D-2401/2008 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung
Karar Dilini Çevir:
D-2401/2008 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung
Abtei lung IV
D-2401/2008
{T 0/2}
U r t e i l v o m 6 . O k t o b e r 2 0 0 8
Einzelrichter Fulvio Haefeli,
mit Zustimmung von Richter François Badoud;
Gerichtsschreiberin Karin Schnidrig.
A._______, geboren (...),
Äthiopien,
vertreten durch Annelise Gerber,
(...),
Beschwerdeführerin,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), vormals Bundesamt
für Flüchtlinge (BFF),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung (Zweites Asylgesuch); Verfügung
des BFM vom 13. März 2008 / N _______.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-2401/2008
Sachverhalt:
A.
A.a Eigenen Angaben zufolge verliess die Beschwerdeführerin ihren
Heimatstaat im Jahr 1999 in Richtung (...), wo sie sich zwei Jahre
aufgehalten habe. Anschliessend sei sie ferienhalber in (...) gewesen
und sei am 26. April 2003 in die Schweiz gelangt, wo sie am 29. April
2003 ein erstes Asylgesuch einreichte. Das BFF wies dieses mit
Verfügung vom 20. Mai 2003 ab und ordnete den Vollzug der Wegwei-
sung an. Auf die dagegen erhobene Beschwerde trat die ehemalige
Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) mit Urteil vom 22. Au-
gust 2003 nicht ein.
A.b Mit Eingabe vom 9. März 2007 stellte die Beschwerdeführerin ein
Wiedererwägungsgesuch gegen die in Rechtskraft erwachsene Verfü-
gung vom 20. Mai 2003. Mit Verfügung vom 1. Mai 2007 trat das BFM
auf dieses Gesuch nicht ein.
A.c Mit Eingabe vom 24. Januar 2008 ersuchte die Beschwerdeführe-
rin erneut um Wiedererwägung. Angesichts der im Wiedererwägungs-
gesuch geltend gemachten Vorbringen erachtete die Vorinstanz dieses
als zweites Asylgesuch und hörte die Beschwerdeführerin am 4. März
2008 zu den Asylgründen an.
A.d Die Beschwerdeführerin machte dabei im Wesentlichen geltend,
seit der Gründung im Januar 2006 sei sie Mitglied der Support Organi-
sation der CUDP (Coalition for Unity and Democracy Party) in der
Schweiz. Sie nehme an Versammlungen teil und sei für die Zuberei-
tung der Mahlzeiten für die Versammlungen zuständig. Ausserdem
nehme sie an in der Schweiz stattfindenden Kundgebungen teil.
Zur Untermauerung ihrer Vorbringen reichte die Beschwerdeführerin
folgende Beweismittel ein: Eine Bescheinigung der CUDP vom 17. De-
zember 2007 und vier anlässlich einer Kundgebung gemachten Fotos
der Beschwerdeführerin.
B.
Mit Verfügung vom 13. März 2008 - eröffnet am 14. März 2008 - wies
das BFM das Asylgesuch der Beschwerdeführerin mit der Begründung
ab, sie erfülle die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 des Asyl-
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gesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) nicht. Gleichzeitig ver-
fügte es die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug. Zur
Deckung der Verfahrenskosten erhob es eine Gebühr in der Höhe von
Fr. 1'200.--.
C.
Mit Beschwerde vom 14. April 2008 an das Bundesverwaltungsgericht
beantragte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin, die
angefochtene Verfügung sei aufzuheben und ihr sei Asyl zu gewähren.
Eventualiter sei die Unzulässigkeit beziehungsweise die Unzumutbar-
keit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und die vorläufige Aufnah-
me anzuordnen. Im Weiteren sei die unentgeltliche Rechtspflege zu
gewähren.
D.
Mit Zwischenverfügung vom 17. April 2008 wies der zuständige Inst-
ruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts das Gesuch um Ge-
währung der unentgeltlichen Rechtspflege ab und forderte die Be-
schwerdeführerin unter Hinweis auf die Säumnisfolge auf, innert Frist
einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600.-- zu leisten.
E.
Der Kostenvorschuss wurde am 2. Mai 2008 fristgemäss einbezahlt.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsge-
richt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgeset-
zes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und
ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das
Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die
Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet in diesem
Bereich endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesge-
richtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
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1.2 Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht. Die Be-
schwerdeführerin ist durch die angefochtene Verfügung berührt und
hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungswei-
se Änderung. Die Beschwerdeführerin ist daher zur Einreichung der
Beschwerde legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1, 50 und
52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e
AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um
eine solche Beschwerde, weshalb der Beschwerdeentscheid nur sum-
marisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durch-
führung des Schriftenwechsels verzichtet.
4.
4.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person aner-
kannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt
wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu ei-
ner bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen An-
schauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
4.2 Flüchtlingen wird kein Asyl gewährt, wenn sie erst durch ihre Aus-
reise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhal-
tens nach der Ausreise Flüchtlinge im Sinne von Art. 3 AsylG wurden
(Art. 54 AsylG).
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5.
5.1 Die Vorinstanz lehnte das Asylgesuch der Beschwerdeführerin mit
der Begründung ab, ihre Vorbringen würden den Anforderungen für die
Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG
nicht genügen.
Angesichts der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeiten
zog die Vorinstanz den Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht
über ein genügendes politisches Profil verfüge, um die Aufmerksam-
keit der äthiopischen Behörden auf sich zu ziehen. Sie habe keine
Führungsposition inne, zumal sie weder Kontakte zu leitenden Perso-
nen in Äthiopien und anderswo im Ausland herstelle noch Versamm-
lungen leite. Es sei zu betonen, dass die Beschwerdeführerin anläss-
lich des ersten Asylverfahrens nicht geltend gemacht habe, ihre Flucht
aus Äthiopien sei politisch motiviert. Es gebe also keinen Grund zur
Annahme, die Beschwerdeführerin sei vor der Ausreise aus ihrem Hei-
matland als der äthiopischen Regierung bösgesinnte Person in deren
Visier geraten oder in irgendeiner Form als Oppositionelle oder politi-
sche Aktivistin registriert worden. Demzufolge sei auch nicht davon
auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Ankunft in der
Schweiz seitens der äthiopischen Behörden unter besonderer Beob-
achtung gestanden habe. Den Akten sei auch nicht zu entnehmen,
dass die äthiopischen Behörden von der Mitgliedschaft der Beschwer-
deführerin bei der CUDP Kenntnis erlangt hätten. Angesichts der gro-
ssen Anzahl im Ausland lebender Äthiopier sei es den äthiopischen
Behörden unmöglich, jede einzelne dieser Personen zu überwachen
und zu identifizieren, selbst wenn sie von deren politischen Aktivitäten
Kenntnis erlangt haben sollten. Die äthiopischen Behörden hätten zu-
dem nur dann ein Interesse an der Identifizierung einer Person, wenn
deren Aktivitäten eine konkrete Bedrohung für das politische System
darstelle.
Im vorliegenden Fall bestünden keinerlei Anhaltspunkte für die Annah-
me, dass sich die Beschwerdeführerin in dieser besonderen Art und
Weise betätigt und exponiert habe. Zusammenfassend sei hervorzuhe-
ben, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Verfolgungsmassnahmen
zu befürchten habe.
Im Weiteren bringt das BFM vor, die Beschwerdeführerin habe nach
fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz trotz mehrmaliger Aufforderung
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keine Identitätspapiere eingereicht und habe damit ihre in Art. 8 AsylG
verankerte Mitwirkungspflicht gegenüber den schweizerischen
Asylbehörden verletzt.
5.2 In der Beschwerde hält die Beschwerdeführerin an der Asylrele-
vanz ihrer Vorbringen fest. Zur Begründung werden frauenspezifische
Fluchtgründe sowie subjektive Nachfluchtgründe geltend gemacht. Bei
einer erzwungenen Rückkehr nach Äthiopien hätte sie wegen der dort
herrschenden politischen Situation unter Verfolgung seitens des Staa-
tes zu leiden. Der Vollzug der Wegweisung sei infolgedessen unzuläs-
sig und unzumutbar.
5.3 Was die in der Beschwerde vorgebrachten frauenspezifischen
Fluchtgründe betrifft, ist zu bemerken, dass die geltend gemachte
“Entehrung“ der Beschwerdeführerin bereits Thema im ersten Asylver-
fahren war (vgl. Zwischenverfügungen des Bundesverwaltungsgerichts
vom 9. November 2007 und 17. April 2008). Daher erübrigt es sich, an
dieser Stelle erneut darauf einzugehen.
5.4 Gemäss Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts D-4943/2006 vom 8. Juli 2008) ist
zwar davon auszugehen, dass die äthiopischen Sicherheitsbehörden
die Aktivitäten der jeweiligen Exilgemeinschaften in einem gewissen
Ausmass überwachen und mittels elektronischer Datenbanken regist-
rieren. Unter diesen Umständen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit
dafür, dass Auslandsaktivitäten von Personen, welche erkennbar in der
CUDP aktiv waren oder auch nur mit ihr sympathisierten und individu-
ell identifiziert werden könnten, im Falle einer Zwangsrückschaffung
dem äthiopischen Sicherheitsdienst am Flughafen bekannt würden. Es
dürfte davon auszugehen sein, dass die äthiopischen Sicherheitsorga-
ne eine zwangsweise aus dem Ausland zurückgeführte Person, die
Anhänger oder Mitglied der Auslands-CUD(P) war, nach wie vor als zu
verfolgenden Gegner der Regierung ansehen würden, solange von
dieser Person vor ihrer Ausreise aus dem jeweiligen Gastland kein ein-
deutiges Bekenntnis zur verfassungsmässigen Ordnung Äthiopiens
und eine klare Abkehr von der bisherigen Politik der Auslands-CUD(P)
vorliegt. Angesichts der 2007 in Äthiopien erfolgten Amnestie von eini-
gen Mitgliedern der CUDP und der nicht unerschöpflichen Ressourcen
des äthiopischen Nachrichtendienstes mag sich die Frage nach der
aktuellen Überwachungsdichte in der Schweiz stellen, welche indes in
casu offen bleiben kann. Von Bedeutung ist vorliegend die tatsächliche
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Erkennbarkeit der behaupteten exilpolitischen Tätigkeit, die
Individualisierbarkeit der Beschwerdeführerin sowie deren konkrete
exilpolitische Tätigkeit. Ein exponierter exilpolitischer Einsatz der
Beschwerdeführerin, der sie ins Zentrum des Interesses des
äthiopischen Nachrichtendienstes rücken könnte, ist aufgrund der
vorliegenden Akten zu verneinen. Auf Beschwerdeebene verzichtet die
Beschwerdeführerin darauf, sich mit den vorinstanzlichen
Erwägungen, welche die angeblichen subjektiven Nachfluchtgründe
betreffen, im Einzelnen auseinander zu setzen. Das BFM führt in der
angefochtenen Verfügung denn auch aus, dass die äthiopischen
Behörden nur dann ein Interesse an der Identifizierung einer Person
haben, wenn deren Aktivitäten als konkrete Bedrohung für das
politische System wahrgenommen werden. Für die Annahme, die
Beschwerdeführerin habe sich in dieser besonderen Art und Weise
betätigt, bestünden keine Anhaltspunkte. Sie gehöre mit Sicherheit
nicht zur Zielgruppe des "harten Kerns" von aktiven oppositionellen
Äthiopiern im Ausland, für die sich die äthiopischen Behörden
interessierten. Dieser Beurteilung schliesst sich das
Bundesverwaltungsgericht an, zumal die Beschwerdeführerin im
ersten Asylverfahren keine Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG
glaubhaft machen konnte. Vorliegend ist vielmehr darauf zu
schliessen, dass die exilpolitischen Aktivitäten sich lediglich in
Teilnahmen an Versammlungen und Kundgebungen sowie in der
Zubereitung von Mahlzeiten ohne weitergehende Tätigkeiten erschöpft
haben. Nach diesem geringfügigen Engagement ist jedoch im
vorliegenden Fall nicht davon auszugehen, dass die
Beschwerdeführerin, welche im Übrigen in ihrer Heimat
bezeichnenderweise nie politisch aktiv gewesen ist (vgl. Protokoll der
Empfangsstellenbefragung vom 12. Mai 2003 [A1/8, S. 4]), bei einer
Rückkehr in ihr Heimatland eine asylrechtlich relevante Gefährdung zu
befürchten hat. Es dürfte den äthiopischen Behörden aufgefallen sein,
dass die exilpolitische Betätigung vieler äthiopischer Asylbewerber
nach der Ablehnung ihrer Asylgesuche regelmässig drastisch zunimmt
respektive intensiver wird oder überhaupt erst ab diesem Zeitpunkt
einsetzt, was das geltend gemachte politische Engagement als
zweifelhaft erscheinen lässt. Im vorliegenden Verfahren fehlen jegliche
Hinweise darauf, dass gegen die Beschwerdeführerin aufgrund der
vorgebrachten Aktivitäten in Äthiopien ein Strafverfahren oder andere
behördliche Massnahmen eingeleitet worden sind, wobei in diesem
Zusammenhang unter Hinweis auf die in Art. 8 AsylG verankerte
Mitwirkungspflicht festzuhalten ist, dass es nicht Sache der
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schweizerischen Asylbehörden sein kann, jede auch nur ansatzweise
und abstrakt mögliche Gefährdungssituation im Heimatland der
Beschwerdeführerin abklären zu müssen. Subjektive Nachfluchtgründe
im Sinne von Art. 54 AsylG liegen demnach nicht vor, weshalb die
Vorinstanz zu Recht die Flüchtlingseigenschaft der
Beschwerdeführerin verneint hat. Die erhobene Rüge erweist sich als
unbegründet.
6.
6.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht
ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Ein-
heit der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
6.2 Die Beschwerdeführerin verfügt weder über eine ausländerrechtli-
che Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung ei-
ner solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet
(Art. 44 Abs. 1 AsylG; Entscheidungen und Mitteilungen der Schweize-
rischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21).
7.
7.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsver-
hältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Auf-
nahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]).
7.2 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtun-
gen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Auslän-
ders in den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat entgegenste-
hen (Art. 83 Abs. 3 AuG).
7.2.1 So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein
Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit
aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem
sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu wer-
den (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens
vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR
0.142.30]).
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7.2.2 Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizeri-
schen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des
Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention vom 4. No-
vember 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
7.2.3 Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend
darauf hin, dass der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Personen
schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen (vgl. MARIO GATTIKER,
Das Asyl- und Wegweisungsverfahren, 3. Aufl., Bern 1999, S. 89). Da
es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine asylrechtlich er-
hebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann
das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-
Refoulements im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden.
Eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihren Heimatstaat ist dem-
nach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
7.2.4 Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen der Beschwer-
deführerin noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass sie für den
Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahr-
scheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen
Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäi-
schen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des
UN-Anti-Folterausschusses müsste die Beschwerdeführerin eine kon-
krete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihr
im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung
drohen würde (vgl. EMARK 2001 Nr. 16 S. 122, mit weiteren Hinwei-
sen; EGMR, Bensaid gegen Grossbritannien, Urteil vom 6. Februar
2001, Recueil des arrêts et décisions 2001-I, S. 327 ff.). Auch die all-
gemeine Menschenrechtssituation im Äthiopien lässt den Wegwei-
sungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt klarerweise nicht als unzulässig
erscheinen. Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung so-
wohl im Sinne der asyl- als auch der völkerrechtlichen Bestimmungen
zulässig.
7.3 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen
und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunfts-
staat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner
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Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine
konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83
Abs. 7 AuG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. Botschaft
zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom
8. März 2002, BBl 2002 3818).
7.3.1 In konstanter Praxis wird von einer grundsätzlichen Zumutbar-
keit des Wegweisungsvollzugs nach Äthiopien ausgegangen (vgl. be-
reits EMARK 1998 Nr. 22). Der zweieinhalb Jahre dauernde Grenz-
krieg zwischen Äthiopien und Eritrea wurde im Juni 2000 mit einem
von der Organisation für die Einheit Afrikas (OAU) vermittelten Waffen-
stillstand und einem von beiden Staaten am 12. Dezember 2000 unter-
zeichneten Friedensabkommen beendet. Trotz Abzugs der UN-Frie-
denstruppen aus Eritrea im März 2008 und aus Äthiopien im August
2008 ist im heutigen Zeitpunkt nicht von einem offenen Konflikt im
Grenzgebiet zwischen Äthiopien und Eritrea auszugehen. Insgesamt
kann jedenfalls nicht von einer rechtlich relevanten Verschlechterung
der allgemeinen Lage in Äthiopien gesprochen werden.
7.3.2 Bei einer Gesamtwürdigung der aktuellen Situation in Äthiopien
bestehen keine Hinweise darauf, dass die junge und offenbar gesunde
Beschwerdeführerin, welche eigenen Angaben zufolge über eine
zwölfjährige Schulbildung verfügt, in Äthiopien einer konkreten Gefähr-
dung im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG ausgesetzt sein könnte. Es ist
ihr zuzumuten, sich erneut in ihrem Heimatland niederzulassen und
dort eine neue Existenz aufzubauen. Angesichts des noch jungen Al-
ters der Beschwerdeführerin und ihrer beruflichen Erfahrung als Haus-
mädchen ist davon auszugehen, dass sie in ihrer Heimat eine Arbeit
finden wird. Bei der Wiedereingliederung werden ihr ihre beiden in
Äthiopien verbliebenen Geschwister behilflich sein können. Die Rück-
kehrhilfe der Schweiz wird ihr den Wiedereinstieg in ihrer Heimat
ebenfalls erleichtern können. Zudem sind keine weiteren persönlichen
Gründe ersichtlich, aufgrund derer unter Umständen geschlossen wer-
den könnte, die Beschwerdeführerin gerate im Falle der Rückkehr in
eine existenzbedrohende Situation, weshalb der Vollzug der Wegwei-
sung - in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - auch diesbezüglich als
zumutbar zu bezeichnen ist.
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Untersuchungspflicht der
Asylbehörden hinsichtlich Zulässigkeit, Zumutbarkeit und Möglichkeit
des Vollzugs nach Treu und Glauben ihre Grenzen an der Mitwirkungs-
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pflicht der Beschwerde führenden Person findet (Art. 8 AsylG), die im
Übrigen auch die Substanziierungslast trägt (Art. 7 AsylG). Da die Be-
schwerdeführerin trotz mehrmaliger Aufforderung keine Identitätspa-
piere eingereicht hat (vgl. E. 5.1), mithin ihre Identität nicht sicher fest-
steht, kann es nicht Sache der Asylbehörden sein, näher nach allfälli-
gen Wegweisungshindernissen im Heimatland der Beschwerdeführerin
zu forschen.
7.4 Schliesslich obliegt es der Beschwerdeführerin, sich bei der zu-
ständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwen-
digen Reisedokumente zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG). Ausser-
dem erhalten abgewiesene äthiopische Beschwerde führende Perso-
nen seitens der zuständigen Vertretung ein Laisser-passer. Infolgedes-
sen ist der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen
(Art. 83 Abs. 2 AuG).
8.
Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu bestä-
tigen. Die Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig, zumut-
bar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung
der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AuG).
9.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Be-
schwerde ist demnach abzuweisen.
10.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Beschwerde-
führerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG), auf insgesamt
Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar
2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und mit dem am
2. Mai 2008 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss zu
verrechnen.
(Dispositiv nächste Seite)
Seite 11
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Dieser Betrag wird mit dem in gleicher Höhe geleisteten
Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil geht an:
- die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin (Einschreiben)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Ak-
ten Ref.-Nr. N _______ (per Kurier; in Kopie)
- (...) (in Kopie)
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Fulvio Haefeli Karin Schnidrig
Versand:
Seite 12