E-1319/2009 - Abteilung V - Vollzug der Wegweisung - Vollzug der Wegweisung; Verfügung des BFM vom 4. F...
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l adm in i s t r a t i f f édé ra l
T r i buna l e ammin i s t r a t i vo f ede ra l e
T r i buna l adm in i s t r a t i v f ede ra l
Abteilung V
E1319/2009
U r t e i l v om 2 9 . F e b r u a r 2 0 1 2
Besetzung Richterin Regula Schenker Senn (Vorsitz),
Richter Hans Schürch, Richter François Badoud,
Gerichtsschreiberin Aglaja Schinzel.
Parteien A._______,
B._______,
sowie deren Kinder
C._______,
D._______,
E._______,
Kosovo,
(…),
Beschwerdeführende,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Vollzug der Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 4. Februar 2009 / N (…).
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Sachverhalt:
A.
Gemäss eigenen Angaben verliessen die Beschwerdeführenden,
Staatsangehörige der Republik Kosovo serbischer Ethnie, ihren
Heimatstaat am 19. Juli 2008 und reisten über Serbien, Ungarn und
unbekannte Länder am 20. Juli 2008 in die Schweiz ein, wo sie
gleichentags um Asyl nachsuchten. Anlässlich den Kurzbefragungen vom
4. August 2008 im Empfangs und Verfahrenszentrum (EVZ) F._______
und den Anhörungen vom 10. Dezember 2008 zu den Asylgründen
machten sie im Wesentlichen Folgendes geltend:
Sie könnten in Kosovo nicht mehr leben, da sie dort Probleme hätten. So
sei ihnen im Jahr 2001 in der Nacht von Unbekannten das Vieh gestohlen
worden. 2007 seien ihre Kühe erneut gestohlen worden. Im Jahr 2005,
als der Beschwerdeführer zusammen mit seinen Eltern und Grosseltern
auf dem Feld gearbeitet habe, hätten drei Unbekannte in schwarzer
Kleidung versucht, sie zu entführen, ihnen sei aber die Flucht auf dem
Traktor gelungen. Seither habe sich der Beschwerdeführer nicht mehr
getraut, auf dem Feld zu arbeiten. Als er einmal in der Stadt
Autoersatzteile habe kaufen wollen, hätten Leute versucht ihn zu
schlagen, weil er Serbisch gesprochen habe. Die Beschwerdeführerin
führte zudem aus, sie habe Angst um ihre Kinder. Diese müssten sogar
von der Polizei zur Schule begleitet werden. Seit der
Unabhängigkeitserklärung Kosovos hätten die Beschwerdeführenden
mehr Angst als zuvor und würden von der albanischen Bevölkerung noch
häufiger provoziert und angepöbelt, weshalb sie sich zur Ausreise
entschlossen hätten.
B.
Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 lehnte das BFM die Asylgesuche der
Beschwerdeführenden ab und ordnete ihre Wegweisung aus der Schweiz
sowie den Vollzug an. Die Vorinstanz begründete den ablehnenden
Asylentscheid damit, dass die Vorbringen der Beschwerdeführenden den
Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 des
Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) nicht genügten. Der
Vollzug der Wegweisung sei zulässig, zumutbar und möglich. Für die
detaillierte Begründung wird, soweit wesentlich, auf die Erwägungen
verwiesen.
C.
Mit Beschwerde vom 2. März 2009 an das Bundesverwaltungsgericht
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beantragten die Beschwerdeführenden die Aufhebung der
vorinstanzlichen Verfügung und die Anordnung der vorläufigen
Aufnahme. Auf die detaillierte Begründung wird, soweit wesentlich, in den
Erwägungen eingegangen.
D.
Mit Zwischenverfügung vom 10. März 2009 stellte die Instruktionsrichterin
den legalen Aufenthalt der Beschwerdeführenden während des
Verfahrens fest. Gleichzeitig setzte sie ihnen Frist zur Stellungnahme
bezüglich der Frage, ob die Beschwerde sich lediglich gegen den
Wegweisungsvollzug richte oder zudem auch Asyl und
Flüchtlingseigenschaft beschlage. Weiter wurde ihnen Frist zur Leistung
eines Kostenvorschusses angesetzt.
E.
Am 13. März 2009 ging der Kostenvorschuss fristgerecht beim
Bundesverwaltungsgericht ein. Die Frist zur Stellungnahme liessen die
Beschwerdeführenden unbenutzt verstreichen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM
gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz
des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende
Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das
Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der
vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls
endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des
Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht
(Art. 105 AsylG, Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem
BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6
AsylG).
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1.3. Die Beschwerde ist frist und formgerecht eingereicht. Die
Beschwerdeführenden haben am Verfahren vor der Vorinstanz
teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt
und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung
beziehungsweise Änderung; sie sind daher zur Einreichung der
Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG, Art. 48 Abs. 1
sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die
Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
4.
Das BFM hat die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführenden
verneint, ihr Asylgesuch abgelehnt und sie aus der Schweiz
weggewiesen. In ihrer Beschwerde beantragen die
Beschwerdeführenden "die Abweisung der Verfügung des BFM in allen
fünf Punkten und vorläufige Aufnahme in der Schweiz, bis sich die
Situation für die Serben in unserem Dorf Partes (Bezirk Gnijlane) wieder
normalisiert". In der Zwischenverfügung vom 10. März 2009 wurden sie
auf die Unklarheit dieses Wortlauts hingewiesen und zur Stellungnahme
aufgefordert, jedoch machten sie von dieser Möglichkeit keinen
Gebrauch. Da der Antrag klar auf eine vorläufige Aufnahme bis zur
Verbesserung der Situation in der Heimat lautet, und sich auch in der
Beschwerdebegründung keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die
Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Erteilung von Asyl
beantragt ebenfalls werden, wird trotz des Wortlauts "in allen fünf
Punkten" im Folgenden von einer Vollzugsbeschwerde ausgegangen
(Antrag auf Aufhebung der Ziffern 4 und 5 des Dispositivs der Verfügung
der Vorinstanz).
Die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft, die Ablehnung des
Asylgesuchs und die Wegweisung an sich blieben somit unangefochten
und sind mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft erwachsen
(Dispositivziffern 13). Es ist deshalb einzig die Frage zu prüfen, ob die
Wegweisung zu vollziehen oder ob anstelle des Vollzugs eine vorläufige
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Aufnahme anzuordnen ist (Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]).
5.
5.1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder
nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach
den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von
Ausländerinnen und Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]).
5.2. Gemäss Rechtsprechung sind die Bedingungen für einen Verzicht
auf den Vollzug der Wegweisung (Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit,
Unmöglichkeit; vgl. Art. 83 Abs. 24 AuG) alternativer Natur. Sobald eine
der Voraussetzungen erfüllt ist, ist der Vollzug der Wegweisung als
undurchführbar zu betrachten und die weitere Anwesenheit in der
Schweiz gemäss den Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme zu
regeln (vgl. BVGE 2009/51 E. 5.4 S. 748, EMARK 2006 Nr. 6 E. 4.2 S. 54
f.).
6.
6.1. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und
Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat oder Herkunftsstaat auf
Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und
medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Sind von einem allfälligen
Wegweisungsvollzug Kinder betroffen, so bildet im Rahmen der
Zumutbarkeitsprüfung ausserdem das Kindeswohl einen Gesichtspunkt
von vorrangiger Bedeutung (BVGE 2009/51 E. 5.6 S. 749, BVGE 2009/28
E. 9.3.2 S. 367 f.). Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter
Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren
(vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und
Ausländer vom 8. März 2002, BBl 2002 3818).
6.2. Das BFM erachtete in der angefochtenen Verfügung den Vollzug der
Wegweisung der Beschwerdeführenden nach Kosovo als nicht zumutbar.
Die Vorinstanz ging jedoch davon aus, die Beschwerdeführenden, welche
neben der kosovarischen auch die serbische Staatsbürgerschaft
besitzen, würden aufgrund ihres verwandtschaftlichen Beziehungsnetzes
in Serbien Aussicht auf eine existenzsichernde Lebensgrundlage haben.
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Namentlich wohne eine Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits in
G._______ und sein Grossvater in H._______, die Beschwerdeführerin
habe einen Onkel mütterlicherseits in Belgrad. Zudem habe der
Beschwerdeführer Verwandte in der Schweiz und in Schweden; diese
könnten allenfalls finanzielle Unterstützung leisten. Weiter habe der
Beschwerdeführer nach acht Jahren Grundschul und einem Jahr
Mittelschulausbildung eine Berufslehre als (...) absolviert und verfüge
über mehrjährige Berufserfahrung in diesem Bereich. Unter
Berücksichtigung all dieser Umstände sei davon auszugehen, dass in
Serbien die Aussicht auf eine existenzsichernde Lebensgrundlage
bestehe.
