D-5788/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Vollzug der Wegweisung; Verfügung des BFM...
Karar Dilini Çevir:
D-5788/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Vollzug der Wegweisung; Verfügung des BFM...
Abtei lung IV
D-5788/2006/law/krc
{T 0/2}
U r t e i l v o m 9 . N o v e m b e r 2 0 0 7
Richter Walter Lang (Vorsitz),
Richter Walter Stöckli, Richter Daniel Schmid,
Gerichtsschreiberin Corinne Krüger.
X._______, geboren _______, alias Y._______, geboren
_______, Nepal,
vertreten durch Herrn Thomas Wenger, _______,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Vollzug der Wegweisung; Verfügung des BFM
vom 7. Juli 2006 / N _______.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-5788/2006
Sachverhalt:
A.
Eigenen Angaben zufolge verliess der Beschwerdeführer seinen Hei-
matstaat am 30. April 2005 und reiste über Indien, Russland, die Ukra-
ine (sechs Monate Aufenthalt), Weissrussland, die Slowakei und Italien
- unter Umgehung der Grenzkontrolle - am 9. Januar 2006 in die
Schweiz ein, wo er am folgenden Tag im Empfangszentrum A._______
ein Asylgesuch stellte. Das BFM erhob am 13. Januar 2006 seine
Personalien, befragte ihn summarisch zum Reiseweg sowie zu den
Gründen für das Verlassen der Heimat und wies ihn am 17. Januar
2006 für die Dauer des Asylverfahrens dem Kanton B._______ zu. Am
6. Februar 2006 hörte ihn die zuständige kantonale Behörde zu den
Asylgründen an.
Zur Begründung seines Asylgesuches machte der Beschwerdeführer
im Wesentlichen geltend, er habe in Katmandu, wo er seit dem 10. Le-
bensjahr zur Schule gegangen und später als Buchhalter gearbeitet
habe, bei einer Tante gelebt. Während der Ferien sei er regelmässig in
sein Heimatdorf C._______ gefahren, um seine Eltern zu besuchen.
Weil sein Vater bei den Maobadi gewesen sei, habe ihn die Polizei
bezichtigt, ebenfalls ein Maobadi zu sein. Im April 2005, als er sich in
seinem Heimatdorf aufgehalten habe, seien eines Tages drei Polizisten
ins elterliche Haus gekommen. Es sei zu einer tätlichen Auseinander-
setzung zwischen den Polizisten und seinem Vater gekommen. Er sei
seinem Vater zu Hilfe geeilt und habe einen der Polizisten verprügelt.
Sein Vater habe ihn jedoch aufgefordert, er solle sich nicht einmischen
und stattdessen fliehen, was er denn auch getan habe, während sein
Vater die Polizisten aufgehalten habe. In der Folge sei er nach Kat-
mandu zurückgekehrt, wo er eine Woche später von seiner Tante
erfahren habe, dass man seinen Vater mitgenommen habe und ihn
(den Beschwerdeführer) mittels Haftbefehl suche. Aus Angst verhaftet
zu werden, habe er sich zunächst rund zwei Monate in Katmandu ver-
steckt gehalten; schliesslich habe er Nepal verlassen.
B.
Mit Schreiben vom 11. April 2006 teilte die zuständige deutsche
Behörde dem BFM auf dessen Anfrage vom 28. Februar 2006 mit, der
Beschwerdeführer sei in Deutschland unter der Identität Y._______,
geboren _______, Nepal, erfasst. Er sei am 5. Februar 2002
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eingereist, am 3. Juni 2003 sei sein Asylgesuch abgelehnt worden und
am 25. Januar 2006 sei er von Amtes wegen abgemeldet worden.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2006 teilte das BFM das Ergebnis der
Abklärungen bei den deutschen Behörden mit. Gleichzeitig gab es ihm
Gelegenheit, sich innert Frist zum Abklärungsergebnis zu äussern.
Der Beschwerdeführer nahm mit Schreiben vom 13. Juni 2006 Stel-
lung.
C.
Mit Verfügung vom 7. Juli 2006 - eröffnet am 11. Juli 2006 - stellte das
BFM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft
nicht, und lehnte das Asylgesuch ab. Gleichzeitig verfügte es die Weg-
weisung aus der Schweiz und ordnete deren Vollzug an.
D.
Mit Eingabe an die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) vom
10. August 2006 liess der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsver-
treter gegen diese Verfügung Beschwerde einreichen und beantragen,
der Entscheid des BFM sei aufzuheben und zur nochmaligen Beurtei-
lung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell sei der Beschwerde-
führer als Flüchtling zu anerkennen und ihm in der Schweiz Asyl zu
gewähren. Subeventuell sei die Unzumutbarkeit des Vollzugs der Weg-
weisung festzustellen und das BFM sei anzuweisen, für den Be-
schwerdeführer von Amtes wegen die vorläufige Aufnahme anzuord-
nen.
E.
Mit Zwischenverfügung vom 22. August 2006 bestätigte der zuständige
Instruktionsrichter der ARK das dem Beschwerdeführer von Gesetzes
wegen zustehende Recht auf Aufenthalt in der Schweiz bis zum
Abschluss des Verfahrens und forderte ihn auf, zur Deckung der mut-
masslichen Verfahrenskosten einen Kostenvorschuss in der Höhe von
Fr. 600.-- einzuzahlen.
F.
Der Beschwerdeführer zahlte den Kostenvorschuss am 1. September
2006 ein.
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Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht
Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes
vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR
172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorin-
stanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden. Dazu
gehören Verfügungen des BFM gestützt auf das Asylgesetz vom
26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31); das Bundesverwaltungsgericht ent-
scheidet in diesem Bereich endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d
Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR
173.110]).
Das Bundesverwaltungsgericht hat, sofern es zuständig ist, die Beur-
teilung der am 31. Dezember 2006 bei der ARK hängig gewesenen
Rechtsmittel übernommen. Die Beurteilung erfolgt nach neuem Verfah-
rensrecht (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG).
1.2 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachver-
halts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1
AsylG).
2.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht und der Kosten-
vorschuss wurde innert Frist geleistet; der Beschwerdeführer ist legiti-
miert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48, 50 ff., 63 Abs. 4 VwVG). Auf die
Beschwerde ist mithin einzutreten.
3.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person aner-
kannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt
wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu
einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen
Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
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Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachwei-
sen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht,
wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrschein-
lichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen,
die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich wider-
sprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7
AsylG).
4.
4.1 Das Bundesamt lehnte das Asylgesuch mit der Begründung ab,
die Vorbringen des Beschwerdeführers würden den Anforderungen an
die Glaubhaftmachung der Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 6 AsylG
nicht standhalten. Der Beschwerdeführer habe sowohl im Empfangs-
zentrum als auch vor den Kantonsbehörden gesagt, er sei im Februar
2005 von der Polizei zu Hause aufgesucht worden, wobei es zu einer
Auseinandersetzung gekommen sei, in deren Verlauf er geflohen sei;
in der Folge sei er mittels eines Haftbefehls gesucht worden. Gemäss
den Abklärungen bei den deutschen Bundesbehörden habe sich der
Beschwerdeführer aber zu diesem Zeitpunkt, das heisse ab Februar
2002, in Deutschland aufgehalten. In seiner Stellungnahme vom
13. Juni 2006 habe er diese Abklärungsresultate nicht zu entkräften
vermocht und habe sich damit zufrieden gegeben zu sagen, er sei da-
mit nicht einverstanden.
4.2 In der Beschwerde wird geltend gemacht, aus der Stellungnahme
vom 13. Juni 2006 gehe ohne weiteres hervor, dass der Beschwerde-
führer das in deutscher Sprache gehaltene Schreiben des BFM vom
8. Juni 2006 nicht verstanden habe. Anders könne dieses Beweismittel
nicht interpretiert werden. Die Vorinstanz benenne ihr Vorgehen als
Gewährung des rechtlichen Gehörs. Damit der Beschwerdeführer in
der Lage gewesen wäre, effektiv zum Schreiben des BFM und der sich
daraus ergebenden Widersprüche Stellung zu nehmen, hätte ihm das
Abklärungsergebnis entweder in einer Sprache mitgeteilt werden müs-
sen, welche der Beschwerdeführer verstehe, oder er hätte vorgeladen
und mit einem Dolmetscher befragt werden müssen. Da das BFM dies
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nicht getan habe, sei das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers
verletzt worden.
4.3 Gemäss Art. 16 Abs. 2 AsylG wird das Verfahren vor dem BFM in
der Regel in der Amtsprache geführt, in der die kantonale Anhörung
stattfand oder die am Wohnort des Asylsuchenden Amtssprache ist.
Die Amtssprachen des Bundes sind Deutsch, Französisch, Italienisch
und, im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache, auch das
Rätoromanische (Art. 70 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-
schen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]). Der Asyl-
suchende hat somit keinen Anspruch darauf, dass das BFM im schrift-
lichen Verkehr mit ihm eine ihm verständliche Sprache wählt, welche
nicht Amtssprache ist.
Vorliegend hat das BFM die Zwischenverfügung vom 8. Juni 2006 in
Übereinstimmung mit Art. 16 Abs. 2 AsylG in deutscher Sprache abge-
fasst. Aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13. Juni
2006 geht sodann entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auf-
fassung keineswegs hervor, dass der Beschwerdeführer die Zwischen-
verfügung des BFM nicht verstanden hat. Der Beschwerdeführer hat in
seiner fristgerecht erfolgten Eingabe vom 13. Juni 2006 - wenngleich
in gebrochenem Deutsch - durchaus sachbezogen Stellung genom-
men. Dies lässt darauf schliessen, dass er - allenfalls mit Hilfe Dritter -
durchaus in der Lage war, sich vom Inhalt der Zwischenverfügung des
BFM vom 8. Juni 2006 ein Bild zu verschaffen. Ungeachtet dessen
wäre es ihm ohnehin unbenommen und ohne weiteres auch möglich
gewesen, sich zwecks Wahrung seiner Interessen an eine Beratungs-
stelle oder einen Anwalt zu wenden. Von einer Verletzung des rechtli-
chen Gehörs des Beschwerdeführers kann mithin nicht die Rede sein.
Der Antrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur nochma-
ligen Beurteilung ist demnach abzuweisen. Ergänzend bleibt anzufü-
gen, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers darauf hinweist,
dass sein Mandant, nachdem er diesem das Abklärungsergebnis in
einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt habe, wie folgt Stellung
genommen habe: Er heisse X._______, geboren _______, von Nepal.
Die mit Schreiben vom 8. Juni 2006 festgehaltenen
Abklärungsergebnisse würden grundsätzlich zutreffen. Insbesondere
sei es richtig, dass er bereits in Deutschland ein Asylgesuch gestellt
habe. Von den in der Schweiz geltend gemachten Asylgründen würden
sämtliche Angaben gemäss den Befragungsprotokollen zutreffen, mit
folgender Ausnahme: Immer dort, wo er bezüglich Daten vom Jahre
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2005 gesprochen habe, habe er das Jahr 2001 gemeint. Seine
Probleme in Nepal seien somit aufgrund der Vorfälle gemäss
kantonalem Protokoll, Seiten 5 ff., entstanden, wo es zu einem
Zwischenfall mit seinem Vater, ihm und der Polizei gekommen sei und
weshalb er seither als Maobadi gelte. Selbst unter der hypothetischen
Annahme, das BFM habe durch die gewählte Vorgehensweise den
Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt, wäre
bei dieser Sachlage die geltend gemachte Gehörsverletzung als
geheilt zu betrachten.
4.4 In der Beschwerde wird - anders als noch in der Stellungnahme
13. Juni 2006 - eingeräumt, dass die Abklärungsergebnisse des BFM
grundsätzlich zutreffen würden. Hingegen wird an der Glaubhaftigkeit
der zur Begründung des Asylgesuches geltend gemachten Ereignisse
festgehalten. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer sei-
nen Aufenthalt in Deutschland gegenüber den schweizerischen Asyl-
behörden trotz entsprechender Frage (vgl. A1, S. 8) bewusst ver-
schwiegen hat, ist seine persönliche Glaubwürdigkeit von vornherein
nachhaltig erschüttert. Festzuhalten ist gleichzeitig, dass seine zwecks
Begründung des Asylgesuches im Empfangszentrum bzw. beim Kan-
ton gemachten Angaben nicht den Eindruck vermitteln, als berichte er
von persönlichen Erlebnissen. Er muss sich generell entgegenhalten
lassen, dass er nicht in der Lage war, die zur Begründung seines Asyl-
gesuchs geltend gemachten Erlebnisse und Ereignisse mit einem
Mass an Anschaulichkeit, Unmittelbarkeit und subjektiver Färbung zu
schildern, durch welches Tatsachenberichte Direktbeteiligter in aller
Regel gekennzeichnet sind. Zudem finden sich auch erhebliche Diver-
genzen in seinen Aussagen. So soll gemäss der im Empfangszentrum
deponierten Version, sein Vater zu Hause gewesen sein, als seine
Tante eine Woche nach dem Vorfall mit den drei Polizisten nach
C._______ gegangen sei, um abzuklären, was dort los sei (vgl. A1, S.
6). Gemäss der bei der Anhörung beim Kanton geltend gemachten
Version, soll die Tante ihm jedoch nach ihrer Rückkehr nach Katmandu
gesagt haben, sein Vater sei im Anschluss mit dem Vorfall mit den Poli-
zisten von zuhause mitgenommen worden (vgl. A10, S. 6 und 8).
4.5 Aufgrund dieser Erwägungen erübrigt es sich, auf die Ausführun-
gen in der Beschwerde näher einzugehen, weil sie am Ergebnis nichts
ändern können. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der
Beschwerdeführer keine ihm drohende Verfolgung im Sinne von Art. 3
AsylG nachweisen oder zumindest glaubhaft machen kann. Das BFM
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hat das Asylgesuch des Beschwerdeführers demnach zu Recht
abgelehnt.
5.
5.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder
nicht zumutbar, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis
nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme
von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 14a Abs. 1 des Bundesge-
setzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Aus-
länder [ANAG, SR 142.20]). Nicht zumutbar kann der Vollzug der Weg-
weisung insbesondere sein, wenn er für den Ausländer eine konkrete
Gefährdung darstellt (Art. 14a Abs. 4 ANAG). Eine solche Gefährdung
kann angesichts der im Heimatland herrschenden allgemeinen politi-
schen Lage, die sich durch Krieg, Bürgerkrieg oder durch eine Situati-
on allgemeiner Gewalt kennzeichnet, oder aufgrund anderer Gefahren-
momente, wie beispielsweise einer notwendigen, aber nicht durchführ-
baren medizinischen Behandlung, angenommen werden (vgl. Bot-
schaft zum Bundesbeschluss über das Asylverfahren vom 25. April
1990, BBl 1990 II 668).
5.2 Die Vorinstanz erachtet den Wegweisungsvollzug des Beschwer-
deführers nach Nepal als zumutbar. Weder die im Heimatstaat des
Beschwerdeführers herrschende politische Situation noch andere
Gründe würden gegen die Zumutbarkeit der Rückführung dorthin
sprechen. Im April 2006 seien in Nepal sowohl die Regierung als auch
das Parlament vom König wieder eingesetzt worden. Zudem hätten die
Maoisten Ende April 2006 einen dreimonatigen Waffenstillstand ver-
kündet und ihre Kooperationsbereitschaft mit der neuen Regierung im
Hinblick auf die vorgesehene verfassungsgebende Versammlung
bekundet. Darauf habe auch die Regierung ihrerseits mit einem Waf-
fenstillstand reagiert. Somit bestehe in Nepal keine Situation allgemei-
ner Gewalt.
5.3 In der Beschwerde wird dagegen im Wesentlichen geltend
gemacht, es treffe zwar zu, dass sich in Nepal gewisse Veränderungen
ergeben hätten, welche eventuell dazu führen würden, dass es nach
jahrelangem Bürgerkrieg zu einer Befriedung kommen werde. Aller-
dings seien blosse Hoffnungen oder Möglichkeiten einer Entwicklung
nicht geeignet, bereits jetzt davon auszugehen, dass die Probleme
gelöst seien. Dass ein Friede alles anderer als sicher sei, belege die
Äusserung von Kali Rokaya, dem einzigen christlichen Mitglied des
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Waffenstillstands-Komitees, der bereits am 12. Juli 2006 von der
Gefahr eines neuen Bürgerkrieges gesprochen habe.
Zur Entwicklung der politischen Lage in Nepal seien derzeit noch sehr
viele Fragen offen, die beantwortet werden müssten, bevor von einem
tatsächlichen Frieden gesprochen werden könne. Zu denken sei in ers-
ter Linie an die Frage der Entwaffnung der Maoisten, aber auch hin-
sichtlich des Schicksals der Monarchie und der Rolle der staatlichen
Streitkräfte scheine noch sehr viel Konfliktpotential vorhanden zu sein.
Insbesondere sei darauf zu verweisen, dass der ausgerufene Waffen-
stillstand zeitlich auf drei Monate limitiert sei und heute nicht gesagt
werden könne, wie sich die Situation entwickeln würde. Auch lasse
sich den Reisehinweisen des Eidgenössischen Departements für aus-
wärtige Angelegenheiten der Satz entnehmen:  Die politische Situation
und die Sicherheitslage sind im ganzen Land labil und können sich
jederzeit ändern . Weiter werde in den Hinweisen angemerkt, dass
eine Beruhigung der Lage eingetreten sei, doch sei eine baldige
Lösung der vielseitigen Probleme zurzeit nicht absehbar. Im jetzigen
Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer aufgrund der unsicheren Ent-
wicklung in Nepal bei einer Rückkehr in seine Heimat nach wie vor
begründete Furcht vor künftiger asylrelevanter Verfolgung durch Über-
griffe von staatlichen Behörden. Insbesondere sei zu befürchten, dass
die Übergriffe nach einem allfälligen Scheitern der Friedensverhand-
lungen noch viel massiver ausfallen würden als vor dem Waffenstill-
stand.
5.4
5.4.1 Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die allge-
meine Lage in Nepal nicht durch Krieg, Bürgerkrieg oder durch eine
Situation allgemeiner Gewalt gekennzeichnet ist, aufgrund derer die
Zivilbevölkerung als konkret gefährdet bezeichnet werden müsste (vgl.
dazu die Analyse der jüngsten Entwicklung in Nepal im Urteil der ARK
vom 17. Oktober 2006. i.S. R.P.B., Nepal [Entscheidungen und Mittei-
lungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2006
Nr. 31 E. 4.3.3.-4.3.5. S. 331 ff.]). Diese Einschätzung wird auch durch
die erfolgten Friedensgespräche zwischen den maoistischen Rebellen
und der Sieben-Parteien-Allianz bestärkt, welche am 21. November
2006 in ein umfassendes Friedensabkommen mündeten, das unter
anderem die Verstaatlichung des Vermögens des nepalesischen
Königshauses sowie die Entwaffnung der Rebellen und Teildemobili-
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sierung der Armee unter Aufsicht der UNO vorsieht. Mitte Dezember
2006 schlossen Nepals Regierungsallianz und die maoistischen
Rebellen ihre Verhandlungen zu einer Übergangsverfassung ab, wel-
che die Monarchie vorübergehend ausser Kraft setzt. Nach Auflösung
des bisherigen Parlamentes wurde am 15. Januar 2007 eine neue
Übergangsregierung eingesetzt, an der erstmals auch die Maoisten
beteiligt sind. Vorgesehen ist ferner die Ausarbeitung einer neuen Ver-
fassung durch eine noch zu wählende verfassungsgebende Versamm-
lung (vgl. NZZ Online vom 7. November 2006, vom 8.
November 2006, NZZ Online vom 23. November 2006, NZZ Online
vom 16. Dezember 2006, Spiegel Online vom 15. Januar 2007, NZZ
Online vom 16. Januar 2007, vom 4. März 2007, NZZ
Online vom 13. März 2007, vom 1. April 2007 und
vom 24. April 2007, NZZ Online vom 5. Oktober 2007).
5.4.2 Aufgrund der Aktenlage besteht ferner kein Grund zur Annahme,
der Beschwerdeführer gerate im Falle der Rückkehr aus individuellen
Gründen wirtschaftlicher, sozialer oder gesundheitlicher Natur in eine
existenzbedrohende Situation. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund,
verfügt über eine zehnjährige Schulbildung und er arbeitete in einer
Fabrik als Buchhalter. Er verfügt zudem über Sprachkenntnisse in
Hindi und Englisch. Ferner leben seine Eltern und drei Geschwister im
Heimatdorf sowie eine Tante und deren Mann in Katmandu, bei denen
er schon während der Schulzeit und bis zur Ausreise gelebt hat, und
die ihn auch das letzte Jahr vor seiner Ausreise unterstützt haben. Es
kann unter diesen Umständen davon ausgegangen werden, dass dem
Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seine Heimat aus eigener
Kraft oder allenfalls mit Unterstützung der Familie gelingen wird, sich
eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aufzubauen.
5.4.3 Zusammenfassend ergibt sich, dass das Bundesamt den Vollzug
der Wegweisung zu Recht als zumutbar bezeichnet hat. Die Anord-
nung der vorläufigen Aufnahme gestützt auf Art. 14a Abs. 4 ANAG fällt
somit ausser Betracht.
6. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfü-
gung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt
richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG).
Nachdem sich die allgemeine Situation in Nepal seit Einreichung der
Beschwerde am 10. August 2006 erheblich verändert hat (vgl.
E. 5.4.1), erweist sich die Beschwerde aus heutiger Sicht auch in
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Bezug auf die Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs als
offensichtlich unbegründet. Sie ist deshalb gestützt auf Art. 111 Abs. 1
und 3 AsylG unter Verzicht auf die Durchführung eines Schriftenwech-
sels und mit summarischer Begründung im vereinfachten Verfahren
abzuweisen.
7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insge-
samt Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 2 und
3 des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006 [VGKE]). Die Ver-
fahrenskosten sind durch den in gleicher Höhe geleisteten Kostenvor-
schuss gedeckt und mit diesem zu verrechnen.
(Dispositiv nächste Seite)
Seite 11
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Sie werden mit dem in gleicher Höhe eingezahlten Kosten-
vorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter des Beschwerdeführer (eingeschrieben; Beila-
ge: angefochtene Verfügung im Original)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung (Kopie),
mit den Akten (Ref.-Nr. N _______)
- _______ ad _______ (Kopie)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Walter Lang Corinne Krüger
Versand:
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