasyls wäre,
dass die Beschwerdeführerin nämlich bei der Anhörung in diesem Zusam-
menhang – übrigens in Übereinstimmung mit den protokollierten Angaben
ihres Partners – ausführte, sie habe allein gelebt, ihr Mann sei manchmal
zu ihr nach Hause gekommen, meist hätten sie sich aber woanders getrof-
fen (vgl. Protokoll Anhörung S. 4),
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dass die Ausführungen in der Beschwerde vom 16. März 2016 und der
Nachtrag vom 17. März 2016 in Würdigung aller Sachumstände nicht ge-
eignet sind, eine andere Würdigung des geltend gemachten Sachverhalts
herbeizuführen,
dass es der Beschwerdeführerin somit nicht gelingt, ihre Asylberechtigung
nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, weshalb das Staats-
sekretariat das Asylgesuch zu Recht abgelehnt hat,
dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein
Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat
(Art. 44 AsylG), vorliegend der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt
hat und zudem kein Anspruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl.
BVGE 2013/37 E 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.), weshalb die verfügte Weg-
weisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und dem-
nach vom Staatssekretariat zu Recht angeordnet wurde,
dass das Staatssekretariat die Beschwerdeführerin als Flüchtling aner-
kannt und sie zufolge Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig
aufgenommen hat, womit sich weitere Ausführungen zu allfälligen Wegwei-
sungsvollzugshindernissen praxisgemäss erübrigen,
dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechts-
erheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1
AsylG) und – soweit überprüfbar – angemessen ist, weshalb die Be-
schwerde abzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.–
(Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Ent-
schädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2])
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und
diese durch den am 30. März 2016 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvor-
schuss beglichen sind.


(Dispositiv nächste Seite)

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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.– werden der Beschwerdeführerin auf-
erlegt. Der in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss wird zur Bezah-
lung dieser Kosten verwendet.
3.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die kantonale
Migrationsbehörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:



Markus König Eveline Chastonay