D-4535/2013 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 11. Jul...
Karar Dilini Çevir:
D-4535/2013 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 11. Jul...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung IV
D-4535/2013


U r t e i l v o m 2 1 . M a i 2 0 1 4
Besetzung

Richter Robert Galliker (Vorsitz),
Richter Daniel Willisegger, Richter Gérald Bovier,
Gerichtsschreiberin Sandra Min.
Parteien

A._______, geboren (…),
alias A._______, geboren (…),
Syrien,
vertreten durch Michael Steiner, Rechtsanwalt,
(…),
Beschwerdeführer,


gegen

Bundesamt für Migration,
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Asyl und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 11. Juli 2013 / N (…).


D-4535/2013
Seite 2
Sachverhalt:
A.
A.a Eigenen Angaben zufolge gelangte der Beschwerdeführer am 23. De-
zember 2010 in die Schweiz, wo er am gleichen Tag im Empfangs- und
Verfahrenszentrum (EVZ) B._______ ein Asylgesuch einreichte. Dazu
wurde er am 29. Dezember 2010 im EVZ B._______ befragt (Kurzbefra-
gung) und am 28. Mai 2013 in Bern-Wabern angehört (Anhörung).

A.b Zur Begründung seines Asylgesuchs machte er im Wesentlichen gel-
tend, er sei ethnischer Kurde syrischer Staatsangehörigkeit und stamme
aus dem Gouvernement al-Hasaka, wo er seit seiner Geburt bis zu seiner
Ausreise aus Syrien überwiegend gelebt habe. Er sei Sympathisant der
Demokratischen Einheitspartei (Partiya Yekîtiya Demokratik [PYD]). Da er
im Jahre 2004 an einer Demonstration teilgenommen habe, sei er zusam-
men mit anderen Personen von den syrischen Behörden in Haft genom-
men und misshandelt worden. Nachdem sie eine Vereinbarung unter-
schrieben hätten, dass sie nie wieder einer solchen Aktivität nachgehen
würden, seien sie nach neunzehn Tagen freigelassen worden. Später ha-
be er in einer Papeterie gearbeitet, wo er ein Buch aufbewahrt habe, des-
sen Inhalt davon handle, wie man die kurdische Sprache erlernen könne.
Am 3. September 2010 seien zwei Mitglieder des Sicherheitsdienstes in
der Papeterie erschienen und hätten diese durchsucht, wobei sie das
Buch über die kurdische Sprache gefunden hätten. Deswegen sei er mit-
genommen und zur politischen Sicherheitsstelle in C._______ gebracht
worden, wo man ihn misshandelt habe. Nach der Intervention eines An-
walts und der Bezahlung eines Bestechungsgeldes durch seinen Vater
sei er nach zirka vier Stunden wieder freigelassen worden. Der Sicher-
heitsdienst habe ihn anschliessend aufgefordert, nach D._______ zu rei-
sen, wo er verhört worden sei und er seine Identitätskarte wieder erhalten
habe. Dank der Hilfe eines Cousins seines Vaters habe er nach zirka zwei
Stunden wieder gehen können. Ende September 2010 seien Sicherheits-
kräfte mitten in der Nacht beim Haus seiner Familie erschienen und hät-
ten es durchsucht. Sie hätten nach ihm gesucht und seine Eltern be-
schimpft und entwürdigend behandelt. Er sei zu diesem Zeitpunkt nicht zu
Hause gewesen, sondern habe sich auf dem Landwirtschaftsgut seiner
Familie aufgehalten. Nach diesem Vorfall sei sein Bruder zu ihm gefahren
und habe ihm gesagt, er solle das Land verlassen, da sonst die ganze
Familie leide. Zudem habe er mehrere militärische Vorladungen erhalten,
welche er nicht befolgt habe. Aus diesen Gründen habe er am 6. Oktober
2010 Syrien auf legalem Weg verlassen und sei via die Türkei und ihm
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ansonsten unbekannte Länder in die Schweiz gereist. Er habe von sei-
nem Vater erfahren, dass die syrischen Behörden drei oder vier Monate
nach seiner Ausreise erneut zu Hause nach ihm gesucht hätten. Für den
detaillierten Inhalt der Sachverhaltsvorbringen ist auf die Befragungspro-
tokolle bei den Akten zu verweisen.
A.c Der Beschwerdeführer reichte im Verfahren vor der Vorinstanz drei
fremdsprachige Marschbefehle (teilweise in Kopie), ein fremdsprachiges
Dokument bezüglich Wettbewerbsunterlagen (in Kopie), zwei fremdspra-
chige Universitätsdiplome (in Kopie), einen Ausdruck eines fremdsprachi-
gen Internetartikels, ein Bestätigungsschreiben der PYD, eine Sistie-
rungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons E._______ vom
14. Juni 2012 (in Kopie) sowie eine Identitätskarte ein.
B.
Mit Verfügung vom 11. Juli 2013 – eröffnet am folgenden Tag – stellte das
BFM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht
und lehnte sein Asylgesuch ab. Gleichzeitig verfügte es dessen Wegwei-
sung aus der Schweiz. Hingegen wurde der Vollzug der Wegweisung we-
gen Unzumutbarkeit zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme aufgescho-
ben.
Als Begründung führte die Vorinstanz hauptsächlich aus, anlässlich der
Kurzbefragung habe der Beschwerdeführer zu Protokoll gegeben, er ha-
be seinen Heimatstaat verlassen, da er einem drohenden Militärdienst
habe entgehen wollen. Bei der Anhörung habe er hingegen vorgebracht,
er habe Syrien aufgrund der Verfolgung seitens der Sicherheitsdienste
verlassen müssen. Des Weiteren habe er die Hausdurchsuchung, die ihn
gemäss eigenen Angaben zur Ausreise getrieben habe, an der Kurzbe-
fragung mit keinem Wort erwähnt. Dieses Variieren fundamentaler Aspek-
te seines Vorbringens liessen den Wahrheitsgehalt der gesamten Asyl-
vorbringen in zweifelhaftem Licht erscheinen. Die Aussagen des Be-
schwerdeführers bezüglich der angeblichen Hausdurchsuchung vom
3. September 2010 (recte: Ende September 2010) seien in wesentlichen
Punkten zu wenig konkret, detailliert und differenziert dargelegt worden.
So habe er weder anzugeben vermocht, wer sein Elternhaus durchsucht
habe, noch wie sich diese Durchsuchung abgespielt habe. Des Weiteren
sei er nicht in der Lage gewesen, glaubhaft dazulegen, dass seine
Schwierigkeiten mit den Behörden nicht allein auf seine Militärdienstver-
weigerung zurückzuführen seien. Die von ihm eingereichten Beweismittel
legten wiederum eine solche Interpretation nahe. Eine darüber hinaus
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reichende Verfolgung habe von ihm nicht glaubhaft aufgezeigt werden
können. Die Vorbringen des Beschwerdeführers hielten den Anforderun-
gen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 des Asylgesetzes vom 26. Juni
1998 (AsylG, SR 142.31) nicht stand, so dass ihre Asylrelevanz nicht ge-
prüft werden müsse. Für die weitere Begründung wird auf die angefoch-
tene Verfügung verwiesen.
C.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 verlangte der Rechtsvertreter des Be-
schwerdeführers vollumfängliche Einsicht in die Verfahrensakten.
D.
Mit Zwischenverfügung vom 24. Juli 2013 gewährte die Vorinstanz dem
Beschwerdeführer Einsicht in die Verfahrensakten.
E.
Mit Beschwerde vom 9. August 2013 an das Bundesverwaltungsgericht
liess der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter die nachste-
hend aufgeführten Anträge stellen:
1. Dem Beschwerdeführer sei Einsicht in die Akten A 9/1, A 17/1 und
A 18/1 sowie in sämtliche weiteren eingereichten Beweismittel zu gewäh-
ren.
2. Eventualiter sei dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zu den
Akten A 9/1, A 17/1 und A 18/1 sowie zu sämtlichen weiteren eingereich-
ten Beweismittel zu gewähren beziehungsweise eine schriftliche Begrün-
dung betreffend den internen VA-Antrag (Akte 18/1) zuzustellen.
3. Nach der Gewährung der Akteneinsicht beziehungsweise des rechtli-
chen Gehörs beziehungsweise der Zustellung der schriftlichen Begrün-
dung sei dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zur Einreichung
einer Beschwerdeergänzung anzusetzen.
4. Es sei die Rechtskraft der angefochtenen Verfügung betreffend die
Feststellung der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs (Ziffer 4 Satz
1 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung) festzustellen.
5. Die Verfügung des BFM vom 11. Juli 2013 sei im Übrigen aufzuheben
und die Sache dem BFM zur vollständigen und richtigen Abklärung und
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und zur Neubeurteilung
zurückzuweisen.
6. Eventualiter sei die Verfügung des BFM vom 11. Juli 2013 aufzuheben
und dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen und
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Asyl zu gewähren, eventualiter sei er als Flüchtling vorläufig aufzuneh-
men.
7. Eventualiter sei die Verfügung des BFM vom 11. Juli 2013 aufzuheben
und es sei die Unzulässigkeit betreffend den Wegweisungsvollzug des
Beschwerdeführers festzustellen.
Auf die Begründung der Beschwerdebegehren wird, soweit wesentlich, in
den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Mit der Rechtsmittelschrift wurden unter anderem folgende Dokumente zu
den Akten gereicht: Eine Vielzahl von Internetberichten beziehungsweise
Zeitungsartikel bezüglich Syrien, mehrere Flugblätter, Printscreenausdru-
cke der Facebook-Seite des Beschwerdeführers, eine CD, Unterlagen der
Staatsanwaltschaft respektive der Polizei des Kantons E._______ (in Ko-
pie), eine Vielzahl von Fotos (teilweise in Kopie) sowie mehrere Internet-
ausdrucke von Aufrufen zu Demonstrationen.
F.
Mit Verfügung vom 5. September 2013 ordnete der Instruktionsrichter an,
dass der Antrag auf Gewährung der Einsicht in die Aktenstücke A 9/1,
A 17/1 und A 18/1 abgewiesen werde. Zur Begründung hielt er fest, bei
A 9/1 handle es sich um eine Aktennotiz und somit um eine verwaltungs-
interne Akte, die lediglich die Beendigung des Dublin-Verfahrens und die
Durchführung des nationalen Verfahrens festhalte. Das Aktenstück A 17/1
sei dem Beschwerdeführer bereits bekannt (vgl. Beweismittelbeilage 38).
Beim Aktenstück A 18/1 handle es sich zum einen um ein nicht zur Edition
vorgesehenes Dokument. Zum anderen beziehe es sich auf einen inter-
nen Antrag, den Beschwerdeführer wegen Unzumutbarkeit des Wegwei-
sungsvollzugs vorläufig aufzunehmen, mit der Begründung, angesichts
des herrschenden Bürgerkrieges in Syrien erachte das BFM den Vollzug
der Wegweisung in Übereinstimmung mit der gefestigten länderspezifi-
schen Amtspraxis als nicht zumutbar. Im Weiteren verfügte der Instrukti-
onsrichter, dass dem Antrag auf Einsicht in weitere eingereichte Beweis-
mittel (A 15 und A 10/6) entsprochen werde; dem Beschwerdeführer wür-
den Kopien dieser Aktenstücke zugestellt. Überdies wies er die Anträge
auf Gewährung des rechtlichen Gehörs zu den Aktenstücken A 9/1,
A 10/6, A 15, A 17/1 und A 18/1 beziehungsweise auf Zustellung einer
schriftlichen Begründung betreffend den internen VA-Antrag ab. Ebenso
den Antrag, es sei nach Gewährung der Akteneinsicht eine Frist zur Ein-
reichung einer Beschwerdeergänzung anzusetzen. Im Weiteren wies der
Instruktionsrichter den Antrag auf Feststellung der Rechtskraft von Dispo-
sitivziffer 4 der angefochtenen Verfügung ab. Zur Begründung hielt er
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Seite 6
fest, die Dispositivziffern der Verfügung vom 11. Juli 2013 würden nur bei
einer Abweisung, nicht aber bei einer Gutheissung des Rückweisungsbe-
gehrens oder der reformatorisch gestellten Eventualbegehren (Asylge-
währung oder vorläufige Aufnahme als Flüchtling) in Rechtskraft erwach-
sen. Überdies verfügte der Instruktionsrichter, dass auf die Erhebung ei-
nes Kostenvorschusses verzichtet werde und über die weiteren Anträge
zu einem späteren Zeitpunkt zu befinden sei. Gleichzeitig lud er die Vor-
instanz zur Einreichung einer Stellungnahme ein.
G.
Am 19. September 2013 gewährte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer
(ebenfalls) Einsicht in die Aktenstücke A 10/6 sowie A 15 (Beweismittel-
couvert).
H.
Das BFM hielt in seiner Vernehmlassung vom 24. September 2013 an
seiner Verfügung fest und liess sich bezüglich der exilpolitischen Aktivitä-
ten des Beschwerdeführers vernehmen. Die Stellungnahme der Vorin-
stanz wurde dem Beschwerdeführer am 3. Oktober 2013 in Kopie zur
Kenntnisnahme zugestellt.
I.
Mit Eingabe vom 5. November 2013 liess der Beschwerdeführer durch
seinen Rechtsvertreter teilweise deutsche Übersetzungen der im vor-
instanzlichen Verfahren eingereichten fremdsprachigen Dokumente zu
den Akten reichen.
J.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2017 (recte: 2014) liess der Beschwerdefüh-
rer durch seinen Rechtsvertreter Folgendes geltend machen: In der Zwi-
schenzeit sei F._______ (N […]), mit dem er zusammengearbeitet und die
Webseite G._______ betrieben habe, aufgrund seiner politischen Aktivitä-
ten als Flüchtling anerkannt und in der Schweiz wegen der Unzulässigkeit
des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufgenommen worden. Angesichts
dieses Umstandes sowie aus prozessökonomischen Gründen dränge es
sich auf, die Beschwerde dem BFM nochmals zur Vernehmlassung zu-
kommen zu lassen. Da er mit F._______, der als Flüchtling anerkannt
worden sei, politisch tätig gewesen sei, müsse er zwingend ebenfalls als
Flüchtling anerkannt werden.
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Seite 7
K.
Mit Verfügung vom 10. Januar 2014 wurde der Vorinstanz Gelegenheit
gegeben, bis zum 27. Januar 2014 eine Stellungnahme einzureichen.
L.
Die Stellungnahme der Vorinstanz vom 22. Januar 2014 wurde dem Be-
schwerdeführer am 24. Januar 2014 in Kopie zur Kenntnisnahme zuge-
stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM ge-
hört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz
des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Aus-
nahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwal-
tungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Be-
schwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser
bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die
beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d
Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR
173.110]). Eine solche Ausnahmekonstellation liegt nicht vor.

1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem
BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6
AsylG).
1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht (Art. 108 Abs. 1
AsylG, Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 52 VwVG). Der Be-
schwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und
ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt. Er besitzt zu-
dem ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung beziehungsweise
Änderung der angefochtenen Verfügung, weshalb er zur Einreichung der
Beschwerde legitimiert ist (Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG, Art. 48
Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
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Seite 8
2.
Das Bundesverwaltungsgericht überprüft die angefochtene Verfügung im
Asylbereich aus den in Art. 106 AsylG vorgesehenen Gründen.
3.
3.1 In der Beschwerde werden verschiedene formelle Rügen erhoben.
Diese sind vorab zu beurteilen, da sie allenfalls geeignet wären, eine
Kassation der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken (vgl. Entscheidun-
gen und Mitteilungen der [vormaligen] Schweizerischen Asylrekurskom-
mission [EMARK] 2004 Nr. 38 und EMARK 1994 Nr. 1; ALFRED
KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspfle-
ge des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 225, mit weiteren Hinweisen).
3.2
3.2.1 In der Beschwerde wird einerseits gerügt, die Vorinstanz habe das
Akteneinsichtsrecht verletzt, da sie es unterlassen habe, Einsicht in die
BFM-Akten A 9/1, A 17/1 und A 18/1 sowie in die vom Beschwerdeführer
im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Beweismittel zu gewähren.

3.2.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 der Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR
101]; Art. 29 VwVG) beinhaltet unter anderem die behördliche Begrün-
dungspflicht, wie auch das Akteneinsichtsrecht, welches in Art. 26 ff.
VwVG geregelt ist. Gemäss Art. 26 ff. VwVG ist den Parteien grundsätz-
lich Einsicht in die Akten zu gewähren. Das Einsichtsrecht bezieht sich
auf Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden, sämt-
liche als Beweismittel dienenden Aktenstücke sowie auf die Niederschrif-
ten eröffneter Verfügungen (Art. 26 Abs. 1 Bstn. a, b und c VwVG). Somit
fallen unter Art. 26 VwVG sämtliche Aktenstücke, welche grundsätzlich
geeignet sind, in einem konkreten Verfahren als Beweismittel zu dienen
(vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-1814/2007 vom 17. August
2010 E. 4.1). Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auch auf Aktenstücke,
deren Inhalt der Partei bereits bekannt ist (STEPHAN C. BRUNNER in: Au-
er/Müller/Schindler [Hrsg.], VwVG, Kommentar zum Bundesgesetz über
das Verwaltungsverfahren, Zürich/St. Gallen 2008, Art. 26 Rz. 17). Das
Akteneinsichtsrecht gilt indessen nicht absolut und kann gemäss Art. 36
BV eingeschränkt werden. Art. 27 VwVG in Verbindung mit Art. 28 VwVG
bilden dabei die gesetzliche Grundlage.
3.2.3 Bezüglich der geltend gemachten Verletzung des Akteneinsichts-
rechts in die Akten A 9/1, A 17/1 und A 18/1 ist festzuhalten, dass das Ge-
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richt mit Verfügung vom 5. September 2013 feststellte, dass betreffend
dieser Aktenstücke keine Verletzung des Akteneinsichtsrechts vorliege,
weshalb es die Anträge auf Einsicht in diese Akten sowie auf Gewährung
des rechtlichen Gehörs betreffend dieser Akten abwies; ebenso den dies-
bezüglichen Antrag auf Ansetzung einer angemessenen Nachfrist zur Ein-
reichung einer Beschwerdeergänzung (vgl. vorstehend Bst. F.).
3.2.4 Hinsichtlich der Rüge, die Vorinstanz habe es unterlassen, Einsicht
in die im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Beweismittel zu ge-
währen, ist festzustellen, dass das BFM dem Beschwerdeführer – wie
sich aus der Zwischenverfügung vom 24. Juli 2013 entnehmen lässt –
(zumindest) keine Einsicht in das Aktenstück A 10/6 gewährte. Da dies-
bezüglich grundsätzlich ein Akteneinsichtsrecht besteht und die Voraus-
setzungen für dessen Einschränkung gemäss Art. 27 f. VwVG nicht erfüllt
sind, hätte das BFM dem Beschwerdeführer Einsicht in diese Dokumente
gewähren müssen. Mit Verfügung vom 5. September 2013 räumte das
Gericht dem Beschwerdeführer jedoch Einsicht in diese Dokumente ein.
Spätestens mit dieser Verfügung erhielt der Beschwerdeführer auch Ein-
sicht in das Aktenstück A 15 (Beweismittelcouvert). Die Anträge auf Ge-
währung des rechtlichen Gehörs und Fristgewährung zur Beschwerdeer-
gänzung im Zusammenhang mit diesen dem Beschwerdeführer bereits
bekannten Beweismitteln wies das Gericht hingegen ab (vgl. vorstehend
Bst. F.). Damit kann dieser Verfahrensmangel als geheilt betrachtet wer-
den, zumal die festgestellte Verletzung des Akteneinsichtsrechts bezüg-
lich des Aktenstücks A 10/6 (und allenfalls betreffend das Aktenstück
A 15) nicht schwerwiegender Natur ist.
3.3
3.3.1 In der Beschwerde wird weiter (sinngemäss) gerügt, die Vorinstanz
habe den Anspruch auf rechtliches Gehör schwerwiegend verletzt, da es
zahlreiche Gefährdungselemente in ihrem internen Antrag um vorläufige
Aufnahme (A 18/1) nicht gewürdigt habe.

3.3.2 Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Vorinstanz nicht verpflichtet
war, in ihrem internen Antrag um vorläufige Aufnahme sämtliche Gefähr-
dungselemente zu würdigen. Es genügte, dass sie den massgeblichen
Grund – der in Syrien herrschende Bürgerkrieg – aufführte, weshalb der
Beschwerdeführer in der Schweiz vorläufig aufzunehmen sei. Die Bedin-
gungen für einen Verzicht in Bezug auf den Vollzug der Wegweisung sind
alternativer Natur. Sobald eine erfüllt ist, ist die vorläufige Aufnahme an-
zuordnen. Gegen eine allfällige spätere Aufhebung der vorläufigen Auf-
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Seite 10
nahme würde dem Beschwerdeführer wiederum der Beschwerdeweg of-
fen stehen. In diesem Fall würden Zulässigkeit, Zumutbarkeit und Mög-
lichkeit eines Wegweisungsvollzugs nach Massgabe der in diesem Zeit-
punkt herrschenden Verhältnisse von Amtes wegen erneut geprüft. Die
vorerwähnte Rüge ist deshalb unbegründet.
3.4
3.4.1 In der Beschwerde wird im Weiteren gerügt, die Vorinstanz habe
das rechtliche Gehör beziehungsweise die Begründungspflicht verletzt,
da sie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers
dessen exilpolitische Tätigkeit nicht berücksichtigt habe.

3.4.2 Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer anläss-
lich der Anhörung vom 28. Mai 2013 mit keinem Wort erwähnte, dass er
sich in der Schweiz exilpolitisch betätigt. Der Vorinstanz kann demnach
nicht vorgehalten werden, sie habe in der angefochtenen Verfügung die
exilpolitische Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt, zumal
es aufgrund der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht (Art. 8 AsylG) seine
Aufgabe gewesen wäre, das BFM rechtzeitig darüber zu informieren, und
die Untersuchungspflicht der Behörden ihre Grenze an der Mitwirkungs-
pflicht der asylsuchenden Person findet. Nach dem Gesagten kann der
Vorinstanz auch nicht vorgeworfen werden, sie habe die Akte A 17/1 nicht
korrekt gewürdigt, da der Beschwerdeführer am Ende der Anhörung
nochmals Gelegenheit erhielt, weitere Gründe vorzutragen, welche gegen
eine Rückkehr in das Heimatland sprechen würden (vgl. A 16/14 S. 12).
Folglich ist die diesbezügliche Rüge unbegründet.
3.5
3.5.1 In der Beschwerde sowie der Eingabe vom 5. November 2013 wird
vom Beschwerdeführer ausserdem gerügt, die Auflistung der sich im Be-
weismittelcouvert A 15 befindlichen Beweismittel sei mangelhaft, da die
Beweismittel Nr. 2, 3, 4 und 6 von der Vorinstanz falsch bezeichnet re-
spektive unkorrekt aufgelistet worden seien. Diese mangelhafte Erfas-
sung der Beweismittel sowie der Umstand, dass die Beweismittel nicht
übersetzt worden seien, stellten eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
beziehungsweise eine Verletzung der Pflicht zur vollständigen und richti-
gen Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts dar.
3.5.2 Unter Vorbehalt, dass die vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom
5. November 2013 eingereichten Übersetzungen korrekt sind, ist diesbe-
züglich festzuhalten, dass die Vorinstanz die sich im Beweismittelcouvert
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Seite 11
A 15 befindlichen Beweismittel Nr. 2, 3, 4 und 6 im Register des Couverts
tatsächlich falsch bezeichnet respektive unkorrekt aufgelistet hat. Beim
Beweismittel Nr. 2 handelt es sich nämlich nicht – wie von der Vorinstanz
im Register aufgeführt – um ein "Verschiebungsgesuch", sondern um ei-
nen Marschbefehl. Das Beweismittel Nr. 3 ist – entgegen dem Register-
eintrag – kein "Marschbefehl vom (…)", vielmehr eine Bestätigung für den
Erhalt von Wettbewerbsunterlagen. Beim Beweismittel Nr. 4 handelt es
sich nicht – wie vom BFM ursprünglich im Register bezeichnet – um eine
"Bestätigung Job-Wettbewerb", sondern um einen Internetartikel; diese
falsche Bezeichnung wurde von der Vorinstanz in der Zwischenzeit be-
richtigt. Bezüglich des Beweismittels Nr. 6 ist schliesslich festzuhalten,
dass es sich dabei um den Marschbefehl vom "(…)" handelt, den die Vor-
instanz im Register des Beweismittelcouverts A 15 fälschlicherweise als
Beweismittel Nr. 3 aufgeführt hat. Aufgrund der gesamten Umstände sind
diese vom Beschwerdeführer zu Recht gerügten Fehler bei der Auflistung
der Beweismittel im vorliegenden Fall jedoch nicht von wesentlicher Be-
deutung (vgl. dazu nachfolgend E. 5.1). Es rechtfertigt sich daher nicht,
die angefochtene Verfügung deswegen aufzuheben. Die Vorinstanz ist
jedoch gehalten, diese Mängel – soweit nicht bereits geschehen – zu kor-
rigieren. Hinsichtlich der Rüge, wonach die Beweismittel nicht übersetzt
worden seien, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs beziehungs-
weise eine Verletzung der Pflicht zur vollständigen und richtigen Abklä-
rung des rechtserheblichen Sachverhalts darstelle, wird nachfolgend auf
E. 3.7 verwiesen.
3.6
3.6.1 Im Weiteren wird in der Rechtsmittelschrift gerügt, die Vorinstanz
habe das rechtliche Gehör beziehungsweise ihre Begründungspflicht ver-
letzt, indem sie es unterlassen habe, die folgenden Tatsachen in der Ver-
fügung zu erwähnen und somit auch zu würdigen: dass der Beschwerde-
führer kurdischer Herkunft sei, dass er nach der Festnahme am 3. Sep-
tember 2010 sowie nach der Freilassung erneut verhört worden sei, dass
er während der neunzehntägigen Haft im Jahre 2004 gefoltert worden sei,
dass er anlässlich der Anhörung konkret auf Narben auf seinem Körper
hingewiesen habe, dass die zwei Personen die Papeterie des Beschwer-
deführers total zerstört hätten, dass er nach der Verhaftung im September
2010 geschlagen worden sei, dass der Bruder des Beschwerdeführers
ein PKK-Kämpfer gewesen sei und dass er dazu im Rahmen der Fest-
nahme im September 2010 befragt worden sei sowie dass zwei der Cou-
sins väterlicherseits und eine Cousine väterlicherseits sich ebenfalls "in
den Bergen" den Kämpfern angeschlossen hätten.
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Seite 12

3.6.2 Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass sich das BFM bei der
Begründung seiner Verfügung auf die für den Entscheid wesentlichen
Gesichtspunkte beschränken durfte und nicht gehalten war, sich aus-
drücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung auseinander zu setzen
(BGE 126 I 97 E. 2.b S.102 f.). Sodann ist festzustellen, dass den Akten
keine Hinweise zu entnehmen sind, wonach das BFM den Sachverhalt
ungenügend festgestellt beziehungsweise sich mit diesem nicht ausein-
ander gesetzt hätte. Es ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass
die vom Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren vorgebrachten
Verfolgungsvorbringen von der Vorinstanz zu Recht als nicht glaubhaft
beurteilt wurden (vgl. nachfolgend E. 5.1). Die diesbezüglichen Erwägun-
gen der Vorinstanz sind zwar knapp, aber dennoch ausreichend ausgefal-
len. Sie erlauben es, die Beweggründe, welche zur Abweisung des Asyl-
gesuches geführt haben, in einer Weise nachzuvollziehen, die eine sach-
gerechte Anfechtung der Verfügung möglich macht. Die vom Beschwer-
deführer erhobene Rüge, die Vorinstanz habe in der angefochtenen Ver-
fügung das rechtliche Gehör beziehungsweise ihre Begründungspflicht
verletzt, ist daher ebenfalls unbegründet.
3.7
3.7.1 In der Rechtsmittelschrift wird ausserdem vorgebracht, das BFM
habe den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig und unrichtig ab-
geklärt, da es zahlreiche entscheidrelevante Punkte nicht weiter geprüft
habe, was sich auch aus dem Unterschriftenblatt der Hilfswerkvertretung
ergebe. So sei insbesondere auf die Folter während der Inhaftierung im
Jahre 2004 nicht eingegangen worden. Zudem sei das politische Profil
des Beschwerdeführers sowie dasjenige seiner Familie nicht genau erör-
tert worden. Überdies habe die Vorinstanz keine Botschaftsabklärung
veranlasst. Ausserdem habe sie die eingereichten Beweismittel weder
übersetzen lassen noch eine angemessene Frist zur Einreichung von
Übersetzungen angesetzt.
3.7.2 Gemäss Art. 12 VwVG stellt die zuständige Behörde den Sachver-
halt von Amtes wegen fest. Sie ist jedoch nur in dem Ausmass zur Unter-
suchung des Sachverhaltes verpflichtet, als man dies vernünftigerweise
von ihr erwarten kann. Der Untersuchungsgrundsatz findet seine Grenze
an der gesetzlichen Mitwirkungspflicht. Art. 13 VwVG verpflichtet die Par-
teien, an der Feststellung des Sachverhaltes in Verfahren mitzuwirken,
die sie durch ihr Begehren eingeleitet haben. Die Mitwirkungspflicht des
Gesuchstellers betrifft insbesondere Tatsachen, die seine persönliche Si-
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Seite 13
tuation betreffen und die er besser kennt als die Behörden oder die von
diesen ohne seine Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vernünftigem Auf-
wand erhoben werden können (vgl. BVGE 2008/24 E. 7.2, mit weiteren
Hinweisen). Art. 8 AsylG konkretisiert diese Mitwirkungspflicht für das
Asylverfahren.
3.7.3 Im vorliegenden Fall kann der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden,
sie habe den rechtserheblichen Sachverhalt nicht genügend abgeklärt.
Wie bereits erwähnt, wurden die vom Beschwerdeführer im vorinstanzli-
chen Verfahren vorgebrachten Verfolgungsvorbringen von der Vorinstanz
zu Recht als nicht glaubhaft beurteilt (vgl. nachfolgend E. 5.1.). Sie konn-
te daher darauf verzichten, das politische Profil des Beschwerdeführers
sowie dasjenige seiner Familie genauer zu erörtern beziehungsweise ei-
ne Botschaftsabklärung durchzuführen. Ebenso war die Vorinstanz nicht
gehalten, die eingereichten Beweismittel übersetzen zu lassen respektive
eine angemessene Frist zur Einreichung von Übersetzungen anzusetzen.
Bezüglich der vom Beschwerdeführer angeblich erlittenen Folter während
der Inhaftierung im Jahre 2004 ist festzuhalten, dass diese mangels Kau-
salzusammenhang selbst dann nicht asylrelevant wäre, wenn er sie tat-
sächlich erlebt hätte, weshalb die Vorinstanz nicht gehalten gewesen wä-
re, weiter darauf einzugehen. An dieser Einschätzung des Gerichts, wo-
nach die Vorinstanz vorliegend den rechtserheblichen Sachverhalt genü-
gend abgeklärt hat, ändert auch der Umstand nichts, dass die an der An-
hörung des Beschwerdeführers anwesende Hilfswerkvertretung auf dem
Unterschriftenblatt festhielt, auf die vom Beschwerdeführer angesproche-
ne Folter während seiner Inhaftierung 2004 sei nicht detailliert eingegan-
gen worden, sein politisches Profil sowie jenes seiner Familienangehöri-
gen habe im Rahmen der Abklärung nicht genau erörtert werden können
und der Bekanntheitsgrad, Umfang und Zeitrahmen der einzelnen politi-
schen Tätigkeiten des Beschwerdeführers seien nicht genau abgeklärt
worden, zumal die an der Anhörung anwesende Hilfswerkvertretung zwar
ihre Eindrücke schildern kann, sie jedoch über keine Parteirechte verfügt
(vgl. Art. 30 Abs. 4 AsylG), weshalb eine solche Meinungsäusserung für
das BFM beziehungsweise das Bundesverwaltungsgericht auch nicht
bindend ist (vgl. dazu MARIO GATTIKER, Das Asyl- und Wegweisungsver-
fahren, 3. Aufl. Bern 1999, S. 28 f.; EMARK 1996 Nr. 13 E. 4c und d
S. 111 f.). Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, der Befrager an
der Anhörung sei überfordert gewesen, was sich darin zeige, dass er dem
Beschwerdeführer mehrmals gesagt habe, er gebe ihm zu viele Informa-
tionen, ist Folgendes festzuhalten: Aus dem Anhörungsprotokoll ergibt
sich in keiner Art und Weise, dass der Befrager an der Anhörung überfor-
D-4535/2013
Seite 14
dert war. Mit seinen Aussagen bezüglich zu vieler Informationen (A 16/14
F61, F65) wollte er den Beschwerdeführer lediglich auffordern, präziser
auf die Fragen zu antworten. Nach dem Gesagten kann der Rüge, wo-
nach die Vorinstanz den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig und
unrichtig abgeklärt habe, nicht gefolgt werden. Es ist gegenteils festzuhal-
ten, dass vorliegend – entgegen der Behauptung in der Rechtsmittel-
schrift – der Sachverhalt aufgrund der ausführlichen Befragungen des
Beschwerdeführers sowie seiner schriftlichen Eingaben hinreichend er-
stellt ist.
3.8 Nach dem Gesagten besteht daher keine Veranlassung die Verfügung
des BFM vom 11. Juli 2013 aus formellen Gründen aufzuheben, weshalb
der Rückweisungsantrag abzuweisen ist.
4.
4.1 Es bleibt im Folgenden zu prüfen, ob das BFM im vorliegenden Fall
die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Vorfluchtgründe zu Recht
als unglaubhaft beurteilt und demzufolge das Asylgesuch des Beschwer-
deführers zu Recht abgewiesen hat.

4.2 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grund-
sätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im
Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationali-
tät, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder
begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als
ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des
Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen
psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 1 und 2 AsylG).
Die Bundesversammlung hat in der dringlichen Änderung des Asylgeset-
zes vom 28. September 2012 (in Kraft getreten am 29. September 2012)
neu den Art. 3 Abs. 3 AsylG eingeführt, wonach Personen, die wegen
Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausge-
setzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt
zu werden, keine Flüchtlinge sind. Vorbehalten bleibe das Abkommen
vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR
0.142.30). Bei den am 29. September 2012 hängigen Verfahren stellt sich
deshalb die Frage der intertemporalen Geltung dieser neuen Gesetzes-
bestimmung. Demnach ist Art. 3 Abs. 3 AsylG in Beschwerdeverfahren
bezüglich Verfügungen, die das BFM vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens
D-4535/2013
Seite 15
der Norm am 29. September 2012 erliess, nicht anzuwenden. Hingegen
findet die neue gesetzliche Bestimmung in jenen Fällen Anwendung, die
seit dem 29. September 2012 vom BFM entschieden wurden bezie-
hungsweise entschieden werden (vgl. BVGE 2013/20 E. 3.2).
4.3 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen
oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die
Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für ge-
geben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentli-
chen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den
Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder ver-
fälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
4.4 Grundsätzlich sind Vorbringen dann glaubhaft gemacht, wenn sie ge-
nügend substanziiert, in sich schlüssig und plausibel sind. Sie dürfen sich
nicht in vagen Schilderungen erschöpfen, in wesentlichen Punkten nicht
widersprüchlich sein, der inneren Logik entbehren oder den Tatsachen
oder der allgemeinen Erfahrung widersprechen. Darüber hinaus muss der
Gesuchsteller persönlich glaubwürdig erscheinen, was insbesondere
dann nicht der Fall ist, wenn er wichtige Tatsachen unterdrückt oder be-
wusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens Vorbringen auswechselt,
steigert oder unbegründet nachschiebt oder die nötige Mitwirkung am
Verfahren verweigert. Glaubhaftmachung bedeutet ferner – im Gegensatz
zum strikten Beweis – ein reduziertes Beweismass und lässt durchaus
Raum für gewisse Einwände und Zweifel an den Vorbringen des Ge-
suchstellers. Entscheidend ist, ob die Gründe, welche für die Richtigkeit
der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist
auf eine objektivierte Sichtweise abzustellen (vgl. Urteil des Bundesver-
waltungsgerichts D-149/2011 vom 29. November 2011 E. 6.2).
4.5 Vorab ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer den Wortlaut
sämtlicher Protokolle mit seiner Unterschrift bestätigte und sich deshalb
seine Aussagen entgegenhalten lassen muss. Seine Behauptung anläss-
lich der Anhörung, wonach es ihm nach seiner Ankunft in der Schweiz
nicht gut gegangen sei und er den Druck noch immer gefühlt habe, wes-
halb er die Kurzbefragung möglichst schnell habe zu Ende bringen wollen
und daher bei der Rückübersetzung nicht richtig zugehört habe, findet im
Kurzbefragungsprotokoll keine Stütze. Aus dem Protokoll geht nicht her-
vor, dass sich der Beschwerdeführer anlässlich der Befragung nicht wohl
gefühlt hätte. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers anlässlich der
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Seite 16
Anhörung ist daher als Schutzbehauptung zu werten, um seine wider-
sprüchlichen und ungereimten Aussagen zu rechtfertigen.
Im Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass den Aussagen einer asylsu-
chenden Person im Empfangszentrum zu den Asylgründen angesichts
des summarischen Charakters der Befragung für die Beurteilung der
Glaubhaftigkeit nur ein beschränkter Beweiswert zukommt (vgl. EMARK
2005 Nr. 7 E. 6.2.1 S. 66 und dort zitierte, weiterhin gültige Praxis). Wi-
dersprüche dürfen nur dann herangezogen werden, wenn klare Aussagen
im Empfangszentrum in wesentlichen Punkten der Asylbegründung von
den späteren Aussagen in der Anhörung beim BFM diametral abweichen,
oder wenn bestimmte Ereignisse oder Befürchtungen, welche später als
zentrale Asylgründe genannt werden, nicht bereits in der Befragung im
Empfangszentrum zumindest ansatzweise erwähnt werden.
5.
5.1 Nach Prüfung der Akten durch das Gericht ist festzustellen, dass die
Vorbringen des Beschwerdeführers, welche sich auf den Zeitraum bis zu
seiner Ausreise aus dem Heimatland beziehen, den Anforderungen an die
Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG nicht standzuhalten vermögen. Dies
aus folgenden Gründen: In Übereinstimmung mit der Vorinstanz ist fest-
zuhalten, dass sich der Beschwerdeführer anlässlich der Befragungen
bezüglich des Grundes, weshalb er Syrien verlassen habe, widersprach.
So gab er bei der Kurzbefragung zu Protokoll, er habe sein Heimatland
verlassen, da er seinem drohenden Militärdienst habe entgehen wollen
(A 1/10 S. 6), währenddem er in der freien Schilderung der Asylgründe
anlässlich der Anhörung aussagte, er sei aus Syrien ausgereist, da er
Ende September 2010 von den Sicherheitskräften zu Hause gesucht wor-
den sei; er machte nicht geltend, er sei wegen des drohenden Militär-
dienstes ausgereist (A 16/14 F46). Auf den Vorhalt dieser widersprüchli-
chen Aussagen war er nicht in der Lage, den Widerspruch aufzulösen
(A 16/14 F70). Dieser Widerspruch in den Aussagen des Beschwerdefüh-
rers weckt erste Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Gesamtvorbringen.
Sodann ist festzuhalten, dass die Asylvorbringen des Beschwerdeführers
auch in anderen wesentlichen Punkten widersprüchlich ausgefallen sind.
So gab er anlässlich der Kurzbefragung zu Protokoll, er habe in der Pa-
peterie heimlich ein Buch verkauft, das darüber handle, wie man die kur-
dische Sprache erlernen könne (A 1/10 S. 5). Anlässlich der Anhörung
trug er dagegen vor, das Buch über die kurdische Sprache habe sich
deshalb in der Papeterie befunden, da er von jemandem der PYD beauf-
tragt worden sei, es zu kopieren (A 16/14 F51). Überdies machte der Be-
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Seite 17
schwerdeführer anlässlich der Kurzbefragung geltend, er sei nach seiner
Freilassung am 3. September 2010 mit seinem Vater nach D._______ ge-
reist, wo er verhört worden sei und er seine Identitätskarte wieder erhal-
ten habe (A 1/10 S. 6). Bei der Anhörung brachte er nicht vor, mit seinem
Vater nach D._______ gereist zu sein, um seine Identitätskarte abzuho-
len, vielmehr habe sein Vater mit seinem Bruder telefoniert, der dafür ge-
sorgt habe, dass er (Beschwerdeführer) seine Identitätskarte wieder zu-
rückerhalten habe (A 16/14 F60 f.).

Im Weiteren ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer anlässlich der
Kurzbefragung die Suche nach seiner Person durch Sicherheitskräfte
Ende September 2010 noch mit keinem Wort erwähnte, obwohl ihn die-
ses Ereignis gemäss seinen Aussagen anlässlich der Anhörung zur Aus-
reise veranlasst haben soll (A 16/14 F64). Aufgrund dieses unlogischen
Aussageverhaltens wird die generelle Glaubwürdigkeit des Beschwerde-
führers erheblich in Frage gestellt. Die Behauptung in der Anhörung, wo-
nach er diese Suche durch die Sicherheitskräfte an der Kurzbefragung
deshalb nicht erwähnt habe, da der Befrager ihm immer wieder gesagt
habe, er solle sich kurz fassen, weshalb er nicht gewusst habe, was er
erzählen solle und was nicht (A 16/14 F69), vermag nicht zu überzeugen.
Aus dem Kurzbefragungsprotokoll ist ersichtlich, dass der Beschwerde-
führer ausreichend Zeit gehabt hätte, die angebliche Suche durch die Si-
cherheitskräfte zu erwähnen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass
er damals explizit gefragt wurde, ob es andere Asylgründe gebe, was er
jedoch ausdrücklich verneinte (A 1/10 S. 7).
Ausserdem ist aufgrund des Umstands, dass der Beschwerdeführer mit
seinem Reisepass legal aus Syrien ausgereist ist, zu schliessen, dass er
von den syrischen Behörden zum Zeitpunkt seiner Ausreise am 6. Okto-
ber 2010 – entgegen seiner Behauptung anlässlich der Anhörung
(A 16/14 F73 ff.) – nichts zu befürchten hatte.
Gestützt auf das soeben Ausgeführte ist übereinstimmend mit der Vorin-
stanz zu folgern, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer geltend
gemachten Fluchtvorbringen lediglich um ein Konstrukt handelt. Das BFM
hat es daher – entgegen der Rüge in der Beschwerde – zu Recht auch
unterlassen, bezüglich dieser geltend gemachten Vorkommnisse die Asyl-
relevanz zu prüfen, insbesondere auch betreffend die geltend gemachte
Militärdienstverweigerung. An dieser Einschätzung vermag auch die Be-
hauptung des Beschwerdeführers anlässlich der Anhörung nichts zu än-
dern, wonach er drei oder vier Monate nach seiner Ausreise aus Syrien
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Seite 18
erneut von den Sicherheitskräften zu Hause bei seinen Eltern gesucht
worden sei, da dieses Vorbringen in keiner Weise belegt wird. An der Be-
urteilung, wonach es sich bei den vorgebrachten Verfolgungsvorbringen
lediglich um ein Konstrukt handelt, vermögen auch die eingereichten Be-
weismittel nichts zu ändern, zumal keine Gewähr für die Echtheit bezie-
hungsweise (inhaltliche) Richtigkeit der Marschbefehle sowie des Bestä-
tigungsschreibens der PYD besteht, da gerichtsnotorisch ist, dass insbe-
sondere Asylbewerber aus Syrien unter Inanspruchnahme unlauterer Ma-
chenschaften behördliche und andere Dokumente zur Stützung ihrer
Asylvorträge beibringen. Nach dem Dargelegten ist auch der Einwand in
der Beschwerde, die Argumentation der Vorinstanz erweise sich als will-
kürlich und nicht stichhaltig, unbegründet und damit nicht geeignet, einen
anderen Schluss zu bewirken.
5.2 Nach dem Gesagten teilt das Bundesverwaltungsgericht die Ein-
schätzung der Vorinstanz, wonach der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt
der Ausreise nicht verfolgt war beziehungsweise keine begründete Furcht
vor einer Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG hatte. Aufgrund der vor-
stehenden Erwägungen erübrigt es sich, auf die weiteren Ausführungen
und Einwände in der Beschwerde sowie die eingereichten Beweismittel
weiter einzugehen. Das BFM hat das Asylgesuch des Beschwerdeführers
in Bezug auf die Vorfluchtgründe demnach zu Recht abgelehnt.
6.
6.1 Der Beschwerdeführer macht zur Begründung seines Asylgesuchs im
Weiteren geltend, er sei in der Schweiz exilpolitisch sehr aktiv. Er habe
mit seinem Freund F._______ eine regimekritische Website betrieben;
diese sei am (…) von Unbekannten gehackt worden und man habe auf
dieser anschliessend eine Nachricht mit einem sie bedrohenden Inhalt ins
Netz gestellt. Es sei naheliegend, dass dieser Hackerangriff von pro-
Assad Leuten durchgeführt worden sei. Auf dieser Webseite sei – auch
nach dem Hackerangriff – unter anderem zu Demonstrationen in der
Schweiz aufgerufen worden. Zudem habe er an zahlreichen Demonstrati-
onen und anderen politischen Veranstaltungen teilgenommen. Überdies
verfüge er über ein öffentlich zugängliches Facebook-Profil unter seinem
richtigen Namen, auf dem er zahlreiche regimekritische Beiträge veröf-
fentlicht habe. Es sei daher davon auszugehen, dass seine Identität den
syrischen Behörden bekannt sei und er im Fall einer Rückkehr asylrele-
vant verfolgt würde.

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Seite 19
6.2 Massgeblich für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die Si-
tuation im Zeitpunkt des Asylentscheides (BVGE 2009/29 E. 5.1 S. 376 f.,
BVGE 2008/4 E. 5.4 S. 38 f.; WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Ueber-
sax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl., Ba-
sel/Bern/Lausanne 2009, Rz. 11.17 und 11.18). Wer sich darauf beruft,
dass durch sein Verhalten nach der Ausreise aus dem Heimat- oder Her-
kunftsstaat durch Exilaktivitäten eine Gefährdungssituation erst geschaf-
fen worden ist, beruft sich auf das Vorliegen subjektiver Nachfluchtgründe
(Art. 54 AsylG). Diese begründen zwar die Flüchtlingseigenschaft im Sin-
ne von Art. 3 AsylG, führen jedoch nach Art. 54 AsylG zum Ausschluss
des Asyls, unabhängig davon, ob sie missbräuchlich oder nicht miss-
bräuchlich gesetzt wurden. Die vom Gesetzgeber bezweckte Bestimmung
subjektiver Nachfluchtgründe als Asylausschlussgrund verbietet auch ein
Addieren solcher Gründe mit Fluchtgründen vor der Ausreise aus dem
Heimat- oder Herkunftsstaat, die für sich allein nicht zur Bejahung der
Flüchtlingseigenschaft und zur Asylgewährung ausreichen (vgl. EMARK
1995 Nr. 7 E. 7b und 8 S. 67 und 70). Wer eine drohende Verfolgung we-
gen exilpolitischen Engagements geltend macht, hat dann begründeten
Anlass zur Furcht vor künftiger Verfolgung, wenn der Heimat- oder Her-
kunftsstaat mit erheblicher Wahrscheinlichkeit von den Aktivitäten im Aus-
land erfahren hat und die Person deshalb bei einer Rückkehr in flücht-
lingsrechtlich relevanter Weise verfolgt würde (BVGE 2009/29 E. 5.1
S. 376 f., BVGE 2009/28 E. 7.1 S. 352; EMARK 2006 Nr. 1 E. 6.1 S. 10).
Die am 1. Februar 2014 in Kraft getretene Bestimmung von Art. 3 Abs. 4
AsylG hält zwar fest, dass Personen, die Gründe geltend machen, die
wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden und weder Aus-
druck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat be-
stehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, nicht (mehr) Flüchtlinge
sind; diese einschränkende Feststellung wurde vom Gesetzgeber aber
durch den ausdrücklichen Hinweis auf den Vorbehalt der Geltung der FK
wieder relativiert (Art. 3 Abs. 4 in fine AsylG).
Im Folgenden ist demnach zu prüfen, ob der Beschwerdeführer die Vor-
aussetzungen für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft infolge sei-
nes exilpolitischen Verhaltens und damit aufgrund von subjektiven Nach-
fluchtgründen erfüllt.
6.3 Gemäss Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts trifft es zwar
zu, dass sich die syrischen Behörden für die exilpolitischen Aktivitäten ih-
rer Staatsangehörigen interessieren. Es ist jedoch davon auszugehen,
D-4535/2013
Seite 20
dass sich die syrischen Geheimdienste auf die Erfassung von Personen
konzentrieren, die über niedrigprofilierte Erscheinungsformen exilpoliti-
scher Proteste hinaus Funktionen wahrgenommen und/oder Aktivitäten
entwickelt haben, welche die betreffende Person aus der Masse der mit
dem Regime Unzufriedenen herausheben und als ernsthaften und poten-
tiell gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen. Massgebend ist dabei
nicht primär das Hervortreten im Sinne einer optischen Erkennbarkeit und
Individualisierbarkeit, sondern eine öffentliche Exponierung, die aufgrund
der Persönlichkeit des Asylsuchenden, der Form des Auftritts und auf-
grund des Inhalts der in der Öffentlichkeit abgegebenen Erklärungen den
Eindruck erweckt, dass der Asylsuchende aus Sicht des syrischen Re-
gimes als potentielle Bedrohung wahrgenommen wird (vgl. Entscheide
des Bundesverwaltungsgerichts D-4514/2013 vom 22. Januar 2014
E. 7.8.3 und D-4743/2011 vom 30. Mai 2013 E. 7.4).
Angesichts der blutigen Auseinandersetzungen und der unsicheren Prog-
nosen über die Zukunft Syriens ist davon auszugehen, dass das Schwer-
gewicht der Aktivitäten der syrischen Sicherheitskräfte, welche mittlerwei-
le geschwächt sind und deren Mittel nicht mehr das Ausmass früherer
Jahre haben, nicht bei einer grossflächigen, sondern in einer selektiven
Überwachung der im Ausland lebenden Opposition liegt (vgl. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts E-7109/2013 vom 16. April 2014 E. 5.3.3).
Die Annahme subjektiver Nachfluchtgründe verlangt weiterhin eine Expo-
nierung im Sinne der obigen Ausführungen.
6.4 Der kurdische Beschwerdeführer fällt nach Prüfung der Beweisunter-
lagen nicht in die Kategorie von Personen, die wegen ihrer Tätigkeit oder
Funktionen als ernsthafte und potentiell gefährliche Regimegegner wahr-
genommen werden. Aufgrund der eingereichten Beweismittel und der
Eingaben im Asylverfahren ist nicht davon auszugehen, dass er innerhalb
einer der exilpolitisch tätigen Organisationen und Parteien eine exponier-
te Kaderstelle innehat. Er hat wie tausende sich in der Schweiz und ande-
ren europäischen Staaten befindliche syrische Staatsangehörige an meh-
reren Kundgebungen gegen das syrische Regime teilgenommen, wobei
er fotografiert wurde. Zudem hat er mit einem Freund eine regimekritische
Website betrieben, auf der unter anderem zu Demonstrationen in der
Schweiz gegen das syrische Regime aufgerufen wurde. Ungeachtet des-
sen erscheint es insgesamt dennoch nicht als überwiegend wahrschein-
lich, dass der Beschwerdeführer identifiziert wurde, da es sich bei ihm
nicht um eine für die exilpolitische Szene bedeutsame Persönlichkeit
handelt. Mit Blick auf Art und Umfang seiner exilpolitischen Tätigkeit kann
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Seite 21
er nicht als ausserordentlich engagierter und exponierter Regimegegner
qualifiziert werden. Daran ändert nichts, dass er auf seiner Facebook-
Seite zahlreiche regimekritische Beiträge veröffentlichte, zumal solche Ak-
tivitäten bei einer Vielzahl von Asylsuchenden festzustellen sind und ihm
das nicht das Profil eines gewichtigen und staatsgefährdenden Exilakti-
visten verleiht. Der Umstand, dass er Sympathisant der PYD ist, vermag
zu keinem anderen Schluss zu führen, da er für diese Vereinigung nicht
ins Rampenlicht einer breiten Öffentlichkeit getreten ist. Selbst für den
Fall des Bekanntwerdens der exilpolitischen Tätigkeiten des Beschwerde-
führers hätte dieser bei einer Rückkehr nach Syrien mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung seitens
der heimatlichen Behörden zu gewärtigen, zumal davon auszugehen ist,
dass es sich bei den von ihm geltend gemachten Fluchtvorbringen ledig-
lich um ein Konstrukt handelt (vgl. vorstehend E. 5.1), was die Gefahr,
aufgrund exilpolitischer Aktivitäten in der Schweiz bei einer Rückkehr
nach Syrien verfolgt zu werden, erheblich vermindert. Somit übersteigt
das exilpolitische Engagement des Beschwerdeführers die Schwelle der
oben umschriebenen Erscheinungsformen exilpolitischer Proteste syri-
scher Staatsangehöriger nicht. Bezüglich der gehackten Website des Be-
schwerdeführers sowie der Drohung, die darauf platziert worden sein soll,
ist festzustellen, dass keine konkreten Hinweise darauf bestehen, dass
die Website des Beschwerdeführers von den syrischen Behörden gehackt
wurde und diese die Drohung ausgesprochen haben. An dieser Einschät-
zung ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer und
sein Freund F._______ bei der Polizei eine Strafanzeige gegen Unbe-
kannt wegen der gehackten Website und der ausgesprochenen Drohung
erhoben haben.
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ist schliesslich festzu-
halten, dass auch in einer allfälligen Kenntnisnahme der syrischen Be-
hörden von der Einreichung des Asylgesuchs in der Schweiz kein Risiko-
faktor in dem Sinne zu erblicken ist, dass der Beschwerdeführer allein
deswegen bei einer Rückkehr mit asylrechtlich relevanten Nachteilen zu
rechnen hätte. An dieser Einschätzung ändert auch das in der Beschwer-
de erwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-4051/2011 vom
8. Juli 2013 nichts, zumal diesem ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt,
der mit demjenigen im vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres verglichen
werden kann. Soweit bezüglich der Gefährdung von abgewiesenen Asyl-
suchenden bei einer Rückkehr nach Syrien auf deutsche und britische Ur-
teil verwiesen wird, ist festzuhalten, dass diese für das Bundesverwal-
D-4535/2013
Seite 22
tungsgericht nicht verbindlich sind, weshalb darauf verzichtet werden
kann, weiter darauf einzugehen.
6.5 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die geltend gemachten sub-
jektiven Nachfluchtgründe auch in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen
in Syrien keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungsfurcht des Be-
schwerdeführers bei einer Rückkehr in sein Heimatland begründen. Aus
der Tatsache, dass sein Freund F._______ aufgrund seiner politischen
Aktivitäten in der Schweiz als Flüchtling anerkannt wurde, vermag der
Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, zumal sich die
exilpolitischen Aktivitäten des Beschwerdeführers von denjenigen von
F._______ in wesentlichen Punkten unterscheiden. An der Einschätzung,
wonach die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten des Beschwer-
deführers nicht geeignet sind, eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfol-
gungsfurcht zu begründen, vermögen auch die diesbezüglichen Vorbrin-
gen in der Beschwerde sowie die eingereichten Beweismittel nichts zu
ändern.
7.
In Würdigung der gesamten Umstände und Vorbringen des Beschwerde-
führers ist zusammenfassend festzustellen, dass dieser keine Gründe
nach Art. 3 AsylG nachweisen oder glaubhaft machen kann, weshalb die
Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht
erfüllt sind. Die Vorinstanz hat demnach das Asylgesuch des Beschwer-
deführers zu Recht abgelehnt.
8.
8.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein,
so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet
den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der
Familie (Art. 44 AsylG).

8.2 Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche
Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer sol-
chen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44
AsylG; vgl. BVGE 2009/50 E. 9).
9.
Mit dem vorliegenden Urteil erwächst die vom BFM angeordnete vorläufi-
ge Aufnahme wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in
Rechtskraft. Dazu bedarf es keiner besonderen Feststellung. Da die drei
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Seite 23
möglichen Vollzugshindernisse – Unmöglichkeit, Unzumutbarkeit, Unzu-
lässigkeit – alternativer Natur sind (vgl. BVGE 2009/51 E. 5.4 S. 748) und
der Vollzug der Wegweisung als undurchführbar zu betrachten ist, sobald
eines von ihnen erfüllt ist, besteht hinsichtlich des Antrags, es sei die Un-
zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen, kein schützenswer-
tes Interesse. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
10.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist
nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
11.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerde-
führer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG) und wegen des erhöh-
ten Aufwandes auf insgesamt Fr. 900.– festzusetzen (Art. 1-3 des Regle-
ments vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor
dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)

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Seite 24
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 900.– werden dem Beschwerdeführer auf-
erlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu Guns-
ten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständi-
ge kantonale Behörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Robert Galliker Sandra Min


Versand: