D-5777/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Verfügung vom 26. Januar 2006 i.S. Asyl und Wegwei...
Karar Dilini Çevir:
D-5777/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Verfügung vom 26. Januar 2006 i.S. Asyl und Wegwei...

Abtei lung IV
D-5777/2006
law/bah
{T 0/2}
Urteil vom 3. September 2007
Mitwirkung: Richter Walter Lang, Richterin Madeleine Hirsig-Vouilloz,
Richter Fulvio Haefeli
Gerichtsschreiber Christoph Basler
A._______, geboren _______, Sri Lanka,
vertreten durch Daniel Weber, Fürsprecher, _______,
Beschwerdeführer
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Verfügung vom 26. Januar 2006 i.S. Asyl und Wegweisung / N _______
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
2Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest:
A. Der Beschwerdeführer, ein ethnischer Tamile mit letztem Wohnsitz in A._______,
verliess sein Heimatland eigenen Aussagen zufolge am 10. Dezember 2005 und
gelangte am 1. Januar 2006 von Italien her kommend in die Schweiz, wo er am
6. Januar 2006 um Asyl nachsuchte. Am 5. Januar 2006 wurde er im Empfangs-
und Verfahrenszentrum B._______ zu den Personalien, den Ausreisegründen und
zum Reiseweg befragt. Dabei erklärte er zur Begründung seines Asylgesuches, er
habe seine Schulausbildung nicht fortsetzen können und sei dem Roten Kreuz bei-
getreten. Die LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) habe ihn gedrängt, ihr bei-
zutreten. Da er sich nicht habe widersetzen können, sei er im Jahre 2004 der
LTTE beigetreten und habe für deren Propagandaabteilung gearbeitet. Die Armee
habe ihn im August 2005 festgenommen, als er Flugblätter verteilt habe. Er sei in
einem in der Nähe gelegenen Camp einen Monat lang festgehalten und misshan-
delt worden. Nachdem das Rote Kreuz für ihn die Verantwortung übernommen
habe, sei er freigelassen worden. Danach habe die LTTE von ihm verlangt, dass er
eine Waffenausbildung mache. Die Armee habe ihm gegenüber Morddrohungen
ausgesprochen. Wegen der in der Haft erlittenen Verletzungen und psychischer
Probleme habe er häufig den Arzt aufsuchen müssen. Seine Eltern hätten der Ar-
mee und der LTTE gegenüber einen Arztbesuch als Grund für seine Reise nach
Colombo angegeben. Er habe der LTTE versprochen, wieder zurückzukehren. Zur
Stützung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Sri-
lankischen Roten Kreuzes vom 3. November 2005 ein.
Am 23. Januar 2006 hörte das BFM den Beschwerdeführer zu den Asylgründen
an. Dabei machte er im Wesentlichen geltend, er habe sein Dorf am 20. November
2005 verlassen. Auf der Reise nach Colombo sei er von der Armee und von der
LTTE einlässlich befragt worden. Am folgenden Tag sei er in Colombo angekom-
men. Aufgrund der allgemeinen Lage in Sri Lanka habe er die Schule nicht ab-
schliessen können. Während dem er für das Rote Kreuz gearbeitet habe, seien die
"Tiger" zu ihm gekommen und hätten ihn dazu gedrängt, mit ihnen zu arbeiten.
Weil man ihn unter Druck gesetzt habe, habe er für die Propagandaabteilung der
LTTE gearbeitet. Als er dies getan habe, habe er unter den Missetaten der Armee
gelitten. Unerwarteterweise sei er von der Armee festgenommen worden; man
habe ihn auf verschiedene Weise gefoltert. Er leide heute noch an den ihm zuge-
fügten Misshandlungen. Da er gesagt habe, dass er von der LTTE zur Zusammen-
arbeit gezwungen worden sei und weil das Rote Kreuz vorbeigekommen sei, sei er
wieder freigelassen worden. Die "Tiger" hätten auch danach noch auf seine Mitar-
beit gedrängt. Dadurch seien seine Familienmitglieder und er von der Armee im-
mer wieder zu Befragungen mitgenommen worden. Er habe nicht mehr regelmä-
ssig zu Hause übernachten können und sei von der Armee mit dem Tod bedroht
worden. Eine neue Gruppe, die Volksarmee, habe ihn zum Beitritt gedrängt. Die
Mitglieder dieser Gruppe kämen heimlich nach Jaffna und drängten die Leute, ins
Vannigebiet zu gehen und an einer militärischen Ausbildung teilzunehmen. Des-
halb sei er gezwungen gewesen, sein Heimatland zu verlassen. Ein Bekannter sei-
nes Onkels habe mit Soldaten gesprochen und diesen gesagt, dass er (der Be-
3schwerdeführer) unbedingt zu einem Arzt in Colombo gehen müsse. Deshalb habe
er die Armeekontrolle in Mugamalai passieren können. Den "Tigern" habe er das
Gleiche gesagt; da seine Eltern dafür gebürgt hätten, dass er nach der Rückkehr
die Ausbildung machen werde, hätten ihn auch die "Tiger" passieren lassen.
B. Mit Verfügung vom 26. Januar 2006 - eröffnet am 31. Januar 2006 – stellte das
BFM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht und lehnte
das Asylgesuch ab; gleichzeitig verfügte es die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnete deren Vollzug an.
C. Mit Eingabe an die damals zuständige Schweizerische Asylrekurskommission
(ARK) vom 2. März 2006 liess der Beschwerdeführer die Aufhebung der Verfügung
des BFM vom 26. Januar 2006 beantragen. Es sei ihm Asyl zu gewähren. Eventu-
ell sei festzustellen, dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig und nicht zu-
mutbar sei, und das BFM anzuweisen, ihm die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Es sei ihm die vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Er sei er-
gänzend zu befragen. Der Eingabe lagen ein Schreiben vom 6. Februar 2006 des
Vaters des Beschwerdeführers mitsamt Übersetzung und die Kopie einer Lohnab-
rechnung seiner Schwester bei.
D. Mit Zwischenverfügung vom 13. März 2006 wies der Instruktionsrichter der ARK
das Gesuch um Beigabe eines unentgeltlichen Anwalts ab, verzichtete auf die Er-
hebung eines Kostenvorschusses und stellte dem Beschwerdeführer in Aussicht,
über das Gesuch um Erlass allfälliger Verfahrenskosten werde zu einem späteren
Zeitpunkt befunden.
E. Das BFM beantragte in seiner Vernehmlassung vom 6. April 2006 die Abweisung
der Beschwerde.
F. In seiner Replik vom 5. Mai 2006 hielt der Beschwerdeführer an seinen Anträgen
fest. Dieser lagen ein Brief des Onkels des Beschwerdeführers und ein Schreiben
von B._______ mitsamt Übersetzungen sowie eine Kostennote bei.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR
173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungs-
verfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vor-
liegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden.
Dazu gehören Verfügungen des BFM gestützt auf das Asylgesetz vom 26. Juni
1998 (AsylG, SR 142.31); das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in diesem
Bereich endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgeset-
zes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es zuständig ist, die Beurteilung
der am 31. Dezember 2006 bei der ARK hängig gewesenen Rechtsmittel. Das
4neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG).
1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvoll-
ständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessen-
heit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
2. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; der Beschwerdeführer ist le-
gitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 und 50 ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist mit-
hin einzutreten.
3.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz grundsätzlich Flüchtlingen Asyl.
Als Flüchtling wird eine ausländische Person anerkannt, wenn sie in ihrem Heimat-
staat oder im Land, wo sie zuletzt wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationali-
tät, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politi-
schen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte Nachteile gel-
ten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit sowie Massnahmen,
die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumin-
dest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vor-
handensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft
sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet
oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeb-
lich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
4.
4.1 Das BFM begründete seine Verfügung damit, dass der Beschwerdeführer kein Ka-
dermitglied der LTTE gewesen sei. Er habe sich nicht am militärischen Kampf oder
an Sabotageakten beteiligt. Seine Aktivitäten für die LTTE hätten sich auf den lo-
kalen propagandistischen Bereich beschränkt, indem er Flugblätter verteilt und an
Versammlungen gesprochen habe. Zudem habe er die LTTE nicht freiwillig unter-
stützt. Somit weise er kein herausragendes Profil auf, welches die LTTE veranlas-
sen könnte, landesweit gegen ihn vorzugehen. Ferner bestünden keine Anhalts-
punkte dafür, dass er den Alleinvertretungsanspruch der LTTE/Vanni-Fraktion in
Frage gestellt oder sich gar als deren Gegner exponiert habe. Dieser Schluss wer-
de dadurch bestätigt, dass er die rigorosen Kontrollen der LTTE auf dem Weg in
den Süden habe passieren können. Aus diesen Gründen könnten künftige Über-
griffe der LTTE ausserhalb ihres engeren Einflussbereiches im Norden des Landes
ausgeschlossen werden.
Gemäss den Erkenntnissen des BFM bestehe nach dem Waffenstillstandsabkom-
men vom Februar 2002 für Angehörige der tamilischen Volksgruppe kaum ein
ernsthaftes Verfolgungsrisiko. Ziel der Verhaftung des Beschwerdeführers durch
die SLA sei gewesen, sein Engagement für die LTTE aufzudecken und dieses
5künftig zu verhindern. Aus seiner erfolgreichen Flucht in den Süden sei zu
schliessen, dass kein besonderes Verfolgungsinteresse der Sicherheitskräfte an
ihm bestehe. Er sei am Checkpoint der SLA südlich von Vanni überprüft worden
und habe in den Süden weiterreisen können. Zudem sei er auch im Süden Sri
Lankas von den Sicherheitskräften überprüft worden. Durch die Flucht in den
Süden habe er sich dem Einflussbereich der LTTE entzogen. Damit seien die
Drohungen der SLA, er dürfe nicht mehr für die LTTE tätig werden,
gegenstandslos geworden.
Da sich der Beschwerdeführer den regional bedingten Verfolgungsmassnahmen
habe entziehen können, sei er nicht auf den Schutz der Schweiz angewiesen. An
diesen Erwägungen könne auch das eingereichte Schreiben des Srilankischen Ro-
ten Kreuzes nichts ändern. Dieses weise nur geringen Beweiswert auf, fehlten
doch nähere Angaben zum Beschwerdeführer und zu der geltend gemachten In-
haftierung.
4.2 In der Beschwerde wird geltend gemacht, die Sachverhaltszusammenfassung der
Vorinstanz sei insofern unvollständig, als sie unterschlage, dass der Beschwerde-
führer lediglich Tamilisch spreche. Weiter unterschlage die Vorinstanz den Um-
stand, dass er seinen Kontaktmann zur LTTE gegenüber der Armee verraten habe.
Schliesslich unterschlage die Vorinstanz den Umstand, dass er seitens der Armee
Morddrohungen erhalten habe. Aus dem eingereichten Schreiben seines Vaters
gehe hervor, dass sowohl die LTTE als auch die Armee ihn gesucht hätten, wes-
halb diese ein aktuelles Interesse an ihm hätten. Bei der eingereichten Bestätigung
des Srilankischen Roten Kreuzes handle es sich um ein echtes Dokument mit
wahrem Inhalt, das ihm persönlich ausgehändigt worden sei. Die Behauptung des
BFM, der Beweiswert dieses Dokuments übersteige denjenigen eines Gefällig-
keitsschreibens nicht, werde bestritten. Die Behauptung der Vorinstanz, seine in
der Schweiz lebenden Geschwister könnten ihn bei einer Rückkehr nach Sri Lanka
unterstützen, sei falsch. Seine Schwester könne ihre eigenen Lebenshaltungskos-
ten nur knapp decken und sein Bruder müsse einen Kredit zurückzahlen und kön-
ne gerade die Lebenshaltungskosten seiner Familie decken.
Es treffe zu, dass der Beschwerdeführer in Colombo kontrolliert worden sei, er sei
damals aber in Begleitung eines älteren Singhalesen gewesen, der mit den Polizis-
ten habe sprechen können.
Bei aufmerksamer Lektüre der Befragungsprotokolle falle auf, dass die Schilderun-
gen des Beschwerdeführers kohärent, widerspruchsfrei und sehr detailreich seien.
Es könnten keine Zweifel daran aufkommen, dass er das Geschilderte tatsächlich
erlebt habe. Er werde sowohl vom Staat als auch von Dritten verfolgt und habe be-
gründete Furcht vor erneuter Verfolgung in seinem Heimatstaat. Im Lichte der ein-
gereichten Dokumente ergebe sich seine Glaubwürdigkeit ohne weiteres. Es kön-
ne keine Zweifel daran geben, dass er seitens der Armee schwere Nachteile erlit-
ten habe und noch heute unter den psychischen Folgen leide. Es sei erstellt, dass
er sowohl seitens der Armee als auch seitens der LTTE Morddrohungen erhalten
habe, und es gebe keine Anzeichen dafür, dass diese nicht ernst gemeint gewe-
sen seien. Bei einer Rückkehr in die Heimat laufe er Gefahr, von der Armee erneut
inhaftiert und gefoltert zu werden. Die LTTE könnte ihn zwingen, sich den Kampf-
einheiten in Vanni anzuschliessen. Es treffe zu, dass er kein Kadermitglied der
6LTTE sei. Grund für eine von der LTTE ausgehende Gefahr sei der Umstand, dass
er der Armee den Namen seines Kontaktmannes preisgegeben habe und deshalb
als Verräter gelte. Die Behauptung des BFM, die LTTE werde nicht landesweit
gegen ihn vorgehen, erweise sich als falsch, zumal bekannt sei, dass die LTTE
gegen Verräter sogar ausserhalb Sri Lankas gezielt vorgehe. Die Armee habe
keine gesicherten Erkenntnisse über sein Verhältnis zur LTTE und sein
Verschwinden habe ihn verdächtig gemacht. Er sei gefoltert worden und könne
dies zumindest teilweise beweisen. Die Armee habe somit grosses Interesse
daran, ihn zum Schweigen zu bringen. Die Behauptung der Vorinstanz, es gebe
keine Hinweise dafür, dass die Freilassung durch die Armee an Auflagen geknüpft
worden sei, sei bar jeglicher Grundlage, da entsprechende Fragen nie gestellt
worden seien. Aus dem "Besuch" der Armee bei seinen Eltern sei zu schliessen,
das solche Auflagen bestanden hätten.
Der Beschwerdeführer habe keine innerstaatliche Fluchtalternative, da er der sin-
ghalesischen Sprache nicht mächtig sei. Bereits daraus ergebe sich eine konkrete
Gefährdung, da er dies im Süden des Landes nicht verstecken könne. Er sei von
der Armee einen Monat lang festgehalten und schwer misshandelt worden. Auch
seitens der LTTE bestehe ein unverändertes Verfolgungsinteresse. Im Süden des
Landes habe er keine Verwandten oder Bekannten, mithin kein soziales Bezie-
hungsnetz.
4.3 Das BFM führt in seiner Vernehmlassung in Bezug auf die Rüge, das BFM unter-
schlage, dass der Beschwerdeführer nur Tamilisch spreche, aus, praxisgemäss
werde der Umstand, dass Angehörige der tamilischen Volksgruppe aus Sri Lanka
im Allgemeinen des Singehalesischen nicht mächtig seien, nicht explizit erwähnt.
Ein Hindernis für die Ergreifung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im singha-
lesisch dominierten Süden lasse sich aus fehlenden singhalesischen Sprachkennt-
nissen jedoch nicht ableiten, zumal sich im Süden eine Vielzahl von tamilischen
Bürgern aufhielten. Im Grossraum Colombo würden sich mehrere hunderttausend
Tamilen aufhalten. Bezüglich des geltend gemachten Mangels, wonach unerwähnt
geblieben sei, dass der Beschwerdeführer den Namen eines LTTE-Angehörigen
preisgegeben habe, sei Folgendes festzuhalten: Die LTTE gehe zwar rigoros ge-
gen so genannte Verräter vor. Dies betreffe insbesondere abgesprungene LTTE-
Kader, ehemalige LTTE-Mitglieder, die bei Kampfeinsätzen im Norden und Osten
aktiv, oder Personen, die an der Planung oder Ausführung von Anschlägen im
Grossraum Colombo beteiligt oder im politisch-propagandistischen Bereich in
massgebender Position tätig gewesen seien. Seit der Spaltung der LTTE (Praba-
karan- und Karunafraktion) seien teilweise auch Angehörige der Karunafraktion ins
Visier der Prabakaran-LTTE geraten. Der Beschwerdeführer gehöre, wie im Ent-
scheid dargelegt, nicht zu diesem Personenkreis. In diesem Zusammenhang sei
zu erwähnen, dass er sich bei allfälligen Behelligungen durch die LTTE oder mit
der Furcht davor an die "Human Rights Commission" oder die internationale "Sri
Lanka Monitoring Mission" wenden könne. Die vom Beschwerdeführer erwähnten
Morddrohungen durch die Armee seien im Sachverhalt tatsächlich nicht explizit er-
wähnt worden. Sie seien jedoch in den Erwägungen insofern berücksichtigt wor-
den, als argumentiert werde, diese Drohungen seien mit der kontrollierten Flucht in
den Süden Sri Lankas gegenstandslos geworden, da sie für den Fall einer weite-
ren Zusammenarbeit des Beschwerdeführers mit der LTTE ausgestossen worden
7seien. Die Kontrollen der SLA im Raum südlich von Vanni seien nach wie vor
streng und im Sinne eines "screenings" lückenlos. Es sei selbstredend, dass der
Auftrag der Armee zum Gegenstand habe, die Infiltration des Südens durch LTTE-
Aktivisten zu verhindern. Daher sei aus dem für ihn folgenlosen Passieren dieser
Kontrollen zu schliessen, dass die SLA keine Massnahmen gegen ihn plane.
Aufgrund seines Profils und seiner kontrollierten Flucht in den Süden bestehe kein
Anlass, von einer begründeten Furcht des Beschwerdeführers auszugehen, zumal
die SLA keine Massnahmen gegen ihn plane.
4.4 In der Stellungnahme wird entgegnet, die Vernehmlassung des BFM enthalte
nichts, was die Rügen in der Beschwerde entkräften könnte. Immerhin gebe die
Vorinstanz zu, den Sachverhalt insofern nicht korrekt erfasst zu haben, als sie
nicht bemerkt habe, dass der Beschwerdeführer nicht Singhalesisch spreche. Der
Umstand, wonach er nicht Singhalesisch spreche, sei insofern relevant, als er ei-
nen wesentlichen Einfluss auf die Zumutbarkeit der geltend gemachten Fluchtalter-
native im Grossraum Colombo habe. Dort könnten nur Tamilen ein einigermassen
normales Leben führen, die Singhalesisch sprächen. Alle die des Singhalesischen
nicht mächtig seien, benötigten ein starkes soziales Netz, um überleben zu kön-
nen. Das BFM gebe ausdrücklich zu, dass die LTTE rigoros gegen Verräter vorge-
he; dies möge tatsächlich insbesondere Kader betreffen, aber auch Personen, die
nicht Mitglied der LTTE seien. Aus der Sicht der LTTE sei er ein Verräter und da-
her in deren Visier. Er riskiere bei einer Rückkehr in seine Heimat schwerste Nach-
teile seitens der "Tiger", nicht nur wegen seines Verrats, sondern auch deshalb,
weil er sich der Rekrutierung durch Flucht entzogen habe. Der Beschwerdeführer
habe belegt, dass ihm die Armee auch nach seiner Flucht nachstelle, weshalb die
Behauptung der Vorinstanz, er sei für die Armee nicht mehr interessant, widerlegt
sei. Die Vorinstanz setze sich im Übrigen nicht mit allen in der Beschwerde erho-
benen Rügen, an denen festgehalten werde, auseinander.
5.
5.1 Zu den Einwänden in der Beschwerde, wonach die Vorinstanz den Sachverhalt un-
vollständig zusammengefasst habe, ist festzuhalten, dass die Behörde den Sach-
verhalt zwar von Amtes wegen festzustellen hat (Art. 12 VwVG). Die verfügende
Behörde muss sich aber nicht ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung
und jedem rechtlichen Einwand auseinander setzen, sondern darf sich auf die we-
sentlichen Gesichtspunkte beschränken (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der
Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2006 Nr. 24, E. 5.1. S. 256); sie
braucht deshalb auch nicht sämtliche Aussagen des Gesuchstellers in der Sach-
verhaltszusammenfassung der Verfügung aufzuführen.
5.2 Vorliegend hat das BFM in der Sachverhaltszusammenfassung zwar nicht aus-
drücklich erwähnt, dass die Soldaten gegenüber dem Beschwerdeführer Morddro-
hungen ausgesprochen hätten, falls er weiterhin für die LTTE arbeite. Hingegen
geht aus den Erwägungen (vgl. S. 4, 1. Abschnitt der Verfügung) hervor, dass das
BFM diese Drohungen als gegenstandslos erachtete, da er sich dem Einflussge-
biet der LTTE durch die Flucht in den Süden des Landes habe entziehen können.
Aufgrund der Aktenlage bestehen keine Zweifel daran, dass sich die Vorinstanz
auf die Aussage des Beschwerdeführers, wonach man ihm gedroht habe, man
8werde ihn ermorden, wenn er weiterhin mit der LTTE zusammenarbeiten würde
(vgl. das Protokoll der Anhörung, S. 14), bezog, zumal der Beschwerdeführer kei-
ne weiteren Drohungen seitens der srilankischen Armee erwähnte. Der Einwand,
das BFM habe unterschlagen, dass der Beschwerdeführer seitens der Armee
Morddrohungen erhalten habe, trifft somit nicht zu.
Anlässlich der Anhörung wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich gefragt, ob er
der Armee Namen von LTTE-Mitgliedern verraten habe (vgl. A6/24, S. 19). Ferner
wurde bereits im Empfangs- und Verfahrenszentrum festgestellt, dass Tamilisch
die Muttersprache des Beschwerdeführers ist, er aber ansonsten - ausser über
ein wenig Englisch - über keine weiteren Sprachkenntnisse verfügt. Es trifft zu,
dass das BFM den Verrat von LTTE-Mitgliedern und die fehlenden singhalesi-
schen Sprachkenntnisse weder in der Sachverhaltszusammenfassung noch in den
Erwägungen der angefochtenen Verfügung erwähnt. Das BFM legt in der Ver-
nehmlassung jedoch nachvollziehbar dar, weshalb es diesen Gesichtspunkten im
Gesamtzusammenhang keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat, wes-
halb diesbezüglich nicht von einer unvollständigen Feststellung des rechtserhebli-
chen Sachverhalts ausgegangen werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht
geht aufgrund des Gesagten vielmehr davon aus, dass das BFM den rechtserheb-
lichen Sachverhalt richtig und vollständig erhoben und hinreichend gewürdigt hat,
weshalb sich eine erneute Befragung des Beschwerdeführers nicht rechtfertigt.
Der entsprechende Antrag ist deshalb abzuweisen. Der in der Replik erhobene
Vorwurf, das BFM setze sich nicht mit der ganzen Beschwerde auseinander, geht
im Übrigen insofern fehl, als die Vorinstanz nicht gehalten ist, sich zu sämtlichen in
einer Beschwerdeschrift enthaltenen Einwänden zu äussern. Dem BFM kann von
der Beschwerdeinstanz zwar das Recht auf Einreichung einer Vernehmlassung ge-
währt werden, es kann indessen nicht dazu verpflichtet werden, eine Stellungnah-
me einzureichen, weshalb es ihm freisteht, ob und zu welchen Punkten einer Be-
schwerde es Stellung beziehen will.
6.
6.1 Der Beschwerdeführer macht in seinen Eingaben geltend, er fürchte sich vor der
LTTE, da er der Armee unter Folter den Namen seines Verbindungsmannes zur
LTTE preisgegeben und sich der Zwangsrekrutierung durch Flucht entzogen habe.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass er aussagte, er habe der Armee
gegenüber den Namen "C._______" und dessen Alter erwähnt. Weitere Angaben
zu dieser Person habe er nicht machen können. Die Befürchtung des Beschwerde-
führers, er werde nunmehr von der LTTE als Verräter betrachtet, trifft unter der Be-
dingung zu, dass diese von der geltend gemachten Namensnennung erfahren hat,
was indessen nicht als gesichert erachtet werden kann. Einerseits steht nicht fest,
dass C._______ dem Beschwerdeführer gegenüber seinen richtigen Namen, bei
dem es sich ohnehin um einen Decknamen handeln dürfte, nannte, andererseits
dürfte es der Armee, sollte ihr der Name nicht bereits ein Begriff gewesen sein,
kaum gelungen sein, C._______ angesichts der dürftigen Angaben, die er über ihn
machen konnte, zu identifizieren. Die LTTE forderte den Beschwerdeführer ge-
mäss seinen eigenen Angaben auf, nach der Freilassung aus dem Armeecamp
eine Ausbildung in Angriff zu nehmen und weiterhin für sie tätig zu sein. Er hielt
9sich nach seiner Freilassung noch etwa zweieinhalb Monate lang im Einflussgebiet
der LTTE auf und passierte auf dem Weg nach Colombo gemäss den Ausführun-
gen seines Onkels zwei LTTE-Checkpoints, ohne dass er mit der LTTE (ausser
der Aufforderung zur Waffenausbildung) Probleme gehabt hätte. Der Vater des Be-
schwerdeführers teilte diesem in seinem Brief vom 6. Februar 2006 zwar mit, die
LTTE habe sich nach ihm erkundigt, was indessen damit zusammenhängen kann,
dass er sich gegenüber der LTTE bereit erklärte, nach dem Arztbesuch in Colom-
bo zurückzukehren und die Ausbildung anzutreten. Letztlich braucht aber nicht
weiter erörtert zu werden, aus welchen Gründen die LTTE sich beim Vater nach
dem Beschwerdeführer erkundigt haben könnte, da ohnehin nicht davon ausge-
gangen werden kann, der Beschwerdeführer verfüge über ein Profil, welches die
LTTE veranlassen können, auch ausserhalb ihres direkten Einflussgebietes nach
ihm zu suchen.
6.2 Aufgrund des Persönlichkeitsprofils des Beschwerdeführers ist auch nicht davon
auszugehen, dass er von der Armee gesucht wird. Wäre die srilankische Armee
davon ausgegangen, der Beschwerdeführer spiele bei der LTTE eine gewichtige
Rolle, wäre er nicht nach einmonatiger Inhaftierung in einem Armeecamp freige-
lassen worden. Gemäss seinen Aussagen sei er unter anderem auf freien Fuss
gesetzt worden, weil man ihm geglaubt habe, dass er von der LTTE gezwungen
worden war, die übernommenen Tätigkeiten auszuüben. Ferner hätte die Armee
ihm wohl nicht erlaubt, sich nach Colombo zu begeben, ohne ihm irgendwelche
Auflagen zu machen, falls man ein weitergehendes Interesse an ihm gehabt hätte.
Die Vorinstanz geht angesichts der Aktenlage zu Recht davon aus, dem Be-
schwerdeführer seien keine Auflagen gemacht worden, da er diese angesichts des
Kontextes der Fragen erwähnt hätte. Der Beschwerdeführer erklärte, die Soldaten
beim Checkpoint hätten das Camp, in dem er festgehalten worden sei, angerufen
und sich über ihn erkundigt; danach habe man ihn weiterreisen lassen. Weder der
Beschwerdeführer noch dessen Onkel erwähnten, dass die Genehmigung der Wei-
terreise mit irgendwelchen Auflagen verbunden gewesen wäre. Die Mitteilung des
Vaters des Beschwerdeführers, Armeeoffiziere hätten zu Hause nach ihm gesucht,
erscheint somit nicht glaubhaft. Die Armee liess den Beschwerdeführer nach Co-
lombo gemäss den schriftlichen Aussagen des Onkels bei zwei Checkpoints pas-
sieren und dieser kehrte nicht auf die Jaffna-Halbinsel zurück, so dass eine Suche
nach ihm bei seinen Eltern zwecklos gewesen wäre. Zudem verliess er Sri Lanka
mit einem legal erhaltenen Reisepass, was ebenso gegen eine behördliche Suche
nach ihm spricht. Hätte die Armee, wie in der Beschwerde behauptet wird, ein
Interesse daran, den Beschwerdeführer zum Schweigen zu bringen, hätte sie ihn
wohl weder freigelassen noch nach Colombo und schliesslich ins Ausland reisen
lassen.
6.3 Das Bundesverwaltungsgericht geht somit davon aus, dass der Beschwerdeführer
ausserhalb seines Herkunftsgebietes weder von der LTTE noch von der Armee ge-
sucht wird, weshalb ihm in seinem Heimatland eine innerstaatliche Fluchtalternati-
ve offensteht. In Übereinstimmung mit der Auffassung der Vorinstanz ist davon
auszugehen, dass die Morddrohungen der Soldaten gegenüber dem Beschwerde-
führer darauf abzielten, diesen vor einer weiteren Zusammenarbeit mit der LTTE
abzuschrecken. Es ist indessen nicht anzunehmen, dass ein behördliches Verfol-
gungsinteresse an seiner Person besteht, solange er nicht im Dienste der LTTE
10
steht.
6.4 An dieser Würdigung des Sachverhalts vermögen auch die eingereichten Bestäti-
gungsschreiben nichts zu ändern. Wie bereits oben ausgeführt wurde, erscheint
die Mitteilung des Vaters des Beschwerdeführers, dieser werde von der Armee ge-
sucht, nicht plausibel. Der Bestätigung des Srilankischen Roten Kreuzes vom 3.
November 2005 kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer für dieses
tätig war. Im Schreiben wird des Weiteren auf die ethnische Situation und Behelli-
gungen durch die Armee hingewiesen, ohne dass dazu klar Stellung genommen
wird beziehungsweise konkrete Probleme des Beschwerdeführers angeführt wer-
den, obwohl das Srilankische Rote Kreuz gemäss Aussagen des Beschwerdefüh-
rers zumindest über seine Inhaftierung auf dem Laufenden gewesen sei. Dem
Schreiben des Onkels des Beschwerdeführers kann der Sachverhalt entnommen
werden, der bereits in den Befragungen ermittelt wurde. Da die Sachverhaltsdar-
stellung des Beschwerdeführers nicht bezweifelt wird, erübrigen sich weitere Aus-
führungen zu diesem Schreiben. Schliesslich reichte der Beschwerdeführer ein
Schreiben vom 18. März 2006 des Parlamentsmitglieds B._______ ein. Der Parla-
mentarier bestätigte, dass der Beschwerdeführer mit der LTTE zusammenarbeitete
und von der Armee festgenommen und misshandelt wurde. Des Weiteren bestätig-
te er, dass Todesdrohungen ausgesprochen worden seien und der Beschwerde-
führer nach eindringlichen Warnungen freigelassen worden sei. Abgesehen davon,
dass der Parlamentarier nicht dabei war, als gegenüber dem Beschwerdeführer
Drohungen und Warnungen ausgesprochen wurden, ist dem Schreiben nichts zu
entnehmen, was der Beschwerdeführer nicht bereits bei seinen Befragungen gel-
tend machte.
6.5 Angesichts dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen in den
Eingaben des Beschwerdeführers im Detail einzugehen, da sie am Ergebnis nichts
zu ändern vermögen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass dem Beschwerde-
führer auch angesichts des Umstandes, dass die Schwelle der Annahme von be-
gründeter Furcht, bei Personen, die bereits früher Verfolgung erlitten haben, her-
abgesetzt ist (vgl. EMARK 2004 Nr. 1, 1998 Nr. 4), keine begründete Furcht vor
zukünftiger Verfolgung zuerkannt werden kann, da ihm innerhalb seines Heimat-
landes eine landesinterne Fluchtalternative zur Verfügung steht. Da der Beschwer-
deführer sein Heimatland kontrolliert und mit seinem eigenen Reisepass verliess
und von den srilankischen Behörden nicht gesucht wird, ist nicht anzunehmen,
dass ihm bei der Wiedereinreise Schwierigkeiten entstehen werden.
Dem Beschwerdeführer ist es demnach nicht gelungen, nachzuweisen oder glaub-
haft zu machen, dass er im Zeitpunkt seiner Ausreise aus Sri Lanka begründete
Furcht hatte, im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AsylG relevanten Nachteilen ausgesetzt
zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht nicht davon aus, dass ihm bei sei-
ner Rückkehr nach Sri Lanka aufgrund seiner als glaubhaft erachteten Vorbringen
ernsthafte Nachteile drohen. Das Bundesamt hat das Asylgesuch des Beschwer-
deführers demnach zu Recht abgelehnt.
7.
7.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt
11
es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; da-
bei ist der Grundsatz der Einheit der Familie zu berücksichtigen (Art. 44 Abs. 1
AsylG). Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zu-
mutbar, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzli-
chen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2
AsylG; Art. 14a Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt
und Niederlassung der Ausländer [ANAG, SR 142.20]).
7.2 Der Vollzug ist nicht möglich, wenn der Ausländer weder in den Herkunfts- oder in
den Heimatstaat noch in einen Drittstaat verbracht werden kann. Er ist nicht zuläs-
sig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise des Aus-
länders in seinen Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen. Der
Vollzug kann insbesondere nicht zumutbar sein, wenn er für den Ausländer eine
konkrete Gefährdung darstellt (Art. 14a Abs. 2 - 4 ANAG).
7.3 Niemand darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in
dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1
AsylG gefährdet sind oder in dem die Gefahr besteht, dass er zur Ausreise in ein
solches Land gezwungen wird (Art. 5 Abs. 1 AsylG).
7.4 Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossen-
schaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des Übereinkommens vom 10. De-
zember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedri-
gende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Kon-
vention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November
1950 (EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder ernied-
rigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
8. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbe-
willigung noch einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde
demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 Abs. 1 AsylG; EMARK 2001 Nr. 21).
9.
9.1 In der Beschwerde wird geltend gemacht, der Vollzug der Wegweisung sei nicht
zulässig und nicht zumutbar. Die allgemeine Argumentation des BFM lege den
Schluss nahe, die Vorinstanz gehe davon aus, der Vollzug der Wegweisung von
abgewiesenen Asylsuchenden aus Sri Lanka sei generell zumutbar. Gemäss Art.
35 VwVG seien Verfügungen so detailliert und deutlich zu begründen, dass sich
der Betroffene über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen und diesen
gegebenenfalls sachgerecht anfechten könne. Für das Asyl- und Wegwei-
sungsverfahren seien die Anforderungen an die Begründungspflicht aufgrund der
auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter hoch. Die Textbausteine der Vorinstanz ge-
nügten diesen Anforderungen nicht. Der Entscheid sei in diesem Punkt nicht nach-
vollziehbar und es falle schwer, argumentativ damit umzugehen.
9.2 Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung erscheint die Verfügung
des BFM hinsichtlich der Frage des Vollzugs der Wegweisung als ausreichend und
nachvollziehbar begründet. Die Vorinstanz legte anhand von Ausführungen über
12
die allgemeine Lage in Sri Lanka und die persönliche Situation des Beschwerde-
führers dar, aufgrund welcher Überlegungen sie zum Schluss gelangte, dem Be-
schwerdeführer sei eine Rückkehr in sein Heimatland zuzumuten.
10.
10.1 Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass
der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Personen schützt, die die Flüchtlingsei-
genschaft erfüllen (vgl. MARIO GATTIKER, Das Asyl- und Wegweisungsverfahren,
Bern 1999, S. 89). Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asyl-
rechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann
das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-refoulements
im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr des Be-
schwerdeführers in seinen Heimatstaat ist demnach unter dem Aspekt von Art. 5
AsylG rechtmässig.
10.2 Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus
den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung nach Sri
Lanka dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1
FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Eu-
ropäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie jener des UN-Anti-Folteraus-
schusses müsste er eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft
machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Be-
handlung drohen würde (vgl. EMARK 2001 Nr. 16 S. 122, mit weiteren Hinweisen).
Da das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Vorinstanz davon
ausgeht, dem Beschwerdeführer drohten im Süden des Landes weder von den sri-
lankischen Behörden noch von der LTTE Nachstellungen, ist ihm dies nicht gelun-
gen. Auch die allgemeine Menschenrechtssituation in Sri Lanka lässt den Wegwei-
sungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt nicht als unzulässig erscheinen. Nach dem
Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asyl- als auch der
völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
10.3 Aus humanitären Gründen, nicht in Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung
der Schweiz, wird auf den Vollzug der Wegweisung auch verzichtet, wenn die
Rückkehr in den Heimatstaat für den Betroffenen eine konkrete Gefährdung dar-
stellt. Eine solche Gefährdung kann angesichts der im Heimatland herrschenden
allgemeinen politischen Lage, die sich durch Krieg, Bürgerkrieg oder durch eine Si-
tuation allgemeiner Gewalt kennzeichnet, oder aufgrund anderer Gefahrenmomen-
te, wie beispielsweise das Fehlen einer notwendigen medizinischen Behandlungs-
möglichkeit, angenommen werden (vgl. Botschaft zum Bundesbeschluss über das
Asylverfahren vom 22. Juni 1990, BBl 1990 II 668).
Bezüglich der allgemeinen Lage in Sri Lanka (vgl. insbesondere "UNHCR Position
on the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Sri Lanka" vom De-
zember 2006 [Zusammenfassung und Schlussfolgerungen in deutscher Überset-
zung in: UNHCR-Stellungnahme zum Bedarf an internationalem Schutz von Asyl-
suchenden aus Sri Lanka" vom Januar 2007], "Asylsuchende aus Sri Lanka - Posi-
tion der Schweizerischen Flüchtlingshilfe" vom 1. Februar 2007, "Country of Origin
Information Report - Sri Lanka" des "United Kingdom Home Office" vom 8. Februar
13
2007 und vom 11. Mai 2007, International Crisis Group: "Sri Lanka: The Failure of
the Peace Process" in Asia Report No. 124 vom 28. November 2006, International
Crisis Group: "Sri Lanka's Human Rights Crisis" in Asia Report No 135 vom 14.
Juni 2007) ist im heutigen Zeitpunkt festzustellen, dass sich sowohl die politische
Situation als auch die Sicherheitslage im Verlaufe des letzten Jahres deutlich ver-
schlechtert haben. Damit einhergehend ist seit dem letzten Jahr ein Anstieg von
schweren Menschenrechtsverletzungen zu verzeichnen. In den mehrheitlich von
Tamilen bewohnten Gebieten im Norden und Osten des Landes ist die Sicherheits-
lage bedenklich und es herrschen schlechte humanitäre Bedingungen. Das im
Februar 2002 abgeschlossene Waffenstillstandsabkommen zwischen der srilanki-
schen Regierung und der LTTE wurde über die Jahre immer brüchiger. Massgebli-
cher Faktor dieser Entwicklung war nicht zuletzt die Abspaltung des LTTE-Ostkom-
mandanten Karuna von der Vanni-Führung im März 2004. Die Ermordung von Au-
ssenminister Lakshman Kadirgamar im August 2005 war schliesslich der Wende-
punkt, der eine anhaltende Verschlechterung der Lage einleitete. In der Folge er-
klärte die Regierung den Ausnahmezustand und setzte die so genannten "Emer-
gency Regulations" (ER) in Kraft, welche den Sicherheitskräften vermehrte Kon-
troll- und Eingriffsrechte einräumen. Im April 2006 versuchten die LTTE den hoch-
rangigen General Sarath Fonseka zu ermorden. Die Regierung reagierte darauf
mit schweren Luftangriffen auf LTTE-Gebiete im Osten des Landes. Ende Juli
2006 löste die Schliessung einer wichtigen Wasserschleuse durch die LTTE die
erste Bodenoffensive der Armee im Gebiet von Trincomalee aus. Die LTTE ihrer-
seits startete im August 2006 einen Angriff auf die Jaffna-Halbinsel, der jedoch von
den Sicherheitskräften zurückgeschlagen wurde. Dies bedeutete faktisch das Ende
des Waffenstillstandes. Ein vorläufig letzter Versuch, die Konfliktparteien zu neuen
Friedensverhandlungen zu bewegen, scheiterte im Oktober 2006. Im Dezember
2006 wurden die ER nach dem missglückten Selbstmordanschlag auf den Bruder
des Staatspräsidenten verschärft. Die srilankische Armee ist bestrebt, die LTTE im
Vanni-Gebiet zu isolieren und bombardiert dieses regelmässig. Die LTTE ist indes-
sen inzwischen zur Guerilla-Taktik übergegangen und hat mit einem Überra-
schungsangriff mittels Leichtflugzeug auf den Luftwaffenstützpunkt beim internatio-
nalen Flughafen von Colombo im März 2007 gezeigt, dass sie über ein gefährli-
ches Eskalationspotential verfügt. Der als Hardliner bekannte Präsident Rajapakse
sowie die Regierung, deren Mitglieder mehrheitlich der Partei des Präsidenten, der
"Sri Lankan Freedom Party" (SLFP), angehören, setzen derzeit auf eine militäri-
sche anstatt eine politische Lösung des Konfliktes. Die Regierung versucht ausser-
dem, die Tamilengebiete im Norden und Osten des Landes auseinander zu dividie-
ren. So wurde beispielsweise der im Jahr 1987 festgelegte provisorische Zusam-
menschluss zwischen der Nord- und der Ostprovinz durch einen Gerichtsentscheid
rückgängig gemacht. Die Regierung möchte nun offensichtlich Karuna und dessen
politische Organisation, "Tamil Makkal Viduthalai Puligal" (TMVP), als neuen Ord-
nungsfaktor im Osten etablieren. Ein Ende des bewaffneten Konflikts und eine
substanzielle Verbesserung der Lage ist zurzeit nicht in Sicht.
Vor diesem Hintergrund ist eine Rückschaffung abgewiesener Asylbewerber aus
Sri Lanka in Fortführung der von der ARK entwickelten Praxis in die im Norden der
Insel gelegenen Gebiete Kilinochchi, Mannar, Vavuniya, Mullaitivu und Jaffna als
unzumutbar zu erachten. Hingegen stuft das Bundesverwaltungsgericht eine Rück-
14
führung in die übrigen Provinzen und insbesondere in den Grossraum Colombo
weiterhin als grundsätzlich zumutbar ein. Zwar hat sich auch dort die humanitäre
und politische Situation sowie die Sicherheitslage in den letzten Jahren verschärft;
dennoch ist nicht von einer generellen Unzumutbarkeit einer Rückschaffung in die-
ses Gebiet auszugehen (vgl. dazu EMARK 2006 Nr. 6).
Der Beschwerdeführer stammt gemäss Aktenlage von der Jaffna-Halbinsel. Ge-
mäss den vorstehenden Erwägungen ist der Vollzug der Wegweisung in dieses
Gebiet als unzumutbar zu qualifizieren. Somit bleibt zu prüfen, ob es ihm zuzumu-
ten ist, sich in einer anderen Region seines Heimatlandes - namentlich im Gross-
raum Colombo - niederzulassen. Die Gefahr von Anschlägen durch die LTTE hat
in letzter Zeit auch in Colombo zugenommen, weshalb innerhalb der Stadt zahlrei-
che Checkpoints errichtet wurden; insbesondere Tamilen werden an den Check-
points regelmässig Sicherheitskontrollen unterzogen. Das Bundesverwaltungsge-
richt erachtet die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Gefährdung durch die
srilankische Armee und die LTTE im Süden des Landes als nicht gegeben, wes-
halb davon auszugehen ist, der Beschwerdeführer könne von der in Sri Lanka ga-
rantierten Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen. Er verfügt über eine durch-
schnittliche Schulbildung und etwas Berufserfahrung, weshalb davon auszugehen
ist, es stünden ihm im Süden des Landes keine unüberwindbaren Hindernisse
beim Aufbau einer Existenz im Weg. Gemäss Aktenlage spricht der Beschwerde-
führer zwar nicht Singhalesisch, was indessen im Grossraum Colombo kein un-
überwindbares Hindernis für eine Integration darstellt, zumal die Tamilen dort zirka
30 % der Bevölkerung ausmachen. Auch wenn er in Anbetracht des Umstandes,
dass er eigenen Angaben gemäss nie in Colombo lebte, und er , im Grossraum
Colombo auch über kein engeres Beziehungsnetz zu verfügen scheint, dürfte es
ihm möglich sein, angesichts des Organisierungsgrades der in Colombo lebenden
Tamilen rasch soziale Kontakte zu knüpfen. Insgesamt ist daher festzustellen,
dass dem Beschwerdeführer innerhalb seines Heimatlandes eine zumutbare Auf-
enthaltsalternative zur Verfügung steht. Der Vollzug der Wegweisung erweist sich
demnach nicht als unzumutbar.
10.4 Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung
seines Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu be-
schaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG), weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als
möglich zu bezeichnen ist.
10.5 Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu bestätigen. Die
Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erach-
tet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser
Betracht (Art. 14a Abs. 1 - 4 ANAG).
11. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundes-
recht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig fest-
stellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist nach dem Gesag-
ten abzuweisen.
12. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer auf-
15
zuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.-- festzusetzen (Art.
16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 2 und 3 des Reglements über die Kosten und Ent-
schädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006
[VGKE]). Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss
Art. 65 Abs. 1 VwVG ist abzuweisen, da auf dem Sicherheitskonto des Beschwer-
deführers bereits genügende Mittel vorhanden sind, welche - entsprechend der
Zweckbestimmung von Art. 86 Abs. 1 AsylG - auch der Kostendeckung im Rechts-
mittelverfahren dienen. Eine allfällige Kostenforderung des Bundes könnte mit die-
sen Geldern beglichen werden, ohne dass der mittlerweile arbeitstätige Beschwer-
deführer deswegen den Lebensunterhalt beschränken müsste.
(Dispositiv nächste Seite)
16
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
3. Die Verfahrenskosten, bestimmt auf Fr. 600.--, werden dem Beschwerdeführer auf-
erlegt.
4. Dieses Urteil geht an:
- den Vertreter des Beschwerdeführers, 2 Expl. (eingeschrieben; Beilagen: vor-
instanzliche Verfügung im Original, Schreiben von B._______,
3 Zustellcouverts, Einzahlungsschein)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit deren Akten
(Kopie; Ref.-Nr. N _______)
- (die kantonale Behörde)
Der Richter: Der Gerichtsschreiber:
Walter Lang Christoph Basler
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