D-4765/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Flüchtlingseigenschaft; Asyl; Wegweisung; Vollzug
Karar Dilini Çevir:
D-4765/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Flüchtlingseigenschaft; Asyl; Wegweisung; Vollzug

Abtei lung IV
D-4765/2006
{T 0/2}
Urteil vom 13. Juni 2007
Mitwirkung: Richter Fulvio Haefeli, Richterin Therese Kojic, Richter Vito Valenti
Gerichtsschreiberin Gabriela Freihofer
A._______, Türkei,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Frei,
Beschwerdeführer
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Verfügung vom 8. Februar 2006 i. S. Asyl und Wegweisung / N
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
2Sachverhalt:
A. Das vom Beschwerdeführer (zusammen mit seiner Ehefrau) gestellte erste
Asylgesuch wies das Bundesamt für Flüchtlinge mit Verfügung vom 17. September
1991 ab und verfügte die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug. Die
Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
B. Am 18. Januar 2006 ersuchte der Beschwerdeführer ein zweites Mal um Asyl in
der Schweiz. Am 24. Januar 2006 fand in Basel die Empfangszentrumsbefragung
statt, und am 2. Februar 2006 erfolgte die direkte Anhörung zu den Asylgründen
durch das BFM. Der Beschwerdeführer machte dabei im Wesentlichen geltend, er
habe nach Ablehnung des ersten Asylgesuchs die Schweiz verlassen und sei in
die Türkei zurückgekehrt. Dort sei er zum Dorfvorsteher gewählt worden. Bereits
während dieser Zeit sei er von Leuten der Kontraguerilla kontaktiert worden. Er
habe jedoch ihr Angebot abgelehnt, ihnen über Personen zu berichten, die in das
Dorf gekommen seien. Am 28. März 2004 habe er aber seine Tätigkeit als
Dorfvorsteher beendet. Als er am 1. Mai 2004 mit Verwandten in einem
Kaffeehaus geplaudert habe, habe ein Auto angehalten und ein Mann sei
ausgestiegen, welcher ihn gefragt habe, ob er der Dorfvorsteher sei, worauf er ihm
geantwortet habe, dass er das Amt niedergelegt habe. Daraufhin habe der Mann
ihn mit auf die Polizeistation nehmen wollen. Er und andere Männer in Zivil hätten
versucht, ihn ins Auto zu zerren, doch hätten seine Verwandten sie daran
gehindert. Er habe diese Männer als Leute der Kontraguerilla erkannt. Nach
diesem Vorfall habe er seine Verwandten in der Schweiz gebeten, ihm eine
Einladung zu schicken. Er habe sich im Mai 2004 einen Pass ausstellen lassen
und sei am 17. September 2004 mit einem Visum in die Schweiz gereist, wo er bis
zum 20. Oktober 2004 geblieben sei. Danach sei er von einem Bekannten aus
Deutschland in die Türkei zurückgebracht worden. Die Repressionen seien aber
nach seiner Rückkehr weitergegangen. Am 27. November 2005 sei es zu einem
weiteren Treffen mit den Leuten der Kontraguerilla gekommen. Sie hätten ihn
mitgenommen und ihn von 20 Uhr bis etwa 22 oder 23 Uhr festgehalten. In dieser
Zeit hätten sie ihn erneut als Spitzel anstellen wollen und gesagt, eine Absage
nicht zu akzeptieren. Sie hätten ihm gedroht und eine Waffe auf ihn gerichtet. Er
habe daraufhin akzeptiert, jedoch nur, um die Flucht ergreifen zu können. Diesen
Vorfall habe er bis anhin psychisch nicht verkraften können. Er sei am 20.
Dezember 2005 nach Istanbul gegangen und habe danach das Land am 14.
Januar 2006 verlassen, um zwei Tage später illegal in die Schweiz zu reisen.
C. Mit Verfügung vom 8. Februar 2006 stellte das BFM fest, der Beschwerdeführer
erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und lehnte das Asylgesuch ab. Gleichzeitig
verfügte es die Wegweisung aus der Schweiz und den Vollzug.
D. Mit Beschwerde vom 13. März 2006 liess der Beschwerdeführer beantragen, die
angefochtene Verfügung sei aufzuheben. Er sei als Flüchtling anzuerkennen, und
es sei ihm Asyl zu erteilen. Eventuell sei festzustellen, dass die Wegweisung
unzulässig und unzumutbar sei. Es sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu
bewilligen, und es sei ihm in der Person des unterzeichneten Rechtsanwalts ein
3unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben.
E. Mit Zwischenverfügung vom 21. März 2006 verwies der damals zuständige
Instruktionsrichter der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) die
Behandlung des Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG auf einen späteren Zeitpunkt, verzichtete auf die
Erhebung eines Kostenvorschusses und lehnte das Gesuch um unentgeltliche
Rechtsverbeiständung (Art. 65 Abs. 2 VwVG) ab. Zudem setzte er dem
Beschwerdeführer eine Frist an zur Einreichung eines ärztlichen Berichts.
F. Mit Eingabe vom 5. April 2006 liess der Beschwerdeführer einen Bericht von Dr.
med. B._______, Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, C._______, vom 4. April
2006, zu den Akten reichen.
G. Mit Eingabe vom 2. Mai 2006 liess der Beschwerdeführer ein Referenzschreiben
der D._______ sowie zwei Ausweiskopien naher Anverwandter einreichen.
H. In seiner Vernehmlassung vom 28. Juni 2006 schloss das BFM auf Abweisung der
Beschwerde.
I. Mit Eingabe vom 14. Juli 2006 liess der Beschwerdeführer replizieren.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR
173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das
Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32
VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten
Behörden. Dazu gehören Verfügungen des BFM gestützt auf das Asylgesetz vom
26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31); das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in
diesem Bereich endgültig (Art. 105 AsylG, Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es zuständig ist, am 1. Januar
2007 die Beurteilung der bei der ehemaligen ARK hängigen Rechtsmittel. Das
neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG).
1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die
Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
2. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; der Beschwerdeführer ist
legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 und 50 ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist
mithin einzutreten.
43.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz grundsätzlich Flüchtlingen Asyl.
Als Flüchtling wird eine ausländische Person anerkannt, wenn sie in ihrem
Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion,
Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte Nachteile
gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit sowie
Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken; den
frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder
zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr
Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält.
Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig
begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen
oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden
(Art. 7 AsylG).
4.
4.1 Das BFM lehnte das Asylgesuch des Beschwerdeführers ab, da seine Vorbringen
den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG nicht zu genügen
vermöchten. Dass der Beschwerdeführer nicht landesweit gesucht werde, habe
sich durch die legale Ausreise mit Visum im Jahre 2004 gezeigt. Eine Person, die
befürchte, von den türkischen Behörden gesucht zu werden, versuche gar nicht
erst, regulär über einen kontrollierten Grenzübergang auszureisen. Zudem habe
der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar erklären können, weshalb er nicht
schon damals in der Schweiz um Asyl ersucht habe. Es werde stark bezweifelt, ob
es überhaupt zu Kontakten mit der Kontraguerilla gekommen sei, zumal die
entsprechenden Angaben oberflächlich ausgefallen seien. In der Vernehmlassung
vom 20. Juni 2006 führte das BFM sodann im Wesentlichen aus, die aufgetretenen
Ungereimtheiten liessen sich nicht mit der im Arztbericht vom 4. April 2006
festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung erklären.
4.2
4.2.1 Aus der Rechtsmitteleingabe ergibt sich als Rüge die Verletzung von
Bundesrecht, indem zu Unrecht auf Unglaubhaftigkeit der Vorbringen geschlossen
worden sei. Unter anderem wird dazu geltend gemacht, der Beschwerdeführer
leide an psychischen Problemen, er habe bereits in den zwei Befragungen erklärt,
die Hilfe eines Psychiaters zu benötigen. Es sei bekannt, dass Folteropfer ihre
schwerwiegenden Erlebnisse manchmal verdrängten, was beim Beschwerdeführer
nicht ausgeschlossen werden könne. In der nachgereichten Eingabe vom 5. April
2006 wird zudem unter Einreichung eines Arztberichts von Dr. med. B._______,
Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, C._______, vom 4. April 2006,
festgehalten, es sei beim Beschwerdeführer eine posttraumatische
Belastungsstörung und eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert
worden. Dieses Krankheitsbild habe sich im erstinstanzlichen Verfahren zweifellos
5massgeblich auf das Aussageverhalten des Beschwerdeführers ausgewirkt.
Hiezu ist festzustellen, dass die ARK bereits im Jahre 1994, was die
Feststellbarkeit der Ursachen einer Traumatisierung betrifft, in einem Urteil
ausgeführt hat: „Glaubhaft gemacht ist aufgrund der gutachterlichen Feststellung
einer posttraumatischen Belastungsstörung einzig, dass die Beschwerdeführerin
ein traumatisierendes Ereignis erlebt haben muss. Die genauen Umstände dieses
Erlebnisses - was für die Frage der Asylrelevanz von entscheidender Bedeutung
wäre - bleiben indessen unklar. Da im Asylverfahren für den Nachweis der
Flüchtlingseigenschaft - trotz des herabgesetzten Beweismassstabs und des dabei
geltenden Untersuchungsgrundsatzes - der/die Asylgesuchsteller/in die Beweislast
(d.h. die Folgen des misslungenen Nachweises) trägt, kann aus diesem Grund der
Beschwerdeführerin die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.“ (vgl. Urteil
vom 25. Mai 1994, auszugsweise publiziert in Asyl 1994/4, S. 92). Mit
psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher erschlossen
werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein Ereignis vorlag und wie dieses
geartet war (vgl. MARTIN LEONHARDT/KLAUS FOERSTER, Probleme bei der Begutachtung
der posttraumatischen Belastungsstörung, in: Der medizinische Sachverständige
99 [2003], S. 151). Da psychische Symptome bezüglich ihrer Verursachung nicht
spezifisch sind, erlaubt demnach die Symptomatologie keine Rekonstruktion der
objektiven Seite des traumatisierenden Ereignisses (vgl. MARTIN LEONHARDT,
Psychiatrische Begutachtung bei asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren, in:
ULRICH VENZLAFF/KLAUS FOERSTER [Hrsg.], Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl.,
München 2004, S. 75; GERHARD EBNER/JOACHIM GARDEMANN/VOLKER DITTMANN,
Psychiatrische Arztzeugnisse und Gutachten im Asylverfahren, in: GERHARD
EBNER/VOLKER DITTMANN/BRUNO GRAVIER/KLAUS HOFFMANN/RENÉ RAGGENBASS [Hrsg.],
Psychiatrie und Recht/Psychiatrie et Droit, Forum Gesundheitsrecht/droit de la
santé, Band 10, Zürich 2005, S. 363). So kann zum Beispiel aus dem Vorliegen
des psychopathologischen Bildes einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht
auf die Existenz eines entsprechend schweren Traumas rückgeschlossen werden,
wenn über Existenz und Schwere des Traumas keine Informationen vorliegen (vgl.
HANS JAKOBER, Zur ausländerrechtlichen Beurteilung medizinisch-psychologischer
Begutachtungen traumatisierter Ausländer, in: ZAR 5/2005, S. 157; DIETER EBERT/
HILDBURG KINDT, Die posttraumatische Belastungsstörung im Rahmen von
Asylverfahren, in: Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg 2/2004, S. 42 f.;
KLAUS FOERSTER, Die Kausalitätsbeurteilung bei funktionellen psychischen
Störungen nach Unfällen, in: ERWIN MURER [Hrsg.], Psychische Störungen und die
Sozialversicherung - Schwerpunkt Unfallversicherung, Bern 2002, S. 122). Ohne
einen konkreten Sachverhalt sind demnach aus psychiatrischer Sicht die genauen
Ursachen eines Traumas nicht mit mindestens überwiegender Wahrscheinlichkeit
im Sinne von Art. 7 Abs. 2 AsylG feststellbar. Zudem muss auch nicht jedes
festgestellte Erscheinungsbild einer seelischen Traumatisierung oder jedes
Krankheitsbild einer PTBS auf Folter und menschenrechtswidriger Behandlung in
einem Verfolgungskontext beruhen. Die Symptomatik einer posttraumatischen
Belastungsstörung kann auch als Reaktion auf eine nicht besonders extreme
Belastung auftreten (vgl. FOERSTER, a.a.O., S. 122). Für das Vorliegen
entsprechender Symptome kann es auch andere Ursachen, wie Unfälle,
Naturkatastrophen, Entwurzelungsprozesse, interfamiliäre Spannungen
6(Fehlgeburten, schwere Erkrankungen oder Tod von Familienmitgliedern usw.),
geben. Die Behauptung, Verfolgungsopfer zu sein, löst zudem nicht jeden
Widerspruch in der Aussage auf und erklärt nicht jede Steigerung der
Verfolgungsvorbringen. Denn Steigerungen und Widersprüche können zwar infolge
traumatisierungsbedingter Verzerrungen des Aussageverhaltens zustande
kommen, sie müssen es aber nicht, sondern können auch schlicht Indiz für die
Unwahrheit der Aussage und der Folterbehauptung selbst sein (vgl. WILHEM TREIBER,
Flüchtlingstraumatisierung im Schnittfeld zwischen Justiz und Medizin, in: ZAR
8/2002, S. 286). Somit bildet eine diagnostizierte posttraumatische
Belastungsstörung für sich allein kein gewichtiges Indiz für die behauptete
Verfolgung, vielmehr ist jene im Rahmen der Beweiswürdigung in Beziehung zu
den anderen für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der behaupteten Verfolgung
bedeutsamen Sachverhaltselementen zu bringen. Nach der Praxis der ARK,
welche auch für das Bundesverwaltungsgericht Gültigkeit hat, spricht es zwar nicht
generell gegen die Glaubhaftigkeit einer behaupteten massiven Gewalterfahrung,
wenn diese nicht von Beginn weg, sondern erst im Verlauf des Verfahrens geltend
gemacht wird (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der ARK [EMARK] 2004 Nr. 1
E. 5b.dd. S. 7 ff.). Aufgrund der vorhandenen Literatur ist jedoch nicht einmal
belegt, dass sich die Aussagen von Traumapatienten gegenüber Aussagen von
nicht nachhaltig traumatisierten Personen über besonders stressreiche Ereignisse
grundlegend unterscheiden (vgl. RENATE VOLBERT, Beurteilung von Aussagen über
Traumata, Bern u.a. 2004, S. 131). Nach dem Gesagten und im Kontext der
vorliegenden Akten ist daher festzustellen, dass mit den diagnostizierten
psychischen Problemen die von der Vorinstanz angeführte und vom
Bundesverwaltungsgericht nach einer Prüfung der Akten bestätigte fehlende
Substanziiertheit der Vorbringen des Beschwerdeführers nicht erklärt werden
kann. Zudem kann – wie das BFM in seiner Vernehmlassung bereits zutreffend
festhält - aufgrund des vorliegenden Arztberichts auch nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden, dass die gesundheitlichen
Probleme tatsächlich von den vom Beschwerdeführer geltend gemachten
Erlebnissen abzuleiten sind.
Sodann ist mit der Vorinstanz noch einmal zu betonen, dass zu erwarten gewesen
wäre, dass der Beschwerdeführer, wenn er tatsächlich Verfolgungshandlungen
ausgesetzt gewesen wäre, bereits im Jahre 2004 in der Schweiz ein Asylgesuch
gestellt hätte. Es entspricht nicht dem Verhalten einer verfolgten Person, sich
freiwillig wieder in das Heimatland zurückzubegeben, wo sie Behelligungen erlitten
hatte und wieder solche befürchtet. Vielmehr benutzen wirklich verfolgte Personen
erfahrungsgemäss die erste sich bietende Gelegenheit, um sich künftig drohenden
Benachteiligungen zu entziehen, indem sie in einem sicheren Land um Schutz
ersuchen. Zudem muss auch die geltend gemachte nochmalige Kanditatur des
Beschwerdeführers als Dorfvorsteher im März 2004 (vgl. B1, S. 4) als nicht
nachvollziehbar gewertet werden, wenn er wirklich damals derartigen
Behelligungen ausgesetzt gewesen wäre, wie er behauptete. Darüber hinaus gab
der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe selbst an, er habe nie eine
landesweite Verfolgung geltend gemacht. Die Möglichkeit, sich allfälligen
Behelligungen lokaler Behörden durch Wegzug in einen anderen Teil des
Heimatlandes zu entziehen, schliesst aber die Asylgewährung von vornherein aus
7(vgl. EMARK 2000 Nr. 15 E. 7 S. 112 ff). Schliesslich macht der Beschwerdeführer
in der Beschwerde einerseits geltend, er sei angesichts seines Alters
stellungspflichtig und müsse damit rechnen, ein militärisches Aufgebot zu erhalten
(vgl. Beschwerde S. 13). An anderer Stelle führt er aber aus, er habe seinen
Militärdienst ordnungsgemäss absolviert (vgl. Beschwerde S. 8). Diese beiden
krass divergierenden Aussagen lassen sich offensichtlich nicht miteinander
vereinbaren und sprechen zusätzlich gegen die Glaubhaftigkeit der Vorbringen des
Beschwerdeführers.
Was der vom Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe geltend gemachte
psychische Druck aufgrund einer angeblichen intensiven Verfolgung von anderen
nahen Familienangehörigen anbelangt, ist festzuhalten, dass mit diesem Begriff
nicht ein Auffangtatbestand geschaffen werden soll, um weniger intensive Eingriffe
in Leib, Leben oder Freiheit flüchtlingsrechtlich anzuerkennen. Vielmehr soll diese
Formulierung erlauben, auch Massnahmen zu erfassen, die sich nicht unmittelbar
gegen die Rechtsgüter Leib, Leben oder Freiheit richten, sondern auf andere
Weise ein menschenwürdiges Leben verunmöglichen (vgl. BBl 1983 III 783). Dass
die angeführten Behelligungen ein menschenwürdiges Leben verunmöglicht oder
in unzumutbarer Weise erschwert und eine derart unerträgliche psychische
Belastung dargestellt hätten, dass der Beschwerdeführer sich ihr nur durch Flucht
ins Ausland hätte entziehen können, kann nach Auffassung des
Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der vorliegenden Akten nicht bejaht werden
(vgl. zum Kriterium des unerträglichen psychischen Drucks WALTER KÄLIN, Grundriss
des Asylverfahrens, Basel und Frankfurt a.M., 1990, S. 47 ff.).
4.2.2 Der Beschwerdeführer macht sodann eine Reflexverfolgung geltend. Hiezu ist
festzuhalten, dass zwar in der Praxis staatliche Repressalien gegen nahe
Verwandte politischer Aktivisten angewendet werden, welche Behelligungen nach
Kenntnis des Bundesverwaltungsgerichts als so genannte Anschluss- oder
Reflexverfolgung durchaus asylrechtlich relevante Intensität annehmen können
(vgl. EMARK 1994 Nr. 17 S. 132 ff.; Nr. 5 S. 39 ff.; 1993 Nr. 39 S. 280 ff.; Nr. 37 S.
263 ff.; Nr. 6 S. 36 ff.). Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Reflexverfolgung im
dargelegten Sinne zu werden, ist vor allem gegeben, wenn nach einem flüchtigen
Familienmitglied gefahndet wird und die Behörde Anlass zur Vermutung hat,
jemand stehe mit dem Gesuchten in engem Kontakt. Das Risiko erhöht sich
zusätzlich, wenn ein nicht unbedeutendes politisches Engagement des
Reflexverfolgten für illegale politische Organisationen hinzukommt. Gemäss
EMARK 2005 Nr. 21, worin eine ausführliche Beurteilung der neueren
Entwicklungen in der Türkei vorgenommen wird, ist an dieser Rechtsprechung
grundsätzlich weiterhin festzuhalten. Insbesondere wird darin betont, dass die
Wahrscheinlichkeit einer Reflexverfolgung und deren Intensität stark von den
konkreten Umständen des Einzelfalles abhingen. Zurzeit seien besonders diejeni-
gen Personen von einer Reflexverfolgung bedroht, die sich offen für politisch ak-
tive Verwandte einsetzen würden. Die beschriebenen Voraussetzungen für die
Annahme einer Reflexverfolgung sind vorliegend offensichtlich nicht gegeben,
zumal der Beschwerdeführer weder in einer exponierten politischen Stellung steht
noch einen besonders engen Kontakt zu Familienangehörigen geltend macht, nach
denen gefahndet wird. Der Beschwerdeführer gab anlässlich der Befragungen
8auch an keiner Stelle an, wegen intensiver Verfolgungsmassnahmen von nahen
Familienangehörigen unter massivem Druck gestanden zu haben. Die Tatsache,
dass einem Schwager und einem Bruder des Beschwerdeführers in der Schweiz
respektive in Deutschland der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei, vermag am
Sachverhalt nichts zu ändern
4.2.3 Schliesslich bringt der Beschwerdeführer auf Beschwerdeebene vor, er habe sich
exilpolitisch betätigt. Dazu reicht er ein Referenzschreiben der D._______ vom 7.
April 2006 zu den Akten.
Subjektive Nachfluchtgründe sind dann anzunehmen, wenn eine asylsuchende
Person erst durch die Flucht aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen
ihres Verhaltens nach der Ausreise eine Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG zu
befürchten hat. Personen mit subjektiven Nachfluchtgründen erhalten zwar kein
Asyl, werden jedoch als Flüchtlinge vorläufig aufgenommen (vgl. EMARK 2000
Nr. 16 E. 5a, mit weiteren Hinweisen). Weder die Zugehörigkeit zu einer im
Heimatstaat verbotenen Organisation noch allfällige in der Schweiz ausgeübte
Tätigkeiten innerhalb einer solchen genügen indessen für sich allein, um einen
subjektiven Nachfluchtgrund im Sinne von Art. 54 AsylG zu begründen. In jedem
Fall müssen konkrete Anhaltspunkte vorhanden sein, die darauf hinweisen, dass
die heimatlichen Behörden mit erheblicher Wahrscheinlichkeit von den Aktivitäten
im Ausland erfahren haben und den Beschwerdeführer deshalb verfolgen würden.
Allein aufgrund des eingereichten Referenzschreibens der D._______, wonach der
Beschwerdeführer seit Anfang des Jahres 2006 als deren Mitglied tätig sei, ist
nicht davon auszugehen, dass die türkischen Behörden ein Interesse an seiner
Person haben könnten. Es erscheint als äusserst unwahrscheinlich, dass die
türkischen Behörden von den Exilaktivitäten des Beschwerdeführers soweit Notiz
genommen haben, dass sie diesen bei einer Rückkehr in die Türkei deswegen
verfolgen würden. Die blosse Betätigung in einem kurdischen Kulturverein in der
Schweiz schafft im Übrigen bei einem nicht schon als politischer Opponent
bekannten Asylsuchenden im Falle einer Rückkehr in die Türkei klarerweise keine
Gefahr.
4.3 Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die Ausführungen auf Beschwerdeebene
noch näher einzugehen, da sie am Ergebnis auch nichts zu ändern vermögen.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass der Beschwerdeführer keine Ver-
folgung im Sinne von Art. 3 AsylG glaubhaft machen oder nachweisen und er nicht
als Flüchtling anerkannt werden kann. Mangels erfüllter Flüchtlingseigenschaft ist
ihm zu Recht das nachgesuchte Asyl nicht gewährt worden.
5.
5.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt
es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an;
dabei ist der Grundsatz der Einheit der Familie zu berücksichtigen (Art. 44 Abs. 1
AsylG). Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht
zumutbar, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den
gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44
Abs. 2 AsylG; Art. 14a Abs. 1 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
9Niederlassung der Ausländer [ANAG, SR 142.20]).
5.2 Der Vollzug ist nicht möglich, wenn der Ausländer weder in den Herkunfts- oder in
den Heimatstaat noch in einen Drittstaat verbracht werden kann. Er ist nicht
zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise des
Ausländers in seinen Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen.
Der Vollzug kann insbesondere nicht zumutbar sein, wenn er für den Ausländer
eine konkrete Gefährdung darstellt (Art. 14a Abs. 2 - 4 ANAG).
5.3 Niemand darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in
dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1
AsylG gefährdet sind oder in dem die Gefahr besteht, dass er zur Ausreise in ein
solches Land gezwungen wird (Art. 5 Abs. 1 AsylG).
5.4 Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des Übereinkommens
vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder
erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3
der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.
November 1950 (EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher
oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
5.5 Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine fremdenpolizeiliche
Aufenthaltsbewilligung noch einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die
Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 Abs. 1 AsylG; EMARK
2001 Nr. 21).
5.6 Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass
der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Personen schützt, die die
Flüchtlingseigenschaft erfüllen (vgl. MARIO GATTIKER, Das Asyl- und
Wegweisungsverfahren, Bern 1999, S. 89). Da es dem Beschwerdeführer nicht
gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder
glaubhaft zu machen, kann das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des
flüchtlingsrechtlichen Non-refoulements im vorliegenden Verfahren keine
Anwendung finden. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland ist
demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
5.7 Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus
den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung in seinen
Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder
Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie jener des UN-Anti-
Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk")
nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter
oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. EMARK 2001 Nr. 16, S. 122
mit weiteren Hinweisen). Die allgemeine Menschenrechtssituation in seinem
Heimatstaat lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt klarerweise
nicht als unzulässig erscheinen.
Was die im Arztbericht vom 4. April 2006 diagnostizierten psychischen Probleme
des Beschwerdeführers (posttraumatische Belastungsstörung, mittelgradig
10
depressive Episode) anbelangt, ist festzuhalten, dass der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte (EGMR) in seinem Urteil vom 20. März 1991 2001 i.S. Cruz
Varas gegen Schweden (Beschwerde Nr. 46/1990/237307) entschieden hat, dass
der Vollzug der "Ausweisung" von Personen, die an einer posttraumatischen
Belastungsstörung leiden beziehungsweise suizidgefährdet sind, nicht gegen Art.
3 EMRK verstösst (vgl. a.a.O., E. 44, 45, 46, insbesondere 77-86). Der Gerichtshof
hat diese Praxis im Unzulässigkeitsentscheid vom 29. Juni 2004 i.S. Salkic in
Bezug auf die posttraumatische Belastungsstörung bestätigt (vgl.
Unzulässigkeitsentscheid des EGMR vom 29. Juni 2004 i.S. Salkic und andere
gegen Schweden, Nr. 7702/04, 3, 8-11 [englischer Text]).
Die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers stellen selbst dann unter
dem Blickwinkel von Art. 3 EMRK kein völkerrechtliches Vollzugshindernis dar,
falls in der Türkei der medizinische Standard schlechter als in der Schweiz wäre
(vgl. EMARK 2004 Nr. 6 E. 7 S. 40 ff., 2004 Nr. 7 E. 5 S. 47 ff.,
Bundesgerichtsurteil vom 30. September 2002 i.S. A. und B. gegen Service de la
population du canton de Vaud, E. 2.3 [SZIER 3/2003, S. 308]). Diese nationale
Rechtsprechung steht im Einklang mit derjenigen der Strassburger Organe,
wonach allein die Tatsache, dass die Umstände der medizinischen Versorgung im
Heimatland für den Betroffenen weniger vorteilhaft wären als jene, die er im
Aufenthaltsstaat hat, für die Beurteilung unter dem Blickwinkel von Art. 3 EMRK
nicht entscheidend ist (vgl. Urteil des EGMR vom 6. Februar 2001 i.S. Bensaid
gegen Vereinigtes Königreich [Grossbritannien], E. 38, Beschwerde Nr. 44599/98;
Entscheid des EGMR vom 29. Juni 2004 über die Zulassung der Beschwerde N.
7702/04 i.S. Salkic und andere gegen Schweden, "The Law", Ziff. 1, S. 7).
Vielmehr steht fest, dass der Beschwerdeführer, welcher in der Schweiz
medizinisch bisher lediglich ambulant von seinem Hausarzt betreut wurde, in
seinem Heimatland auf die dort bestehenden und nach Kenntnis des
Bundesverwaltungsgerichts als ausreichend zu bezeichnenden psychiatrischen
Behandlungsinstitutionen zurückgreifen kann. Vor diesem Hintergrund ist der
Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in Beachtung der massgeblichen
völker- und landesrechtlichen Bestimmungen als zulässig zu bezeichnen. Überdies
lässt sich die Frage der Reisefähigkeit – im genannten Arztbericht vom 4. April
2006 wird angeführt, beim Antritt der Reise respektive bei einer Planung derselben
sei mit einer Zunahme der Symptome zu rechnen - im vorliegenden Verfahren
letztendlich nur im Rahmen des tatsächlichen Vollzugs konkret überprüfen. Eine
amtsärztlich bescheinigte Reiseunfähigkeit des Beschwerdeführers liegt jedenfalls
bis heute nicht vor.
Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung auch unter diesem
Gesichtspunkt zulässig.
5.8 Aus humanitären Gründen, nicht in Erfüllung völkerrechtlicher Pflichten der
Schweiz, wird auf den Vollzug der Wegweisung auch verzichtet, wenn die
Rückkehr in den Heimatstaat für den Betroffenen eine konkrete Gefährdung
darstellt. Eine solche Gefährdung kann angesichts der im Heimatland
herrschenden allgemeinen politischen Lage, die sich durch Krieg, Bürgerkrieg oder
11
durch eine Situation allgemeiner Gewalt kennzeichnet, oder aufgrund anderer
Gefahrenmomente, wie beispielsweise einer notwendigen medizinischen
Behandlung, angenommen werden (vgl. Botschaft zum Bundesbeschluss über das
Asylverfahren vom 22. Juni 1990, BBl 1990 II 668).
5.9 Eine Situation, welche den Beschwerdeführer als „Gewalt- oder de-facto-
Flüchtling“ qualifizieren würde, lässt sich aufgrund der heutigen Situation in der
Türkei nicht in genereller Form bejahen. Im Jahr 2004 beurteilte die ARK die Si-
tuation in den südöstlichen Provinzen der Türkei neu (vgl. EMARK 2004 Nr. 8). Die
ARK kam zum Schluss, dass unter Berücksichtigung der neu gewürdigten
Umstände nicht mehr von einer generellen Unzumutbarkeit der Rückkehr in die
südöstlichen Provinzen der Türkei ausgegangen werden muss. Diese Beurteilung
hat auch für das Bundesverwaltungsgericht Gültigkeit.
5.10 Es bleibt zu prüfen, ob die gesundheitlichen Beschwerden des Beschwerdeführers
ein individuelles Vollzugshindernis bilden könnten. Das Ermessen, welches die
"Kann-Bestimmung" von Art. 14a Abs. 4 ANAG den zuständigen Behörden
einräumt, erfordert in jedem einzelnen Fall, die Situation, welche sich für die
betroffene Person nach Vollzug der Wegweisung im Heimatland ergäbe, und die
damit verbundenen humanitären Aspekte den öffentlichen Interessen
gegenüberzustellen, welche für den Vollzug der Wegweisung sprechen (vgl.
EMARK 2003 Nr. 17 E. 6a S. 107, EMARK 1994 Nr. 18 E. 4d S. 140 f.).
Entsprechen die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland nicht dem
medizinischen Standard in der Schweiz, macht dies allein den Vollzug noch nicht
unzumutbar, hingegen dann, wenn die ungenügende Möglichkeit der
Weiterbehandlung eine drastische und lebensbedrohende Verschlechterung des
Gesundheitszustandes nach sich zieht (vgl. EMARK 2004 Nr. 7 E. 5d, EMARK
2003 Nr. 24 E. 5b S. 157 f.). Letztere Bedingungen sind für den Beschwerdeführer
nicht erfüllt, zumal es ihm zumutbar ist, für die Behandlung seiner Leiden auf die
medizinische Infrastruktur seines Heimatlandes zurückzugreifen, was, wie oben
unter Ziffer 5.7 der Erwägungen angeführt wurde, möglich ist. Dass die
psychischen Probleme im Übrigen den Beschwerdeführer in seinem Alltagsleben
nicht gravierend einschränken, ergibt sich auch aus der Tatsache, dass er bis zu
seiner Ausreise im Januar 2006 in der Viehzucht tätig gewesen ist (vgl. B1, S. 2).
Darüber hinaus fällt auf, dass sich der Beschwerdeführer in der Schweiz lediglich
von einem Allgemeinpraktiker behandeln liess, welcher es offenbar nicht als
notwendig erachtete, den Patienten einem psychiatrischen Facharzt zuzuweisen.
Schliesslich kann der Beschwerdeführer bei der Vorinstanz unter Vorlage
entsprechender ärztlicher Atteste medizinische Rückkehrhilfe beantragen (Art. 93
Abs. 1 Bst. c AsylG i.V.m. Art. 75 AsylV 2). Im Übrigen sprechen auch keine
anderen Gründe gegen die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs des
Beschwerdeführers. So leben eigenen Angaben zufolge dessen Ehefrau, die drei
Kinder sowie drei Geschwister in der Türkei, womit er bei einer Rückkehr ein
soziales Netz vorfinden wird.
5.11 Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung somit auch als zumutbar zu
bezeichnen.
5.12 Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung
seines Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu
12
beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG), weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als
möglich zu bezeichnen ist.
5.13 Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu bestätigen. Die
Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich
erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme
ausser Betracht (Art. 14a Abs. 1 - 4 ANAG).
6. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und
vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist
nach dem Gesagten abzuweisen.
7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.-- festzusetzen
(Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 2 und 3 des Reglements über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006
[VGKE]). Das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG ist jedoch
gutzuheissen, da die Begehren – wie sich aus den obigen Erwägungen ergibt –
nicht als von vornherein aussichtslos zu bezeichnen waren und aufgrund der Akten
auch von der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist. Es sind daher
keine Kosten zu erheben.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs.
1 VwVG wird gutgeheissen.
3. Es werden keine Kosten erhoben.
4. Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, 2 Expl. (eingeschrieben)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Akten
(Ref.-Nr. N )
- Amt für Migration des Kantons ad (Beilage: Identitätsausweis)
Der Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Fulvio Haefeli Gabriela Freihofer
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