D-3691/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Flüchtlingseigenschaft; Asyl; Wegweisung; Vollzug
Karar Dilini Çevir:
D-3691/2006 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Flüchtlingseigenschaft; Asyl; Wegweisung; Vollzug
Abtei lung IV
D-3691/2006 /rau
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 5 . S e p t e m b e r 2 0 0 7
Richter Fulvio Haefeli (Vorsitz),
Richterin Madeleine Hirsig, Richter Robert Galliker,
Gerichtsschreiberin Ulrike Raemy.
1. A._______, geboren _______,
Beschwerdeführer,
2. B._______, geboren _______,
Beschwerdeführerin,
3. C._______, geboren _______,
Beschwerdeführer,
4. D._______, geboren _______,
Beschwerdeführerin, Serbien und Montenegro,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6,
3003 Bern,
Vorinstanz.
Verfügung vom 19. August 2004 i.S. Asyl und
Wegweisung / N _______
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-3691/2006
Sachverhalt:
A.
Eigenen Angaben zufolge verliessen die Beschwerdeführer,
Angehörige der serbischen Ethnie, ihren Heimatstaat am 11. Oktober
2003 und gelangten am 12. Oktober 2003 illegal in die Schweiz. Hier
stellten sie am selben Tag ihre Asylgesuche, zu denen sie am 14.
Oktober 2003 in der Empfangsstelle _______ (seit dem 1. Januar
2005: Empfangs- und Verfahrenszentrum _______) summarisch
befragt wurden. Am 14. November 2003 wurden die Beschwerdeführer
durch die zuständige kantonale Behörde zu ihren Asylgründen
angehört.
B.
Zur Begründung ihrer Asylgesuche machten die Beschwerdeführer im
Wesentlichen geltend, der Beschwerdeführer sei während des Krieges
im Kosovo im Jahre 1999 eingezogen worden. Er sei für die
Bewachung von Dörfern und Zivilisten zuständig gewesen. Im Jahre
1999 habe er zusammen mit anderen Kollegen desertiert, woraufhin er
ungefähr eine Woche lang im Gefängnis in E._______ in Haft gewesen
sei. Nach dem Ende des Bürgerkrieges im Kosovo hätten immer mehr
Serben E._______ verlassen. Schliesslich seien nur um die hundert
Serben übrig geblieben. Bedingt durch seine Kriegsvergangenheit sei
er von der mehrheitlich albanischen Bevölkerung beschimpft, von der
Polizei auf der Strasse angehalten und wiederholt zur Bezahlung einer
Busse genötigt worden. Die erlittenen Behelligungen hätten die Ehe
der Beschwerdeführer belastet und schliesslich zur Scheidung geführt.
Gemeinsam mit den Kindern, die dem Beschwerdeführer im
Scheidungsurteil zugesprochen worden seien, habe sich der
Beschwerdeführer zu seinen in F._______ lebenden Eltern begeben.
Er habe sich nach der Scheidung um einen Neuanfang mit seiner
geschiedenen Ehefrau bemüht, doch sei ihm dies bedingt durch die
ständigen Schikanen der albanischen Bevölkerung nicht geglückt. Vor
diesem Hintergrund und nach einem vereitelten Entführungsversuch
seiner Ehefrau durch einen Albaner im September 2003 hätten sich
die Beschwerdeführer zur Ausreise aus dem Kosovo entschlossen.
Die Beschwerdeführerin machte im Wesentlichen die Probleme ihres
geschiedenen Ehemannes sowie die erlittenen Belästigungen und
Beschimpfungen seitens der albanischen Bevölkerung geltend. Der
Entführungsversuch im September 2003 sowie der Umstand, dass sie
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sich mit ihrer Tochter wegen gesundheitlicher Beschwerden nach
Serbien habe begeben müssen, hätten den Entschluss zur Ausreise
aus dem Kosovo reifen lassen. Im Zusammenhang mit dem geltend
gemachten Entführungsversuch erklärte die Beschwerdeführerin bei
der Befragung in der Empfangsstelle, ungefähr am 12. oder am 13.
September 2003 habe ein Albaner versucht, sie zu entführen (vgl.
A2/S. 5). Bei der kantonalen Anhörung gab sie demgegenüber zu
Protokoll, der Entführungsversuch habe sich am 5. oder 6. September
2003 zugetragen (vgl. A14/S. 5).
C.
Mit Verfügung vom 19. August 2004 lehnte das Bundesamt für
Flüchtlinge (BFF, seit dem 1. Januar 2005 Bestandteil des BFM) die
Asylgesuche ab und ordnete gleichzeitig deren Wegweisung aus der
Schweiz an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Vorbringen der
Beschwerdeführer genügten den Anforderungen von Art. 7 des
Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31] an die
Glaubhaftigkeit nicht.
D.
Mit Eingabe vom 14. September 2004 beantragten die
Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und
sinngemäss die Gewährung von Asyl in der Schweiz. Auf die
Begründung wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
E.
Mit Zwischenverfügung vom 27. September 2004 teilte die damals
zuständige Instruktionsrichterin der Schweizerischen
Asylrekurskommission (ARK) den Beschwerdeführern mit, sie könnten
den Entscheid in der Schweiz abwarten. Gleichzeitig wurde auf die
Erhebung eines Kostenvorschusses verzichtet und die Akten der
Vorinstanz zur Vernehmlassung überwiesen.
F.
Mit Vernehmlassung vom 30. September 2004 beantragte die
Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht
Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes
vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR
172.021). Das Bundesamt für Migration (BFM) gehört zu den
Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine Ausnahme, was das Sachgebiet
angeht, ist nicht gegeben (Art. 32 VGG). Das
Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der
vorliegenden Beschwerde und entscheidet in diesem Bereich endgültig
(Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Beurteilung erfolgt nach neuem
Verfahrensrecht (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt bei gegebener
Zuständigkeit am 1. Januar 2007 die bei der vormaligen ARK hängigen
Rechtsmittel. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für
die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde.
1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die
unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs.
1 AsylG).
2.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; die
Beschwerdeführer sind legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1
und 50 ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.
3.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person
anerkannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt
wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu
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einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen
Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft
nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft
gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in
sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder
massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt
werden (Art. 7 AsylG).
4.
4.1 In ihrer Beschwerdeschrift machten die Beschwerdeführer im
Wesentlichen geltend, als Serben seien sie im Kosovo den Angriffen
der albanischstämmigen Bevölkerung ausgesetzt gewesen.
Ausserdem habe die Kriegsvergangenheit des Beschwerdeführers
Behelligungen durch die albanische Bevölkerungsmehrheit ausgelöst,
die unter anderem zum Scheitern der Ehe der Beschwerdeführer
geführt hätten. Die Beschwerdeführerin leide noch heute unter dem
missglückten Entführungsversuch und beide seien in Sorge um die
Zukunft ihrer Kinder.
4.2 Es trifft zu, dass im Kosovo Übergriffe durch albanischstämmige
Personen auf Serben sowie Angehörige anderer ethnischer
Minderheiten stattfinden. Trotz Anwesenheit von UNMIK und KFOR ist
es namentlich im Frühling 2004 im Kosovo zu schweren Unruhen
gekommen. Angesichts der akzentuierten politisch-ethnischen
Spannungen bekräftigte die internationale Mission ihr Engagement im
Kosovo. Die Protektoratsmächte haben diese Vorfälle zum Anlass
genommen, die KFOR-Truppen massiv zu verstärken, deren Aufgaben
und Befugnisse zu erweitern und das UNMIK-Personal aufzustocken.
Von einer systematischen Verfolgung von Minderheiten im Allgemeinen
und Serben im Speziellen kann dennoch nicht gesprochen werden.
Gemäss den Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen
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Asylrekurskommission [EMARK] 2005 Nr. 18 E. 5.7.1. S. 164 ist für die
Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft die Situation im Zeitpunkt des
Asylentscheides massgebend. Dabei ist einerseits die Frage nach der
im Zeitpunkt der Ausreise aktuell vorhandenen Furcht zu stellen und
andererseits zu prüfen, ob die Furcht vor einer absehbaren Verfolgung
(noch) begründet ist. Veränderungen der objektiven Situation im
Heimatstaat zwischen Ausreise und Asylentscheid sind zugunsten und
zulasten des Gesuchstellers zu berücksichtigen (vgl. EMARK 2000 Nr.
2 E. 8b, und 1994 Nr. 24 E. 8a; WALTER KÄLIN, Grundriss des
Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a. M. 1990, S. 135 ff.). Dieser
Rechtsprechung schliesst sich das Bundesverwaltungsgericht an.
Massgebend für den Asylentscheid ist demnach die Situation im
gegenwärtigen Zeitpunkt. Seit der Ausreise der Beschwerdeführer hat
sich nämlich die Lage in ihrem Heimatstaat zum Positiven verändert,
insbesondere in der Region E._______. Von einer systematischen
Verfolgung von Minderheiten im Allgemeinen und Serben im
Speziellen kann (heute) nicht gesprochen werden. Es ist vom
Schutzwillen und der -fähigkeit von UNMIK (United Nations Mission in
Kosovo) und KFOR (Kosovo Force) auszugehen (EMARK 2002 Nr. 22
E. 4.d.aa S. 180). Namentlich haben die KFOR-Truppen das Mandat
erhalten, bei weiteren Ausschreitungen hart durchzugreifen. Darüber
hinaus sind Polizei und KFOR-Patrouillen und Check-Points wieder
überall aktiviert worden. Die Beschwerdeführer müssen deshalb nicht
befürchten, bei einer Rückkehr asylrechtlich relevanten Nachteilen
ausgesetzt zu sein.
4.3 Die Beschwerdeführer machten des weiteren geltend, die
Desertion des Beschwerdeführers von der jugoslawischen Armee im
Jahre 1999 sowie der Entführungsversuch der Beschwerdeführerin im
September 2003 seien weitere Gründe für ihre Ausreise gewesen.
4.3.1 Bezüglich der geltend gemachten Desertion hält die Vorinstanz
im angefochtenen Entscheid fest, der Beschwerdeführer habe die
behauptete Desertion und die ihm daraus erwachsenen Nachteile
(einwöchige Verfolgung) nicht glaubhaft darzulegen vermocht. Weder
habe er seine Desertion datieren noch die genauen Haftdaten
benennen können. Auch habe er keine Beweismittel vorlegen können,
die seine Vorbringen hätten stützen können. Ferner habe das
jugoslawische Parlament am 26. Februar 2001 ein Amnestiegesetz
verabschiedet, das am 3. März 2001 in Kraft getreten sei. Unter diese
Amnestie fielen unter anderem die Straftatbestände der Refraktion,
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Desertion und Befehlsverweigerung, die bis zum 7. Oktober 2000
begangen worden seien. Refraktionen und Desertionen, die vor
diesem Datum begangen worden seien, würden demnach
strafrechtlich ohnehin nicht mehr verfolgt.
4.3.2 Was den geltend gemachten Entführungsversuch der
Beschwerdeführerin anbelangt, hält die Vorinstanz im angefochtenen
Entscheid fest, dass am diesbezüglichen Vorbringen nicht nur wegen
der widersprüchlichen Datierung Zweifel an der Glaubhaftigkeit des
geschilderten Entführungsversuchs bestünden. Die
Beschwerdeführerin habe sich auch nur wenig detailliert über die
behauptete Entführung geäussert, und der Beschwerdeführer wolle
gemäss seinen eigenen Aussagen bei der kantonalen Einvernahme
zwar bei der Polizei Anzeige erstattet haben. Zum Inhalt derselben
habe er aber keine detaillierte Auskunft geben und ebensowenig ein
entsprechendes Beweismittel vorlegen können.
4.3.3 Dieser Beurteilung schliesst sich das Bundesverwaltungsgericht
an. Die Vorbringen in der Beschwerde vermögen am Ergebnis der
vorgenommenen Würdigung nichts zu ändern, zumal sich die
Beschwerdeführer zu den vorinstanzlichen Erwägungen nicht
vernehmen lassen und sich im Wesentlichen auf weitere
Schilderungen über die Lage der serbischen Minderheit in ihrer
Heimat beschränken. Die Beschwerdeführer verzichteten auch
ausdrücklich darauf, zu den dargelegten Unstimmigkeiten in ihren
Schilderungen Stellung zu nehmen. Dabei sind den protokollierten
Aussagen der Beschwerdeführer noch weitere Unstimmigkeiten zu
entnehmen. So erklärte die Beschwerdeführerin, sie habe aus Angst
keine Strafanzeige erstattet, obwohl ihr geschiedener Ehemann dies
unbedingt gewollt habe (vgl. A2/S. 5). Sie habe ihm nicht erlaubt,
Anzeige zu erstatten, da sie nicht entführt worden sei (vgl. A14/S. 6).
Demgegenüber will der Beschwerdeführer bei der Polizei Anzeige
erstattet (vgl. A1/S. 5), aber keine Auskünfte mehr über das weitere
Vorgehen der Polizei eingeholt haben (vgl. ebd.). Im Verlauf der
kantonalen Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer zunächst, die
Polizei sei wegen der Strafanzeige nicht gekommen, um nach kurzer
Überlegung anzufügen, sie sei einmal zu ihnen nach Hause
gekommen (vgl. A15/S. 10). Vor diesem konstruiert wirkenden
Sachverhalt kann nicht geglaubt werden, dass die gesundheitlichen
Probleme der Beschwerdeführerin auf den angeblichen
Entführungsversuch zurückgehen.
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4.4 Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Vorinstanz zu
Recht die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer verneint und
deren Asylgesuche abgelehnt hat. Es erübrigt sich, auf weitere
Vorbringen in der Beschwerde einzugehen, da diese am Ergebnis
nichts ändern können.
5.
5.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht
ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnet den Vollzug an; dabei ist der Grundsatz der Einheit der Familie
zu berücksichtigen (Art. 44 Abs. 1 AsylG). Ist der Vollzug der
Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so
regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den
gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von
Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 14a Abs. 1 des Bundesgesetzes
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG; SR 142.20]).
5.2 Der Vollzug ist nicht möglich, wenn der Ausländer weder in den
Herkunfts- oder in den Heimatstaat noch in einen Drittstaat verbracht
werden kann. Er ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche
Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise des Ausländers in
seinen Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen. Der
Vollzug kann insbesondere nicht zumutbar sein, wenn er für den
Ausländer eine konkrete Gefährdung darstellt (Art. 14a Abs. 2 - 4
ANAG).
5.3 Niemand darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land
gezwungen werden, in dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit
aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet sind oder in dem
die Gefahr besteht, dass er zur Ausreise in ein solches Land
gezwungen wird (Art. 5 Abs. 1 AsylG).
5.4 Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101),
Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und
andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung
oder Strafe (FoK; SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.
November 1950 (EMRK; SR 0.101) darf niemand der Folter oder
unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
unterworfen werden.
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5.5 Die Beschwerdeführer verfügten weder über eine
fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbewilligung noch einen Anspruch auf
Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht
angeordnet (Art. 44 Abs. 1 AsylG; EMARK 2001 Nr. 21).
5.6 Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend
darauf hin, dass der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Personen
schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen (vgl. M. Gattiker, Das
Asyl- und Wegweisungsverfahren, Bern 1999, S. 89). Da es den
Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche
Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann das in Art.
5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-
refoulements im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine
Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Heimatstaat ist demnach
unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
5.7 Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen der
Beschwerdeführer noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass sie
für den Fall einer Ausschaffung in ihren Heimatstaat dort mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1
FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wären. Gemäss
Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie
jener des UN-Anti-Folterausschusses müssten die Beschwerdeführer
eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen,
dass ihnen im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche
Behandlung drohen würde (vgl. EMARK 2001 Nr. 16 S. 122, m.w.H.).
Die allgemeine Menschenrechtssituation in ihrem Heimatstaat lässt
den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt klarerweise nicht als
unzulässig erscheinen. Nach dem Gesagten ist der Vollzug der
Wegweisung sowohl im Sinne der asyl- als auch der völkerrechtlichen
Bestimmungen zulässig.
5.8 Aus humanitären Gründen, nicht in Erfüllung völkerrechtlicher
Pflichten der Schweiz, wird auf den Vollzug der Wegweisung auch
verzichtet, wenn die Rückkehr in den Heimatstaat für den Betroffenen
eine konkrete Gefährdung darstellt. Eine solche Gefährdung kann
angesichts der im Heimatland herrschenden allgemeinen politischen
Lage, die sich durch Krieg, Bürgerkrieg oder durch eine Situation
allgemeiner Gewalt kennzeichnet, oder aufgrund anderer
Gefahrenmomente, wie beispielsweise einer notwendigen
medizinischen Behandlung, angenommen werden (vgl. Botschaft zum
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Bundesbeschluss über das Asylverfahren vom 22. Juni 1990, BBl 1990
II 668).
5.8.1 Das Bundesverwaltungsgericht beobachtet und beurteilt die
allgemeine Lage der Minderheiten im Kosovo laufend (BVGE
E-5823/2006 vom 23. April 2007 E. 5). Gemäss dessen Einschätzung
können Angehörige der serbischen Ethnie aufgrund des tiefen
Misstrauens seitens der albanischen Bevölkerung massiven
Behelligungen und Diskriminierungen ausgesetzt sein. Vor diesem
Hintergrund und angesichts der teilweise schwierigen ökonomischen
und sozialen Situation der Minderheiten im Kosovo erachtet das
Bundesverwaltungsgericht den Vollzug der Wegweisung von Serben
aus dem Kosovo als grundsätzlich nicht zumutbar im Sinne von Art.
14a Abs. 4 ANAG, es sei denn, sie hätten ihren letzten Wohnsitz im
Norden gehabt. Im Unterschied zu Angehörigen anderer ethnischer
Minderheiten (BVGE E-5823/2006 vom 23. April 2007 E. 5.5 am Ende)
besteht für Serben aus dem Kosovo jedoch im Einzelfall eine
zumutbare innerstaatliche Aufenthaltsalternative (EMARK 1996 Nr. 20
E. 8b S. 201, 1996 Nr. 2 E. 6bb S. 14 f.) auf dem restlichen Gebiet der
Republik Serbien.
5.8.2 Der Beschwerdeführer stammt aus G._______, die
Beschwerdeführerin aus E._______, wo sie bis ein Jahr vor ihrer
Ausreise gelebt haben. Vor ihrer Ausreise lebten sie in F._______. Eine
Rückkehr dorthin fällt aufgrund einer nicht auszuschliessenden
konkreten Gefährdung wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit indes
nicht in Betracht. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es
den Beschwerdeführern ohne weiteres möglich ist, sich allenfalls im
Norden des Kosovo und insbesondere im übrigen Serbien eine
Existenzgrundlage aufzubauen. Der Beschwerdeführer ist 34 Jahre alt
und hat - wie aufgrund der Akten anzunehmen ist - keine ge-
sundheitlichen Probleme. Ausserdem gehört er keiner „verletzlichen
Gruppe“ an, zumal er als ausgebildeter Maschinentechniker schon
aufgrund seiner beruflichen Qualifikation (vgl. auch A1/ S. 2) über
gesteigerte Erwerbschancen verfügt. Die Beschwerdeführerin verfügt
ebenfalls über eine berufliche Ausbildung als Sekretärin (vgl. A1/S. 2;
A2/S. 2). Im Übrigen haben die Beschwerdeführer auch durch ihre
Migration in die Schweiz eine gewisse Flexibilität unter Beweis gestellt
und der Beschwerdeführer hat sich hier mit Erfolg als
Maschinenschlosser betätigt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb
ihnen der Aufbau einer neuen Existenz - bei entsprechendem
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Bemühen - nicht auch in Serbien gelingen sollte. Die blossen sozialen
und wirtschaftlichen Schwierigkeiten, von welchen die ansässige
Bevölkerung betroffen ist, stellen keine existenzbedrohende Situation
dar, welche den Vollzug der Wegweisung eines Ausländers in den
Heimatstaat als unzumutbar erscheinen liesse (EMARK 1994 Nr. 19 E.
6b S. 149, 2002 Nr. 22 E. S. 181). In diesem Zusammenhang
bemisst sich die - in casu zu bejahende - Zumutbarkeit nach den
durchschnittlichen örtlichen Verhältnissen und nicht nach
schweizerischen Standards. Gemäss ihren eigenen Angaben wollen
die Beschwerdeführer lediglich im Kosovo in Form der Eltern des
Beschwerdeführers, der Mutter der Beschwerdeführerin und ihren
Geschwistern über ein soziales Netz verfügen (vgl. A1/S.2; A2/S.2).
Indessen stellt das allfällig fehlende soziale Netz in Serbien angesichts
des Alters für die Beschwerdeführer kein Hindernis dar, zumal sie sich
in Serbien ein neues Beziehungsnetz aufbauen können. Unter diesen
Umständen ist der Vollzug der Wegweisung nicht als unzumutbar im
Sinne von Art. 14a Abs. 4 ANAG zu bezeichnen.
5.9 Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung somit auch
als zumutbar zu bezeichnen.
5.10 Schliesslich obliegt es den Beschwerdeführern, sich bei der
zuständigen Vertretung ihres Heimatstaates die für eine Rückkehr
notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG),
weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen
ist.
5.11 Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu
bestätigen. Die Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig,
zumutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine
Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 14a Abs. 1
- 4 ANAG).
6.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die
Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den
Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf
Seite 11
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insgesamt Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art.
1, 2 und 3 des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE; SR
173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)
Seite 12
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden den Beschwerdeführern
auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen zu Gunsten der
Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an:
- die Beschwerdeführer (eingeschrieben; Beilage: Einzahlungsschein)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit
den Akten (Ref.-Nr. N _______)
- (kantonale Behörde) (Beilagen:...)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Fulvio Haefeli Ulrike Raemy
Versand:
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