D-2906/2014 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch (erneutes Asylverfahren Schweiz) und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
Karar Dilini Çevir:
D-2906/2014 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch (erneutes Asylverfahren Schweiz) und Wegweisung - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung IV
D-2906/2014


U r t e i l v o m 5 . J u n i 2 0 1 4
Besetzung

Einzelrichter Martin Zoller,
mit Zustimmung von Richter William Waeber;
Gerichtsschreiberin Susanne Burgherr.

Parteien

A._______, geboren (…),
ohne Nationalität,
vertreten durch (…),
Beschwerdeführer,


gegen

Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.


Gegenstand

Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 16. Mai 2014 / N (…).


D-2906/2014
Seite 2
Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer suchte am 12. Oktober 1995 erstmals in der
Schweiz um Asyl nach.
Zur Begründung brachte er im Wesentlichen vor, er sei türkischer Staats-
angehöriger und stamme aus B._______ (Provinz C._______), wobei er
sich seit 1986 oft beruflich in diversen Städten der Westtürkei aufgehalten
habe. In der Zeit von 1986 bis 1993 respektive 1994 sei er wiederholt
wegen seiner kurdischen Ethnie von den türkischen Behörden zwecks
Überprüfung seiner Personalien für kurze Zeit festgenommen worden.
Politisch habe er sich für die HADEP und die PKK engagiert. Seit Ende
1994 habe er in B._______ in beinahe allabendlich veranstalteten Ausbil-
dungsseminarien einschlägiges Wissen an junge Leute vermittelt. Am
25. Mai 1995 sei in B._______ ein Bombenanschlag gegen ihn verübt
worden, bei dem sein Bruder D._______ schwer verletzt worden sei. Am
19. Juli 1995 sei er auf dem Heimweg von einer politischen Seminarver-
anstaltung in eine Polizeikontrolle geraten. Er habe fliehen können, sei
dabei aber von einem Streifschuss verletzt worden. Daraufhin habe er
sich zu seiner Tante nach E._______ begeben. Dort habe er vernommen,
dass die Behörden ihn zu Hause gesucht hätten. Da er auch wegen des
Militärdienstes, den er nicht geleistet habe, gesucht worden sei, habe er
die Türkei am 1. Oktober 1995 verlassen und sei über Italien in die
Schweiz gereist.
B.
Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom
13. Februar 1996 stellte das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (BFF,
heute: BFM) fest, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft
nicht erfülle. Es lehnte das Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung
sowie den Wegweisungsvollzug an.
Zur Begründung führte das BFF im Wesentlichen aus, die Vorbringen des
Beschwerdeführers hielten aufgrund namhafter Widersprüche und Unge-
reimtheiten weder den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss alt
Art. 12a AsylG (heute: Art. 7 AsylG [SR 142.31]) noch denjenigen an die
Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG stand. Er erfülle deshalb die
Flüchtlingseigenschaft nicht. Das Asylgesuch sei abzulehnen und die
Wegweisung anzuordnen. Der Wegweisungsvollzug sei zulässig, zumut-
bar und möglich.
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Seite 3

C.
C.a Am 13. Juni 2005 reichte der Beschwerdeführer ein weiteres Asylge-
such ein.
Er brachte im Wesentlichen vor, er sei nach dem negativen Asylentscheid
vom 13. Februar 1996 nach Deutschland gereist und habe dort um Asyl
nachgesucht. Seit 1998 habe er mit einer deutschen Partnerin zusam-
mengelebt und im November 2003 sei der Beziehung eine Tochter ent-
sprungen. Eine Heirat sei indes aufgrund fehlender Dokumente nicht
möglich gewesen. Im Jahr 1999 sei ihm die türkische Staatsbürgerschaft
wegen Refraktion entzogen worden. Vor zirka fünf Jahren sei sein Asyl-
gesuch von den deutschen Behörden abgelehnt worden. Seither habe er
mit einer Duldung in Deutschland gelebt. Durch diesen Status sei seine
Bewegungsfreiheit eingeschränkt gewesen und ihm sei das Recht auf Ar-
beit versagt geblieben. Diese schwierige Situation habe vor rund vier Mo-
naten zur Trennung von seiner Partnerin geführt und ihn zur Wiederein-
reise in die Schweiz bewogen.
C.b Mit Zwischenverfügung vom 27. Juni 2005 wies das BFM den Be-
schwerdeführer vorsorglich weg und forderte ihn auf, die Schweiz umge-
hend zu verlassen und nach Deutschland zurückzukehren.
C.c Am 28. Juni 2005 wurde der Beschwerdeführer nach Deutschland zu-
rückgeführt.
C.d Nachdem sich der Beschwerdeführer entgegen der Aufforderung in
der Zwischenverfügung vom 27. Juni 2005 nicht mehr meldete und kei-
nen Rechtsvertreter bestimmte, schrieb das BFM das Asylgesuch vom
13. Juni 2005 mit Beschluss vom 12. Oktober 2005 ab.
D.
Am 22. November 2011 reichte der Beschwerdeführer ein drittes Asylge-
such ein.
Im Rahmen der Befragung im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ)
F._______ vom 5. Dezember 2011 machte er im Wesentlichen geltend, er
könne das Leben in Deutschland nicht mehr ertragen. Bis 2003 habe er
dort als (…) gearbeitet, seither aber keine Arbeitsbewilligung mehr erhal-
ten. Mit seiner früheren Partnerin, der Mutter seiner Tochter, habe er kei-
nen Kontakt mehr, ausser wenn es um die Belange des Kindes gehe. Zu
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seinen Asylgründen habe er im ersten Asylverfahren alles gesagt. Er ver-
weise vollumfänglich auf die dortigen Vorbringen. Er sei im Jahr 1999
ausgebürgert worden, da er als Kurde den Militärdienst nicht habe leisten
wollen (vgl. vorinstanzliche Akten C8).
E.
E.a Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom
24. Februar 2012 trat das BFM im Rahmen eines Dublinverfahrens auf
das Asylgesuch vom 22. November 2011 nicht ein und ordnete die Weg-
weisung des Beschwerdeführers nach Deutschland sowie den Wegwei-
sungsvollzug an.
E.b Da die Überstellung nach Deutschland infolge Untertauchens des
Beschwerdeführers nicht vollzogen werden konnte, hob das BFM die Ver-
fügung vom 24. Februar 2012 mit Verfügung vom 6. September 2012 auf
und nahm das nationale Asylverfahren wieder auf.
E.c Infolge des seit 30. März 2012 unbekannten Aufenthalts des Be-
schwerdeführers schrieb das BFM das Asylgesuch vom 22. November
2011 mit Beschluss vom 13. September 2012 als gegenstandslos gewor-
den ab.
E.d Am 17. Dezember 2012 tauchte der Beschwerdeführer im EVZ
F._______ wieder auf und bekräftigte sein Interesse an der Wiederauf-
nahme des Asylverfahrens. Nachdem er nach neuerlichem Untertauchen
am 3. Januar 2013 wieder in das EVZ F._______ zurückkehrte, nahm das
BFM das Verfahren bezüglich des Asylgesuchs vom 22. November 2011
mit Verfügung vom 24. Januar 2013 wieder auf.
F.
Im Rahmen der Befragung im EVZ F._______ vom 24. Januar 2013 und
der Anhörung nach Art. 29 Abs. 1 AsylG durch das BFM vom 29. April
2014 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei nach Er-
halt des Nichteintretensentscheids vom 24. Februar 2012 in der Schweiz
untergetaucht, da er nicht nach Deutschland habe zurückkehren wollen.
Er habe in Deutschland keine Arbeitsbewilligung mehr erhalten und sich
mit seiner deutschen Partnerin zerstritten. Seit dem ersten Asylgesuch
vom 12. Oktober 1995 sei er nie mehr in der Türkei gewesen, er pflege
aber weiterhin Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Da er wegen Re-
fraktion ausgebürgert worden sei und sich vor seiner Ausreise aus der
Türkei im Jahr 1995 für die kurdische Sache engagiert habe, könne er
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nicht dorthin zurückkehren. Er verweise diesbezüglich auf seine Vorbrin-
gen im ersten Asylverfahren. Den Militärdienst habe er bis heute nicht ab-
solviert und wolle dies auch nicht tun. Bei einer Rückkehr in die Türkei
würde er deswegen wahrscheinlich in Haft genommen (vgl. C41 und
C55).
G.
Mit Verfügung vom 16. Mai 2014 – eröffnet am 20. Mai 2014 – trat das
BFM auf das Asylgesuch vom 22. November 2011 gestützt auf alt Art. 32
Abs. 2 Bst. e AsylG nicht ein und ordnete die Wegweisung des Be-
schwerdeführers aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an.
Zur Begründung führte das BFM im Wesentlichen aus, es lägen keine
Hinweise vor, dass seit Abschluss des ersten Asylverfahrens Ereignisse
eingetreten seien, die geeignet wären, die Flüchtlingseigenschaft zu be-
gründen. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen des dritten Asylverfah-
rens keine Asylgründe vorgebracht, die er nicht bereits im ersten Verfah-
ren geltend gemacht habe. Die Asylgründe, die er nunmehr wiederhole,
seien bereits im ersten Asylverfahren materiell behandelt worden und hät-
ten sich als unglaubhaft erwiesen. Andere Gründe, die sich nach Ab-
schluss des ersten Asylverfahrens ereignet hätten, und die – neben der
Refraktion – Anlass für die Ausbürgerung hätten geben können, habe er
keine vorgebracht. Die geltend gemachte Angst vor einer Bestrafung we-
gen der bisherigen Nichtleistung des Militärdienstes vermöge die Flücht-
lingseigenschaft nicht zu begründen. Auf das Asylgesuch vom
22. November 2011 sei deshalb nicht einzutreten und die Wegweisung
sei anzuordnen. Der Wegweisungsvollzug sei zulässig, zumutbar und
möglich. Eine allfällige Gefängnisstrafe wegen Refraktion vermöge nicht
gegen die Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs zu sprechen, da keine
Hinweise bestehen würden, dass Refraktäre in der Türkei an Leib und
Leben gefährdet wären. Der Beschwerdeführer verfüge in der Türkei über
ein Beziehungsnetz, das ihm bei der Reintegration behilflich sein könne.
Zudem könne er Arbeitserfahrung als (…) vorweisen. Hinsichtlich der gel-
tend gemachten Ausbürgerung im Jahr 1999 sei darauf hinzuweisen,
dass das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz vorsehe, dass ausgebür-
gerte ehemalige türkische Staatsangehörige eine "mavi kart" beantragen
könnten, wodurch wesentliche Staatsbürgerrechte wie Aufenthaltsrecht
oder Arbeitserlaubnis erhalten bleiben würden. Zudem könne eine Wie-
dereinbürgerung durch den Ministerrat bewilligt werden. Der Beschwerde-
führer habe daher die Möglichkeit, die türkische Staatsbürgerschaft, die
er seit der Geburt innegehabt habe, wieder zu erlangen.
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Seite 6

H.
Mit Eingabe vom 27. Mai 2014 erhob der Beschwerdeführer beim Bun-
desverwaltungsgericht Beschwerde, worin um Aufhebung der vorinstanz-
lichen Verfügung vom 16. Mai 2014 und um Eintreten auf das Asylgesuch
sowie um Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und um Gewährung
des Asyls, eventualiter um Feststellung der Unzulässigkeit, allenfalls Un-
zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs und um Gewährung der vorläufi-
gen Aufnahme, ersucht wurde. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde
zudem um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ersucht.
Zur Begründung wiederholte er die im Rahmen des ersten Asylverfahrens
vorgebrachten Asylgründe und machte geltend, es bestehe weiterhin die
Gefahr, dass er bei einer Rückkehr aufgrund seiner politischen Aktivitäten
in den 90er-Jahren verhaftet würde. Es treffe zwar zu, dass er keine neu-
en Asylgründe vorbringen könne, aber die bereits früher vorgebrachten
Asylgründe seien als asylrechtlich relevant zu betrachten. Der Wegwei-
sungsvollzug sei deshalb als unzulässig und unzumutbar einzustufen.
Zudem sei er – wie bereits erwähnt – vor mehreren Jahren ausgebürgert
worden.
I.
Am 30. Mai 2014 trafen die vorinstanzlichen Akten beim Bundesverwal-
tungsgericht ein.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das BFM gehört zu
den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bun-
desverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im
Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht
entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser – was in casu
nicht vorliegt – bei Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des
Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz ersuchen (Art. 105 AsylG;
Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
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Seite 7
1.2 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwer-
deführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die
angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges
Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher
zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 2
AsylG, Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist – im
Rahmen der nachfolgenden Erwägungen – einzutreten.
1.3 Die Schweizerische Bundesversammlung hat am 14. Dezember 2012
eine Revision des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 verabschiedet (AS
2013 4375), welche am 1. Februar 2014 in Kraft getreten ist. Dabei wurde
unter anderem Art. 111c AsylG neu eingefügt, der Mehrfachgesuche re-
gelt. Abs. 2 der diesbezüglichen Übergangsbestimmung hält fest, dass für
die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 14. Dezember 2012
– mithin am 1. Februar 2014 – hängigen Verfahren betreffend Mehrfach-
gesuche bisheriges Recht in der Fassung des AsylG vom 1. Januar 2008
gilt. Das dritte Asylgesuch des Beschwerdeführers datiert vom
22. November 2011. Vorliegend sind somit die Bestimmungen des AsylG
in der Fassung vom 1. Januar 2008 anwendbar. Der neue Art. 111c AsylG
findet keine Anwendung.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts und allenfalls die Un-
angemessenheit gerügt werden (alt Art. 106 Abs. 1 AsylG i.V.m. mit
Abs. 2 der Übergangsbestimmung zur Änderung des AsylG vom 14. De-
zember 2012, wonach bei am 1. Februar 2014 hängigen Verfahren betref-
fend Mehrfachgesuche bisheriges Recht in der Fassung des AsylG vom
1. Januar 2008 gilt).
3.
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher
Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters oder einer zweiten
Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachfolgend aufge-
zeigt, handelt es sich vorliegend um eine solche, weshalb der Beschwer-
deentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf einen Schriftenwechsel
verzichtet.
4.
Bei der Beurteilung von Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide
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Seite 8
des BFM hat die Beschwerdeinstanz hinsichtlich des Nichteintretenstat-
bestands einzig zu beurteilen, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylge-
such nicht eingetreten ist. Im Falle der Begründetheit des Rechtsmittels in
diesem Punkt ist die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache
zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. BVGE
2011/30 E. 3 S. 568, BVGE 2011/9 E. 5 S. 116). Auf die Beschwerdean-
träge um Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und um Gewährung des
Asyls ist daher nicht einzutreten. Nicht beschränkt ist die Beurteilungszu-
ständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts dagegen hinsichtlich der Fra-
ge der Wegweisung und deren Vollzugs, da das BFM diesbezüglich eine
materielle Prüfung und Entscheidung vorzunehmen hat.
5.
Gemäss alt Art. 32 Abs. 2 Bst. e AsylG wird auf ein Asylgesuch nicht ein-
getreten, wenn Asylsuchende in der Schweiz bereits ein Asylverfahren er-
folglos durchlaufen haben oder während des hängigen Asylverfahrens in
den Heimat- oder Herkunftsstaat zurückgekehrt sind, ausser es gebe
Hinweise, dass in der Zwischenzeit Ereignisse eingetreten sind, die ge-
eignet sind, die Flüchtlingseigenschaft zu begründen, oder die für die
Gewährung vorübergehenden Schutzes relevant sind.
5.1 Der Beschwerdeführer hat in der Schweiz bereits ein Asylverfahren
erfolglos durchlaufen. Das formelle Erfordernis des Nichteintretensgrunds
von alt Art. 32 Abs. 2 Bst. e AsylG ist damit erfüllt.
5.2 Es bleibt damit zu prüfen, ob Hinweise vorliegen, wonach seit Ab-
schluss des ersten Asylverfahrens – mithin seit der unangefochten in
Rechtskraft erwachsenen Verfügung des BFM vom 13. Februar 1996 –
bedeutsame Ereignisse eingetreten sind, die geeignet sind, die Flücht-
lingseigenschaft des Beschwerdeführers zu begründen, oder die für die
Gewährung des vorübergehenden Schutzes relevant sind. Dies ist in
Übereinstimmung mit dem BFM zu verneinen und es kann auf die zutref-
fenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung verwiesen werden.
Der Rechtsmitteleingabe, welche sich auf eine Wiederholung der bisheri-
gen Vorbringen beschränkt, sind keine stichhaltigen Entgegnungen zu
entnehmen, die die Argumentation des BFM in Zweifel zu ziehen ver-
möchten. Im rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren wurde
festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht
erfüllt. Hinweise, dass seither Ereignisse eingetreten seien, die geeignet
wären, die Flüchtlingseigenschaft nunmehr zu begründen, liegen nicht
vor. Der Beschwerdeführer beruft sich im dritten Asylverfahren auf die
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gleichen Asylgründe, die er im ersten Asylverfahren vorbrachte und die
mit Verfügung des BFM vom 13. Februar 1996 bereits materiell behandelt
und als nicht glaubhaft erachtet wurden. An dieser Beurteilung vermag
das neuerliche Geltendmachen nichts zu ändern. Andere Asylgründe, die
sich nach Abschluss des ersten Asylverfahrens ereignet hätten, brachte
der Beschwerdeführer nicht vor. Hinsichtlich der erneut geltend gemach-
ten Furcht vor einer Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung ist darauf
hinzuweisen, dass Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung ernst-
haften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, sol-
chen Nachteilen ausgesetzt zu werden, die Flüchtlingseigenschaft – unter
Vorbehalt des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) – nicht erfüllen (Art. 3 Abs. 3 AsylG). Eine
allfällige Strafe wegen Refraktion stellt grundsätzlich keine Verfolgung im
Sinne von Art. 3 AsylG dar. Es gehört zu den legitimen Rechten eines
Staates, seine Bürger zum Militärdienst einzuberufen und zur Durchset-
zung der Wehrpflicht strafrechtliche oder disziplinarische Sanktionen zu
verhängen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen
Asylrekurskommission [EMARK] 2004 Nr. 2 E. 6b.aa [S. 16]). Als flücht-
lingsrechtlich relevant gilt eine Bestrafung dann, wenn der Wehrpflichtige
aus einem Grund nach Art. 3 AsylG mit einer höheren Strafe zu rechnen
hat (sog. Politmalus). Wehrpflichtige Männer werden in der Türkei auf-
grund der Staatsangehörigkeit und ihres Jahrgangs für das Militär aufge-
boten, ohne dass dieser Verpflichtung eine asylrechtlich relevante Verfol-
gungsabsicht des Staates zugrunde liegen würde. Eine allfällige Bestra-
fung des Beschwerdeführers wegen Wehrdienstverweigerung wäre mithin
als asylrechtlich nicht relevant zu qualifizieren. Kurdische Refraktäre ha-
ben ihrer Ethnie wegen nicht generell strengere Strafen im Sinne eines
"Malus" zu befürchten.
5.3 Das BFM ist damit zu Recht in Anwendung von alt Art. 32 Abs. 2
Bst. e AsylG auf das dritte Asylgesuch des Beschwerdeführers vom
22. November 2011 nicht eingetreten.
6.
Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so
verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den
Vollzug an (Art. 44 AsylG). Der Beschwerdeführer verfügt weder über ei-
ne ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch
auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde daher zu Recht an-
geordnet (vgl. BVGE 2009/50 E. 9 [S. 733], 2008/34 E. 9.2 [S. 510]).
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Seite 10
7.
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht
möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den
gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Auslän-
dern (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG [SR 142.20]).
7.1 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen
der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in
den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83
Abs. 3 AuG). So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein
Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit
aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 FK).
Vorliegend ist der Vollzug der Wegweisung in Beachtung der massgebli-
chen völker- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig, da keine
Hinweise für die Begründung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwer-
deführers vorliegen. Anhaltspunkte für eine menschenrechtswidrige Be-
handlung im Sinne von Art. 25 Abs. 3 BV (SR 101), von Art. 3 des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausa-
me, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK,
SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK (SR 0.101), die im Heimatstaat
droht, sind keine ersichtlich, selbst wenn der Beschwerdeführer wegen
Refraktion mit einer Bestrafung rechnen müsste. Auch die allgemeine
Menschenrechtslage in der Türkei lässt den Wegweisungsvollzug nicht
als unzulässig erscheinen.
7.2 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug der Wegweisung für
Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat-
oder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg,
allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.
Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von
Art. 83 Abs. 7 AuG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. BVGE
2009/51 E. 5.5 [S. 748], 2009/41 E. 7.1 [S. 576 f.]; Botschaft zum Bun-
desgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002, BBl
2002 3818).
Weder die allgemeine Lage in der Türkei noch individuelle Gründe wirt-
schaftlicher, sozialer oder gesundheitlicher Natur sprechen gegen die
Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung des Beschwerdeführers. Er
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Seite 11
verfügt in der Türkei über Familienangehörige, mit denen er in Kontakt
steht, und damit über ein soziales Beziehungsnetz (vgl. C55 S. 3 f.). Zu-
dem weist er Arbeitserfahrung als (…) und Fremdsprachenkenntnisse
(…) auf (vgl. C8 S. 4, C41 S. 4). Dies dürfte ihm beim Wiedereinstieg ins
Erwerbsleben dienlich sein. Damit ist nicht davon auszugehen, der Be-
schwerdeführer würde bei einer Rückkehr in die Türkei in eine seine Exis-
tenz vernichtende Situation geraten, die als konkrete Gefährdung im Sin-
ne der zu beachtenden Bestimmungen zu werten wäre (Art. 83 Abs. 4
AuG).
7.3 Der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in die Türkei ist
schliesslich auch als möglich zu bezeichnen, da keine Vollzugshindernis-
se bestehen (Art. 83 Abs. 2 AuG), und es ihm obliegt, bei der notwendi-
gen Beschaffung von Reisepapieren mitzuwirken (Art. 8 Abs. 4 AsylG; vgl.
dazu auch BVGE 2008/34 E. 12 [S. 513 – 515]). Hinsichtlich der Möglich-
keiten der Wiedererlangung der türkischen Staatsbürgerschaft ist auf die
entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung vom
16. Mai 2014 zu verweisen.
7.4 Der durch die Vorinstanz verfügte Wegweisungsvollzug ist damit zu
bestätigen und eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme des Beschwer-
deführers fällt ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AuG).
8.
Dem Beschwerdeführer ist es damit nicht gelungen darzutun, inwiefern
die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den rechtserheblichen
Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt oder unangemessen ist
(alt Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist daher als offensichtlich
unbegründet abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
9.
9.1 Mit vorliegendem Urteil ist das Beschwerdeverfahren abgeschlossen,
weshalb sich der Antrag um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvor-
schusses als gegenstandslos erweist. Das mit diesem Antrag sinngemäss
gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung
gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG ist abzuweisen, da die Begehren – wie sich
aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – als aussichtslos zu be-
zeichnen waren, weshalb die Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1 VwVG
nicht erfüllt sind.
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Seite 12
9.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind dessen Kosten von
Fr. 600.– (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kos-
ten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und
5 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)

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Seite 13
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Das sinngemässe Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozess-
führung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG wird abgewiesen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.– werden dem Beschwerdeführer auf-
erlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zuguns-
ten der Gerichtskasse zu überweisen.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständi-
ge kantonale Behörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Martin Zoller Susanne Burgherr


Versand: