E-125/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl
Karar Dilini Çevir:
E-125/2009 - Abteilung V - Asyl und Wegweisung - Asyl
Abtei lung V
E-125/2009/ame
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 2 . M ä r z 2 0 1 0
Einzelrichter Kurt Gysi,
mit Zustimmung von Richter Hans Schürch;
Gerichtsschreiber Christoph Berger.
A._______, geboren _______,
Kosovo,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Vollzug der Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 9. Dezember 2008 / N (...).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
E-125/2009
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer, ein ethnischer Serbe mit letztem Wohnsitz
in (...), Gemeinde (...) (Kosovo), den Kosovo eigenen Angaben zufolge
am 5. Mai 2008 verliess und am 7. Mai 2008 in der Schweiz um Asyl
nachsuchte,
dass er anlässlich der Kurzbefragung im Empfangs- und Verfahrens-
zentrum Kreuzlingen vom 13. Mai 2008 sowie der direkten Anhörung
vom 26. Mai 2008 zur Begründung des Asylgesuchs im Wesentlichen
geltend machte, im Jahre 2004 sei sein Vater bei Unruhen von Alba-
nern mit Steinen beworfen und er selber sei regelmässig durch Alba-
ner bedroht und beschimpft sowie zweimal ebenfalls mit Steinen be-
worfen worden,
dass er einmal beim Einkaufen von zwei ihm unbekannten Albanern
verprügelt worden sei,
dass er sich in seiner Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt ge-
fühlt habe,
dass er von Albanern mittels Gesten mit dem Tod bedroht worden sei,
dass er vor diesem Hintergrund den Kosovo verlassen habe,
dass bezüglich der Vorbringen im Einzelnen auf die Akten zu verwei-
sen ist,
dass das BFM mit Verfügung vom 9. Dezember 2008 feststellte, der
Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, das Asylge-
such ablehnte, die Wegweisung aus der Schweiz verfügte und den
Vollzug der Wegweisung anordnete,
dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, die
internationalen Sicherheitskräfte sowie der Kosovo Police Service
(KPS), in dem auch Angehörige der serbischen Minderheit dienten,
garantierten die Sicherheit und den Schutz der im Kosovo ansässigen
Minderheiten,
dass auch die Strafgerichtsbarkeit und der Strafvollzug grösstenteils
funktionierten,
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dass die Sicherheitskräfte regelmässig intervenierten und Übergriffe
und Straftaten gegen Angehörige von Minderheiten geahndet würden,
weshalb die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Übergriffe auf-
grund eines adäquaten Schutzes durch den Heimatstaat vorliegend
asylrechtlich nicht relevant seien,
dass zudem für Serben im Norden Kosovos eine innerstaatliche
Fluchtalternative bestehe,
dass die Vorbringen des Beschwerdeführers somit den Anforderungen
an die Flüchtlingseigenschaft nicht standhalten würden,
dass das BFM in der angefochtenen Verfügung im Rahmen der Prü-
fung der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges zur Einschätzung
gelangt, eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers könne auf-
grund der ethnischen Zugehörigkeit in der Gemeinde (...) nicht ausge-
schlossen werden, jedoch bestünde für ihn im Norden Kosovos eine
innerstaatliche Aufenthaltsalternative und er erfülle die Vorausset-
zungen, um sich dort eine neue Existenz aufbauen zu können,
dass ferner für Serben grundsätzlich auch eine Aufenthaltsalternative
in Serbien bestehe,
dass der Kosovo gemäss der serbischen Verfassung von 2006 integra-
ler Bestandteil Serbiens sei, weshalb Kosovo-Serben auch nach der
Unabhängigkeit Kosovos vom serbischen Staat als serbische Staats-
angehörige betrachtet würden, auf den diplomatischen Vertretungen
Serbiens in der Schweiz serbische Reisepapiere erhalten würden und
nach Serbien einreisen könnten,
dass er in Serbien eine Aufenthaltsalternative zumutbarerweise in An-
spruch nehmen könne,
dass der Vollzug der Wegweisung auch durchführbar sei,
dass bezüglich der weiteren Ausführungen des BFM auf die angefoch-
tene Verfügung verwiesen werden kann,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 8. Januar 2009 gegen
diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob
und dabei beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und
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er sei infolge Unzumutbarkeit sowie Unzulässigkeit des Wegweisungs-
vollzuges vorläufig aufzunehmen,
dass er in verfahrensrechtlicher Hinsicht um Gewährung der unentgelt-
lichen Rechtspflege, um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvor-
schusses und um Ausrichtung einer angemessenen Parteientschädi-
gung ersuchte,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 17. Januar 2009 (Post-
stempel) eine Bestätigung seiner Fürsorgeabhängigkeit vom 14. Janu-
ar 2009 zu den Akten reichte,
dass das Bundesverwaltungsgericht mit Verfügung vom 21. Januar
2009 das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und um Verzicht auf
die Erhebung eines Kostenvorschusses abwies und den Beschwerde-
führer aufforderte, innert Frist einen Kostenvorschuss einzubezahlen,
dass der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss innert Frist vollum-
fänglich leistete,
und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls end-
gültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 des Bundes-
gesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren
[VwVG, SR 172.021]) des BFM entscheidet (Art. 105 des Asylgesetzes
vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31] i.V.m. Art. 31-33 des Ver-
waltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32];
Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
[BGG, SR 173.110]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung be-
sonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung
beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Be-
schwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48
Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde zu
Recht eingetreten wurde (Art. 108 Abs. 1 AsylG sowie Art. 105 i.V.m.
Art. 37 VGG und Art. 52 VwVG),
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dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass sich vorliegend die Rechtsmitteleingabe ausschliesslich gegen
den von der Vorinstanz angeordneten Vollzug der Wegweisung richtet,
dass die Dispositivziffern 1 (Flüchtlingeigenschaft), 2 (Ablehnung des
Asylgesuchs) und 3 (Wegweisung) der angefochtenen Verfügung
mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind,
dass demnach als Gegenstand des vorliegenden Verfahrens zu prüfen
ist, ob rechtlich relevante Hindernisse einem Vollzug der Wegweisung
entgegenstehen und deshalb anstelle des Vollzugs eine vorläufige Auf-
nahme anzuordnen sei,
dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetz-
lichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern
regelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zu-
mutbar oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen
und Ausländer [AuG, SR 142.20]),
dass bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen
gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und seiner
Vorgängerorganisation ARK der gleiche Beweisstandard wie bei der
Flüchtlingseigenschaft gilt, dass heisst, sie sind zu beweisen, wenn
der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu
machen (vgl. WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser,
Ausländerrecht, 2. Auflage, Basel 2009, Rz. 11.148),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtli-
che Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
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28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK,
SR 0.142.30]),
dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger Kosovos ist, was aus
der von ihm eingereichten, von der UNMIK am 18. Juni 2004 ausge-
stellten Identitätskarte hervorgeht,
dass der Beschwerdeführer gemäss dem Gesetz (Nr. 135/04) vom
21. Dezember 2004 zudem die serbische Staatsangehörigkeit besitzt,
da er Sohn serbischer Staatsangehöriger ist und auf dem (ehemali-
gen) Staatsgebiet der Republik Serbien geboren wurde,
dass die Republik Kosovo Angehörigen anderer Staaten die kosovari-
sche Staatsangehörigkeit weder aberkennt noch verweigert, Serbien
die Republik Kosovo nicht als Staat anerkennt und damit die Staatsan-
gehörigen des Kosovos grundsätzlich als serbische Staatsangehörige
betrachtet,
dass der Beschwerdeführer sich demnach nach Serbien begeben
kann, wo er aufgrund der Niederlassungsfreiheit Wohnsitz nehmen
kann,
dass der Vollzug der Wegweisung nach Serbien vorliegend in Beach-
tung dieser massgeblichen völker- und landesrechtlichen Bestim-
mungen zulässig ist, da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist,
eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft
zu machen, weshalb das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flücht-
lingsrechtlichen Non-Refoulements im vorliegenden Verfahren keine
Anwendung findet und keine Anhaltspunkte für eine menschenrechts-
widrige Behandlung im Sinne von Art. 3 der Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950
(EMRK, SR 0.101) ersichtlich sind, die ihm in Serbien droht,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumut-
bar erweist, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von
Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizi-
nischer Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass weder die allgemeine Lage in Serbien noch individuelle Gründe
auf eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer
dortigen Niederlassung schliessen lassen,
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dass der Vollzug der Wegweisung nach Serbien von ethnischen Ser-
ben mit letztem Wohnsitz in Kosovo grundsätzlich zumutbar ist,
dass insbesondere mit der Vorinstanz einig zu gehen ist, wonach für
den Beschwerdeführer in Serbien grundsätzlich eine Aufenthaltsalter-
native bestehe, Serben aus dem Kosovo auch nach der Unabhängig-
keit von serbischer Seite als serbische Staatsangehörige betrachtet
werden und die entsprechende Inanspruchnahme für ihn auch zumut-
bar sei,
dass die diesbezügliche Entgegnung in der Rechtsmitteleingabe, eine
Aufenthaltsalternative in Serbien sei für ihn nicht zumutbar, da es of-
fensichtlich sei, dass er bei einer Rückkehr nach Serbien in seiner
Existenz gefährdet wäre, nicht geeignet ist, an dieser Beurteilung et-
was zu ändern,
dass mit der Vorinstanz festzustellen ist, dass es sich beim Beschwer-
deführer um einen jungen, gesunden Mann handelt und zudem zu be-
rücksichtigen gilt, dass er mit Mittelschulabschluss medizinischer Aus-
richtung seit dem September 2006 bis zu seiner Ausreise im südserbi-
schen (...) an der Fachhochschule in (...) Richtung studiert hat,
dass es ihm unter diesen Umständen zuzumuten ist, sich ausserhalb
Kosovos in seinem Heimatstaat eine neue Existenz aufzubauen,
dass der Vollzug der Wegweisung demnach auch unter individuellen
Gesichtspunkten nicht als unzumutbar zu beurteilen ist,
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nach Serbi-
en schliesslich möglich ist (Art. 83 Abs. 2 AuG),
dass es dem Beschwerdeführer demnach nicht gelungen ist darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt
oder unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde ab-
zuweisen ist,
dass sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erwies, über
die in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten
Richters mit summarischer Begründung zu entscheiden ist (Art. 111
Bst. e AsylG; Art. 111a Abs. 2 AsylG),
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dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.--
(Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und
Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63
Abs. 1 VwVG), die Verfahrenskosten mit dem geleisteten Kostenvor-
schuss gedeckt und mit diesem zu verrechnen sind.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von
Fr. 600.- verrechnet.
3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die
kantonale Ausländerbehörde.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Christoph Berger
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