D-5675/2011 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch (Safe Country) und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l adm in i s t r a t i f f édé ra l
T r i buna l e ammin i s t r a t i vo f ede ra l e
T r i buna l adm in i s t r a t i v f ede ra l
Abteilung IV
D5675/2011
U r t e i l v om 1 9 . O k t ob e r 2 0 1 1
Besetzung Einzelrichter Bendicht Tellenbach,
mit Zustimmung von Richter Walter Lang;
Gerichtsschreiber Daniel Merkli.
Parteien A._______ geboren am (…)
dessen Ehefrau
B._______ geboren am (…)
und deren Kinder
C._______ geboren am (…)
D._______ geboren am (…)
Mazedonien,
(…)
Beschwerdeführende,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 22. September 2011 / N_______
D5675/2011
Seite 2
Das Bundesverwaltungsgericht,
In Anwendung
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18. April 1999 (BV, SR 101),
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31),
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das
Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021),
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das
Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32),
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG,
SR 173.110),
des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen
und Ausländer (AuG, SR 142.20),
des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30)
der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte
und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK,
SR 0.101),
und des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und
andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder
Strafe (FoK, SR 0.105)
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und
Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR
173.320.2),
stellt fest,
dass die Beschwerdeführenden, Staatsangehörige der ehemaligen
jugoslawischen Republik Mazedonien und der Volksgruppe der Ashkali
D5675/2011
Seite 3
(Majup) zugehörig, nach ihren Angaben am 14. April 2011 in die Schweiz
einreisten, wo sie am Folgetag im E.______ ein Asylgesuch stellten,
dass sie am 28. April 2011 im F._______ zu den Personalien, dem
Reiseweg und summarisch zu den Asylgründen angehört und
anschliessend dem Kanton G.________ zugewiesen wurden,
dass am 24. Mai 2011 das Kind D.______ geboren wurde,
dass der Beschwerdeführer am 18. August 2011 und die
Beschwerdeführerin am 20. September 2011 beim BFM in G._______
gemäss Art 29 Abs. 1 AsylG zu den Asylgründen angehört wurden,
dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbrachte, er sei arbeitslos
und habe in der Nähe von H.______ ein bescheidenes Gewerbe durch
Sammeln von Abfall und Altmetall betrieben, sei dabei aber von der
Polizei behindert worden,
dass er insbesondere Probleme mit dem lokalen Polizeichef gehabt habe,
der ihn wegen der fehlenden Verkehrszulassung für seinen Anhänger
immer wieder angehalten und gebüsst und ihn einmal sogar geschlagen
habe,
dass die Beschwerdeführerin sich den Vorbringen ihres Ehemannes
anschloss,
dass das BFM mit Verfügung vom 22. September 2011 auf das
Asylgesuch der Beschwerdeführenden in Anwendung von Art. 34 Abs. 1
AsylG nicht eintrat, die Wegweisung der Beschwerdeführenden
anordnete und den Vollzug als zulässig, zumutbar und möglich erklärte,
dass diese Verfügung den Beschwerdeführenden am 6. Oktober 2011
durch Abholung am Postschalter in I._______ zugestellt wurde,
dass die Beschwerdeführenden mit Eingabe vom 10. Oktober 2011
(Poststempel) an das BFM (Eingang am 11. Oktober 2011) Beschwerde
gegen die Verfügung vom 22. September 2011 erhoben,
dass diese Beschwerdeeingabe vom BFM zusammen mit dem
vorinstanzlichen Dossier am 14. Oktober 2011 dem
Bundesverwaltungsgericht übermittelt wurde,
D5675/2011
Seite 4
und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig
über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des BFM
entscheidet, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des
Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht
(Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 – 33 VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass die Beschwerdeführenden zur Einreichung der Beschwerde
legitimiert sind (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1
VwVG) und somit auf die frist und formgerecht eingereichte Beschwerde
einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 52 VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher
Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise
einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG), und es
sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt,
weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist
(Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen
Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass auf Gesuche von Asylsuchenden aus verfolgungssicheren Staaten
nach Art. 6a Abs. 2 Bst. a AsylG (sogenannte Safe CountryRegelung)
nicht eingetreten wird, ausser es gebe Hinweise auf eine Verfolgung
(Art. 34 Abs. 1 AsylG),
dass der Bundesrat Mazedonien mit Beschluss vom 25. Juni 2003 zu
einem Safe Country im obgenannten Sinn erklärt hat und auf diese
Einschätzung im Rahmen der periodischen Überprüfung (Art. 6a Abs. 3
AsylG) bisher nicht zurückgekommen ist,
dass die formelle Voraussetzung für den Erlass eines
Nichteintretensentscheides gestützt auf Art. 34 Abs. 1 AsylG somit
gegeben ist,
dass bei Art. 34 Abs. 1 AsylG praxisgemäss derselbe weite
Verfolgungsbegriff wie in Art. 18, Art. 33 Abs. 3 Bst. b und Art. 35 AsylG
D5675/2011
Seite 5
zur Anwendung gelangt (zu den beiden erstgenannten Bestimmungen
vgl. EMARK 2004 Nr. 35 E. 4.3 S. 247), welcher nicht bloss ernsthafte
Nachteile nach Art. 3 AsylG, sondern auch die von Menschenhand
verursachten Wegweisungshindernisse im Sinne von Art. 44 Abs. 2
AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 3 und 4 AuG umfasst (vgl. EMARK 2004 Nr. 5
E. 4c.aa S. 35 f., EMARK 2004 Nr. 35 E. 4.3 S. 247),
dass überdies nur einem tiefen Beweismass Genüge getan werden muss,
weshalb auf ein Gesuch einzutreten ist, wenn Verfolgungshinweise
geltend gemacht werden, die nicht bereits auf den ersten Blick als
unglaubhaft erkennbar sind (vgl. EMARK 2005 Nr. 2 E. 4.3 S. 16 f.),
dass das BFM seine Verfügung damit begründete, es seien keine
Hinweise auf Verfolgung ersichtlich, welche die für Safe Countries
geltende Vermutung der Verfolgungssicherheit zu wiederlegen
vermöchten,
dass insbesondere die geltend gemachten Probleme mit der Polizei keine
solchen Hinweise auf Verfolgung darstellten, da die Polizei offensichtlich
nur ihrer Pflicht nachgegangen sei, indem sie das Führen eines nicht
verkehrstauglichen Fahrzeuges geahndet habe,
dass der behauptete Zwischenfall, bei welchem der Beschwerdeführer
angeblich vom Polizeichef geschlagen worden sei, sowohl vom
Beschwerdeführer als auch von seiner Ehefrau in widersprüchlicher
Weise geschildert worden und daher als unglaubhaft zu erachten sei,
dass als Folge des auf in Anwendung von Art. 34 Abs. 1 AsylG
ergehenden Nichteintretensentscheides die Beschwerdeführenden aus
der Schweiz weggewiesen und dem Vollzug der Wegweisung weder
völkerrechtliche Hindernisse noch Gründe der Unzumutbarkeit oder der
technischen Unmöglichkeit entgegenstehen würden,
dass die Beschwerdeführenden in ihrer Beschwerdeeingabe vom 10.
Oktober 2011 vorbrachten, sie hätten in Mazedonien kein richtiges
Zuhause für ihre Familie, hätten dort keine Arbeit und keine
menschenwürdige Existenz, zudem hätten sie Angst vor der Polizei
wegen dem Vergehen mit dem Anhänger, und auch wegen ihres erst im
Mai geborenen Kleinkindes hätten sie Angst vor einer Rückkehr,
dass diese Einwände indessen offensichtlich nicht geeignet sind, die
Erwägungen der vorinstanzlichen Verfügung in Frage zu stellen,
D5675/2011
Seite 6
dass die Vorbringen der Beschwerdeführenden offensichtlich keine
Hinweise auf Verfolgung im Sinne der zitierten Rechtsprechung
darstellen,
dass sich höchstens inbezug auf die behauptete Tätlichkeit eines
Polizisten allenfalls die Frage stellen könnte, ob eine solche
Misshandlung nicht unter den weiten Verfolgungsbegriff im erwähnten
Sinne fallen würde,
dass diese Frage indessen dahingestellt bleiben kann, da der behauptete
Vorfall von den Beschwerdeführenden in unsubstanziierter und
widersprüchlicher Weise geschildert wurde und daher als offensichtlich
unglaubhaft zu erachten ist,
dass somit die Argumentation der Vorinstanz zu bestätigen und diese zu
Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,
dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein
Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat
(Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend der Kanton keine
Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein Anspruch auf Erteilung
einer solchen besteht (vgl. BVGE 2009/50 E. 9), weshalb die verfügte
Wegweisung vom BFM zu Recht angeordnet wurde,
dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen
Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern regelt,
wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder
nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn
völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der
Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat, Herkunfts oder einen
Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),
dass der Vollzug der Wegweisung vorliegend in Beachtung dieser
massgeblichen völker und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig ist,
da es den Beschwerdeführenden nicht gelungen ist, eine asylrechtlich
erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen,
weshalb das in Art. 5 AsylG sowie Art. 33 Abs. 1 FK verankerte Prinzip
des flüchtlingsrechtlichen NonRefoulements im vorliegenden Verfahren
keine Anwendung findet und keine Anhaltspunkte für eine
menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne von Art. 25 Abs. 3 BV, von
D5675/2011
Seite 7
Art. 3 FoK und der Praxis zu Art. 3 EMRK ersichtlich sind, die den
Beschwerdeführenden in Mazedonien droht,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumutbar
erweist, wenn sie im Heimat oder Herkunftsstaat auf Grund von
Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer
Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),
dass weder die allgemeine Lage in Mazedonien noch individuelle Gründe
auf eine konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat
schliessen lassen,
dass die von den Beschwerdeführenden gegen eine Rückkehr in ihren
Heimatstaat vorgebrachten Gründe – ungenügendes Erwerbseinkommen
und schlechte Unterkunft, Anstände mit der Polizei – offensichtlich nicht
genügen, um eine konkrete Gefährdung im genannten Sinne
darzustellen,
dass daher der Vollzug der Wegweisung vorliegend zumutbar ist,
dass der Vollzug der Wegweisung nach Mazedonien schliesslich möglich
ist, da die Beschwerdeführenden über gültige Reisepässe verfügen und
keine Vollzugshindernisse bestehen (Art. 83 Abs. 2 AuG),
dass nach dem Gesagten der vom Bundesamt verfügte Vollzug der
Wegweisung zu bestätigen ist,
dass es den Beschwerdeführenden demnach nicht gelungen ist darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt oder
unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuweisen
ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.–
(Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 1 3 VGKE) den
Beschwerdeführenden aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
D5675/2011
Seite 8
(Dispositiv nächste Seite)
D5675/2011
Seite 9
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600. werden den Beschwerdeführenden
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das BFM und die
zuständige kantonale Behörde.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Bendicht Tellenbach Daniel Merkli
Versand: