D-5110/2008 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 10. Jul...
Karar Dilini Çevir:
D-5110/2008 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 10. Jul...
Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-5110/2008
law/mah
Urteil vom 7. Juli 2011
Besetzung Richter Walter Lang (Vorsitz),
Richter Gérard Scherrer,
Richterin Contessina Theis,
Gerichtsschreiberin Sarah Mathys.
Parteien A._______, geboren am (…),
Iran,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 10. Juli 2008 / N (…).
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Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger kurdischer
Ethnie und Angehöriger der religiösen Gemeinschaft der Ahl-e Haq, aus
Z._______ (…) stammend mit letztem Wohnsitz in Y._______, suchte am
10. April 2006 in der Schweiz um Asyl nach.
B.
Am 2. Mai 2006 erhob das BFM im Empfangszentrum (heute Empfangs-
und Verfahrenszentrum [EVZ]) Basel die Personalien des
Beschwerdeführers und befragte ihn summarisch zum Reiseweg und zu
den Gründen für das Verlassen des Heimatlandes. Am 25. August 2006
hörte ihn das (…) des Kantons (…) zu seinen Asylgründen ausführlich an.
B.a Zur Begründung seines Asylgesuchs machte der Beschwerdeführer
im Wesentlichen geltend, er sei von 1982 bis 1999 Berufsoffizier in der
(…) gewesen. Wegen seiner kurdischen Ethnie habe man ihn immer
wieder in besonders heiklen und gefährlichen Missionen eingesetzt. Weil
er sich geweigert habe, an den nächsten Kriegsschauplatz nach
X._______ zu gehen, und den schriftlichen Befehl vor den Augen von
B._______ und C._______ vom Amt für politische Gesinnung und
Glauben zerrissen habe, sei er noch auf dem Weg nach Hause von einer
Sondereinheit verhaftet worden. Er habe einen Tag im Gefängnis auf
dem Militärposten verbracht und sei danach zum (…) in W._______
gebracht worden. Er sei zwei Monate inhaftiert, dann vom Gericht
freigesprochen und entlassen worden. Er sei aber nicht befördert worden,
obwohl er einen Anspruch gehabt hätte, und habe Probleme mit dem Amt
für politische Gesinnung bekommen. Erneut sei er deshalb für einen
Monat inhaftiert worden. Im Jahre 1992 sei sein kurdischer Freund
D._______, ein Helikopterpilot, in den Irak geflogen und habe dort um
politisches Asyl ersucht. Da es sein Freund gewesen sei, hätten ihm die
Behörden unterstellt, dass er davon gewusst haben musste, die
Behörden jedoch nicht benachrichtigt habe. Sie hätten deshalb ein
Dossier über ihn eröffnet. Eine Woche hätten sie ihn misshandelt, bis sie
ihn aus der Einzelzelle auf die allgemeine Abteilung gebracht hätten.
Insgesamt sei er 15 Tage festgehalten worden. Es sei im Gericht zu
Zeugenbefragungen gekommen von verschiedenen Polizeieinheiten,
aber man habe ihm nichts nachweisen können und er sei aus der Haft
entlassen worden. Auf der Militärbasis habe seine Religionsgemeinschaft
jeden Freitag eine religiöse Zeremonie im Hause von E._______
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abgehalten. Im Jahre 1999 habe es ein Rundschreiben gegeben, wonach
sämtliche Feste und religiöse Zeremonien verboten worden seien. Zehn
Tage später in der Nacht anlässlich einer Sitzung bei E._______ seien
alle Teilnehmer verhaftet, einzeln befragt und die Häuser durchsucht
worden. In seinem Auto und Haus hätten sie Bücher über die Ahl-e Haq
gefunden. Er sei wieder verhaftet und für 35 Tage im Gefängnis
W._______ festgehalten worden. Nach einem schriftlichen Versprechen,
solche Veranstaltungen nicht mehr zu besuchen und solche Bücher nicht
mehr zu lesen, sei er freigelassen worden. Am 14. September 1999 sei
ihm auf Befehl aus dem Hauptquartier der Armee in Teheran der
Dienstausweis abgenommen worden. Er sei aufgefordert worden, den
Dienst zu quittieren und sei aus dem Militär entlassen worden. Er
vermute, die Gründe für die Entlassung seien einerseits seine
Angehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahl-e Haq und andererseits
seine kurdische Ethnie gewesen.
B.b Nach seiner Entlassung aus dem Militär sei er nach Z._______
zurückgekehrt. Dort habe ihm G._______, ein Verwandter, über die
Situation der Kurden berichtet. Erst als sich dieser sicher war, dass auch
er (der Beschwerdeführer) ein Freund des kurdischen Volkes sei und
auch unter der damaligen Situation gelitten habe, habe ihn dieser über
die KDPI (Kurdistan Democratic Party Iran) informiert und gefragt, ob er
aktiv mithelfe. Er habe zugesagt. Er habe im Jahre 2004 für sie gearbeitet
und ein bis drei Mal pro Monat Pakete mit kurdischen Zeitschriften,
Flugblättern und CDs nach Y._______ zu einem Mann namens
F._______ gebracht. Einmal sei sein Auto angehalten und untersucht
worden. Danach habe er Angst gekriegt und sei nach Teheran gegangen,
wo er in einer Taxiagentur eines Kurden gearbeitet habe. Damit habe er
auch mehr verdient. Er sei aber weiterhin mit der KDPI in Kontakt
gestanden. Im Jahre 2005 sei er nach Y._______ zurückgekehrt und
habe ein zweites Mal mit der KDPI zusammengearbeitet. Am 25. März
2006 sei er zu G._______ bestellt worden. Vor Mitternacht habe der Sohn
von G._______, der sich draussen aufgehalten habe, gerufen: "Sie
kommen!". Es seien Leute in Zivil und Uniform gewesen. Als er das Haus
durch die Hintertür habe verlassen wollen, sei er aufgefordert worden,
stehen zu bleiben, aber er sei weiter in die Dunkelheit gerannt. Zwei
Sepah-Soldaten hätten in verfolgt und auf ihn drei vier Mal geschossen,
aber nicht getroffen. Er sei in die Berge geflohen, sei völlig verschwitzt
gewesen und habe Angst gehabt. Er habe zurückgeschaut, ob er weiter
verfolgt werde und sei etwa zwei bis drei Stunden später im Dorf
V._______ angekommen, wo er sich bei einem alten Freund namens
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H._______ versteckt habe, der ihn auch über die laufende Entwicklung
informiert habe. Es sei zu Verhaftungen gekommen. Die Beamten hätten
in dieser Nacht das ganze Dorf umzingelt und das Haus seines Vaters
durchsucht und alles durcheinandergebracht. Sein Vater und sein Freund
I._______, mit dem er einen Laden geführt habe, seien festgenommen
worden. Auch sein Bruder und seine Schwester seien von den Beamten
in Y._______ aufgesucht worden, aber hätten keine weiteren Probleme
gekriegt. Es habe viele Spitzel gegeben und der Dorfrat von V._______
sei angewiesen worden, ihn zu verraten. Er habe sich deshalb dort nicht
länger aufhalten können und sei von H._______ nach U._______
gebracht worden, von wo ihn ein kurdischer Schmuggler namens
J._______ ausser Lande gebracht habe. Er sei sich sicher, dass die
Verhafteten gefoltert worden seien und gehe davon aus, dass diese ihn
schwer belastet hätten. Deswegen und wegen seiner Vorgeschichte im
Militär wäre er umgebracht worden. Er habe keinen anderen Ausweg
gesehen, als den Iran zu verlassen, obwohl er ein Haus, ein Auto und
einen Laden besessen habe. Ein Freund bekomme seither Besuch von
Personen, welche sich als Freunde von ihm (dem Beschwerdeführer)
ausgäben und nach ihm fragen würden.
Der Beschwerdeführer reichte im EVZ einen Führerausweis für
Gabelstapler, Abrechnungsbelege der iranischen Militärbehörden und
Bestätigungsschreiben der Ahl-e Haq und der KDPI ein.
C.
Am 3. Januar 2008 reichte der Beschwerdeführer ein
Bestätigungsschreiben der KDPI aus England ein.
D.
Am 14. Januar 2008 reichte der Beschwerdeführer eine Bestätigung von
Dr. K._______, (…) der Cultural Association of the Ahl-e Haq Community
Abroad aus Heidelberg ein.
E.
Am 8. Februar 2008 forderte das BFM den Beschwerdeführer auf,
Dokumente zum Verfahren vor dem Militärgericht und seiner Entlassung
nachzureichen.
F.
Mit Schreiben vom 7. März 2008 reichte der Beschwerdeführer eine
Kopie der Entlassungsbestätigung der (…) und eine Bestätigung der
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Yarsan Democratic Movement (YDM) vom 29. Januar 2008 aus
Schweden ein.
G.
Am 7. Mai 2008 reichte der Beschwerdeführer vier Fotos ein, welche
bestätigen würden, dass er bei den (…) tätig gewesen sei.
H.
Mit Verfügung vom 10. Juli 2008 – eröffnet am 12. Juli 2008 – stellte das
BFM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht
und lehnte sein Asylgesuch vom 10. April 2006 ab. Gleichzeitig verfügte
es die Wegweisung aus der Schweiz und forderte den Beschwerdeführer
– unter Androhung von Zwangsmitteln im Unterlassungsfall – auf, die
Schweiz bis zum 4. September 2008 zu verlassen.
I.
Mit Eingabe vom 6. August 2008 erhob der Beschwerdeführer gegen
diese Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und
beantragte, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, ihm die
Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und Asyl zu gewähren. Eventualiter
sei festzustellen, dass der Wegweisungsvollzug unzulässig sowie
unzumutbar und er vorläufig aufzunehmen sei. In verfahrensrechtlicher
Hinsicht beantragte er zudem, es sei auf die Bezahlung eines
Kostenvorschusses und auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu
verzichten und ihm eine angemessene Parteientschädigung
auszurichten.
Der Beschwerdeführer reichte mit der Beschwerde eine
Fürsorgebestätigung, eine Kopie einer Berechnung seiner Sehstärke von
Dr. med. L._______ vom 21. Mai 2008 und eine Mitgliederbestätigung der
KDPI in der Schweiz vom 21. Juli 2008 ein.
J.
Mit Verfügung vom 11. August 2008 stellte der Instruktionsrichter des
Bundesverwaltungsgerichts fest, der Beschwerdeführer könne den
Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten, über das Gesuch um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werde im Endentscheid
befunden und auf die Erhebung eines Kostenvorschusses werde
verzichtet. Gleichzeitig gab der Instruktionsrichter dem BFM Gelegenheit,
zur Beschwerde Stellung zu nehmen.
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K.
Am 12. August 2008 reichte der Beschwerdeführer eine Ergänzung zu
seiner Beschwerde ein.
L.
In der Vernehmlassung vom 12. August 2008 beantragte das BFM die
Abweisung der Beschwerde. Die Vernehmlassung wurde dem
Beschwerdeführer am 15. August 2008 zur Kenntnisnahme zugestellt.
M.
Am 20. Oktober 2008 reichte der Beschwerdeführer eine weitere
Ergänzung zu seiner Beschwerde ein.
N.
Am 29. März 2011 ging beim BFM eine Kopie einer Rede von K._______
ein, welche dieser vor Vertretern des Europäischen Parlaments und der
Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO) und des
Congress of Nationalities for a Federal Iran (CNFI) am 30. März 2009
hielt, welche tags darauf dem Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet
wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM
gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz
des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende
Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das
Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der
vorliegenden Beschwerde; es entscheidet auf dem Gebiet des Asyls
endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des
Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht
(Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]; Art. 83
Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]).
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1.2. Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
2.
Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz
teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt
und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung
beziehungsweise Änderung und ist daher zur Einreichung der
Beschwerde legitimiert (Art. 105 AsylG i. V. m. Art. 37 VGG und Art. 48
Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde
(Art. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 105 AsylG i. V. m. Art. 37 VGG und Art. 52
Abs. 1 VwVG) ist einzutreten.
3.
3.1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person
anerkannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie
zuletzt wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit
zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen
Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck
bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen
(Art. 3 AsylG).
3.2. Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft
nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft
gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält (Art. 7 Abs. 1 und 2 AsylG).
Vorbringen sind dann glaubhaft, wenn sie genügend substantiiert, in sich
schlüssig und plausibel sind; sie dürfen sich nicht in vagen Schilderungen
erschöpfen, in wesentlichen Punkten nicht widersprüchlich sein oder der
inneren Logik entbehren und auch nicht den Tatsachen oder der
allgemeinen Erfahrung widersprechen. Darüber hinaus muss die
asylsuchende Person persönlich glaubwürdig erscheinen, was
insbesondere dann nicht der Fall ist, wenn sie ihre Vorbringen auf
gefälschte oder verfälschte Beweismittel abstützt (vgl. Art. 7 Abs. 3
AsylG), aber auch dann, wenn sie wichtige Tatsachen unterdrückt oder
bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens Vorbringen
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auswechselt oder unbegründet nachschiebt, mangelndes Interesse am
Verfahren zeigt oder die nötige Mitwirkung verweigert. Glaubhaftmachung
bedeutet ferner – im Gegensatz zum strikten Beweis – ein reduziertes
Beweismass und lässt durchaus Raum für gewisse Einwände und Zweifel
an den Vorbringen des Beschwerdeführers. Eine Behauptung gilt bereits
als glaubhaft gemacht, wenn der Richter von ihrer Wahrheit nicht völlig
überzeugt ist, sie aber überwiegend für wahr hält, obwohl nicht alle
Zweifel beseitigt sind. Für die Glaubhaftmachung reicht es
demgegenüber nicht aus, wenn der Inhalt der Vorbringen zwar möglich
ist, aber in Würdigung der gesamten Aspekte wesentliche und
überwiegende Umstände gegen die vorgebrachte
Sachverhaltsdarstellung sprechen. Entscheidend ist im Sinne einer
Gesamtwürdigung, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der
Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht; dabei ist auf
eine objektivierte Sichtweise abzustellen (vgl. Entscheidungen und
Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2005
Nr. 21 E. 6.1. S. 190 f.).
3.3. Die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG erfüllt eine
asylsuchende Person nach Lehre und Rechtsprechung dann, wenn sie
Nachteile von bestimmter Intensität erlitten hat beziehungsweise mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft befürchten
muss, welche ihr gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive
durch Organe des Heimatstaates oder durch nichtstaatliche Akteure
zugefügt worden sind beziehungsweise zugefügt zu werden drohen (vgl.
BVGE 2008/4 E. 5.2 S. 37). Aufgrund der Subsidiarität des
flüchtlingsrechtlichen Schutzes setzt die Zuerkennung der
Flüchtlingseigenschaft ausserdem voraus, dass die betroffene Person in
ihrem Heimatland keinen ausreichenden Schutz finden kann (vgl. BVGE
2008/12 E. 7.2.6.2 S. 174 f., BVGE 2008/4 E. 5.2 S. 37 f.).
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die
Frage nach der im Zeitpunkt der Ausreise vorhandenen Verfolgung oder
begründeten Furcht vor einer solchen. Die Situation im Zeitpunkt des
Asylentscheides ist jedoch im Rahmen der Prüfung nach der Aktualität
der Verfolgungsfurcht ebenfalls wesentlich. Veränderungen der
objektiven Situation im Heimatstaat zwischen Ausreise und Asylentscheid
sind deshalb zugunsten und zulasten der das Asylgesuch stellenden
Person zu berücksichtigen (vgl. BVGE 2008/4 E. 5.4 S. 38 f., WALTER
STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.],
Ausländerrecht, Basel/Bern/Lausanne 2009, Rz. 11.17 und 11.18).
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4.
4.1. Das BFM lehnte das Asylgesuch mit der Begründung ab, die
Vorbringen des Beschwerdeführers würden einerseits den Anforderungen
an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG nicht standhalten und
andererseits der Asylrelevanz entbehren.
Im Einzelnen führte es aus, der Beschwerdeführer gebe als
Ausreisegrund an, im März 2006 im Dorf Z._______ im Haus eines
Parteikollegen der KDPI an einer Sitzung teilgenommen zu haben, als sie
von iranischen Sicherheitskräften überrascht worden seien. Während es
ihm gelungen sei, rechtzeitig zu flüchten, seien seine Kollegen
festgenommen worden. Seither werde er von den iranischen
Sicherheitskräften gesucht. Dazu habe der Beschwerdeführer zu
Protokoll gegeben, es sei ihm – durch den Sohn seines Freundes
vorgewarnt – noch vor dem Eintreffen der Sicherheitskräfte gelungen, das
Haus durch die Hintertür zu verlassen. Beim Wegrennen sei er dann von
zwei Angehörigen der Sicherheitskräfte erfolglos verfolgt und beschossen
worden. Es erscheine jedoch lebensfremd, dass dem Beschwerdeführer,
verfolgt von zwei Sepah-Soldaten und unter Beschuss, gelungen wäre,
sich einer Festnahme zu entziehen. Weiter wirke es unwahrscheinlich
und konstruiert, dass nur er aufgrund der Vorwarnung durch den Sohn
seines Freundes die Flucht ergriffen habe, während G._______ und sein
Sohn sowie andere Gäste im Haus zurückgeblieben seien. Daneben
habe der Beschwerdeführer auch widersprüchliche Angaben zu den
weiteren Umständen dieses Vorfalles gemacht. So habe er im EVZ
erklärt, dass die Sicherheitskräfte damals seinen Freund und dessen
Bruder sowie zwei Parteikollegen festgenommen hätten (act. A1/9 S. 4).
Anlässlich der kantonalen Anhörung habe er hingegen verlauten lassen,
damals seien sein Freund und sein Sohn sowie ein durch die Schüsse
der Sicherheitskräfte verletzter Parteikollege festgenommen worden (act.
A11/26 S. 17). Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen
diese Widersprüche im Rahmen des ihm dazu gewährten rechtlichen
Gehörs plausibel aufzulösen, indem er seine im EVZ gemachten
Angaben einfach bestritten und gemeint habe, auch dort den Sohn seines
Freundes erwähnt zu haben (act. A1/9 S. 5). Zudem habe er mit dieser
Behauptung den Widerspruch bezüglich der Anzahl der verhafteten
Parteikollegen noch nicht erklärt. Des Weiteren habe er unterschriftlich
die Korrektheit des EVZ-Protokolls bestätigt, so dass er sich auf den dort
gemachten Angaben behaften lassen müsse. Der Beschwerdeführer
habe darüber hinaus anlässlich der kantonalen Anhörung vorgebracht,
dass seine Geschwister im Anschluss an den Vorfall keine Probleme
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gehabt hätten (act. A11/26 S. 22). Im EVZ habe er jedoch noch geltend
gemacht, dass in der Folge der Festnahme seiner Parteikollegen und
seiner Flucht auch die Häuser seiner Geschwister von den
Sicherheitskräften durchsucht worden seien (act. A1/9 S. 5). Mit diesem
Widerspruch konfrontiert habe der Beschwerdeführer verlauten lassen,
das erste Mal hätten alle Besuch von den Sicherheitskräften bekommen,
aber später nicht mehr. Damit liege jedoch nur ein wenig überzeugender
Anpassungsversuch des Sachverhalts an die Vorhaltungen in der
Befragungssituation vor. Die realitätsfremden und widersprüchlichen
Angaben des Beschwerdeführers führten insgesamt zum Schluss, dass
er sich mit diesen Vorbringen auf einen konstruierten Sachverhalt und
nicht auf tatsächlich Erlebtes beziehe. Im Lichte obiger Darlegung könne
nicht geglaubt werden, dass der Beschwerdeführer im Iran als KDPI-
Aktivist gesucht werde. Die übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers
vermöchten den Anforderungen an die Asylrelevanz gemäss Art. 3 AsylG
nicht zu genügen. Der Beschwerdeführer mache geltend, während seiner
Zeit als Berufsmilitär sowohl wegen seiner kurdischen Abstammung wie
auch wegen seiner religiösen Zugehörigkeit diskriminiert und schikaniert
worden zu sein. Er sei zwischen 1982 und 1999 insgesamt vier Mal
inhaftiert und wiederholt vor ein Militärgericht gestellt worden. Zum
Schluss habe man ihn gezwungen zu demissionieren. Hierzu sei
zunächst festzustellen, dass eine offensichtliche Diskriminierung des
Beschwerdeführers wegen seiner Ethnie beziehungsweise seiner
Religion nicht erkennbar sei, er habe immerhin den Offiziersgrad
erlangen können. Mangels entsprechender Belege sei auch nicht
nachgewiesen, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten
Festnahmen beziehungsweise Verurteilungen im Zusammenhang mit
seiner Ethnie oder seiner Religion gestanden hätten. Darüber hinaus sei
er in einem der von ihm erwähnten Gerichtsverfahren seinen Angaben
zufolge freigesprochen worden, was ebenfalls gegen eine Diskriminierung
aufgrund seiner Ethnie oder Religion spreche. Auch die angeblich
aufgrund seiner Religion erfolgte Entlassung als Berufsmilitär sei
aufgrund der eingereichten Abrechnungsquittungen und der
Entlassungsbescheinigung der iranischen Armee nicht belegt.
Ungeachtet dessen sei jedoch festzuhalten, dass sich diese vom
Beschwerdeführer geltend gemachten Benachteiligungen durch die
iranischen Militärbehörden alle zwischen 1982 und 1999 ereignet hätten.
Ausgereist aus dem Iran sei er jedoch erst im März 2006. Zudem fehlten
aufgrund der Aktenlage Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer
nach der Entlassung aus dem Militärdienst weitere Nachteile aus seiner
Vorgeschichte erwachsen wären. Damit sei der gemäss ständiger und
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gefestigter Schweizer Asylpraxis geforderte enge Kausalzusammenhang
zwischen Verfolgung und Flucht nicht gegeben. Diese Vorbringen seien
somit nicht asylbeachtlich. Unter diesen Umständen erübrige sich eine
nähere Prüfung ihrer Glaubhaftigkeit.
4.2. In der Beschwerde vom 6. August 2008 macht der Beschwerdeführer
demgegenüber im Wesentlichen geltend, seine Darstellung sei entgegen
der Auffassung der Vorinstanz in Anbetracht der sich tatsächlich
abspielenden Situation nicht realitätsfremd, da er sich im Zeitpunkt des
Vorfalles nicht wie seine Kollegen im Haus, sondern ausser Haus
aufgehalten habe. Er sei kurz nach draussen gegangen, um sich beim
Sohn seines Freundes, den er mit der Aufsicht seines Autos beauftragt
habe, zu erkundigen, ob alles in Ordnung sei. In diesem Moment habe er
vom Sohn gehört, dass die Sicherheitskräfte kommen würden, weshalb er
habe flüchten können. Der Sohn seines Freundes habe die Flucht nicht
ergriffen, da dieser nicht in die politischen Angelegenheiten involviert
gewesen sei und deshalb keine Furcht gehabt habe. Die sich im Haus
aufhaltenden Personen hätten dabei nicht entkommen können. Ferner sei
bezüglich des vom BFM erwähnten Widerspruchs, wonach er einmal
angegeben habe, der Bruder seines Freundes sei verhaftet worden,
während er in der anderen Befragung stets vom Sohn seines Freundes
gesprochen haben, festzuhalten, dass er anlässlich der gesamten
kantonalen Befragung stets vom Sohn seines Freundes gesprochen
habe. Nur einmal in der ersten Befragung komme das Wort Onkel (recte:
Bruder) vor, was auf ein sprachliches Missverständnis zurückzuführen
sei. Er habe dies auch im Rahmen des ihm gewährten rechtlichen Gehörs
bekräftigt, indem er angegeben habe, "Ich glaube nicht, dass ich vom
Bruder geredet habe. Sein Bruder ist nie dorthin gekommen" (act. A11/26
S. 22). Schliesslich handle es sich bei der vom BFM genannten
Ungereimtheit betreffend der Frage, ob seine Geschwister nach dem
Vorfall Probleme gehabt hätten, nicht um einen Widerspruch in seinen
Aussagen in den beiden Befragungen. Vielmehr stimmten diese überein,
da beiden Befragungen entnommen werden könne, dass die Häuser
seiner Geschwister erst beim zweiten Besuch der Sicherheitskräfte nach
der Entlassung seines Vaters durchsucht worden seien, und sein Vater
sich bei diesem Besuch habe verpflichten müssen, ihn zu verraten (vgl.
act. A1/9 S. 5, A11/26 S. 18). Das BFM lasse es mit den oben genannten
angeblichen Ungereimtheiten bewenden, ohne insbesondere seine in der
kantonalen Befragung über 25 Seiten hinweg erfolgten Schilderungen
des asylrelevanten Sachverhalts zu würdigen. Die Vorbringen sowohl
bezüglich seiner Militärzeit als auch seiner Aktivitäten bei der KDPI seien
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hingegen derart von Detailreichtum, Kohärenz und Realitätsnähe geprägt,
dass es sich dabei um keinen konstruierten Sachverhalt handeln könne.
Vor allem seine Kenntnisse über die Partei (beispielsweise act. A/11/26
S. 16) liessen den Schluss zu, er habe sich tatsächlich aktiv in dieser
engagiert. Seine diesbezüglichen politischen Aktivitäten führe er überdies
in der Schweiz weiter. Dies gehe aus der beiliegend im Original
eingereichten Bestätigung der KDPI vom 21. Juli 2008 hervor. Die
Vorbringen würden zudem durch die Beweismittel, die sich bei den Akten
befänden, untermauert. Das BFM hege keine Zweifel an deren Echtheit,
lasse diese jedoch bei seinen Erwägungen ausser Acht. Zudem habe er
keine finanziellen Schwierigkeiten im Heimatland, was für eine Flucht aus
politischen Gründen spreche. Dem BFM sei beizupflichten, dass
zwischen den erlebten Problemen im Militär und seiner Flucht kein
direkter Kausalzusammenhang bestehe. Dem sei jedoch
entgegenzuhalten, dass er die Flucht in die Schweiz aufgrund seiner
Verfolgung durch die Sicherheitskräfte wegen seinen Aktivitäten für die
KDPI ergriffen habe und nicht wegen seiner früheren Probleme mit den
Militärbehörden. Dass er bereits früher mit der Justiz in Konflikt geraten
und mehrere Male festgenommen worden sei, zeige, dass er bei den
Behörden bekannt sei und dementsprechend bei einer Rückkehr leicht
identifiziert werden könne. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass
Personen, welche bereits mit dem iranischen Militär in Konflikt gewesen
seien, sich in grosser Gefahr befänden. Dem Gesagten zufolge habe er
sowohl subjektive als auch objektive Furcht, bei einer Rückkehr
ernsthaften Nachteilen ausgesetzt zu werden.
4.3. In der Eingabe vom 12. August 2008 macht der Beschwerdeführer
ferner geltend, dass gemäss iranischem Militärgesetz ehemalige Militärs,
die ausreisen wollten, zunächst vom Militär eine Bewilligung einholen
müssten, mit der sie dann einen Pass mit einem roten Stempel für eine
einmalige Reise bekämen. Personen wie er, welche als ehemalige
Berufsoffiziere ohne Bewilligung ausgereist seien und sich zudem
regimefeindlich verhalten hätten, würden ausgeschrieben und mit hoher
Strafe bestraft. Die Originale, deren Kopien er dem BFM abgegeben
habe, habe er vor seiner Ausreise im Geschäft von seinem Freund
I._______ aufbewahren lassen. Im Februar 2008 habe er erfahren, dass
die Polizei alle seine Originaldokumente beschlagnahmt habe. Sein
Bruder habe die Kopien der abgegebenen Dokumente im Unternehmen,
in dem er (der Beschwerdeführer) gearbeitet habe, abholen können, und
ihm in die Schweiz geschickt.
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4.4. Mit Eingabe vom 20. Oktober 2008 gab der Beschwerdeführer die
Telefonnummer von M._______ (Chef der KDPI), einer Kontaktperson
der Ahl-e Haq und der Dorfzentrale sowie den Namen des Chefs des
Militärflughafens und weiteren Personen, welche auf dem (…) arbeiten,
bekannt, und machte geltend, die nachgereichten Angaben zeigten, dass
er über Kontaktpersonen verfüge, welche einen Bezug zu seinen
Asylvorbringen aufwiesen. Es stehe fest, dass er zur KDPI und zu seinen
früheren Kollegen bei der (…) in Teheran aus der Zeit, als er selber dort
als (…) tätig gewesen sei, Kontakt habe, was seine Angaben zu seiner
Religionszugehörigkeit ebenfalls bekräftige. Er habe seine politischen
Tätigkeiten bei der KDPI in der Schweiz weitergeführt, indem er diese
finanziell unterstütze und an Sitzungen teilnehme. Die Partei möchte
zwar, dass er sich politisch mehr exponiere, was er jedoch ablehne, da er
dadurch eine Gefahr für seine noch im Iran lebende Familienangehörigen
befürchte. Aber auch wenn diese Tätigkeiten für sich alleine nicht
geeignet seien, die Flüchtlingseigenschaft zu begründen, könne
vorliegend davon ausgegangen werden, dass Berufsmilitärs,
insbesondere solchen mit einem Offiziersgrad wie er, von den iranischen
Behörden erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werde. Die Möglichkeit,
dass er aufgrund seines politischen Engagements in der Schweiz
einerseits sowie seiner Mitgliedschaft bei der KDPI und seiner
diesbezüglichen Tätigkeiten im Iran andererseits bei einer Rückkehr in
den Iran mit asylrechtlich relevanten Nachteilen rechnen müsste,
erscheine demnach als überwiegend wahrscheinlich. Dies umso mehr als
davon auszugehen sei, dass die iranischen Behörden Aktionen von
Kundgebungen von Staatsbürgern im Ausland systematisch beobachten,
entsprechende Informationen sammeln würden und gegen Oppositionelle
rigoros vorgingen. Demnach sei für ihn das Risiko im Falle einer
Wiedereinreise in den Iran an der Grenze festgenommen zu werden,
auch objektiv als begründet anzusehen. Da sich die Gefahr vor
Verfolgung mithin bereits bei einer allfälligen Einreise ins Heimatland
zeigen dürfte, könne nicht davon ausgegangen werden, ihm stünde eine
innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Gemäss einem Bericht
von Amnesty International zur Rückkehr von Angehörigen der kurdischen
Minderheit in den Iran vom 29. Mai 2007 müssten Angehörige der
kurdischen Minderheit bei der Rückkehr in den Iran nach langjährigem
Auslandaufenthalt mit einer intensiven Befragung durch die iranischen
Sicherheitskräfte rechnen. Sollten besondere Anhaltspunkte für eine
regierungskritische Einstellung vorliegen oder im Rahmen der Verhöre
auftreten, sei davon auszugehen, dass kurdische Rückkehrer
menschenrechtswidriger Behandlung ausgesetzt würden. Folterungen
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und Misshandlungen seien im Iran während der Haft ohne Kontakt zur
Aussenwelt, insbesondere bei den Verhören durch Angehörige des
Geheimdienstes und während der Untersuchungshaft, nach wie vor an
der Tagesordnung, um Informationen oder Geständnisse zu erpressen.
Aus dem Bericht des UK Home Office könne entnommen werden, dass
Mitglieder der KDPI von den iranischen Behörden brutal unterdrückt
würden. So würden mehrfache Verurteilungen wegen Mitgliedschaft zur
KDPI mit der Todesstrafe sowie Haftstrafen, wo Folter herrsche,
stattfinden. Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass er bei
einer Rückkehr in den Iran begründete Furcht habe, seitens der
iranischen Behörden ernsthaften Nachteilen ausgesetzt zu werden, da er
einerseits bereits als Berufsmilitär mit den iranischen Behörden in Konflikt
geraten und daher bei den dortigen Behörden bekannt sei. Andererseits
habe er sich nach seiner Entlassung aus der Armee innerhalb der KDPI
regimefeindlich politisch betätigt und diese Tätigkeiten auch im Ausland
fortgesetzt.
5.
5.1. In der Beschwerde wird vorweg geltend gemacht, der angefochtene
Entscheid des BFM sei nicht rechtsgenüglich begründet worden, zumal er
ausser den Angaben von ein paar wenigen, nicht wesentlichen
Unterschieden in den Vorbringen des Beschwerdeführers keine weiteren
stichhaltige Ablehnungsgründe enthalte und die eingereichten
Beweismittel ausser Acht lasse.
5.2. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 der
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April
1999 [BV; SR 101], Art. 29 VwVG, Art. 32 Abs. 1 VwVG) verlangt, dass
die verfügende Behörde die Vorbringen des Betroffenen tatsächlich hört,
sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt,
was sich entsprechend in der Entscheidbegründung niederschlagen muss
(vgl. Art. 35 Abs. 1 VwVG). Ferner soll die Abfassung der Begründung
dem Betroffenen ermöglichen, den Entscheid gegebenenfalls
sachgerecht anzufechten, was nur der Fall ist, wenn sich sowohl der
Betroffene als auch die Rechtsmittelinstanz über die Tragweite des
Entscheides ein Bild machen können, wobei sich die verfügende Behörde
allerdings nicht ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und
jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss, sondern sich auf
die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken kann. Die
Begründungsdichte richtet sich dabei nachdem Verfügungsgegenstand,
den Verfahrensumständen und den Interessen des Betroffenen, wobei
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bei schwerwiegenden Eingriffen in die rechtlich geschützten Interessen
des Betroffenen – und um solche geht es bei der Frage der Gewährung
des Asyls – eine sorgfältige Begründung verlangt wird (vgl. BVGE
2008/47 E. 3.2 S. 674 f.).
5.3. Diesen Anforderungen vermag die angefochtene Verfügung zu
genügen. Das BFM beschränkte sich in seinen Erwägungen zwar auf
Argumente, die gegen die Glaubhaftigkeit der Vorbringen des
Beschwerdeführers sprechen und führte solche, die für den
Wahrheitsgehalt seiner Angaben sprachen, nicht auf. Nichtsdestotrotz
begründete es in der Verfügung hinreichend, warum es die Darstellung
des Beschwerdeführers betreffend das Treffen der KDPI am 25. März
2006 als konstruiert, lebensfremd und widersprüchlich erachtete. Es hat
sich bei der Glaubhaftigkeitsprüfung entgegen der Behauptung in der
Beschwerde nicht auf bloss unwesentliche Widersprüche abgestützt.
Bezüglich seiner mehrmaligen Verhaftungen zwischen 1982 und 1999 im
Militär hat das BFM alsdann festgehalten, dass diese mangels des
erforderlichen Kausalzusammenhangs mit seiner Ausreise im Jahre 2006
nicht mehr asylrelevant seien. Damit kann dem BFM nicht vorgeworfen
werden, seine Entscheidbegründung sei mangelhaft. Dem
Beschwerdeführer war es denn auch ohne weiteres möglich, die
Verfügung des BFM gestützt auf die dieser zugrunde liegenden
Begründung in den Erwägungen sachgerecht anzufechten. Bezüglich den
beim BFM eingereichten Beweismittel ist festzustellen, dass das BFM im
Sachverhalt die Abrechnungsbelege der iranischen Militärbehörden, die
Bestätigungsschreiben der Ahl-e Haq und der KDPI sowie die
Entlassungsbestätigung der iranischen Luftstreitkräfte, die Bestätigung
der YDM und die Fotographien zu seiner Tätigkeit aufführte und deshalb
insofern nicht ausser Acht gelassen hat. In den Erwägungen nimmt das
BFM explizit Bezug zu den Abrechnungsquittungen und der
Entlassungsbescheinigung, und hält fest, diese würden nicht belegen,
dass er aufgrund seiner Religion aus dem Militärdienst entlassen wurde.
Zu den diversen Bestätigungsschreiben und Fotographien nimmt das
BFM zwar nicht explizit Stellung. Da das BFM die Glaubhaftigkeit der
diesen Beweismitteln zugrunde liegenden Sachverhalte nicht in Abrede
stellte, drängte sich eine eingehendere Auseinandersetzung mit diesen
Dokumenten indes nicht auf.
5.4. Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine Verletzung des
Anspruchs auf das rechtliche Gehör festgestellt werden kann. Es besteht
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folglich kein Grund, die angefochtene Verfügung aufzuheben und die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
6.
6.1. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Prüfung der Akten und
vor dem Hintergrund der damaligen Situation im Iran zum Schluss, dass
die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Bedrohung durch die
iranischen Behörden glaubhaft ist. Die Sachverhaltsdarstellung des
Beschwerdeführers, wonach er während seiner Arbeitszeit beim Militär
mehrmals verhaftet, jeweils zwischen 15 Tagen und zwei Monaten
festgehalten und einmal auch während einer Woche misshandelt worden
sei, wurde vom BFM in der angefochtenen Verfügung ebenso wenig im
Zweifel gezogen, wie seine Mitgliedschaft und Tätigkeit für die KDPI.
Die vom BFM geäusserten Zweifel an der Darstellung des
Beschwerdeführers betreffend die erfolgreiche Flucht am 25. März 2006
durch die Hintertür unter Beschuss von zwei Sepah-Soldaten sind zwar
berechtigt, zumal sich der Erklärungsversuch in der Beschwerde, wonach
ihm die Flucht gelungen sei, weil er sich draussen aufgehalten habe, als
er gewarnt worden sei, mit seinen Schilderung anlässlich der Anhörung
nicht in Einklang bringen lässt. So gab er damals an, er sei nach
draussen zu seinem Auto, danach wieder zurück ins Haus gegangen und
erst zirka zehn Minuten später seien sie vom Sohn alarmiert worden (vgl.
act. A11/26 S. 17). Auch wenn der Beschwerdeführer diese
Ungereimtheit nicht überzeugend aufzulösen vermag, ist in einer
Gesamtbeurteilung jedoch auch zu berücksichtigen, dass er die
Fortsetzung der Flucht über den Berg in das Dorf V._______ sehr
detailliert und mit Realkennzeichen versehen zu schildern vermochte (vgl.
act. A11/26 S. 17 f.). Es trifft ferner aufgrund der protokollierten Aussagen
zwar zu, dass sich der Beschwerdeführer anlässlich der Befragung im
EVZ am 2. Mai 2006 und der Anhörung am 25. August 2006 nicht in allen
Punkten übereinstimmend zu den Ereignissen am 25. März 2006
äusserte. So sprach er im EVZ davon, G._______ und dessen Bruder
seien verhaftet worden, ihm und zwei Parteimitgliedern sei die Flucht
gelungen (vgl. act. A1/9 S. 4), während er bei der Anhörung zu Protokoll
gab, es seien G._______, dessen Sohn und zwei weitere Parteimitglieder
anwesend gewesen (vgl. act. A11/26 S. 17) und H._______ habe ihm
gesagt, G._______ – und wenn er sich recht erinnere – auch G._______s
Sohn, nebst dem verletzten KDPI-Mitglied seien verhaftet worden (vgl.
act. A11/26 S. 19). Aus der Aussage anlässlich der Anhörung geht jedoch
hervor, dass sich der Beschwerdeführer betreffend die verhafteten
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Personen unsicher gewesen ist. Ausserdem hat er – seinen Aussagen
zufolge – selbst nicht mit angesehen, welche Personen verhaftet worden
sind; vielmehr hat er die betreffenden Informationen von Dritten erhalten.
Insofern er bei der Befragung im EVZ vom Bruder sprach, ist
festzustellen, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Befragung im
EVZ, welche sich auf das Wichtigste beschränkte, nur ein einziges Mal
den Bruder von G._______ erwähnte. Hingegen sprach er anlässlich der
Anhörung widerspruchsfrei immer nur vom Sohn von G._______.
Anzufügen ist, dass der Unterschied im Detaillierungsgrad der
Schilderungen der Asylvorbringen durch den Beschwerdeführer
anlässlich der Befragung im EVZ und der Anhörung beim Kanton
offensichtlich ist. Aus diesem Grund ist in Bezug auf die Annahme von
vermeintlichen Divergenzen in den protokollierten Aussagen von
vornherein Zurückhaltung geboten. Dies zeigt sich etwa in Bezug auf den
vom BFM erwähnten Widerspruch bezüglich der Massnahmen, welche
die Behörden gegen die Geschwister des Beschwerdeführers ergriffen
hätten. Die jeweiligen Aussagen des Beschwerdeführers wurden nämlich
in unterschiedlichem Zusammenhang gemacht. Im EVZ machte er
geltend, die Häuser seiner beiden Geschwister seien durchsucht worden
und die Beamten hätten alles auf die Strasse geworfen (vgl. act. A1/9
S. 5). Anlässlich der Anhörung beim Kanton richtete der Sachbearbeiter
im Anschluss an die freie Schilderung der Asylgründe diverse zum Teil
voneinander unabhängige Fragen an den Beschwerdeführer. Eine davon
war, ob er etwas darüber wisse, ob seine Geschwister wegen ihm nun
auch Probleme bekommen hätten, worauf er antwortete, er wisse, dass
sie keine Probleme gekriegt hätten. Das habe er über Dritte erfahren, als
er noch im Iran gewesen sei, aber auch in der Schweiz (vgl. act. A/11/26
S. 20). Die offene Fragestellung des Sachbearbeiters stand in keinem
direkten Kontext mit den Geschehnissen vom 25. März 2006. Es ist
deshalb durchaus vorstellbar, dass der Beschwerdeführer bei der
Beantwortung der Frage nicht an die unmittelbar nach seinem
Entkommen am 25. März 2006 erfolgte Durchsuchung im Dorf dachte,
sondern Bezug nahm zu allfälligen Konsequenzen zu einem späteren
Zeitpunkt.
6.2. Bei gesamthafter Betrachtung ergibt sich aufgrund der
substantiierten und mit Realkennzeichen versehene Schilderung, die im
Übrigen auch in den Kontext der damaligen Situation im Iran passen,
sowie der eingereichten Beweismittel, ein Übergewicht an Hinweisen, die
für die Glaubhaftigkeit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten
Bedrohung durch die iranische Behörden sprechen. Das BFM hat die
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Vorbringen des Beschwerdeführers demnach zu Unrecht als unglaubhaft
beurteilt.
7.
7.1. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit beim Militär
vier Mal inhaftiert wurde. Das erste Mal wurde er zwei Monate, danach
einen Monat, beim dritten Mal 15 Tage, wovon er während einer Woche
misshandelt wurde, und das letzte Mal im Jahre 1999 für 35 Tage
inhaftiert. Anschliessend wurde er aus dem Militär entlassen. Angesichts
der Verhaftungen und seiner Ausführungen kann davon ausgegangen
werden, dass der Beschwerdeführer bei den Behörden als Kurde und der
Religion Ahl-e Haq angehörend registriert wurde. Allerdings wurden zu
dieser Zeit im Iran unter dem Präsidenten Mohammed Khatami relativ
viele Freiheiten gewährt. Es etablierten sich über 200 unabhängige
Presseerzeugnisse mit unterschiedlichen Ansichten und die Behörden
lockerten die strikten Sittenregelungen bezüglich der Beziehungen
zwischen Männern und Frauen. Die iranischen Kurden unterstützten
Mohammed Khatami, der die Macht über den regionalen Finanzhaushalt
und die Polizei seinen Stadthaltern übertrug. Vor diesem Hintergrund ist
nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer zum damaligen
Zeitpunkt nicht veranlasst sah, ausser Landes zu flüchten. Mohammed
Khatami wurde sodann im Jahre 2001 nochmals wiedergewählt, doch die
Reformgegner erstarkten wieder und das Klima verschärfte sich
zusehends. Der Wendepunkt waren die Parlamentswahlen im Februar
2004, als über 2000 Reformpolitiker nicht zur Wahl zugelassen, poltische
Versammlungen von Bürgerwehren attackiert wurden und Hardliner die
überwältigende Mehrheit der Parlamentssitze gewannen. Umgehend
wurden die Freiheiten wieder eingeschränkt, reformistische Zeitungen
geschlossen, dutzende von Journalisten und Aktivisten verhaftet und
tausende von Sittenpolizisten und Bürgerwehren in die Strassen
geschickt, um die strikten islamischen Regeln in der Gesellschaft
durchzusetzen. Im Jahre 2005 wurde sodann exzessive staatliche Gewalt
in kurdischen Gebieten ausgeübt (vgl. Freedom House, Iran 2002 und
2005; US State Departement, Country Reports on Human Rights
Practices 2004 und 2005). In Anbetracht dessen, dass der
Beschwerdeführer bereits vier Mal inhaftiert worden war und dabei auch
misshandelt worden ist, hatte er, nachdem er erneut von den
Sicherheitskräften gesucht wurde, vor dem Hintergrund der zunehmend
härteren Gangart des iranischen Regimes zum Zeitpunkt der Ausreise am
29. März 2006 hinreichend Anlass, weitere Verfolgungsmassnahmen
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durch die iranischen Behörden zu befürchten. Da sich der
Beschwerdeführer bereits wenige Tage nach dem Vorfall am 25. März
2006 in die Türkei begab, bestand sowohl in zeitlicher als auch in
sachlicher Hinsicht ein Kausalzusammenhang zwischen dem
fluchtauslösendem Moment und der Ausreise. Der Beschwerdeführer
erfüllt somit im Zeitpunkt der Ausreise aus dem Heimatstaat die
Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG.
7.2.
7.2.1. Für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist jedoch die
Situation im Zeitpunkt des Asylentscheids massgebend (vgl. E. 3.3).
Entscheidend ist somit, ob die Verfolgung heute noch andauert oder die
Furcht vor Verfolgung aktuell noch begründet erscheint. Dabei ist eine
allenfalls eingetretene Veränderung der objektiven Situation im
Heimatland seit der Ausreise zu berücksichtigen (vgl. BVGE 2008/12
E. 5.2 S. 154 f.).
7.2.2. Am 17. Juni 2005 trat mit der Wahl des neuen erzkonservativen
Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad das Ende der parlamentarischen
Reformer ein und mit seiner konfrontativen Aussen- sowie repressiven
Innenpolitik nahm die internationale Isolation zu. Seine Widerwahl im
Jahre 2009 wurde von zahlreichen Manipulationsvorwürfen begleitet und
führte zu massiven Protesten. Die Menschenrechtssituation ist generell
schlecht, wobei auch politische Rechte und insbesondere die
Meinungsäusserungsfreiheit nicht ausgeübt werden können. Auch die
Versammlungsfreiheit und die Religionsfreiheit unterliegen erheblichen
Einschränkungen (vgl. BVGE 2009/28 E. 7.3.1). Die Verfassung
anerkennt zwar die Christen, Juden, und Zoroastrier als religiöse
Minderheiten an und gewährt ihnen insgesamt fünf Sitze im Parlament.
Sie geniessen innerhalb des gesetzlichen Rahmens das Recht auf freie
Ausübung ihrer religiösen Riten sowie Zeremonien und können sich in
persönlicher und glaubensspezifischen Belangen gemäss ihren religiösen
Vorschriften verhalten. In der Realität verlieren die religiösen
Minderheiten jedoch diese Rechte schon beim geringsten Verdacht auf
eine sogenannte Verschwörung oder Ausübung anderer Aktivitäten
gegen den Islam und die islamische Republik Iran. Sie werden im
alltäglichen Leben wie auch auf gesetzlicher Ebene sogar durch die
Verfassung selbst diskriminiert (vgl. BVGE 2009/28 E. 7.3.2.1). Die
Situation für die staatlich nicht anerkannten religiösen Minderheiten, so
insbesondere die Bahai', aber auch für die Ahl-e Haq ist noch weitaus
problematischer einzustufen (vgl. BVGE 2009/28 E. 7.3.2.2). Der Bericht
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des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen (UN) zur Situation der
Menschenrechte im Iran vom 14. März 2011 spricht von unveränderten
und zahlreichen Feldern von Verletzungen grundlegender
Menschenrechte im Iran: intensive Niederschlagung von
Menschenrechts- und Frauenrechtunterstützer, Journalisten und
Regierungsgegnern, Folter, willkürliche Verhaftungen, unfaire
Gerichtsverfahren und Amputationen. Ferner wurde erwähnt, dass die
Minderheiten, wie die Kurden, in ihren politischen, wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Rechten benachteiligt sind, insbesondere
hinsichtlich Wohnraum, Bildung, Meinungsäusserungs- und
Religionsfreiheit, Gesundheit und Arbeitsmarkt. Angehörige der
kurdischen Minderheit wurden zudem weiterhin hingerichtet wegen
Gefährdung der Staatssicherheit und Mohareb (schwerer Straftatbestand
im islamischen Strafrecht). Zudem hält der Bericht fest, dass mindestens
neun kurdische politische Gefangene seit Januar 2010 hingerichtet
wurden und weitere dem Risiko einer Hinrichtung ausgesetzt sind.
Kurden sind auch in erhöhtem Masse Ziel von willkürlichen Verhaftungen,
langandauernder Haft und Misshandlungen durch die iranischen
Behörden (vgl. US State Departement, 2010 Human Rights Report: Iran
vom 8. April 2011).
7.2.3. Der Beschwerdeführer ist kurdischer Herkunft und der Religion der
Ahl-e Haq angehörend. Wie vorstehend (E. 6.1) dargelegt wurde ist seine
Aussage, dass er von den iranischen Behörden verfolgt wurde, als
glaubhaft zu werten. Angesichts der beschriebenen Situation im Iran,
kann auch im heutigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass
dem Beschwerdeführer keine ernsthaften Nachteile mehr drohen.
Vielmehr muss angenommen werden, dass der Beschwerdeführer als
Kurde und Angehöriger der Ahl-e Haq und aufgrund der vier
Inhaftierungen zwischen 1986 und 1999 registriert ist und deshalb das
Augenmerk der Behörden in besonderem Mass auf sich zieht. Unter
diesen Umständen ist das Risiko bei der Einreise festgenommen und
aufgrund seiner Vorgeschichte in Haft genommen zu werden, als
erheblich einzuschätzen. In Anbetracht des Grundsatzes, wonach
Personen, die bereits Verfolgung erlitten haben, eine ausgeprägte
subjektive Furcht zugestanden wird, und die vom Beschwerdeführer
geäusserte Furcht – aufgrund der anhaltend miserablen
Menschenrechtssituation insbesondere für Kurden und Angehörige von
nicht anerkannten Minderheiten wie die Ahl-e Haq – auch objektivierbar
ist, muss ihm eine begründete Furcht, auch künftig ernsthafte Nachteile
zu erleiden, auch aus heutiger Sicht zuerkannt werden (vgl. EMARK 2005
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Seite 21
Nr. 21 E. 7.1. S. 193; EMARK 2004 Nr. 1 E. 6a-b S. 9 f., mit weiteren
Hinweisen).
8.
8.1. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der vom Beschwerdeführer
zur Begründung seines Asylgesuches geltend gemachte Sachverhalt
glaubhaft ist und er aufgrund desselben, die Voraussetzungen für die
Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG erfüllt.
Da den Akten keine Anhaltspunkte zu entnehmen sind, die auf das
Vorliegen von Ausschlussgründen im Sinne von Art. 52 ff. AsylG
hindeuten, ist ihm in der Schweiz Asyl zu gewähren (vgl. Art. 49 AsylG).
8.2. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die
angefochtene Verfügung des Bundesamtes vom 10. Juli 2008
Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde ist gutzuheissen, die angefochtene
Verfügung aufzuheben und das Bundesamt anzuweisen, dem
Beschwerdeführer Asyl zu gewähren.
9.
9.1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Verfahrenskosten zu
erheben (Art. 63 Abs.1 und 2 VwVG). Das Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG erweist sich
mithin als gegenstandslos.
9.2. Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Entschädigung für die
ihnen erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten
(Art. 64 Abs. 1 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar
2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der
Beschwerdeführer hat seine Beschwerde selbst eingereicht. Es sind ihm
mithin keine Kosten aus einer Vertretung entstanden (vgl. Art. 9 Abs. 1
VGKE). Weitere notwendige Auslagen (vgl. Art. 13 VGKE), die dem
Beschwerdeführer erwachsen sein könnten, sind aufgrund der Akten
nicht ersichtlich. Folglich ist ihm keine Parteientschädigung
zuzusprechen.
(Dispositiv nächste Seite)
D-5110/2008
Seite 22
D-5110/2008
Seite 23
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.
2.
Die Verfügung vom 10. Juli 2008 wird aufgehoben und das BFM
angewiesen, dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren.
3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
4.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
5.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die
zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Walter Lang Sarah Mathys
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