D-4262/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 8. Deze...
Karar Dilini Çevir:
D-4262/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 8. Deze...
Abtei lung IV
D-4262/2006
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 5 . J a n u a r 2 0 0 8
Richter Martin Zoller (Vorsitz), Richter Walter Lang,
Richterin Madeleine Hirsig
Gerichtsschreiberin Kathrin Mangold Horni
A._______, _______, Tansania, alias B._______,
_______, Somalia,
Ehefrau C._______, _______, Tansania, alias
D._______, _______, Somalia, alias E.________,
_______, Tansania,
sowie die gemeinsamen Kinder
F._______, ________, Tansania, alias G.________,
_______, Somalia,
H._______, _______, Tansania, alias I._______,
________, Somalia,
J.________, _______, Tansania, alias K._______,
_______, Somalia,
L._______, 14. Oktober 2001, Tansania, alias
M._______, 14. Oktober 2001, Somalia,
alle vertreten durch _______,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6,
3003 Bern,
Vorinstanz
Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom
8. Dezember 2005
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-4262/2006
Sachverhalt:
A.
A.a Die Beschwerdeführer suchten am 25. April 2003 in der Emp-
fangsstelle (heute: Empfangs- und Verfahrenszentrum) N._______ um
Asyl nach. Dort wurden sie am 29. April 2003 zu ihren Personalien, zu
ihrem Reiseweg und - summarisch - auch zu ihren Asylgründen be-
fragt.
Der Beschwerdeführer machte dabei geltend, er habe im Jahre 1994
wegen des zu jener Zeit stattgefundenen Regierungswechsels seinen
Heimatstaat Somalia verlassen und sei nach Tansania geflüchtet. Im
darauffolgenden Jahr habe er sich in O._______ mit einer tansani-
schen Staatsanghörigen nach Brauch verheiratet. Eine Woche nach
der Hochzeit sei er mit ihr in seinen Heimatort P._______ (Somalia)
zurückgekehrt. Er habe jedoch die im Gefolge des
Regierungswechsels verlorenen Vermögenswerte seiner Familie,
insbesondere den Bauernhof seines Vaters, welcher umgebracht
worden sei, nicht zurückerlangen können, weshalb er im Dezember
2002 zusammen mit seiner Frau und den mittlerweile vier Kindern
Somalia wieder verlassen habe. Sie seien nach O._______ gegangen,
wo er als Chauffeur gearbeitet habe. In Tansania habe er keine
Aufenthaltsbewilligung erhalten und er sei wiederholt zum Verlassen
des Landes aufgefordert worden; in diesem Zusammenhang sei er
auch einmal für zwei oder drei Tage festgenommen und in der Haft
geschlagen worden. Im April 2003 sei er mit seiner Familie auf dem
Luftweg in die Schweiz gereist; der Schlepper habe sie durch einen
ihm nicht namentlich bekannten Flughafen - vielleicht sei es Zürich
gewesen - "durchgeschleust".
Die Beschwerdeführerin machte keine eigenen Probleme geltend. Sie
sei mit den Kindern ihrem Ehemann, der Probleme gehabt habe, ge-
folgt.
Zur Untermauerung ihrer Vorbringen beziehungsweise zum Beweis für
ihre Herkunft reichten die Beschwerdeführer je zwei somalische Ge-
burtsurkunden und Identitätskarten zu den Akten.
A.b Für den Aufenthalt während der Dauer des Asylverfahrens wurden
die Beschwerdeführer am 30. April 2003 dem Kanton Q._______
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zugewiesen. Am 3. Juni 2003 wurden sie durch die zuständige
kantonale Behörde eingehend zu ihren Asylgründen angehört.
Die Beschwerdeführer bestätigten dabei im Wesentlichen ihre anläss-
lich der Kurzbefragung vorgebrachten Asylgründe. Der Beschwerde-
führer machte jedoch zusätzlich geltend, sie hätten sich auch in
R._______ (Kenia) aufgehalten. Ihre vier Kinder seien alle in einem
Flüchtlingslager des Roten Kreuzes in R._______ zur Welt gekommen.
A.c Im weiteren Verlauf des Verfahrens gaben die Beschwerdeführer
weitere Beweismittel und Unterlagen, welche ihre Verfolgungssituation
in Somalia untermauern und den Umstand einer am 15. März 1995 er-
folgten, nach somalischem Recht gültigen Heirat belegen sollten, zu
den Akten.
A.d Nach entsprechender Aufforderung ging beim BFM am 10. Febru-
ar 2005 ein den Beschwerdeführer betreffender, von einem Allgemein-
praktiker erstellter ärztlicher Bericht ein. Am 9. Mai 2005 und am 21.
Juni 2005 gingen zwei weitere ärztliche Schreiben betreffend den Be-
schwerdeführer und die Tochter M._______ beim BFM ein.
A.e Am 24. November 2005 wurden die Beschwerdeführer durch eine
Mitarbeiterin des BFM in Givisiez ergänzend befragt. Dabei wurde den
Beschwerdeführern das rechtliche Gehör zu einem Fingerabdruckver-
gleich in Grossbritannien gewährt.
In der Folge legten die Beschwerdeführer einen neuen Sachverhalt
dar: Der Vater der Beschwerdeführerin sei Grieche und sei, als diese
noch ein kleines Kind gewesen sei, aus Tansania, der Heimat ihrer
Mutter weggewiesen worden; sie sei mit ihrer Mutter in Tansania ge-
blieben. Die Eltern des Beschwerdeführers stammten beide aus Tan-
sania. Der Beschwerdeführer stamme aus Sansibar, habe aber - wie
seine Frau, mit der er seit 1995 verheiratet sei - in O._______ gelebt
und als selbständiger Geschäftsinhaber Handel mit elektronischen
Geräten betrieben. Seit dem Jahre 1991 habe er sich auch politisch
betätigt, zuerst für die damalige Einheitspartei "Chama Cha Mapindu-
zi" (CCM), und ab 1994 für die "National Convention for Construction
and Reform" beziehungsweise "National Convention for Construction
and Reform-Mageuzi" (NCCR). Wegen dieses politischen Wechsels
habe er Probleme bekommen. Die CCM habe ihn umbringen wollen,
weshalb er im Jahre 1995 mit seiner Frau nach Grossbritannien, wo
sein Vater sich legal aufgehalten habe, gereist sei. Dort hätten er und
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seine Frau um Asyl nachgesucht. In Grossbritannien seien auch ihre
drei älteren Kinder zur Welt gekommen. Im Jahre 1999 sei der
Beschwerdeführer aus Grossbritannien weggewiesen und im Oktober
desselben Jahres nach Tansania zurückgebracht worden. Obwohl die
Beschwerdeführerin und ihre Kinder noch in Grossbritannien hätten
bleiben dürfen, seien sie dem Beschwerdeführer zurück nach
O._______ gefolgt. Weil sie sich in Tansania aber weiterhin bedroht
gefühlt und keine Einreisebewilligung nach Grossbritannien erhalten
hätten, seien sie in die Schweiz gereist.
A.f Anlässlich der ergänzenden Bundesanhörung vom 24. November
2005 wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, innert zehn Tagen
Identitätspapiere oder andere Dokumente zum Beweis ihrer tansani-
schen Herkunft einzureichen.
Am 28. November 2005 reichten die Beschwerdeführer - jeweils in Ko-
pie - Geburtsscheine der drei älteren Kinder, einen Heiratsschein der
Beschwerdeführer, einen Heiratsschein der Eltern der Beschwerdefüh-
rerin, einen am 3. Januar 1960 ausgestellten, auf den Namen des Va-
ters des Beschwerdeführers lautenden Pass des Protektorats Sansibar
sowie einen NCCR-Ausweis nach.
A.g Auf entsprechenden, anlässlich der ergänzenden Bundesanhö-
rung geäusserten Wunsch der Beschwerdeführer wurde den Be-
schwerdeführern seitens des BFM mit Schreiben vom 2. Dezember
2005 Akteneinsicht nach abgeschlossener Instruktion gewährt.
B.
Mit Verfügung vom 8. Dezember 2005 - eröffnet am 13. Dezember
2005 - lehnte das BFM die Asylgesuche mit der Begründung ab, die
Vorbringen der Beschwerdeführer hielten den Anforderungen an die
Glaubhaftigkeit nicht stand. Nachdem sich die Vorbringen bezüglich
Somalia aufgrund der Angaben der Beschwerdeführer sowie des Er-
gebnisses der Fingerabdruckvergleiche in Grossbritannien als tatsa-
chenwidrig und unglaubhaft erwiesen hätten, seien die eingereichten
somalischen Identitätskarten, Geburtsscheine und weiteren Beweis-
mittel als gefälscht zu qualifizieren und in Anwendung von Art. 10 Abs.
4 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) einzuzie-
hen. Aufgrund der erfahrungswidrigen und unsubstanziierten Angaben
könne sodann auch nicht geglaubt werden, dass die Beschwerdefüh-
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rer Tansania wegen politischer Probleme verlassen hätten. Gleichzeitig
ordnete das BFM die Wegweisung der Beschwerdeführer aus der
Schweiz an und stellte fest, der Vollzug der Wegweisung sei zulässig,
zumutbar und möglich; insbesondere könnten die geltend gemachten
medizinischen Probleme (psychosoziale Belastung, Verarbeitungsstö-
rung sowie Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparats beim
Beschwerdeführer und Thalassämie minor bei der Tochter M._______)
grundsätzlich auch in Tansania behandelt werden.
C.
Die Beschwerdeführer wandten sich mit an das BFM adressiertem,
von diesem jedoch der damals zuständigen Schweizerischen Asylre-
kurskommission (ARK) überwiesenem Schreiben vom 24. Dezember
2005 gegen die BFM-Verfügung vom 8. Dezember 2005 und ersuchten
gleichzeitig um Gewährung einer Frist zur Einreichung weiterer Be-
weismittel und zur Beauftragung eines Anwaltes.
D.
Mit Zwischenverfügung vom 4. Januar 2006 setzte die ARK den Be-
schwerdeführern - unter der Androhung des Nichteintretens im Unter-
lassungsfall - eine siebentägige Frist zur Einreichung einer Beschwer-
deverbesserung an, wies hingegen das Gesuch um Gewährung einer
weiteren Frist zur Einreichung von Beweismitteln und zur Beauftra-
gung eines Anwaltes ab. Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer -
ebenfalls unter der Androhung des Nichteintretens im Unterlassungs-
fall - aufgefordert, bis zum 19. Januar 2006 einen Kostenvorschuss in
der Höhe von Fr. 600.-- zu bezahlen, andernfalls auf die Beschwerde
nicht eingetreten werde.
Am 10. Januar 2006 reichten die Beschwerdeführer - unter gleichzeiti-
ger Beilage einer am 4. Januar 2006 vom Sozialdienst des Kantons
Q._______ ausgestellten Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung - ein
Schreiben der NCCR vom 24. Dezember 2005, den Durchschlag einer
polizeilichen Vorladung vom 2. Januar 2003 und - als Kopien - eine
Verfügung betreffend das Asylverfahren in Grossbritannien sowie
einen vom Beschwerdeführer unterzeichneten, in englischer Sprache
gehaltenen, undatierten Brief zu den Akten und ersuchten gleichzeitig
um Erlass des auferlegten Kostenvorschusses.
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Am 14. Januar 2006 reichten die Beschwerdeführer nebst der Be-
schwerdeverbesserung die polizeiliche Vorladung und das NCCR-Sch-
reiben im Original nach und beantragten die Gewährung der unentgelt-
lichen Prozessführung.
Der verlangte Kostenvorschuss wurde am 16. Januar 2006 geleistet.
Mit einer weiteren Zwischenverfügung vom 18. Januar 2006 teilte die
ARK den Beschwerdeführern mit, über das Gesuch um Gewährung
der unentgeltlichen Prozessführung werde zu einem späteren Zeit-
punkt befunden.
E.
Durch ihre am 19. Januar 2006 neu bestellte Rechtsvertreterin (Dr. iur.
S._______) gaben die Beschwerdeführer am 26. Januar 2006 die
Kopie eines weiteren, auf den 24. Januar 2006 datierten Schreibens
der NCCR zu den Akten.
Mit Schreiben vom 27. März 2006 setzten die Beschwerdeführer die
ARK darüber in Kenntnis, dass das am 26. Januar 2006 erteilte Man-
dant wieder entzogen worden sei.
F.
Am 19. Mai 2006 stellten die Beschwerdeführer der ARK fünf Fotos zu,
welche deren ausgebranntes Auto und das ebenfalls durch Brand be-
schädigte Haus in Tansania zeigen sollen.
Das Migrationsamt des Kantons Q._______ überwies der ARK am 15.
August 2006 das Original der auf den 2. Januar 2003 datierten
polizeilichen Vorladung sowie die Kopie eines weiteren Briefes der
NCCR vom 26. Juli 2006, welche der Beschwerdeführer, A._______,
dort abgegeben habe.
Am 10. November 2006 gab der Beschwerdeführer am Schalter des
Migrationsamtes des Kantons Q._______ die Kopien beziehungsweise
Faxkopien weiterer Dokumente (eine Geburtsurkunde, ein Schreiben
vom 24. März 2003, eine eidesstattliche Erklärung vom 30. Juni 2006
sowie ein handgeschriebener, in griechischer Sprache gehaltener und
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auf den 24. Januar 1984 datierter Brief) ab, welche wiederum an die
ARK übermittelt wurden.
Mit Eingabe vom 13. November 2006 reichten die Beschwerdeführer
eine weitere Fotografie ein und wiesen gleichzeitig darauf hin, aus
dem sich bei den Akten befindenden Schreiben vom 24. März 2003
gehe hervor, dass sie die tansanische Staatsangehörigkeit nicht besit-
zen würden. Letzteres wird in einer Eingabe vom 15. November 2006
erneut geltend gemacht; überdies hätten sie auch kein Aufenthalts-
recht in Grossbritannien oder in Griechenland.
G.
Der am 15. Januar 2007 neu bevollmächtigte Rechtsvertreter ersuchte
das nunmehr für die Behandlung des Beschwerdeverfahrens zuständi-
ge Bundesverwaltungsgericht mit Eingabe vom 17. Januar 2007 um
Zustellung der wesentlichen vorinstanzlichen Akten in Kopie. Diesem
Begehren wurde am 31. Januar 2007 stattgegeben.
Das am 23. April 2007 - unter Beilage einer am 3. April 2007 vom So-
zialdienst des Kantons Q._______ ausgestellten
Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung - gestellte Gesuch um Gewährung
der unentgeltllichen Rechtspflege "unter Beiordnung des
unterzeichnenden Anwaltes als unentgeltlicher Rechtsvertreter" wies
das Bundesverwaltungsgericht am 2. Mai 2007 mit der Begründung ab,
aufgrund der am 4. Januar 2006 erfolgten Bezahlung des
Kostenvorschusses könnten die Beschwerdeführer nicht als "bedürftig"
im Sinne der Praxis bezeichnet werden; im Übrigen wäre auch die
sachliche Notwendigkeit der Vertretung durch einen Anwalt nicht
gegeben.
H.
Am 4. Mai 2007 ging beim Bundesverwaltungsgericht ein am 23. April
2007 ausgestellter, den Beschwerdeführer betreffender Bericht des
Externen Psychiatrischen Dienstes T._______ (EPD) ein. Darin
werden die Probleme des Beschwerdeführers mit dem Betreuer der
Familie A._______ in U._______ geschildert. Die wahnhafte Störung,
welche vom EPD im Jahre 2004 diagnostiziert worden sei, könne
heute aber nicht mehr bestätigt werden. Vielmehr seien die Symptome
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(Aggressionen und vor allem abends Kopfschmerzen und schlechtere
psychische Verfassung; jedoch keine Anhaltspunkte für
Suizidgedanken oder Fremdgefährdung) "am ehesten mit einer
Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion
(ICD-10:F43.22) vereinbar".
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer gab am 9. Mai 2007 nebst
einem "Empfehlungsschreiben" der Schulleitung U._______ vom 1.
Mai 2007 und einen ärztlichen Bericht vom 4. Mai 2007 zu den Akten,
wonach der Beschwerdeführer - nebst einer Anpassungsstörung und
Schlaflosigkeit - an einer "medialen Menikusläsion, einer Ruptur der
langen Bizepssehne und an einem chronischen Lumbovertebralsyn-
drom" leide.
I.
Das BFM beantragte mit Vernehmlassung vom 8. Juni 2007 die Abwei-
sung der Beschwerde, da diese keine neuen erheblichen Tatsachen
oder Beweismittel enthalte, welche eine Änderung seines Standpunk-
tes rechtfertigen könnten. Auf die eingehenden Darlegungen in der
Vernehmlassung (insbesondere zu den weiteren Unstimmigkeiten,
welche sich aus den Beschwerdeunterlagen ergeben würden, sowie
zu den geltend gemachten gesundheitlichen Problemen) wird, soweit
für den Entscheid wesentlich, in den nachfolgenden Erwägungen ein-
gegangen.
Am 13. Juli 2007 liessen sich die Beschwerdeführer durch ihren
Rechtsvertreter zu den in der Vernehmlassung enthaltenen Ausführun-
gen vernehmen. Unter Hinweis auf die gleichzeitig eingereichte, vom
Rechtsvertreter aufgenommen und vom Beschwerdeführer unterzeich-
nete "Geschichte von A._______" wird eingeräumt, der Be-
schwerdeführer habe "nicht in allen Punkten korrekte Aussagen ge-
macht", was er ausserordentlich bedauere. Als die Schweizer Behör-
den herausgefunden hätten, dass er sich zuvor in England aufgehalten
habe, habe er Angst bekommen und sich in weitere Widersprüchlich-
keiten verstrickt; zudem sei er oft verwirrt und konfus gewesen. Bei
seiner Einreise in die Schweiz sei er noch nicht im Besitz des Schrei-
bens vom 24. März 2003 gewesen, wonach ihm die tansanische
Staatsbürgerschaft aberkannt worden sei; er beantrage daher, die
Echtheit dieses Papieres zu untersuchen.
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Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsge-
richt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgeset-
zes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und
ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine Aus-
nahme, was das Sachgebiet angeht, ist nicht gegeben (Art. 32 VGG).
Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung
der vorliegenden Beschwerde und entscheidet in diesem Bereich end-
gültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgeset-
zes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt bei gegebener Zustän-
digkeit am 1. Januar 2007 die bei der vormaligen ARK hängigen
Rechtsmittel. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für
die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde. Die Beurteilung erfolgt
nach neuem Verfahrensrecht (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG).
1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachver-
halts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1
AsylG).
2.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; die Beschwer-
deführer sind legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 und 50 ff.
VwVG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.
3.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person aner-
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kannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt
wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu ei-
ner bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen An-
schauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachwei-
sen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht,
wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrschein-
lichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen,
die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich wider-
sprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7
AsylG).
4.
In Bezug auf den von den Beschwerdeführern anlässlich der Erstbe-
fragung in der Empfangsstelle sowie anlässlich der kantonalen Anhö-
rung geltend gemachten Sachverhalt (Probleme des Beschwerdefüh-
rers in seinem angeblichen Heimatstaat Somalia und Nichterhalt einer
Aufenthaltbewilligung im Heimatland der Ehefrau, Tansania) ist vorab
festzuhalten, dass die Beschwerdeführer anlässlich der ergänzenden
Bundesanhörung vom 24. November 2005 - nach Vorhalt des Finger-
abdruckvergleichs in Grossbritannien - zugaben, sie stammten beide
aus Tansania und hätten mit Somalia gar nichts zu tun, und in der Fol-
ge einen neuen Sachverhalt mit neuen Asylgründen vorbrachten.
Nachdem die in den ersten beiden Befragungen gemachten Aussagen
- auch gemäss den Angaben der Beschwerdeführer selber - tatsa-
chenwidrig und unglaubhaft sind, ist darauf nicht mehr weiter einzuge-
hen. Die zwei somalischen Identitätskarten und die beiden Geburts-
scheine wurden demnach vom BFM zu Recht als Fälschungen qualifi-
ziert und in Anwendung von Art. 10 Abs. 4 AsylG eingezogen.
Seite 10
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5.
5.1 Was die nunmehr von den Beschwerdeführern in Bezug auf Tan-
sania geltend gemachten Probleme betrifft, so hielt das BFM in seiner
angefochtenen Verfügung berechtigterweise fest, Personen, die ihr
Land aufgrund politischer Probleme hätten verlassen müssen, würden
diese Probleme erfahrungsgemäss im Rahmen ihrer Asylgesuche
auch geltend machen. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführer die
angeblich bestehenden politischen Schwierigkeiten in Tansania nicht
erwähnten, sondern sich - bis zum Vorhalt der Tatsachenwidrigkeit des
bis anhin geltend gemachten Sachverhaltes - als Angehörige eines
Drittstaates ausgaben, lässt bereits gewichtige Zweifel an der Glaub-
haftigkeit dieser politischen Probleme aufkommen.
Die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Vorbringen werden dadurch er-
härtet, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen politi-
schen Aktivitäten und zu den erlittenen Verfolgungsmassnahmen sehr
rudimentär und unsubstanziiert ausgefallen sind. Obwohl er angeblich
von 1991 bis 1994 bei der CCM und ab 1994 bei der NCCR Mitglied
gewesen sein will, war er auch auf Nachfrage hin nicht in der Lage an-
zugeben, welche Ziele diese Parteien verfolgten, welche Strukturen
sie aufwiesen und welche Tätigkeiten er für sie ausgeübt habe (vgl.
Aktum A61, S. 8 ff.). Dies erscheint umso erstaunlicher, als der Be-
schwerdeführer etwa behauptete, er sei bei der CCM ein höheres Mit-
glied gewesen und habe - da er innerhalb der Partei sehr beliebt ge-
wesen sei - bessere Konditionen als die anderen genossen (vgl. Aktum
A61, S. 8). Des Weiteren machte der Beschwerdeführer nur sehr vage
Angaben zu den angeblich erlittenen Verfolgungsmassnahmen bezie-
hungsweise er erklärte ausdrücklich, es sei vor seiner Ausreise "nichts
vorgefallen", doch sei er "überall" gesucht worden (vgl. Aktum A61, S.
9). Diesbezüglich kann der Auffassung der Vorinstanz gefolgt werden,
es erscheine nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, wel-
cher sich gemäss seinen Angaben seit dem Jahr 1999 nicht mehr poli-
tisch betätigt habe, vier Jahre später einer politischen Verfolgung aus-
gesetzt gewesen sein soll.
5.2 In seiner Vernehmlassung vom 8. Juni 2007 legte das BFM einge-
hend - und zutreffend - dar, inwiefern sich aus den Beschwerdeunter-
lagen weitere Unstimmigkeiten ergeben würden. So wird in der Be-
schwerdeverbesserung vom 14. Januar 2006 (vgl. S. 3) als Grund für
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den Übertritt des Beschwerdeführers von der CCM zur NCCR im Jahre
1994 angeführt, die CCM habe nur Geld von ihm gewollt, dieses dann
aber nicht in seinem Sinne verwendet, während er anlässlich der Bun-
desanhörung vom 24. November 2005 erklärte, nach dem Weggang
von Nyerere habe es in der CCM unter der neuen Parteipräsident-
schaft Streitigkeiten gegeben, an welchen er sich aber nicht habe be-
teiligen wollen, weshalb er zur NCCR gewechselt habe (vgl. Aktum
A61, S. 8 f.). Letztere Aussage vermag schon daher nicht zu überzeu-
gen, weil der Beschwerdeführer der CCM im Jahre 1991 beigetreten
sein will, Nyerere indessen bereits im Jahre 1990 als CCM-Präsident
zurückgetreten war. In der der Stellungnahme vom 13. Juli 2007 beige-
legten "Geschichte von A._______" wird nun geltend gemacht, der
Beschwerdeführer habe 1991 der CCM beitreten müssen; als er aber
gemerkt habe, dass man ihm dort nicht wohl gesinnt sei, habe er zur
NCCR gewechselt. Diese Aussage stellt indessen bloss eine weitere
Version einer Begründung dar und ist nicht geeignet, die erwähnte
Unstimmigkeit zu beseitigen.
5.3 Am 10. November 2006 reichten die Beschwerdeführer unter an-
derem die Kopie eines auf den 24. März 2003 datierten Schreibens zu
den Akten. Gemäss diesem Schreiben sollen die bei der Rückkehr der
Beschwerdeführer aus Grossbritannien konfiszierten Reisepässe für
ungültig erklärt und die tansanische Staatsangehörigkeit der Be-
schwerdeführer widerrufen worden sein.
Die "Tanzania Citizenship Act, 1995" regelt den Erwerb wie auch den
Verlust des tansanischen Bürgerrechts. Im Teil II wird festgehalten,
dass Personen, die - wie angeblich der Beschwerdeführer - in Sansi-
bar geboren wurden, nach dem Zusammenschluss von Tanganyika
und Sansibar im Jahre 1964 automatisch Bürger der "Vereinigten Re-
publik Tansania" wurden. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich
daher um tansanische Staatsbürger "durch Geburt" im Sinne von Teil II
Ziffer 4 der "Tanzania Citizenship Act, 1995". Teil IV der besagten "Act"
befasst sich mit dem (freiwilligen) Verzicht und dem (unfreiwilligen)
Verlust der tansanischen Staatsangehörigkeit, wobei unter Teil IV Ziffer
14 bis 17 nur der Entzug des zuvor durch Einbürgerung ("naturalizati-
on") erworbenen Bürgerrechts geregelt wird; nicht erwähnt wird hinge-
gen der Entzug des "ursprünglichen" Bürgerrechts, woraus geschlos-
sen werden kann, das der Entzug des "durch Geburt" erworbenen Bür-
gerrechts grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Diese Überlegung steht
in Übereinstimmung mit dem - auch in der Vernehmlassung des BFM
Seite 12
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vom 8. Juni 2007 erwähnten - Grundsatz der Verhinderung der Staa-
tenlosigkeit und lässt schon von daher den geltend gemachten Entzug
des tansanischen Bürgerrechts als sehr zweifelhaft erscheinen.
Sodann bestehen zahlreiche weitere Hinweise, dass der im Schreiben
vom 24. März 2003 erwähnte Verlust des Bürgerrechts nicht geglaubt
werden kann und dem besagten Dokument kein Beweiswert zukommt.
Beim Schreiben vom 24. März 2003 handelt es sich nicht um eine
"Entziehungsakte", welche - wie in der Vernehmlassung des BFM vom
8. Juni 2007 zutreffend bemerkt wurde - den Stempel der verfügenden
Behörde sowie eine Rechtsmittelbelehrung enthalten müsste, sondern
um eine blosse Antwort auf eine angeblich von den Beschwerdefüh-
rern gemachte Nachfrage nach dem Verbleib ihrer Reisepässe. Im Üb-
rigen verlangt die "Tanzania Citizenship Act" auch einen klaren Ablauf
des Entziehungsverfahrens, insbesondere auch die vorgängige Ge-
währung des rechtlichen Gehörs (vgl. Teil IV Ziffer 15 (4) der "Tanzania
Citizenship Act"). Die Vorinstanz wies in ihrer Vernehmlassung im Wei-
teren zutreffend darauf hin, dass die Beschwerdeführer die angeblich
erfolgte Ausbürgerung weder im vorinstanzlichen Verfahren noch zu
Beginn des Beschwerdeverfahrens in irgendeiner Weise erwähnten.
Die Aussage, das Schreiben vom 24. März 2003 sei dem Beschwerde-
führer erst später, nach seiner Einreise in die Schweiz, von seiner Par-
tei zugestellt worden (vgl. Stellungnahme vom 13. Juli 2007), vermag
nicht zu überzeugen, zumal die Beschwerdeführer gemäss ihren An-
gaben Tansania erst einen Monat nach der Ausstellung des besagten
Schreibens in Richtung Schweiz verlassen haben und somit zu jenem
Zeitpunkt Kenntnis von demselben hätten haben müssen. Überdies
wird im Schreiben vom 24. März 2003 auf eine Eingabe der Beschwer-
deführer vom 10. März 2003 verwiesen, welche indessen von jenen
anlässlich der Befragungen nie erwähnt wurde; im Gegenteil erklärte
der Beschwerdeführer anlässlich der Befragung vom 24. November
2005 ausdrücklich, vor der Ausreise aus Tansania sei nichts Konkretes
vorgefallen, er habe schon lange ausreisen wollen und sich auch ver-
geblich um eine Einreisebewiligung für Grossbritannien bemüht (vgl.
Aktum A61, S. 9 f.). Angesichts der gesamten Umstände - und auch
angesichts dessen, dass die vorgebrachten politischen Probleme nicht
glaubhaft erscheinen - kann der geltend gemachte Entzug der tansani-
schen Staatsangehörigkeit nicht geglaubt werden. Es besteht daher
keine Veranlassung, die Echtheit des - dem Bundesverwaltungsgericht
im Übrigen nur als beglaubigte Kopie und ohne entsprechendes Zu-
stellcouvert - vorliegenden Schreibens weiter zu untersuchen. Das ent-
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sprechende Begehren (vgl. Stellungnahme vom 13. Juli 2007, S. 2) ist
daher abzuweisen.
Die in diesem Zusammenhang auf Beschwerdeebene eingereichten
Dokumente (Kopie einer Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin,
eine Faxkopie einer eidesstattlichen Erklärung eines in Tansania le-
benden griechischen Staatsangehörigen und die Kopie eines in grie-
chischer Sprache gehaltenen Schreibens vom 24. Januar 1984) sind
nicht geeignet, den angeblich erfolgten Entzug der tansanischen
Staatsangehörigkeit glaubhaft erscheinen zu lassen. Wie das BFM in
seiner Vernehmlassung vom 8. Juni 2007 zutreffend bemerkte, waren
die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer Herkunft (griechischer
Vater) gar nicht in Frage gestellt worden und auch die eidesstattliche
Erklärung eines griechischen Bürgers vermag in Bezug auf die Staats-
angehörigkeit der Beschwerdeführerin nichts beizutragen; im Übrigen
steht die eidesstattliche Erklärung, wonach die Beschwerdeführerin
griechische Staatsangehörige sei, in Widerspruch zu deren anlässlich
der Befragungen gemachten Aussagen, sie sei tansanische Staatsan-
gehörige und habe vergeblich versucht, die griechische Staatsbürger-
schaft zu erwerben (vgl. Aktum A60, S. 10).
5.4 Schliesslich sind auch die weiteren auf Beschwerdeebene einge-
reichten Dokumente und Unterlagen nicht geeignet, zu einer anderen
Beurteilung des Sachverhaltes zu führen.
In Bezug auf die auf den 2. Januar 2003 datierte - als Durchschlag so-
wie im "Original" eingereichte - polizeiliche Vorladung hielt das BFM in
seiner Vernehmlassung zutreffend fest, gemäss diesem Dokument
würden dem Beschwerdeführer einerseits das illegale Verlassen des
Landes sowie andererseits die Teilnahme an unbewilligten
Demonstrationen mit Beschädigung öffentlichen Besitzes vorgeworfen,
was indessen in Widerspruch mit der vom Beschwerdeführer anläss-
lich der Bundesbefragung vom 24. November 2005 gemachten Aussa-
ge, vor der Ausreise keine konkreten Probleme mit den tansanischen
Behörden gehabt zu haben (vgl. Aktum A61, S. 9), stehe. Zudem sei
nicht nachvollziehbar, auf was für eine illegale Ausreise sich diese
Vorladung beziehen solle, habe doch die erste geltend gemachte
Flucht aus Tansania bereits im Jahre 1995 stattgefunden, während die
angebliche zweite Flucht im April 2003 zum Ausstellungszeitpunkt der
polizeilichen Vorladung noch gar nicht habe erfolgt sein können. Dabei
erschiene auch nicht nachvollziehbar, wieso der Beschwerdeführer,
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der sich seit 1999 wieder in seiner Heimat befunden haben will, erst im
Januar 2003 wegen einer 1995 erfolgen illegalen Ausreise gesucht
worden sein soll. Schliesslich kann auch der Feststellung der
Vorinstanz, Dokumente wie die eingereichte polizeiliche Vorladung sei-
en in Tansania leicht käuflich erhältlich, gefolgt werden. Dies gilt umso
mehr, als auffällt, dass das Formular, auf welchem das angebliche Ori-
ginal der Vorladung erstellt worden ist, seinerseits eine Kopie eines
Dokumentes ist, dessen Einträge vor dem Kopieren entfernt worden
waren, und der Durchschlag im Übrigen auch nicht der Durchschlag
des "Originals" ist.
Sodann sind die drei Schreiben der NCCR vom 24. Dezember 2005,
vom 24. Januar 2006 und vom 26. Juli 2006, in welchem ein
"V._______" dem Beschwerdeführer dringend davon abrät, nach
Tansania zurückzugekehren, ansonsten ihm Schlimmes drohe, als
blosse Gefälligkeitsschreiben zu qualifizieren, zumal der - gemäss den
Schreiben sehr politisch aktive und exponierte - Beschwerdeführer,
wie bereits oben unter Erwägung 5.1 festgehalten wurde, keine
Angaben zur NCCR oder zu seinen Aktivitäten machten konnte und
auch nicht nachvollziehbar wäre, wieso der Beschwerdeführer die in
den besagten Schreiben geschilderten Probleme anlässlich der
Befragungen mit keinem Wort erwähnte. Im Übrigen erklärte der
Beschwerdeführer anlässlich der Bundesanhörung vom 24. November
2005, die NCCR existiere heute "sowieso nicht mehr", sie habe
"aufgegeben" (vgl. Aktum A61, S. 10), welche Behauptung nicht nur
tatsachenwidrig ist, sondern sich auch nicht mit dem Umstand
vereinbaren lässt, dass die vom Beschwerdeführer eingereichten
Briefe der NCCR zwischen Dezember 2005 und Juli 2006 datiert sind.
Schliesslich sind weder die Kopie einer das - nicht bezweifelte - Asyl-
verfahren der Beschwerdeführer in Grossbritannien betreffenden Ver-
fügung, noch das in englischer Sprache gehaltene, ebenfalls als Kopie
eingereichte, undatierte Schreiben des Beschwerdeführers noch die
sechs eingereichten Fotografien geeignet, zu einer anderen Beurtei-
lung des Sachverhaltes zu führen. Hinsichtlich der fünf am 19. Mai
2006 zu den Akten gegebenen Bilder ist festzuhalten, dass darauf
zwar ein durch Brand zerstörtes Auto und ein ebenfalls Brandschäden
aufweisendes Gebäude erkennbar sind, ohne dass aber auch ersicht-
lich wäre, dass es sich um Eigentum oder Besitz der Beschwerdefüh-
rer gehandelt haben könnte.
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5.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorbringen der Beschwer-
deführer den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit nicht standhalten
und sich daher auch eine Prüfung derselben auf ihre Asylrelevanz er-
übrigt. Es kann darauf verzichtet werden, auf die übrigen Erwägungen
der Vorinstanz und auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde-
verbesserung vom 14. Januar 2006 (im Wesentlichen Wiederholungen
des anlässlich der Bundesanhörung vom 24. November 2005 geschil-
derten Sachverhaltes sowie Festhalten am Wahrheitsgehalt dessel-
ben) und in der Stellungnahme vom 13. Juli 2007 näher einzugehen.
Das Asylgesuch wurde vom Bundesamt zu Recht abgelehnt.
6.
6.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht
ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnet den Vollzug an; dabei ist der Grundsatz der Einheit der Familie
zu berücksichtigen (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
6.2 Die Beschwerdeführer verfügen weder über eine fremdenpolizeili-
che Aufenthaltsbewilligung noch einen Anspruch auf Erteilung einer
solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet
(Art. 44 Abs. 1 AsylG; vgl. Entscheide und Mitteilungen der ARK /
EMARK 2001 Nr. 21).
7.
7.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsver-
hältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Auf-
nahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]).
7.2 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtun-
gen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Auslän-
ders in den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat entgegenste-
hen (Art. 83 Abs. 3 AuG).
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So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus ei-
nem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Ge-
fahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art.
5 Abs. 1 AsylG).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101), Art. 3 des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grau-
same, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK; SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950
(EMRK; SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
7.3 Das Bundesamt wies in seiner angefochtenen Verfügung zutref-
fend darauf hin, dass der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Per-
sonen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen (vgl. MARIO
GATTIKER, Das Asyl- und Wegweisungsverfahren, Bern 1999, S. 89). Da
es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine asylrechtlich er-
hebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann
das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-
refoulements im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine
Rückkehr der Beschwerdeführer nach Tansania ist demnach unter dem
Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen der Beschwerdeführer
noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass sie für den Fall einer
Ausschaffung nach Tansania dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Be-
handlung ausgesetzt wären. Gemäss Praxis des Europäischen Ge-
richtshofes für Menschenrechte sowie jener des UN-Anti-Folteraus-
schusses müssten die Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real
risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihnen im Fall einer
Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde
(vgl. EMARK 2001 Nr. 16 S. 122, m.w.H.; Nr. 17 S. 130 f.). Indem in der
Eingabe vom 14. Januar 2006 (vgl. S. 5) geltend gemacht wird, im Fal-
le seiner Rückkehr würde der Beschwerdeführer wegen seiner frühe-
ren politischen Tätigkeiten in Polizeigewahrsam genommen und müss-
te mit weiteren Misshandlungen rechnen, wird den erwähnten Anforde-
rungen nicht Genüge getan, zumal - wie oben unter Ziff. 5 der Erwä-
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gungen eingehend dargelegt wurde - die geltend gemachten politi-
schen Probleme nicht geglaubt werden können.
Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne
der asyl- als auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
7.4 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen
und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunfts-
staat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner
Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine
konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs.
7 AuG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. Botschaft zum
Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März
2002, Bbl 2002 3818).
Ende Oktober 2005 fanden in Tansania (inklusive Sansibar, welches
über eine gewisse Autonomie verfügt) Parlaments- und Präsident-
schaftswahlen statt. Die CCM gewann - wie schon bei den letzten
Wahlen im Jahr 2000 - die Mehrheit der Parlamentssitze, der bisherige
Aussenminister Jakaya Kikwete wurde - da der bis anhin amtierende
Staatspräsident Benjamin Mkapa laut Verfassung nicht mehr antreten
durfte - am 21. Dezember 2005 als neuer Präsident vereidigt. Während
die Wahlen auf Sansibar von gewalttätigen Zusammenstössen zwi-
schen Sicherheitskräften und der Opposition begleitet waren, verliefen
sie auf dem Festland friedlich und gemäss Einschätzungen ausländi-
scher Beobachter auch fair. Auch im jetzigen Zeitpunkt kann bezüglich
Tansania und insbesondere bezüglich der Grossstadt O._______
keinesfalls von Krieg, Bürgerkrieg oder von einer Situation allgemeiner
Gewalt, welche für die Beschwerdeführer bei ihrer Rückkehr in die Hei-
mat eine konkrete Gefahr darstellen würde, gesprochen werden.
Bereits im voristanzlichen Verfahren wurde geltend gemacht, der Be-
schwerdeführer sowie eine der drei Töchter litten unter gesundheitli-
chen Problemen. In Bezug auf die bei der Tochter M._______
festgestellte Beta-Thalassämie (vgl. Aktum A52) stellte das BFM
bereits in seiner angefochtenen Verfügung fest, die erbliche Störung
der Hämoglobinbildung liege in der heterozygoten Form vor
(Thalassämie minor) und verursache im Wesentlichen nur eine
chronische Blutarmut, welche gemäss dem ärztlichen Bericht vom 15.
Juni 2005 keiner Behandlung und auch keiner regelmässigen
Blutbildkontrollen bedürfe. Wie die Vorinstanz im Weiteren zutreffend
bemerkte, könnte die erwähnte genetische Störung - falls sich dies
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einmal als notwendig erweisen sollte - auch in Ostafrika, wo diese
Erkrankung weit verbreitet sei, leicht therapiert werden. Entgegen der
in der Beschwerdeverbesserung vom 14. Januar 2006 (vgl. S. 5)
vertretenen Auffassung lassen auch die vom Beschwerdeführer
geltend gemachten gesundheitlichen Probleme den Vollzug der
Wegweisung der Beschwerdeführer nicht als unzumutbar erscheinen.
Wie sich aus dem Bericht der Externen Psychiatrischen Dienstes
Aarau (EPD) vom 23. April 2007 ergibt, hat der Beschwerdeführer die
anlässlich der Voruntersuchung vom 27. April 2004 diagnostizierte
psychische Krankheit gemäss eigenen Angaben - und auf Anraten
seines Anwalts in Grossbritannien hin - bloss vorgetäuscht. Den
entsprechenden Vorbringen ist damit jede Grundlage entzogen. Soweit
im Bericht vom 23. April 2007 - unter Hinweis auf Probleme mit dem
Betreuer in Strengelbach - eine Anpassungsstörung mit Angst
(ICD-10:F43.22), und im Zeugnis eines Allgemeinpraktikers vom 4. Mai
2007 überdies Störungen des Bewegungsapparats (mediale
Meniskusläsion, Ruptur der langen Bizepssehne und chronisches
Lumbovertebralsyndrom) diagnostiziert werden, so kann ebenfalls der
Auffassung der Vorinstanz (vgl. Vernehmlassung vom 8. Juni 2007, S.
3) gefolgt werden, wonach die medizinische Infrastruktur zur
Behandlung dieser Probleme auch in Tansania vorhanden sei. Gegen
die geschilderten Kopfschmerzen, Schlafprobleme und Aggressionen,
welche offenbar in erster Linie mit dem schlechten Verhältnis zu
seinem Betreuer zusammenhängen, wurde dem Beschwerdeführer
bloss "Remeron", ein allgemeines Antidepressivum in niedriger
Dosierung verschrieben (vgl. Bericht der EPD vom 23. April 2007). Die
(ambulant durchzuführende) Operation der Meniskusläsion wurde -
obwohl indiziert - bis anhin "aus organisatorischen Gründen" (der
Beschwerdeführer müsse seine Kinder in die Schule bringen) nicht
durchgeführt; gegen die weiteren körperlichen Beschwerden würden
verschiedene Schmerzmittel verabreicht (vgl. Bericht des
Allgemeinpraktikers vom 4. Mai 2007). Die Rückkehr der
Beschwerdeführer erscheint daher auch unter medizinischen
Gesichtspunkten zumutbar.
Schliesslich bestehen auch keine anderen Hinweise, dass die Be-
schwerdeführer bei ihrer Rückkehr nach Tansania in eine konkrete,
ihre Existenz bedrohende Situation geraten könnten. Beide Beschwer-
deführer verfügen über eine gute Schulbildung und über gute Eng-
lischkenntnisse, der Ehemann zudem über langjährige Berufserfah-
rung im Handel mit elektronischen Geräten. Überdies ist davon auszu-
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gehen, dass die Beschwerdeführer in Tansania auch Verwandte und
Freunde haben, welche ihnen bei der Reintegration behilflich sein kön-
nen.
Angesichts der gesamten Umstände kann der Vollzug der Wegweisung
- entgegen der in der Rechtsmitteleingabe vertretenen Auffassung -
auch als zumutbar bezeichnet werden. An dieser Feststellung vermag
auch das "Empfehlungsschreiben" der Schulleitung U._______ vom 1.
Mai 2007 nichts zu ändern, zumal dieses im Wesentlichen nur festhält,
die Kinder hätten sich in U._______ gut eingelebt und ein Wegzug aus
der Gemeinde würde "die Kinder weit zurück werfen".
7.5 Die bisherigen Bestimmungen betreffend vorläufige Aufnahme in-
folge einer schwerwiegenden persönlichen Notlage (Art. 14a Abs. 4bis
des bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Bundesgesetzes vom
26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
[ANAG, SR 142.20] i.V.m. Art. 44 Abs. 3-5 AsylG) wurden mit der Än-
derung des Asylgesetzes vom 16. Dezember 2005 aufgehoben.
Gleichzeitig mit der Aufhebung der Bestimmungen über die vorläufige
Aufnahme im Falle einer schwerwiegenden persönlichen Notlage trat
auf den 1. Januar 2007 eine neue Härtefallregelung in Kraft. Gemäss
Art. 14 Abs. 2 AsylG haben neu die Kantone die Möglichkeit, bei "Vor-
liegen eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles" unter be-
stimmten weiteren Voraussetzungen eine Aufenthaltsbewilligung zu er-
teilen. Im vorliegenden Fall wären indes bereits die zeitlichen Anforde-
rungen für die Anwendung von Art. 14 Abs. 2 AsylG nicht gegeben,
halten sich die Beschwerdeführer doch erst seit April 2003, mithin seit
weniger als den nunmehr erforderlichen fünf Jahren, in der Schweiz
auf.
7.6 Schliesslich ist der Vollzug der Wegweisung der Beschwerdeführer
auch als möglich im Sinne von Art. 83 Abs. 2 AuG zu bezeichnen, da
keine praktischen Vollzugshindernisse erkennbar sind, die einer Rück-
kehr nach Tansania entgegenstehen könnten, und sie verpflichtet sind,
sich bei der zuständigen Vertretung ihres Heimatlandes um die Aus-
stellung gültiger Reisepapiere zu bemühen (Art. 8 Abs. 4 AsylG).
7.7 Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu
bestätigen. Die Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig, zu-
mutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anord-
nung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4
AuG).
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8.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Be-
schwerde ist daher abzuweisen.
9.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind Kosten in der Höhe von
Fr. 600.-- (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 2 und 3 des Regle-
ments über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwal-
tungsgericht vom 11. Dezember 2006 [VGKE]) den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem am 16. Januar 2006
in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten, bestimmt auf Fr. 600.--, werden den Beschwer-
deführern auferlegt und mit dem in gleicher Höhe geleisteten Kosten-
vorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer (eingeschrieben; Beila-
gen: sechs Fotos, zwei polizeiliche Vorladungen [im "Original" und
als Durchschlag], NCCR-Schreiben vom 24. Dezember 2005; über
eine allfällige Rückgabe der bei der Vorinstanz eingereichten Doku-
mente und Unterlagen befindet das BFM auf entsprechende Anfra-
ge)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit
den Akten (Ref.-Nr. _______)
- _______
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Martin Zoller Kathrin Mangold Horni
Versand:
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