D-6968/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFF vom 9. Apri...
Karar Dilini Çevir:
D-6968/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFF vom 9. Apri...
Abtei lung IV
D-6968/2006
{T 0/2}
U r t e i l v o m 3 1 . J u l i 2 0 0 8
Richter Robert Galliker (Vorsitz),
Richter Thomas Wespi, Richter Gérald Bovier,
Gerichtsschreiberin Daniela Brüschweiler.
A._______, geboren (..),
Irak,
vertreten durch Chloé Bregnard Ecoffey, (...),
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), vormals Bundesamt
für Flüchtlinge (BFF),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFF vom 9. April
2002 / N (...).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-6968/2006
Sachverhalt:
A.
Eigenen Angaben zufolge verliess der Beschwerdeführer, ein
irakischer Staatsangehöriger arabischer Volks- und schiitischer Glau-
benszugehörigkeit, seinen Heimatstaat Ende 1998 und gelangte über
die Türkei am 19. März 1999 illegal in die Schweiz, wo er gleichentags
in der Empfangsstelle (nunmehr Empfangs- und Verfahrenszentrum
[EVZ]) des BFF in (...) um Asyl nachsuchte. Am 26. März 1999 wurde
er dort summarisch zu den Ausreisegründen befragt. In der Folge
wurde der Beschwerdeführer für die Dauer des Asylverfahrens dem
Kanton (...) zugeteilt. Am 30. April 1999 erfolgte die Anhörung zu den
Asylgründen durch die zuständige kantonale Behörde.
Zur Begründung seines Asylgesuchs machte der Beschwerdeführer im
Wesentlichen geltend, er sei Sympathisant, jedoch nicht Mitglied der
Oppositionspartei (...) gewesen. Gelegentlich habe er mit seinem
Fahrzeug Parteimitglieder zu bestimmten Orten gefahren, ins-
besondere wenn sie Propagandamaterial zu transportieren gehabt hät-
ten. Manchmal habe er ihnen auch sein Fahrzeug überlassen. Dies sei
auch im April 1996 der Fall gewesen. Nachdem sein Fahrzeug nicht
zurückgebracht worden sei, sei er am 17. April 1996 verhaftet worden,
wobei man ihm vorgeworfen habe, selber Parteimitglied zu sein. In der
Folge sei er in verschiedenen Gefängnissen, unter anderem im Ge-
fängnis Abu Ghraib, festgehalten und gefoltert worden. Schliesslich sei
ihm am 2. Juli 1998 anlässlich eines Spitalaufenthaltes die Flucht ge-
lungen, nachdem sein Vater korrupte Beamte habe bestechen können.
Für den Inhalt der weiteren Aussagen des Beschwerdeführers wird auf
die Akten verwiesen.
B.
Das BFF stellte mit Verfügung vom 9. April 2002 – eröffnet am
11. April 2002 – fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingsei-
genschaft nicht, und lehnte sein Asylgesuch ab. Gleichzeitig verfügte
es die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz, nahm
den Beschwerdeführer jedoch vorläufig auf, da es den Wegweisungs-
vollzug als unzumutbar erachtete.
C.
Mit Beschwerde vom 10. Mai 2002 (Poststempel) an die Schweizeri-
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sche Asylrekurskommission (ARK) liess der Beschwerdeführer von
seinem (damaligen) Rechtsvertreter die Aufhebung der Dispositiv-
Ziffern 1 bis 3 (Flüchtlingseigenschaft, Asylgewährung, Wegweisung)
der Verfügung des BFF beantragen, mithin sei der Beschwerdeführer
als Flüchtling anzuerkennen und es sei ihm Asyl zu gewähren. In
prozessualer Hinsicht ersuchte er darum, den Kostenvorschuss vom
Sicherheitskonto des Beschwerdeführers zu beziehen.
D.
Mit Zwischenverfügung vom 22. Mai 2002 verzichtete der zuständige
Instruktionsrichter der ARK auf die Erhebung eines Kostenvorschus-
ses.
E.
Das BFF hielt in seiner Vernehmlassung vom 27. Mai 2002 an der
angefochtenen Verfügung fest und beantragte die Abweisung der
Beschwerde.
F.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2002 wurde dem Beschwerdeführer Frist
zur Stellungnahme zur vorinstanzlichen Vernehmlassung einerseits
sowie zu zwei ihm zur Einsicht überlassenen Aktenstücken (A5/1 und
A6/1) anderseits eingeräumt. Mit Eingabe vom 12. Juni 2002 machte
der Beschwerdeführer von seinem Äusserungsrecht Gebrauch.
G.
Das BFM schloss in seiner zweiten Vernehmlassung vom 22. Dezem-
ber 2005 weiterhin auf Abweisung der Beschwerde.
H.
Mit Eingaben vom 19. und 23. Juni 2008 wurde dem Gericht die neue
Vertretung bekannt gegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsge-
richt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgeset-
zes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und
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ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das
Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die
Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet in diesem
Bereich endgültig (Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998
[AsylG, SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht hat am 1. Januar 2007 die
Beurteilung der bei der ARK hängigen Rechtsmittel übernommen. Das
neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG).
1.3 Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht. Der
Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Verfügung berührt und
hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungswei-
se Änderung. Der Beschwerdeführer ist daher zur Einreichung der
Beschwerde legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 und Art. 50 ff.
VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person
anerkannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zu-
letzt wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit
zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen
Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft
nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft
gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in
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sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder
massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt
werden (Art. 7 AsylG).
4.
4.1 Das Bundesamt lehnte das Asylgesuch des Beschwerdeführers
ab, da seine Vorbringen den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit
nicht standhielten, insbesondere liessen die Ausführungen des
Beschwerdeführers nicht den Schluss zu, er habe Selbsterlebtes ge-
schildert. Die geltend gemachte Fluchtmöglichkeit erscheine
angesichts der Verhältnisse im Irak nicht wahrscheinlich. Die
Umstände der Gefangenschaft in Abu Ghraib würden vom
Beschwerdeführer im Weiteren nur unsubstanziiert beschrieben und
widersprächen teilweise den Erkenntnissen des Bundesamtes. In
Bezug auf die geltend gemachte Knieverletzung als Folge von
Gewaltanwendung während der Haft hielt das BFF fest, mit dem
eingereichten Arztzeugnis lasse sich nicht nachweisen, dass die
Beeinträchtigung auf erlittene Folter zurückzuführen sei.
Der Beschwerdeführer hält dem zusammengefasst entgegen, er habe
seine Flucht detailliert und angesichts der notorischen Korruption bis
in höchste Beamtenkreise plausibel dargelegt. Seine Schilderungen
zeichneten sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz durch
Detailreichtum und Plausibilität aus. Hinsichtlich der Haftbedingungen
seien zu Unrecht die psychologischen Schwierigkeiten von
misshandelten Personen bei der Wiedergabe ihrer Erlebnisse unbe-
rücksichtigt geblieben. Überdies hätte die Vorinstanz den
Beschwerdeführer zu den von ihr als zu unsubstanziiert betrachteten
Schilderungen vor der Entscheidfällung nochmals anhören und ihn mit
ihren eigenen, allenfalls abweichenden Erkenntnissen konfrontieren
müssen. Das BFF habe dem Beschwerdeführer auch nicht alle
Aktenstücke offengelegt. Schliesslich sei zu beachten, dass der
Beschwerdeführer aufgrund seiner illegalen Ausreise aus dem Irak
wegen Vorliegens subjektiver Nachfluchtgründe als Flüchtling
anzuerkennen sei.
4.2 Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerde-
führers, da ihm bezüglich der angeblich zu wenig substanziierten
Schilderungen nicht die Möglichkeit gewährt worden sei, vor Erlass
der negativen Entscheidung Stellung zu nehmen, ist unbegründet. Der
verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör beschlägt nur die
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Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes, nicht aber die
rechtliche Würdigung desselben; dem Betroffenen ist deshalb in der
Regel kein Recht auf vorgängige Stellungnahme bezüglich Fragen der
rechtlichen Beurteilung und Würdigung von Tatsachen einzuräumen,
es sei denn, die Behörde gedenke, sich in ihrem Entscheid auf einen
völlig unüblichen, nicht voraussehbaren Rechtsgrund abzustützen (vgl.
Entscheide und Mitteilungen der ARK [EMARK] 1994 Nr. 13 E. 3b,
S. 113 f.). Ob die Aussagen eines Gesuchstellers als derart
unsubstanziiert einzuschätzen sind, dass dies als Indiz für die
Unglaubhaftigkeit der Vorbringen anzusehen ist, ist eine Frage der
Beweiswürdigung. Wenn die Vorinstanz den Beschwerdeführer dazu
nicht vor Erlass der angefochtenen Verfügung anhörte, ist darin keine
Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sehen.
4.3 Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann im
vorliegenden Fall offen bleiben, ob die vorinstanzliche Einschätzung,
die geltend gemachten Asylgründe seien unglaubhaft, – welche
grundsätzlich nachvollziehbar erscheint – zutreffend ist. Als
massgeblich erweist sich nämlich Folgendes:
4.3.1 Für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die Situation
im Zeitpunkt des Asylentscheides massgebend. Dabei ist einerseits
die Frage nach der im Zeitpunkt der Ausreise aktuell vorhandenen
Furcht zu stellen und anderseits zu prüfen, ob die Furcht vor einer
absehbaren Verfolgung (noch) begründet ist. Veränderungen der
objektiven Situation im Heimatstaat zwischen Ausreise und Asylent-
scheid sind zugunsten und zulasten des Beschwerdeführers zu
berücksichtigen (vgl. EMARK 2005 Nr. 18 E. 5.7.1. S. 164; 2000 Nr. 2
E. 8b und 1994 Nr. 24 E. 8a; WALTER KÄLIN, Grundriss des
Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a. M. 1990, S. 135 ff.). Massgebend für
den Asylentscheid ist demnach die Situation im gegenwärtigen
Zeitpunkt. Dazu ist festzustellen, dass die individuellen Nachteile, die
auf das alte Baath-Regime von Saddam Hussein und den damit
verbundenen Sicherheitsapparat des Diktators zurückzuführen sind,
seit der im März 2003 begonnenen militärischen Intervention der USA
und ihrer Alliierten nicht mehr asylrelevant sind. Die Lage im Irak hat
sich mit dem Sturz von Saddam Hussein grundlegend verändert. Dies
gilt für den Beschwerdeführer umso mehr, als er als Sympathisant
einer einstmals regimekritischen Partei, welche heute als Mitglied der
Vereinigten Irakischen Allianz (United Iraqi Alliance [UIA]) in der
Regierung vertreten ist, keine Verfolgung (mehr) zu befürchten hat. Die
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vom Beschwerdeführer geltend gemachte Furcht vor Verfolgung durch
die ehemalige irakische Zentralregierung erscheint daher im heutigen
Zeitpunkt nicht gegeben, weshalb die Flüchtlingseigenschaft
diesbezüglich zu verneinen ist.
4.3.2 Ausnahmsweise ist eine erlittene Vorverfolgung auch nach
Wegfall einer zukünftigen Verfolgungsgefahr als asylrechtlich relevant
zu erachten, wenn eine Rückkehr in den früheren Verfolgerstaat aus
zwingenden, auf diese Verfolgung zurückgehenden Gründen nicht
zumutbar ist (Art. 1C Ziff. 5 Abs. 2 des Abkommens über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 [FK; SR 0.142.30]).
Als "zwingende Gründe" (bzw. "raison impérieuses" oder "compelling
reasons"; zur ungenauen Übersetzung dieses Begriffs in der in die
Systematische Sammlung des Bundesrechts aufgenommenen
deutschsprachigen Version – nämlich "triftige Gründe" – vgl. EMARK
1995 Nr. 16 E. 6c S. 166) fallen auch traumatisierende Erlebnisse in
Betracht, allerdings nur, wenn diese vor der Flucht eingetreten sind
und bei der betreffenden Person eine Langzeittraumatisierung
ausgelöst haben, in dem Sinne, dass eine nachvollziehbare,
eigentliche psychische Unmöglichkeit besteht, mit staatlichen
Vertretern des Heimatstaates in einen minimalen Kontakt zu treten, die
auf besonders leidvolle und intensive Verfolgungsmassnahmen
zurückzuführen ist (vgl. EMARK 2001 Nr. 3 E. 5a S. 12, 2000 Nr. 21
E. 6b S. 199, 1998 Nr. 16 E. 4b S. 138, 1997 Nr. 14 E. 6c S. 121, 1996
Nr. 42 E. 7e S. 371 f., 1995 Nr. 16 E. 6d S. 166 ff.). Bestehende
psychische Blockaden im oben erwähnten Sinne können sodann unter
Umständen auch dann als "zwingende Gründe" anerkannt werden,
wenn dieser Staat nunmehr demokratisch geführt wird und lediglich
eine Kontaktnahme mit der Botschaft dieses Staates notwendig wäre
(vgl. EMARK 1995 Nr. 16 E. 6 f. S. 170). Die psychologische
Unmöglichkeit bezieht sich mithin nicht auf den "Ort des Schreckens",
sondern auf den Staat, der diese "Schrecken" im früheren Zeitpunkt
verübt hat (vgl. EMARK 2001 Nr. 3 E. 5c S. 13).
Solche "zwingende Gründe" sind vorliegend – selbst wenn von den
Ausführungen des Beschwerdeführers ausgegangen würde – zu
verneinen. Zwar kann seinen Aussagen entnommen werden, dass er
in Haft gewesen und dabei gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt war.
Jedoch hat weder der Beschwerdeführer selber psychische Probleme
aufgrund des im Irak Erlebten geltend gemacht, noch ergeben sich
aus den Akten Hinweise auf eine Langzeittraumatisierung. Es kann
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somit aufgrund der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfol-
gungshandlungen nicht auf eine psychologische Unmöglichkeit jegli-
cher Kontaktaufnahme mit dem irakischen Staat oder auch nur dessen
Auslandvertretung geschlossen werden. Somit sind vorliegend keine
zwingenden Gründe im Sinne von Art. 1C Ziff. 5 Abs. 2 FK zu
erkennen.
4.4 Zu prüfen bleibt demnach, ob dem Beschwerdeführer – wie von
ihm in der Beschwerde vorgetragen – aufgrund subjektiver Nach-
fluchtgründe, nämlich seiner illegalen Ausreise aus dem Irak, die
Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Dies ist zu verneinen. Es trifft
zwar zu, dass die ARK in EMARK 2000 Nr. 16 E. 5 S. 141 f. zum
Schluss kam, irakische Staatsangehörige, welche aus dem kurdischen
Gebiet ausgereist seien, hätten bei einer Rückkehr in dieses Gebiet
wegen ihrer illegalen Ausreise keine Verfolgung zu befürchten. Es ist
sodann davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht aus dem
kurdischen Nordirak stammt. Trotzdem steht der erwähnte Entscheid
einer Verneinung subjektiver Nachfluchtgründe im vorliegenden Fall
nicht entgegen. Im Jahr 2000 herrschten im Irak noch vollkommen
andere Verhältnisse als heute. Aufgrund der vorstehend geschilderten
grundlegenden Veränderungen und insbesondere der Tatsache, dass
seit der Invasion der Koalitionstruppen im Irak Hunderttausende von
Irakern ihr Land über die Grenzen in Richtung der Nachbarländer
verlassen haben, ohne aus diesem Grund eine Verfolgung befürchten
zu müssen, ist die geltend gemachte illegale Ausreise des
Beschwerdeführers nicht als subjektiver Nachfluchtgrund zu
betrachten.
4.5 Bei dieser Sachlage erübrigen sich Ausführungen zu den weiteren
Vorbringen in der Beschwerde. Es braucht somit insbesondere nicht
beurteilt zu werden, ob beziehungsweise in welcher Form die
Vorinstanz dem Beschwerdeführer ihre Erkenntnisse über das Abu
Ghraib Gefängnis hätte zur Kenntnis bringen müssen. Zusammenfas-
send folgt, dass der Beschwerdeführer keine Gründe nach Art. 3
AsylG nachweisen oder glaubhaft machen konnte und namentlich
auch keine zwingenden Gründe im Sinne von Art. 1C Ziff. 5 Abs. 2 FK
zu erkennen sind. Angesichts der heutigen Situation im Irak ist der
vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen.
5.
Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein,
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so verfügt es gemäss Art. 44 Abs. 1 AsylG in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an. Vorliegend hat der
Kanton weder eine Aufenthaltsbewilligung erteilt (vgl. Art. 32 Bst. a
AsylV 1) noch besteht ein Anspruch auf Erteilung einer solchen
(Art. 44 Abs. 1 AsylG; EMARK 2001 Nr. 21). Somit steht die verfügte
Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und ist
zu bestätigen.
6.
Zu prüfen bliebe noch, ob es Gründe gibt, die dem Vollzug der
Wegweisung entgegenstehen (vgl. Art. 44 AsylG und Art. 83 AuG).
Vorliegend hat jedoch das BFF die vorläufige Aufnahme des Be-
schwerdeführers in der Schweiz angeordnet, weshalb sich
Erörterungen dazu erübrigen.
7.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die
Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwer-
deführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG) und auf insgesamt
Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008
über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsge-
richt [VGKE, SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an:
- die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers (Einschreiben; Beila-
ge: Einzahlungsschein)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den
Akten Ref.-Nr. N (...) (per Kurier; in Kopie)
- den (...), ad (...) (in Kopie)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Robert Galliker Daniela Brüschweiler
Versand:
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