D-7200/2010 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Karar Dilini Çevir:
D-7200/2010 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Abtei lung IV
D-7200/2010
{T 0/2}
U r t e i l v o m 1 2 . O k t o b e r 2 0 1 0
Einzelrichter Thomas Wespi,
mit Zustimmung von Richter Fulvio Haefeli;
Gerichtsschreiber Stefan Weber.
A._______, geboren X._______,
alias A._______, geboren Y._______,
Algerien,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Ver-
fügung des BFM vom 1. Oktober 2010 / N_______.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-7200/2010
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,
dass der eigenen Angaben zufolge aus B._______, Provinz
C._______, stammende Beschwerdeführer seinen Heimatstaat im
August 2010 auf dem Seeweg verliess und über D._______ am
26. August 2010 in die Schweiz gelangte, wo er am 28. August 2010
im E._______ um Asyl nachsuchte und von wo er am 3. September
2010 ins F._______ transferiert wurde,
dass der Beschwerdeführer am 7. September 2010 im F._______ sum-
marisch zu seinen Asylgründen angehört und gleichentags eine
Knochenaltersbestimmung nach Greulich-Pyle vorgenommen wurde,
welche ein wahrscheinliches chronologisches Alter von 19 Jahren oder
mehr ergab,
dass dem Beschwerdeführer im F._______ am 21. September 2010 in
Anwesenheit der ihm zugewiesenen Vertrauensperson das rechtliche
Gehör zum Ergebnis der Knochenaltersbestimmung und zum Um-
stand, dass das BFM die angeführte Minderjährigkeit als nicht glaub-
haft erachte, gewährt wurde,
dass das BFM den Beschwerdeführer ebenfalls am 21. September
2010 direkt anhörte und dieser zur Begründung seines Asylgesuchs im
Wesentlichen geltend machte, nie einen Pass besessen und die ihm
im Z._______ ausgestellte Identitätskarte aus Wut zwei Monate nach
deren Ausstellung zerrissen zu haben,
dass er Ende (...) bis Ende (...) bei einem Nachbar namens G._______
eine (...) gemacht und dieser wiederholt – so insbesondere in diesem
Jahr – versucht habe, ihn zu vergewaltigen,
dass bis kurz vor seiner Ausreise niemand von diesen Übergriffen ge-
wusst und er aus Scham und Angst weder seine Familienangehörigen
noch die Polizei darüber informiert habe,
dass H._______, ein Freund eines anderen Nachbarn, eines Tages
gesehen habe, wie er sich – aus Wut und Verzweiflung über seine
Situation – mit einer Glasscherbe am Bauch vorsätzlich eine
Verletzung zugefügt habe, und er (der Beschwerdeführer) daraufhin
auf das ständige Nachfragen von H._______ diesem seine Situation
geschildert habe,
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dass ihm H._______ zur Ausreise aus Algerien verholfen habe,
dass der Beschwerdeführer am 27. September 2010 eine Geburtsur-
kunde zu den Akten reichte,
dass das BFM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers in Anwen-
dung von Art. 32 Abs. 2 Bst. a des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998
(AsylG, SR 142.31) mit Verfügung vom 1. Oktober 2010 – gleichentags
eröffnet – nicht eintrat und die Wegweisung aus der Schweiz sowie
den Vollzug anordnete,
dass das BFM zur Begründung im Wesentlichen anführte, es lägen
keine entschuldbaren Gründe vor, die es dem Beschwerdeführer ver-
unmöglichten, Reise- oder Identitätspapiere einzureichen,
dass das Fehlen jeglichen nachvollziehbaren Bemühens, die Identität
durch rechtsgenügliche, authentische Papiere zu belegen, den
Schluss zulasse, der Beschwerdeführer sei nicht bereit, solche Aus-
weispapiere vorzulegen,
dass die Vorbringen zu den Reiseumständen realitätsfremd und der
allgemeinen Erfahrung widersprechend ausgefallen seien und das
Aussageverhalten des Beschwerdeführers vermuten lasse, er beab-
sichtige, sowohl die wahren Umstände seines Reiseweges als auch
die tatsächlich verwendeten Reisepapiere zu verheimlichen,
dass aufgrund der pflichtwidrigen Nichtabgabe von entsprechenden
Dokumenten auch die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe,
dass in Anbetracht der Gesamtumstände (Knochenaltersbestimmung;
pflichtwidrige Nichtabgabe von Ausweisdokumenten; offensichtlich un-
zutreffende Angaben zum Reiseweg; Aussehen, das nicht einem [...]
-Jährigen entspreche) der Schluss gezogen werden müsse, dass es
sich beim Beschwerdeführer um eine volljährige Person handle, die
ihre wahre Identität gegenüber den Schweizer Behörden zu verheimli-
chen suche,
dass er zudem die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 und 7 AsylG
nicht erfülle und aufgrund der Aktenlage keine zusätzlichen Abklärun-
gen zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder eines Wegwei-
sungsvollzugshindernisses erforderlich seien,
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dass die Ausführungen des Beschwerdeführers allgemein unverbind-
lich, plakativ, widersprüchlich und keine Realkennzeichen enthaltend
seien, weshalb die von ihm genannten Asylgründe nicht geglaubt wer-
den könnten,
dass somit Hinweise bestünden, der Beschwerdeführer stütze sich auf
einen konstruierten Sachverhalt und nicht auf tatsächlich Erlebtes,
dass es sich bei den geschilderten Problemen – selbst wenn sie ge-
glaubt werden könnten – um asylirrelevante Übergriffe privater Dritter
handle, zumal der Beschwerdeführer die als schutzwillig und schutz-
fähig zu erachtenden algerischen Behörden um Schutz hätte ersuchen
können, er aber freiwillig auf staatlichen Schutz verzichtet habe,
dass ferner von einer innerstaatlichen Aufenthaltsalternative auszu-
gehen sei und die diesbezüglichen Einwände des Beschwerdeführers
nicht gehört werden könnten,
dass der Wegweisungsvollzug in den Heimatstaat durchführbar sei,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 5. Oktober 2010 (Post-
stempel) gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerde erhob und um nochmalige Prüfung seines Asylgesuches
sowie um Gewährung von Asyl ersuchte,
dass die vorinstanzlichen Akten am 8. Oktober 2010 vollständig beim
Bundesverwaltungsgericht eintrafen (Art. 109 Abs. 2 AsylG),
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgül-
tig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 des Bundesgesetzes
vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR
172.021]) des BFM entscheidet (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 - 33 des
Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32];
Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
[BGG, SR 173.119]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung beson-
ders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung be-
ziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Be-
schwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48
Abs. 1 VwVG),
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dass sich namentlich aus den Verfahrensakten keine Anhaltspunkte er -
geben, welche zu Zweifeln an der Urteilsfähigkeit des nach eigenen
Angaben am Y._______ geborenen Beschwerdeführers Anlass geben
würden, weshalb er unter diesen Umständen, ungeachtet einer
allfälligen Glaubhaftigkeit seiner geltend gemachten Minderjährigkeit,
als prozessfähig zu erachten ist,
dass somit auf seine frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde
einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG; Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37
VGG und Art. 52 VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e
AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine
solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schrif-
tenwechsel verzichtet wurde,
dass die Beurteilung von Beschwerden gegen Nichteintretensentschei-
de auf die Überprüfung der Frage beschränkt ist, ob die Vorinstanz zu
Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,
dass deshalb bei Begründetheit der Beschwerde die angefochtene
Verfügung aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen ist (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen
der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2004 Nr. 34
E. 2.1 S. 240 f.),
dass bei dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Nichteintretenstat-
bestand von Art. 32 Abs. 2 Bst. a und Abs. 3 AsylG, auf welchen sich
die hier angefochtene Verfügung stützt, die Besonderheit besteht, dass
das BFM im Rahmen einer summarischen Prüfung das offenkundige
Nichterfüllen der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG und
das offenkundige Fehlen von Wegweisungsvollzugshindernissen zu
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beurteilen hat (vgl. Art. 32 Abs. 3 Bstn. b und c AsylG), weshalb inso-
weit bei dagegen erhobenen Beschwerden auch die Flüchtlingseigen-
schaft Prozessgegenstand bildet (vgl. BVGE 2007/8 E. 2.1 S. 73),
dass in der Frage der Wegweisung und deren Vollzugs die Beurtei-
lungszuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nicht beschränkt
ist, weil das BFM sich diesbezüglich gemäss Art. 44 AsylG in Verbin-
dung mit Art. 83 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über
die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) auch materiell
zur Sache zu äussern hatte,
dass somit auf den Antrag auf Gewährung von Asyl nicht einzutreten
ist,
dass auf ein Asylgesuch nicht eingetreten wird, wenn Asylsuchende
den Behörden nicht innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung des
Gesuchs Reise- oder Identitätspapiere abgeben (Art. 32 Abs. 2 Bst. a
AsylG),
dass diese Bestimmung jedoch keine Anwendung findet, wenn Asylsu-
chende glaubhaft machen können, sie seien dazu aus entschuldbaren
Gründen nicht in der Lage (Art. 32 Abs. 3 Bst. a AsylG), oder wenn auf
Grund der Anhörung sowie gestützt auf Art. 3 und 7 AsylG die Flücht-
lingseigenschaft festgestellt wird (Art. 32 Abs. 3 Bst. b AsylG) oder
wenn sich auf Grund der Anhörung die Notwendigkeit zusätzlicher Ab-
klärungen zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder eines Voll-
zugshindernisses ergibt (Art. 32 Abs. 3 Bst. c AsylG),
dass der Beschwerdeführer innerhalb von 48 Stunden nach Einrei-
chung des Asylgesuches keine Identitäts- oder Reisepapiere im Sinne
von Art. 32 Abs. 2 Bst. a und Abs. 3 Bst. a AsylG abgab,
dass unter den Begriff der Reise- oder Identitätspapiere gemäss
Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG nur solche Dokumente und Ausweise fallen,
welche von den heimatlichen Behörden zum Zweck des Identitäts-
nachweises ausgestellt werden und grundsätzlich nur Reisepapiere (-
pässe) und Identitätskarten, nicht aber zu anderen Zwecken ausge-
stellte Dokumente wie Führerausweise, Berufs- und Schulausweise
sowie Geburtsurkunden diese Anforderungen erfüllen (vgl. BVGE
2007/7 E. 4-6),
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dass es sich bei der vom Beschwerdeführer am 27. September 2010
eingereichten Geburtsurkunde nicht um ein Identitäts- oder Reise-
papier im Sinne der mit BVGE 2007/7 begründeten Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts handelt,
dass vorliegend auch keine entschuldbaren Gründe für das Nichtein-
reichen von Dokumenten zu bejahen sind,
dass der Beschwerdeführer zur Begründung lediglich angab, keinerlei
Identitätsdokumente besessen respektive seine Identitätskarte im Juni
2010 zerrissen zu haben und nicht wisse, wie er nun Identitätsdoku-
mente beschaffen solle (vgl. act. A1/15, S. 5 f.),
dass er auf Vorhalt, ob es ihm nicht möglich sei, Kontakt mit seiner Fa-
milie aufzunehmen, anführte, er habe lediglich einen Geburtsschein
und er könne versuchen, diesen zu beschaffen, man müsse aber dafür
persönlich im Heimatland anwesend sein (vgl. act. A1/15, S. 6 unten),
dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Beschaffbarkeit von
Identitätsdokumenten somit in deutlicher Weise verneinte, solche be-
schaffen zu können oder dies auch nur zu wollen,
dass jedoch seine Ausführungen zum Fehlen von Identitätspapieren –
wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zu Recht erkannte –
eindeutige Rückschlüsse auf die in casu fehlende Bereitschaft des
Beschwerdeführers, solche Papiere den schweizerischen Asylbehör-
den einzureichen, zulässt, obwohl sich seinen Angaben zufolge eine
grosse Zahl von nahen Familienangehörigen an seinem Herkunftsort
aufhalte (vgl. act. A1/15, S. 3 f.), die ihm folglich bei der Beschaffung
von Identitätsdokumenten behilflich sein könnten,
dass sodann auch die Schilderungen des Beschwerdeführers zu den
Umständen seiner Ausreise aus dem Heimatstaat und zur Weiterreise
in die Schweiz als realitätsfremd zu erachten sind, weshalb zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die dementsprechenden vorins-
tanzlichen Erwägungen zu verweisen ist, zumal er diesen Ausführun-
gen des BFM in seiner Rechtsmitteleingabe nichts Konkretes entge-
genzusetzen vermag,
dass mithin mit den jeglicher Substanz entbehrenden Vorbringen für
das Fehlen von Dokumenten keine entschuldbaren Gründe im Sinne
des Gesetzes vorgetragen wurden, welche insbesondere dann anzu-
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nehmen wären, wenn spezifische Fluchtumstände im Vordergrund
stünden, die zum Verlust der Papiere geführt hätten oder die es nicht
erlaubt hätten, solche mitzunehmen,
dass der Beschwerdeführer mit seinem gesamten Aussageverhalten
den auch im Beschwerdeverfahren nicht widerlegten Eindruck vermit-
telt, er versuche, seine Identität und genaue Herkunft zu verschleiern,
und er keinesfalls – wie von der Vorinstanz zutreffend festgestellt –
glaubhaft darzulegen vermochte, er sei durch nicht selbst zu verant-
wortende Umstände an der unverzüglichen Einreichung von Reise-
oder Identitätspapieren im Sinne von Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG ge-
hindert worden (vgl. Art. 32 Abs. 3 Bst. a AsylG),
dass er ferner unbegründet liess, wie er respektive seine Fluchthelfer
eine Reise von Algerien über D._______ und mittels verschiedener
Verkehrsmittel ohne Reisepapiere organisierten und durchführten, was
die Unglaubhaftigkeit seiner Angaben über das Fehlen der Identitäts-
papiere untermauert,
dass die insgesamt substanzlosen Angaben des Beschwerdeführers
über den fehlenden Besitz von Identitätspapieren die Haltlosigkeit sei-
ner diesbezüglichen Angaben ebenso bestätigen wie die realitätsfrem-
den und detailarmen Angaben über die Reise in die Schweiz,
dass die Vorinstanz das Vorliegen entschuldbarer Gründe, die es dem
Beschwerdeführer verunmöglicht hätten, den Behörden innerhalb von
48 Stunden nach Einreichung des Asylgesuches Identitätsdokumente
einzureichen, zutreffend und mit hinreichender Begründung verneint
hat,
dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben am Y._______ ge-
boren wurde, somit nach dem massgebenden schweizerischen Recht
(vgl. EMARK 1994 Nr. 11 E. 4d S. 92) noch minderjährig wäre, und
mithin grundsätzlich den Normen des Übereinkommens vom 20. No-
vember 1989 über die Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107) unterliegen
würde,
dass die Vorinstanz aber zu Recht auf diesbezügliche Erwägungen
und allenfalls weitere Abklärungen im Heimatstaat des Beschwerde-
führers verzichten konnte, da sie zutreffend davon ausging, dass der
Beschwerdeführer die von ihm behauptete Minderjährigkeit nicht
glaubhaft machen konnte,
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dass gestützt auf die Praxis bei der Prüfung der Altersangaben einer
minderjährigen Person zunächst von allenfalls eingereichten Identitäts-
dokumenten auszugehen ist (vgl. EMARK 2004 Nr. 30 E. 6 ff.), vorlie -
gend der Beschwerdeführer jedoch – wie dargelegt – keine rechtsge-
nüglichen Identitätsdokumente einreichte,
dass bei Fehlen rechtsgenüglicher Identitätsausweise sodann auch auf
wissenschaftliche Methoden im Sinne von Art. 7 Abs. 1 AsylV 1, bei-
spielsweise die so genannte Knochenaltersanalyse abgestellt werden
kann, sofern sie bestimmten Kriterien entspricht (vgl. EMARK 2001
Nr. 23 E. 4),
dass die Vorinstanz ihre Ausführungen zum Alter des Beschwerdefüh-
rers nicht allein auf das Ergebnis einer Knochenaltersanalyse ab-
gestellt, sondern sich insbesondere mit seinen Vorbringen zur Frage
seines Alters und den Gesamtumständen auseinandergesetzt hat,
dass das BFM in der angefochtenen Verfügung insgesamt mit über-
zeugenden Argumenten dargelegt hat, weshalb den Angaben des Be-
schwerdeführers über sein Alter nicht geglaubt werden könne, und
sich bei seiner Beurteilung zutreffend auf die offenkundig unsubstanzi -
ierten und realitätsfremden Angaben – insbesondere sein Alter, den
Reiseweg sowie seine Identitätspapiere betreffend – gestützt hat,
dass die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er mit sechs Jah-
ren die Schule während fünf Jahren bis im Jahre W._______ besucht
habe (vgl. act. A1/15, S. 2 unten und S. 3 oben), in der Tat den Schluss
zulassen, dass er bereits viel früher als angegeben, mithin im Jahre
(...), zur Welt gekommen sein muss,
dass er im Widerspruch dazu anlässlich der direkten Anhörung angab,
ungefähr im Jahre V._______ die Schule beendet zu haben (vgl. act.
A13/12, S. 2), was zwar in zeitlicher Hinsicht auf das von ihm an-
gegebene Geburtsjahr (...) passen würde, er jedoch – im Gegensatz
zur Erstbefragung im F._______ – nur noch „ungefähr“ gewusst haben
will, wann er effektiv seine Schulzeit beendet haben soll,
dass dem eingereichten Geburtsschein ferner – wie die Vorinstanz in
zutreffender Weise erwog – ein anderes Geburtsdatum (U._______)
entnommen werden kann, als der Beschwerdeführer selber angab
(Y._______),
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dass gemäss gefestigter Praxis eine asylsuchende Person die objekti -
ve Beweislast für die behauptete Minderjährigkeit und die Folgen der
Beweislosigkeit trägt (vgl. EMARK 2001 Nrn. 22 und 23), und es dem
Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der Erwägungen nicht gelun-
gen ist, seine Minderjährigkeit glaubhaft zu machen,
dass sodann zu prüfen bleibt, ob das BFM aufgrund der Befragungen
zu Recht weder die Flüchtlingseigenschaft festgestellt noch zusätzli-
che Abklärungen zu deren Feststellung beziehungsweise derjenigen
von Wegweisungsvollzugshindernissen als erforderlich erachtet hat,
dass die Vorinstanz die Asylvorbringen des Beschwerdeführers zu
Recht weder als glaubhaft noch als asylrelevant qualifizierte, zumal
sich die Ausführungen zu den angeblichen Vergewaltigungsversuchen
als mit erheblichen Widersprüchen behaftet und als vage sowie sub-
stanzlos erweisen und es – selbst im Falle ihrer Glaubhaftmachung –
der Beschwerdeführer offensichtlich nicht für nötig erachtete, bei den
staatlichen Behörden um Schutz zu ersuchen, obwohl diese als
schutzfähig und schutzwillig zu erachten sind,
dass er zudem weder im vorinstanzlichen Verfahren noch auf Be-
schwerdeebene plausibel zu erklären vermag, weshalb es ihm nicht
möglich gewesen sei, den angeführten Übergriffen einer Privatperson
durch geeignete Verlegung seines Wohnsitzes innerhalb von Algerien
zu entgehen, respektive warum es G._______ möglich sein sollte, ihn
innerhalb Algeriens ohne weiteres zu finden,
dass der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe den vorins-
tanzlichen Einwänden nichts Substanzielles entgegenzuhalten ver-
mag, zumal der pauschale Einwand, er habe durchwegs die Wahrheit
gesagt und kleine Unstimmigkeiten auf mangelndes Erinnerungsver-
mögen, Unkenntnis, mangelnde Erfahrung und Reife zurückzuführen
seien, angesichts der realitätsfremden, substanzlosen und mit erheb-
lichen Widersprüchen in wesentlichen Sachverhaltselementen be-
hafteten Vorbringen in keiner Weise zu überzeugen vermag,
dass zur Vermeidung von Wiederholungen auch diesbezüglich auf die
zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid zu verweisen
ist,
dass gestützt auf die Aktenlage und die vorstehenden Erwägungen
das Nichtbestehen der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 und 7 AsylG
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– und wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen zum Vollzug der
Wegweisung ergibt – das Fehlen von Wegweisungsvollzugshindernis-
sen offenkundig erscheinen und sich aus den Akten keine Anhalts-
punkte für die Annahme ergeben, das BFM habe eine mehr als bloss
summarische materielle Prüfung vorgenommen oder zusätzliche Ab-
klärungen getroffen,
dass unter diesen Umständen von zusätzlichen Abklärungen im Sinne
von Art. 32 Abs. 3 Bst. c AsylG abgesehen werden konnte,
dass das BFM demnach zu Recht gestützt auf Art. 32 Abs. 2 Bst. a
i.V.m. Art. 32 Abs. 3 AsylG auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers
nicht eingetreten ist,
dass das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz zur Folge hat, vorliegend der Beschwerdeführer
weder eine Aufenthaltsbewilligung besitzt noch einen Anspruch auf Er-
teilung einer solchen hat, weshalb die verfügte Wegweisung im Ein-
klang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und zu bestätigen ist
(Art. 44 Abs. 1 AsylG, Art. 32 Bst. a der Asylverordnung 1 vom 11. Au-
gust 1999 über Verfahrensfragen [AsylV1, SR 142.311]; vgl. EMARK
2001 Nr. 21),
dass zu prüfen bleibt, ob es Gründe gibt, die dem Vollzug der Wegwei-
sung entgegenstehen, da im Fall eines unzulässigen, unzumutbaren
oder unmöglichen Vollzugs das Anwesenheitsverhältnis nach den Be-
stimmungen des AuG über die vorläufige Aufnahme zu regeln ist
(Art. 44 Abs. 2 AsylG),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrecht-
liche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat
entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK,
SR 0.142.30]),
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dass der Vollzug der Wegweisung nach Algerien in Beachtung dieser
massgeblichen völker- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig
ist, und auch keine Anhaltspunkte für eine menschrechtswidrige Be-
handlung im Sinne von Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR
0.101) ersichtlich sind, die dem Beschwerdeführer in seinem Heimat-
staat drohen würde (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass aus den bereits dargelegten Gründen insbesondere das Beste-
hen einer tatsächlichen Gefahr, auf den Beschwerdeführer könnte
durch Zivilpersonen in Art. 3 EMRK zuwiderlaufender Weise psychi-
scher oder physischer Zwang ausgeübt werden, zu verneinen ist,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumut-
bar erweist, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von
Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizini-
scher Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass weder die allgemeine Lage in seiner Heimat noch individuelle
Gründe gegen die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges des jun-
gen Beschwerdeführers sprechen, der gemäss eigenen Angaben über
eine (An-)Lehre als (...) und entsprechende Berufserfahrungen und in
seiner Heimat über ein grosses soziales Beziehungsnetz verfügt (vgl.
A1/15, S. 3 f.), weshalb ihm der (erneute) Aufbau einer eigenen
Existenzgrundlage zugemutet werden kann und der Vollzug der Weg-
weisung somit als zumutbar zu erachten ist (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in den Hei-
matstaat schliesslich möglich ist, da keine Vollzugshindernisse beste-
hen (Art. 83 Abs. 2 AuG), und es dem Beschwerdeführer obliegt, bei
der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (Art. 8 Abs. 4
AsylG),
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt verfügte Wegweisungs-
vollzug insgesamt zu bestätigen ist und eine Anordnung der vorläufi-
gen Aufnahme ausser Betracht fällt (Art. 83 Abs. 1-4 AuG),
dass es dem Beschwerdeführer demnach nicht gelungen ist darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletze, den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststelle
oder unangemessen sei (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde
abzuweisen ist, soweit darauf einzutreten ist,
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dass die Kosten des Verfahrens in der Höhe von Fr. 600.-- (Art. 16
Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 1 bis 3 des Reglements vom 21. Februar
2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwal-
tungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerle-
gen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
Seite 13
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an:
- den Beschwerdeführer durch Vermittlung des F._______
(Einschreiben; Beilagen: angefochtene Verfügung im Original,
Einzahlungsschein)
- das BFM, F._______ (per Telefax zu den Akten Ref.-Nr. N_______,
mit der Bitte um Eröffnung des Urteils an den Beschwerdeführer
und um Zustellung der beiliegenden Empfangsbestätigung an das
Bundesverwaltungsgericht)
- I._______ (per Telefax)
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Thomas Wespi Stefan Weber
Versand:
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