6.3. Nach Prüfung der Akten kommt das Bundesverwaltungsgericht zum
Schluss, dass dieser Einschätzung nicht gefolgt werden kann. Im
Allgemeinen ist zwar davon auszugehen, dass der Vollzug der
Wegweisung nach Serbien für Angehörige der serbischen Volksgruppe
aus Kosovo zumutbar ist. Indessen kann sich der Wegweisungsvollzug
im konkreten Einzelfall aufgrund einer Abwägung der massgeblichen
Kriterien als unzumutbar erweisen (vgl. BVGE 2010/41 E. 8.3.3.6 S. 588
f.). Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Möglichkeit der
wirtschaftlichen Existenzsicherung, der persönliche Bezug zum
Zufluchtsort, wie ein früherer Aufenthalt oder eine Arbeitsstelle, ein
tragfähiges familiäres oder sonstiges soziales Beziehungsnetz sowie die
Möglichkeit der gesellschaftlichen Integration. Im Rahmen dieser Kriterien
sind ferner weitere Faktoren in die Erwägungen einzubeziehen, wie
insbesondere das Alter, der Gesundheitszustand, die Frage, ob es sich
um eine Einzelperson oder um eine Familie handelt, sowie die berufliche
Ausbildung der betroffenen Personen. Ausserdem ist, wie bereits
erwähnt, dem Kindeswohl Rechnung zu tragen. Sind von einem allfälligen
Wegweisungsvollzug Kinder betroffen, so bildet bei der
Zumutbarkeitsprüfung das Kindeswohl einen Gesichtspunkt von
gewichtiger Bedeutung. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus einer
völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 83 Abs. 4 AuG im Lichte von
Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die
Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107) (vgl. dazu EMARK 2005 Nr. 6 E. 6.
S. 57 f.). In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass unter dem
Aspekt des Kindeswohls sämtliche Umstände einzubeziehen sind, die im
Hinblick auf einen Wegweisungsvollzug wesentlich erscheinen (vgl.
EMARK 1998 Nr. 13 E. 5e/aa). Der Persönlichkeit des Kindes und seinen
Lebensumständen ist umfassend Rechnung zu tragen.
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Im Hinblick auf die Frage, ob die Beschwerdeführenden für sich und ihre
drei minderjährigen Kinder im Falle eines Vollzugs der Wegweisung nach
Serbien das wirtschaftliche Existenzminimum sicherstellen könnten, ist
zunächst generell auf die Lebensbedingungen von Binnenflüchtlingen in
diesem Land hinzuweisen. Nachdem in einer ersten Phase noch eine
gewisse Unterstützung durch internationale Organisationen und private
Hilfswerke geflossen war, wurde die weitere Betreuung von aus Kosovo
vertriebenen Angehörigen der serbischen Volksgruppe bald den
staatlichen Behörden übertragen. Diese lassen jedoch ein konkretes
Interesse an der Erleichterung der Integration der kosovarischen Serben
weitgehend vermissen, da sie grundsätzlich nach wie vor (aufgrund der
Auffassung, Kosovo bilde einen territorialen Bestandteil Serbiens) davon
ausgehen, dass diese Personen längerfristig wieder in ihre
ursprünglichen Herkunftsorte in Kosovo zurückkehren werden. Insofern
sind die Möglichkeiten für Binnenflüchtlinge zum Aufbau einer neuen
wirtschaftlichen Existenz relativ ungünstig.
6.4. Die Beschwerdeführenden haben nach Kenntnis des
Bundesverwaltungsgerichts nie in Serbien gelebt oder gearbeitet. Aus
den Akten geht weiter hervor, dass der Beschwerdeführer, nachdem er
die Mittelschule nach einem Jahr abbrach, eine zweijährige Lehre als (...)
in einer Garage machte und danach privat bei einem (...) arbeitete (vgl.
vorinstanzliche Akten A18 F66 ff.). In der Schweiz konnte er als (...)
ebenfalls Arbeitserfahrung sammeln. Auch wenn der Beschwerdeführer
grundsätzlich über eine Ausbildung verfügt und mehrere Jahre
Berufserfahrung vorzuweisen hat, dürfte es ihm angesichts der für
Binnenflüchtlinge in Serbien ungünstigen Wirtschaftslage unter
Umständen nicht gelingen, eine Anstellung zu finden, die es ihm
ermöglichen würde, für seine fünfköpfige Familie zu sorgen. Die
Beschwerdeführerin schloss die Grundschule ab; die Mittelschule
beendete sie nach einem Jahr zufolge Heirat. Sie war nie erwerbstätig
(vgl. A17 F50 ff.). Da die Beschwerdeführerin somit über keinerlei
Ausbildung oder Berufserfahrung verfügt wird es für sie kaum möglich
sein, eine Anstellung zu finden. Aufgrund der Angaben der
Beschwerdeführenden ist zu schliessen, dass sie zwar in Serbien über
ein gewisses verwandtschaftliches Beziehungsnetz verfügen; allerdings
kann aufgrund der aktenkundigen Lebensumstände der in G._______
lebenden Tante und des in H._______ wohnhaften Grossvaters des
Beschwerdeführers sowie des in Belgrad lebenden Onkels der
Beschwerdeführerin nicht davon ausgegangen werden, dass diese in der
Lage wären, eine fünfköpfige Familie bei sich aufzunehmen und/oder
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diese finanziell zu unterstützen. So gab der Beschwerdeführer anlässlich
der Anhörung zu den Asylgründen zu Protokoll, er könne nicht zu seiner
Tante in Serbien, da in ihrem Haus neben ihr und ihrem Mann noch zwei
Brüder mit ihren Familien lebten. Sie hätten ein schweres Leben. Auch in
Belgrad oder anderen Orten in Serbien gäbe es niemanden, der ihn (den
Beschwerdeführer) aufnehmen wolle. Die Verwandten, die nach Belgrad
gezogen seien, lebten dort unter erschreckenden Bedingungen (vgl. A18
F42 f.). Es kann mithin nicht angenommen werden, dass die
Beschwerdeführenden in Serbien über ein wirklich tragfähiges
verwandtschaftliches Beziehungsnetz verfügen. Angesichts der
Ungewissheit der wirtschaftlichen Existenz muss überdies mit einem
Risiko gerechnet werden, dass im Falle eines Vollzugs der Wegweisung
nach Serbien auch das Kindeswohl der drei 11 bis bald 8jährigen Kinder,
welche sich seit dreieinhalb Jahren in der Schweiz befinden und hier
eingeschult worden sind, tangiert werden könnte. Im Ergebnis besteht
somit für die Beschwerdeführenden keine zumutbare
Aufenthaltsalternative in Serbien.
6.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass sich bei Berücksichtigung aller
wesentlichen Umstände und insbesondere auch im Lichte der
Kinderrechtskonvention der Vollzug der Wegweisung der
Beschwerdeführenden im vorliegenden Einzelfall als unzumutbar im
Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG erweist. Nachdem sich aus den Akten
keine Hinweise auf das Vorliegen von Ausschlussgründen im Sinne von
Art. 83 Abs. 7 AuG ergeben, sind die Voraussetzungen für die Anordnung
der vorläufigen Aufnahme erfüllt.
7.
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten gutzuheissen. Die Ziffern 4 und
5 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung des BFM vom
22. Juni 2009 sind aufzuheben und die Vorinstanz ist anzuweisen, die
Beschwerdeführenden in der Schweiz vorläufig aufzunehmen.
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art.
63 Abs. 1 VwVG). Der von den Beschwerdeführenden am 13. März 2009
geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600. ist ihnen vom
Gericht zurückzuerstatten.
9.
Auf die Zusprechung einer Parteientschädigung ist zu verzichten, zumal
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nicht davon auszugehen ist, dass den nicht vertretenen
Beschwerdeführenden aus der Einreichung der Beschwerde
verhältnismässig hohe Kosten erwachsen sind (Art. 64 Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.
2.
Die Ziffern 4 und 5 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung vom
4. Februar 2009 werden aufgehoben. Das BFM wird angewiesen, die
Beschwerdeführenden in der Schweiz vorläufig aufzunehmen.
3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der am 13. März 2009
geleistete Kostenvorschuss wird den Beschwerdeführenden vom Gericht
zurückerstattet.
4.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das BFM und die
zuständige kantonale Behörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Regula Schenker Senn Aglaja Schinzel
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