D-8426/2015 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dubl...
Karar Dilini Çevir:
D-8426/2015 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dubl...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung IV
D-8426/2015



Ur t e i l vom 6 . J anua r 2 0 1 6
Besetzung
Einzelrichter Thomas Wespi,
mit Zustimmung von Richterin Gabriela Freihofer;
Gerichtsschreiberin Regula Frey,


Parteien

A._______, geboren am (…),
alias B._______, geboren am (…),
Sri Lanka,
vertreten durch Moreno Casasola, Freiplatzaktion Basel,
Asyl und Integration, (…),
Beschwerdeführer,



gegen


Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung
(Dublin-Verfahren);
Verfügung des SEM vom 17. Dezember 2015 / N (…)


D-8426/2015
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Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer am 1. Juli 2015 in der Schweiz um Asyl
nachsuchte,
dass das SEM mit Verfügung vom 17. Dezember 2015 – eröffnet am
22. Dezember 2015 – in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG (SR
142.31) auf das Asylgesuch nicht eintrat, die Wegweisung aus der Schweiz
nach Italien anordnete und den Beschwerdeführer aufforderte, die Schweiz
spätestens am Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist zu verlassen,
dass es gleichzeitig feststellte, einer allfälligen Beschwerde gegen den Ent-
scheid komme keine aufschiebende Wirkung zu, und die Aushändigung
der editionspflichtigen Akten gemäss Aktenverzeichnis an den
Beschwerdeführer verfügte,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 28. Dezember 2015 (Post-
stempel) gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerde erhob und dabei beantragte, es sei der Entscheid der Vorinstanz
vom 17. Dezember 2015 aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf
das Asylgesuch einzutreten und das Asylverfahren in der Schweiz durch-
zuführen, eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die
Angelegenheit zu weiteren Sachverhaltsabklärungen an die Vorinstanz zu-
rückzuweisen, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewäh-
ren und der Vollzug der Wegweisung sei zu sistieren,
dass die Vorinstanz und die Vollzugsbehörden des Kantons J._______ mit-
tels vorsorglicher Massnahmen unverzüglich anzuweisen seien, bis zum
Entscheid über die Beschwerde von jeglichen Vollzugshandlungen abzu-
sehen,
dass die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren, insbesondere auf
die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten sei,
dass die vorinstanzlichen Akten am 30. Dezember 2015 beim Bundesver-
waltungsgericht eintrafen,


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und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls – in der Re-
gel und auch vorliegend – endgültig über Beschwerden gegen Verfügun-
gen (Art. 5 VwVG) des SEM entscheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31‒33
VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenom-
men hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Ände-
rung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105
AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzu-
treten ist (Art. 108 Abs. 2 und Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 52
Abs. 1 VwVG),
dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG richtet,
soweit das VGG und das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG
und Art. 6 AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher
Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise ei-
ner zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich,
wie nachfolgend aufgezeigt wird, um eine solche handelt, weshalb das Ur-
teil nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG auf einen Schriftenwechsel ver-
zichtet wurde,
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich
Missbrauch und Überschreiten des Ermessens) sowie die unrichtige und
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt
werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),
dass auf Asylgesuche in der Regel nicht eingetreten wird, wenn Asylsu-
chende in einen Drittstaat ausreisen können, der für die Durchführung des
Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 31a
Abs. 1 Bst. b AsylG),
dass diesbezüglich die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien
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und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung ei-
nes von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mit-
gliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist
(nachfolgend: Dublin-III-VO), zur Anwendung kommt,
dass gemäss Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO jeder Asylantrag von einem einzi-
gen Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III
(Art. 8–15 Dublin-III-VO) als zuständiger Staat bestimmt wird (vgl. auch
Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO),
dass das SEM die italienischen Behörden am 4. August 2015 gestützt auf
Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO um Übernahme des Beschwerdeführers er-
suchte,
dass die italienischen Behörden das Übernahmeersuchen innert der in
Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO vorgesehenen Frist unbeantwortet liessen, wo-
mit sie die Zuständigkeit Italiens implizit anerkannten,
dass bei dieser Sachlage die Zuständigkeit Italiens grundsätzlich gegeben
ist,
dass auf Beschwerdeebene im Wesentlichen gerügt wird, die Abklärungen
der Vorinstanz bezüglich der Zuständigkeit Italiens würden lediglich auf
mangelhaften Indizien basieren und seien deshalb unzureichend, zweifel-
haft und folglich unzulässig,
dass die Vorinstanz im Übernahmegesuch ohne Grundlage behauptet
habe, der Beschwerdeführer sei am 29. Juni 2015 in Italien illegal einge-
reist, indessen habe das Abklärungsergebnis vom 3. Dezember 2015 er-
geben, dass er bereits am 22. Juni 2015 in Italien eingereist sei,
dass er sodann gesundheitliche Probleme geltend macht und unter Hin-
weis auf ein Schreiben von Dr. med. C._______ der D._______ (datiert
vom 24. Dezember 2015) vorbringt, unter den Auswirkungen und Folgen
einer E._______ zu leiden, weshalb er derzeit in F._______ Behandlung
sei,
dass sodann sein Bruder sowie sein Onkel in der Schweiz lebten und es
für seinen Genesungsprozess von essentieller Bedeutung sei, bei seiner
Familie zu sein, welche ihm unterstützend zur Seite stehen könne,
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dass die Rüge des Beschwerdeführers, wonach die Abklärungen der Vor-
instanz bezüglich der Zuständigkeit Italiens auf mangelhaften Indizien be-
ziehungsweise verfälschten Angaben – so habe die Vorinstanz im Über-
nahmeersuchen ohne Grundlage behauptet, der Beschwerdeführer sei am
29. Juni 2015 in Italien illegal eingereist (vgl. Beschwerde Ziff. 14, S. 9) –
basieren würden, nicht gehört werden kann,
dass nämlich eine Überprüfung der vorinstanzlichen Akten ergibt, dass bei
den vorgenommenen Abklärungsmassnahmen zur Zuständigkeitsprüfung
keine Unstimmigkeiten zu erkennen sind,
dass der Beschwerdeführer nämlich explizit erklärte, Sri Lanka am 29. Juni
2015 auf dem Luftweg verlassen zu haben, seine Reise von einem ihm
unbekannten Land aus in ein weiteres unbekanntes Land fortgesetzt zu
haben und am 1. Juli 2015 auf dem Landweg in die Schweiz gelangt zu
sein (vgl. A 3/10 S. 5),
dass das SEM sodann richtigerweise im Aufnahmeersuchen den 29. Juni
2015 als Ausreisetag aus Sri Lanka vermerkte (entgegen der aktenwidri-
gen Behauptung des Beschwerdeführers, wonach das SEM bar jeder
Grundlage den 29. Juni 2015 als Einreisedatum in Italien aufgeführt habe),
dass sich sodann die weitere Rüge, wonach das Aufnahmeersuchen man-
gelhaft sei, weil die Vorinstanz im Zeitpunkt des Übernahmegesuchs an
Italien über keinerlei konkrete und zielgerichtete Hinweise verfügt habe,
welche ein Übernahmegesuch an Italien gerechtfertigt hätten, als ebenfalls
haltlos erweist,
dass nämlich ein ersuchter Mitgliedstaat seine Zuständigkeit anerkennt,
wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind,
um die Zuständigkeit zu begründen (vgl. Art. 22 Abs. 5 Dublin-III-VO),
dass die Vorinstanz das Aufnahmegesuch mit den von ihr gesammelten
Indizien begründete,
dass sie im Aufnahmegesuch sowohl die vom Beschwerdeführer geschil-
derte Ausreise aus Sri Lanka mit den unbekannten Zwischendestinationen
aufführte als auch vermerkte "Taking into account the well-known travel
route for the Sri Lankan facilitators, we presume that he entered the Dublin
territory illegally (with forged passport) in Italy",
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dass die vorinstanzlichen Angaben in Ziffer 23 des Aufnahmegesuchs in
Zusammenhang mit der erwähnten schriftlichen Begründung zu sehen und
somit nicht zu beanstanden sind,
dass der Hinweis der Vorinstanz auf die mutmassliche Zuständigkeit eines
anderen Mitgliedstaates, nämlich dass aufgrund der bekannten Migrations-
ströme und Schleppertätigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ei-
nes Zwischenstopps des Beschwerdeführers in Italien bestehe, als rechts-
genügliches Indiz im Sinne von Dublin-VO-III Anhang II Verzeichnis B Art. 7
("sonstige Indizien gleicher Art") zu qualifizieren ist,
dass dieses Indiz durch die nachträglich erhaltene Auskunft, wonach der
Beschwerdeführer am 22. Juni 2015 bei der Einreise in Italien am Flugha-
fen K._______ registriert worden sei, bestätigt wurde,
dass dieses Abklärungsergebnis vom Beschwerdeführer nicht bestritten
wird,
dass es dem SEM zudem unbenommen war und ist, nach erfolgtem Ge-
such um Auf- oder Wiederaufnahme weitere sachdienliche Abklärungen
vorzunehmen,
dass die in casu von der Vorinstanz aufgeführten Indizien den Anforderun-
gen an Art. 22 Abs. 5 Dublin-III-VO genügen, zumal sie kohärent, nachprüf-
bar und hinreichend detailliert sind, um die Zuständigkeit zu begründen,
dass es überdies den italienischen Behörden oblag, die Vermutung des
SEM, wonach der Beschwerdeführer über Italien in die Schweiz eingereist
sei, durch eine eigene Prüfung zu widerlegen (vgl. Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-
VO),
dass die Unterstellung, die Vorinstanz ersuche im Zweifelsfall denjenigen
Staat um Übernahme, von welchem sie wisse, dass er mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht antworten werde, haltlos ist, da Italien
in einer Vielzahl von Fällen ausdrücklich seine Zuständigkeit verneint, falls
die entsprechenden Voraussetzungen für eine Auf- oder Wiederaufnahme
nicht erfüllt sind,
dass nach dem Gesagten das von der Vorinstanz erstellte Aufnahmege-
such – entgegen den diesbezüglichen Rügen auf Beschwerdeebene – den
Anforderungen an ein begründetes Aufnahmegesuch im Sinne der Dublin-
III-VO entspricht,
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dass der Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen zudem die Anwendung
von Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO fordert,
dass jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO be-
schliessen kann, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder
Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch
wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die
Prüfung zuständig ist (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO),
dass dieses sogenannte Selbsteintrittsrecht im Landesrecht durch Art. 29a
Abs. 3 der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1, SR 142.311)
konkretisiert wird und das SEM das Asylgesuch gemäss dieser Bestim-
mung "aus humanitären Gründen" auch dann behandeln kann, wenn dafür
gemäss Dublin-III-VO ein anderer Staat zuständig wäre,
dass es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, das Asylverfah-
ren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Italien würden sys-
temische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschli-
chen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364/1 vom 18.12.2000; EU-
Grundrechtecharta) mit sich bringen,
dass vorab festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer den zuständigen
Mitgliedstaat, in welchem er das Asylverfahren durchlaufen möchte, nicht
selber wählen kann (vgl. BVGE 2010/45 E. 8.3),
dass Italien Signatarstaat der EMRK, des Übereinkommens vom 10. De-
zember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder er-
niedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und des Abkommens
vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK,
SR 0.142.30) sowie des Zusatzprotokolls der FK vom 31. Januar 1967
(SR 0.142.301) ist und Italien seinen diesbezüglichen völkerrechtlichen
Verpflichtungen nachkommt,
dass im Weiteren davon ausgegangen werden darf, Italien anerkenne und
schütze die Rechte, die sich für Schutzsuchende aus den Richtlinien des
Europäischen Parlaments und des Rates 2013/32/EU vom 26. Juni 2013
zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des in-
ternationalen Schutzes (sogenannte Verfahrensrichtlinie) sowie
2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Auf-
nahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (sogenannte
Aufnahmerichtlinie) ergeben,
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dass es aus Sicht der Schweiz keine wesentlichen Gründe für die Annahme
gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragstel-
ler in Italien systemische Schwachstellen aufweisen würden, die eine Ge-
fahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von
Art. 4 EU-Grundrechtecharta mit sich bringen,
dass Asylsuchende in Italien zwar bei der Unterkunft, der Arbeit und dem
Zugang zur medizinischen Infrastruktur Schwierigkeiten ausgesetzt sein
können, die ersichtlichen Schwierigkeiten nach Auffassung des Bundes-
verwaltungsgerichts jedoch nicht als generell untragbar erscheinen,
dass auch mit Einreichung des ärztlichen Berichts von Dr. med. C._______
(datiert vom 24. Dezember 2015), wonach der Beschwerdeführer an einer
E._______ leide und nebst einer entsprechenden Medikation eine
G._______ Behandlung indiziert sei, die grundsätzliche Zuständigkeit Itali-
ens nicht widerlegt wird, da aus diesem Bericht nicht zu schliessen ist, die
Überstellung nach Italien setze ihn einer Gefahr für die Gesundheit aus und
verletze damit Art. 3 EMRK,
dass eine zwangsweise Rückweisung von Personen mit gesundheitlichen
Problemen nur dann einen Verstoss gegen Art. 3 EMRK darstellen kann,
wenn die betroffene Person sich in einem fortgeschrittenen oder terminalen
Krankheitsstadium und bereits in Todesnähe befindet (vgl. Urteile des Eu-
ropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR] N. gegen Vereinig-
tes Königreich vom 27. Mai 2008, 26565/05; A.S. gegen Schweiz vom
30. Juni 2015, 39350/13; BVGE 2011/9 E. 7, 2009/2 E. 9.1.3), was in casu
nicht der Fall ist,
dass Italien im Übrigen über eine ausreichende medizinische Infrastruktur
verfügt und auch davon ausgegangen werden darf, dass ihm der Zugang
zu einer allenfalls notwendigen medizinischen Versorgung möglich ist,
dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern ohnehin die erforderliche me-
dizinische Versorgung, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt
erforderliche Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Stö-
rungen umfasst, zugänglich machen müssen (Art. 19 Abs. 1 Aufnahme-
richtlinie), und den Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen die erfor-
derliche medizinische oder sonstige Hilfe (einschliesslich erforderlichen-
falls einer geeigneten psychiatrischen Betreuung) zu gewähren haben
(Art. 19 Abs. 2 Aufnahmerichtlinie),
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dass die schweizerischen Behörden, die mit dem Vollzug der angefochte-
nen Verfügung beauftragt sind, den medizinischen Umständen bei der Be-
stimmung der konkreten Modalitäten der Überstellung des Beschwerdefüh-
rers Rechnung tragen und die italienischen Behörden erforderlichenfalls
vorgängig in geeigneter Weise über die spezifischen medizinischen Um-
stände informieren werden (vgl. Art. 31 f. Dublin-III-VO),
dass der Beschwerdeführer sodann erklärte, sowohl sein Bruder als auch
ein Onkel lebten bereits seit L._______ Jahren in der Schweiz,
dass das SEM in zutreffender Weise anführte, dass der Beschwerdeführer
daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten könne, weil Geschwister und On-
kel nicht als Familienangehörige im Sinne von Art. 2 Bst. g Dublin-III-VO
gelten,
dass Art. 8 EMRK unter dem Aspekt von Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO zu
berücksichtigen ist, soweit eine tatsächlich gelebte Beziehung besteht, wo-
bei diesbezüglich als wesentliche Faktoren das gemeinsame Wohnen res-
pektive der gemeinsame Haushalt, die finanzielle Verflochtenheit, die
Länge und Stabilität der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung
der Partner aneinander zu berücksichtigen sind (vgl. GRABENWARTER/PA-
BEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 2012, S. 235 f.; MARK E.
VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 1999,
S. 365; Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR]
K. und T. gegen Finnland [Grosse Kammer] vom 12. Juli 2001, 25702/94,
§ 150),
dass in casu keine intakte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung vor-
liegt, zumal sich die beiden Verwandten des Beschwerdeführers gemäss
seinen eigenen Angaben bereits seit I._______ Jahren in der Schweiz be-
finden, weshalb es sich erübrigt, die weiteren Voraussetzungen der Anwen-
dung von Art. 8 EMRK zu prüfen,
dass deshalb nicht von einem in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fal-
lenden Familienleben gesprochen werden kann und demzufolge kein
Grund für die Anwendung der Ermessensklauseln von Art. 17 Dublin-III-VO
vorliegt,
dass dem SEM bei der Anwendung von Art. 29a Abs. 3 der Asylverord-
nung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1, SR 142.311) Ermessen zukommt
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(vgl. BVGE 2015/9) und den Akten keine Hinweise auf eine gesetzeswid-
rige Ermessensausübung (vgl. Art. 106 Abs. 1 Bst. a AsylG) durch die
Vorinstanz zu entnehmen sind,
dass unter diesen Umständen keinerlei Hindernisse, insbesondere auch
keine humanitären Gründe im Sinne von Art. 29a Abs. 3 AsylV 1, eine
Überstellung des Beschwerdeführers als unzulässig erscheinen lassen,
dass die weiteren Beschwerdevorbringen zu keiner anderen Beurteilung
zu führen vermögen, weshalb es sich erübrigt, näher darauf einzugehen,
dass der Nichteintretensentscheid in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b
AsylG zu bestätigen ist,
dass die Anordnung der Wegweisung nach Italien der Systematik des Dub-
lin-Verfahrens entspricht, im Einklang mit der Bestimmung von Art. 44
AsylG steht und ebenfalls zu bestätigen ist,
dass nach vorstehenden Erwägungen die eingereichte Beschwerde als of-
fensichtlich unbegründet abzuweisen ist,
dass mit dem vorliegenden Urteil in der Hauptsache die Gesuche um Ge-
währung der aufschiebenden Wirkung, um Anordnung vorsorglicher Mas-
snahmen und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ge-
genstandslos geworden sind,
dass das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um Gewährung der unent-
geltlichen Prozessführung abzuweisen ist, da die Begehren – wie sich aus
den vorstehenden Erwägungen ergibt – als aussichtslos zu bezeichnen
waren, weshalb die Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1 VwVG nicht erfüllt
sind,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.– (Art. 1‒
3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädi-
gungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).

(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinne
von Art. 65 Abs. 1 VwVG wird abgewiesen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.– werden dem Beschwerdeführer aufer-
legt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten
der Gerichtskasse zu überweisen.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale
Migrationsbehörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Thomas Wespi Regula Frey


Versand: