D-5034/2008 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Karar Dilini Çevir:
D-5034/2008 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Abtei lung IV
D-5034/2008
{T 0/2}
U r t e i l v o m 8 . A u g u s t 2 0 0 8
Einzelrichter Bendicht Tellenbach,
mit Zustimmung von Richter Pietro Angeli-Busi;
Gerichtsschreiber Daniel Merkli.
A.___alias B.___Irak,
Empfangs- und Verfahrenszentrum, Freiburgstrasse 50,
4057 Basel,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom C.____
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-5034/2008
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer am 12. November 2001 ohne Einreichung
von Identitätsdokumenten in der Schweiz erstmals um Asyl nachsuch-
te und dabei unter anderem angab, kurdischer Ethnie zu sein und aus
Mosul (Zentralirak) zu stammen,
dass er zur Begründung seines Asylgesuches geltend machte, er habe
sich der Forderung des Sicherheitsdienstes, 'Saddam Fedayyin' zu
werden, widersetzt, worauf er unter Druck gesetzt worden sei, was ihn
zur Flucht veranlasst habe,
dass am 2. März 2005 ein Experte der Fachstelle Lingua im Auftrag
des BFM mit dem Beschwerdeführer eine sprachlich-länderkundliche
Herkunftsanalyse durchführte und in seinem Bericht vom 5. März 2005
zum Schluss gelangte, der Beschwerdeführer stamme mit Sicherheit
nicht aus Mosul (Zentralirak),
dass das BFM mit Verfügung vom 25. November 2005 das Asylgesuch
des Beschwerdeführers sowohl wegen Unglaubhaftigkeit der Vorbrin-
gen als auch mangels Asylrelevanz abwies und dessen Wegweisung
anordnete, indessen den Beschwerdeführer in Berücksichtigung der
damaligen Situation im Irak wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungs-
vollzugs vorläufig aufnahm,
dass diese Verfügung unangefochten in Rechtskraft erwuchs,
dass der Beschwerdeführer seit dem 11. Juni 2007 unbekannten Auf-
enthalts war und aus diesem Grund die mit Verfügung vom 25. Novem-
ber 2005 angeordnete vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers
am 11. Dezember 2007 erlosch,
dass der Beschwerdeführer am 3. März 2008, erneut ohne Einreichung
von Identitätsdokumenten, in der Schweiz ein zweites Asylgesuch
stellte,
dass er im Rahmen der Erstbefragung vom 18. Juli 2008, wo er auf die
Notwendigkeit der Einreichung rechtsgenüglicher Identitätspapiere hin-
gewiesen wurde, geltend machte, er könne seine Identitätskarte, wel-
che sich bei seinen Eltern im Irak befinde, nicht beibringen, auch in
den nächsten zehn Jahren nicht (vgl. B1, S. 5),
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dass er im Weiteren angab, nach Abschluss seines ersten Asylverfah-
rens in der Schweiz nicht in den Irak zurückgekehrt zu sein, sondern
sich seit dem 25. Mai 2007 bis zu seiner erneuten Einreise in die
Schweiz in Italien aufgehalten zu haben (vgl. B1, S. 2),
dass er keine neuen Asylgründe vorzubringen habe und wegen der all-
gemeinen angespannten Situation im Irak, insbesondere wegen der
dort drohenden Terrorakte, nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren
könne (vgl. B1, S. 6),
dass sich der Beschwerdeführer vom 10. März bis 16. Juli 2008 - zur
Verbüssung von während seines ersten Aufenthaltes begangenen Ver-
gehen - im Strafvollzug befand,
dass das BFM mit - gleichentags eröffneter - Verfügung vom 24. Juli
2008 in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 Bst. e des Asylgesetzes vom
26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf das Asylgesuch des Beschwer-
deführers nicht eintrat, dessen Wegweisung anordnete und den Voll-
zug als zulässig, zumutbar und möglich erachtete,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 29. Juli 2008 an das
BFM gegen diese Verfügung sinngemäss Beschwerde erhob und dabei
in verfahrensrechtlicher Hinsicht, ebenso sinngemäss, unter anderem
um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65
Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwal-
tungsverfahren (VwVG, SR 172.021) ersuchte,
dass die Beschwerdeeingabe des Beschwerdeführers vom 29. Juli
2008 mit den vollständigen Akten (erstes und zweites Asylverfahren)
am 4. August 2008 an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt wur-
den,
und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden ge-
gen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des BFM entscheidet (Art. 105 AsylG
i.V.m. Art. 31-34 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
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[VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung berührt
ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungswei-
se Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legiti-
miert ist (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ein-
zutreten ist (Art. 108 Abs. 2 sowie Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 52 VwVG),
dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1
AsylG),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e
AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine
solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schrif-
tenwechsel verzichtet wurde,
dass das BFM den Nichteintretensentscheid gestützt auf Art. 32 Abs. 2
Bst. e AsylG getroffen hat,
dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, die gestützt
auf Art. 32 Abs. 2 Bst. e AsylG getroffen wurden, die Beurteilungszu-
ständigkeit der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage be-
schränkt ist, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht ein-
getreten ist,
dass bei Begründetheit der Beschwerde, die angefochtene Verfügung
aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zu-
rückzuweisen ist (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweize-
rischen Asylrekurskommission / EMARK 2004 Nr. 24 E. 2.1. S. 240 f.),
dass gemäss Art. 32 Abs. 2 Bst. e AsylG auf ein Asylgesuch nicht ein-
getreten wird, wenn Asylsuchende in der Schweiz bereits ein Asylver-
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fahren erfolglos durchlaufen haben oder während des hängigen Asyl-
verfahrens in den Heimat- oder Herkunftsstaat zurückgekehrt sind,
ausser es gebe Hinweise, dass in der Zwischenzeit Ereignisse einge-
treten sind, die geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft zu begründen
oder die für die Gewährung vorübergehenden Schutzes relevant sind,
dass vorab festzuhalten ist, dass die Vorinstanz zu Recht auf eine An-
hörung nach Art. 29 AsylG verzichtet hat, kehrte der Beschwerdefüh-
rer doch nach eigenen Angaben nicht aus seinem angeblichen Hei-
mat- oder Herkunftsstaat in die Schweiz zurück (vgl. Art. 36 Abs. 1
Bst. b AsylG),
dass unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer das vorangegangene
Asylverfahren erfolglos durchlaufen hat,
dass der Beschwerdeführer, wie obenstehend erwähnt, im vorinstanzli-
chen Verfahren angab, er habe keine neuen Asylgründe vorzubringen
und könne wegen der allgemeinen angespannten Situation im Irak,
insbesondere wegen der dort drohenden Terrorakte, nicht in seinen
Heimatstaat zurückkehren (vgl. B1, S. 6),
dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift im Wesentli-
chen die bereits im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens geltend
gemachten Vorbringen, wegen der dort drohenden Terrorakte nicht in
seinen Heimatstaat zurückkehren zu können, wiederholt,
dass somit die Feststellung der Vorinstanz in der angefochtenen Verfü-
gung, aus den aktuellen Vorbringen ergäben sich keine Hinweise auf in
der Zwischenzeit eingetretene Ereignisse, die geeignet sind, die
Flüchtlingseigenschaft zu begründen oder für die Gewährung vorüber-
gehenden Schutzes relevant sind, zu bestätigen und das BFM daher
zu Recht auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten
ist,
dass das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegwei-
sung aus der Schweiz zur Folge hat, vorliegend der Beschwerdeführer
weder eine Aufenthaltsbewilligung besitzt noch einen Anspruch auf Er-
teilung einer solchen hat, weshalb die verfügte Wegweisung im Ein-
klang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und zu bestätigen ist
(Art. 44 Abs. 1 AsylG, Art. 32 Bst. a AsylV 1; vgl. EMARK 2001 Nr. 21),
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dass zu prüfen bleibt, ob es Gründe gibt, die dem Vollzug der Wegwei-
sung entgegenstehen, da im Fall eines unzulässigen, unzumutbaren
oder unmöglichen Vollzugs das Anwesenheitsverhältnis nach den Be-
stimmungen des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) über die vorläufige
Aufnahme zu regeln ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG),
dass, da die Flüchtlingseigenschaft nicht Gegenstand des vorliegen-
den Beschwerdeverfahrens ist, die völkerrechtliche Bestimmung von
Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstel-
lung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) vorliegend nicht zur Anwen-
dung kommt,
dass im Weiteren der Wegweisungsvollzug auch vor Art. 3 des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grau-
same, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950
(EMRK, SR 0.101) standhält, da sich vorliegend weder aus der allge-
meinen Lage im Irak noch aus den Akten stichhaltige Anhaltspunkte
dafür ergeben, der Beschwerdeführer würde durch die Rückschaffung
mit erheblicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK verbotenen
Strafe oder Behandlung ausgesetzt werden,
dass somit der Wegweisungsvollzug im Sinne der völkerrechtlichen
Bestimmungen zulässig ist,
dass der Beschwerdeführer ohne stichhaltige Begründung bis heute
keine rechtsgenüglichen Identitätsdokumente eingereicht hat und da-
her seine wahre Identität nicht zweifelsfrei feststeht,
dass das BFM in der angefochtenen Verfügung mit Hinweis auf das Er-
gebnis der sprachlich-länderkundlichen Herkunftsanalyse vom 5. März
2005, wonach der Beschwerdeführer mit Sicherheit nicht aus Mosul
(Zentralirak) stamme, und angesichts des Verhaltens des Beschwerde-
führers, ohne plausible Gründe bis heute keine Identitätsdokumente
eingereicht zu haben, von der Annahme ausgeht, der Beschwerdefüh-
rer wolle seine wahre Identität verheimlichen und stamme nicht wie
geltend gemacht aus dem Zentralirak, sondern aus einer der drei von
der kurdischen Regionalregierung kontrollierten nordirakischen Provin-
zen Dohuk, Erbil und Sulaymanyia, wo keine Situation allgemeiner Ge-
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walt herrsche, weshalb der Wegweisungsvollzug des Beschwerdefüh-
rers auch als zumutbar zu erachten sei,
dass diese Einschätzung mit Hinweis auf auf das Grundsatzurteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2008 i.S. E-4243/2007 (pu-
bliziert unter BVGE 2008/5) grundsätzlich zu bestätigen ist,
dass es indessen hinzuzufügen gilt, dass nach der in diesem Urteil be-
gründeten Praxis auch für Kurden, die aus kurdisch dominiertem Ge-
biet ausserhalb der drei Provinzen Dohuk, Erbil und Suleimaniya stam-
men, die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in eine der kurdi-
schen Provinzen des Nordiraks nicht generell zu verneinen ist, son-
dern vielmehr im Einzelfall zu prüfen ist, ob diese in den genannten
Provinzen ein Bleiberecht hätten und ob der Wegweisungsvollzug zu-
mutbar sei (vgl. BVGE 2008/ 5 E.7.5),
dass eine solche Einzelfallprüfung vorliegend ergibt, dass der Wegwei-
sungsvollzug des alleinstehenden, jungen, gesunden Beschwerdefüh-
rers zu bejahen ist, verfügt der Beschwerdeführer doch nach eigenen
Angaben in Dohuk und Erbil über ein verwandtschaftliches Bezie-
hungsnetz (vgl. B1, S. 4),
dass daher vorliegend die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs
auch zu bejahen wäre, wenn der Beschwerdeführer entgegen der An-
nahme des BFM nicht aus dem Nordirak stammen würde,
dass somit keine Wegweisungshindernisse vorliegen und der vom
BFM verfügte Vollzug der Wegweisung zu bestätigen ist,
dass es dem Beschwerdeführer demnach nicht gelungen ist darzutun,
inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletze, den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststelle
oder unangemessen sei (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde
abzuweisen ist,
dass die Beschwerde als zum Vornherein aussichtslos erschien, wes-
halb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 65
Abs. 1 VwVG abzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.--
(Art. 2 und 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR
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173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1
VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss
Art. 65 Abs. 1 VwVG wird abgewiesen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu
Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
4.
Dieses Urteil geht an:
- den Beschwerdeführer (...)
- das BFM, (...)
- (...)
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Bendicht Tellenbach Daniel Merkli
Versand am:
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